Kleine Anfrage des Abg. Greilich (FDP) vom 28.03.2014 betreffend Angebote der Weiterbildung und des lebensbegleitenden Lernens und Antwort des Kultusministers Vorbemerkung des Fragestellers: Im Rahmen erhöhter beruflicher Mobilitätsanforderungen ist lebenslanges Lernen unerlässlich, da es die Chancen auf beruflichen Erfolg erhöht und zu mehr Lebensqualität jedes Menschen beiträgt. Weiterbildung und lebensbegleitendes Lernen stellen einen wichtigen Teil unseres Bildungssystems dar, dessen Bedeutung stets gewachsen ist. Um diesen Anforderungen auch zukünftig gerecht zu werden und um auch langfristig ein entsprechendes Angebot in der Fläche aufrechtzuerhalten, müssen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten stärker aufeinander abgestimmt und die Vielzahl der privaten und öffentlichen Anbieter regional vernetzt werden. Die hessische Landesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, einen Weiterbildungspakt mit den freien und öffentlichen Trägern zu schließen und erneut das hessische Weiterbildungsgesetz zu novellieren, um die Hessencampus-Initiativen durch den weiteren Abschluss regional differenzierter Kooperationsvereinbarungen zwischen Land und Kommunen weiterzuentwickeln. Vorbemerkung des Kultusministers: Die Landesregierung strebt an, die HESSENCAMPUS-Verbünde im Rahmen des Hessischen Weiterbildungsgesetzes (HWBG) durch den weiteren Abschluss regional differenzierter Kooperationsvereinbarungen zwischen Land und Kommunen weiterzuentwickeln. Für diese Weiterentwicklung ist eine Novellierung des HWBG nicht erforderlich. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Welchen Zeitplan und Maßnahmenkatalog verfolgt die Landesregierung, um den im Koalitions- vertrag angekündigten Weiterbildungspakt mit den freien und öffentlichen Trägern zu schließen? Der Abschluss eines Weiterbildungspaktes befindet sich im Hessischen Kultusministerium in der Phase der fachlichen Erarbeitung einer diesbezüglichen Konzeption, die mit einem zielorientierten Zeitplan hinterlegt wird. Daher kann die Frage zurzeit noch nicht beantwortet werden. Frage 2. In welcher Höhe prognostiziert die Landesregierung in ihrer derzeitigen Planung den Bedarf an finanziellen Mittel für die Erhöhung der zweckgebundenen Mittel für konkrete Weiterbildungsleistungen ? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Frage 3. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung, um den Schwerpunkt ihrer Weiterbildungspoli- tik, die Alphabetisierung umzusetzen? Die Landesregierung hat bereits in den vergangenen Jahren zusätzlich zur Förderung von Maßnahmen der Alphabetisierung und der kompensatorischen Grundbildung nach § 9 HWBG zahlreiche weitere Maßnahmen initiiert und umgesetzt, die verstetigt, weiterentwickelt und ausgebaut werden sollen. Die Kooperation des Hessischen Kultusministeriums mit der Fachstelle Alphabetisierung des Hessischen Volkshochschulverbandes wird fortgesetzt. Der Zuschuss für den Hessischen Volkshochschulverband wurde mit Verabschiedung des Doppelhaushaltes 2013/2014 u.a. ausdrücklich im Hinblick auf zusätzliche Maßnahmen hinsichtlich der Nationalen Strategie für Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener in Deutschland um jährlich 65.000 € erhöht. Der im Rahmen von HESSENCAMPUS (HC) eingerichtete Förderschwerpunkt "Alphabetisierung und Grundbildung" wird fortgeführt sowohl im Hinblick auf landesweite HC-Leitprojekte als auch im Hinblick auf ein gemeinsames Vorhaben aller neun nach HWBG anerkannten landesweiten Organisationen in freier Trägerschaft, dessen Zielsetzung auf die Verankerung der Eingegangen am 27. Mai 2014 · Ausgegeben am 2. Juni 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/307 27. 05. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/307 Thematik in den neun Bildungswerken wie auch in den jeweiligen Mutterorganisationen fokussiert und vor allem auf systematische Sensibilisierung und Schulung von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren ausgerichtet ist. Das Antragsverfahren 2014 ist noch nicht abgeschlossen. Zur systematischen Ermöglichung und Unterstützung des Transfers guter Modelle und Lösungsansätze koordiniert das Hessische Kultusministerium in regelmäßigen Sitzungen eine landesweite Fachgruppe, an der Volkshochschulen, freie Träger, HC-Verbünde, der Hessische Volkshochschulverband sowie spezifische Projektvorhaben beteiligt sind. Auf diese Weise wird dafür Sorge getragen, dass Angebote und Strukturen aufeinander abgestimmt werden und sich komplementär ergänzen; durch systematischen fachlichen Austausch sowie die Einspeisung ausgewiesener Fachexpertise (u.a. auch aus anderen Bundesländern) werden neue Impulse gegeben und erfolgreiche Modelle in die Fläche getragen. Im Hinblick auf die Förderung der Landesarbeitsgemeinschaft Erwachsenenbildung im Justizvollzug (LAG Justiz) nach § 13 Abs. 5 HWBG liegt einer von zwei Schwerpunkten mit Wirkung seit 01.01.2014 für mindestens drei Jahre auf Alphabetisierung. Die Landesregierung unterstützt darüber hinaus weiterhin die Beratung und Sensibilisierung relevanter Akteure, Multiplikatoren und Multiplikatorinnen sowie von Schlüsselpersonen im Umfeld der Betroffenen zum Thema Funktionaler Analphabetismus im Rahmen bestehender Netzwerke insbesondere über das Landeskuratorium für Weiterbildung und Lebensbegleitendes Lernen nach § 19 HWBG und über die landesweiten Strukturen im HC (Sprecherkreis und landesweite AG Bildungsberatung HC). Für die kommende Europäische Sozialfonds-Förderperiode ist ein Förderprojekt zur Bekämpfung des funktionalen Analphabetismus vorgesehen. Zudem wird die Hessische Landesregierung weiterhin die Öffentlichkeitskampagne "Lesen & Schreiben - Mein Schlüssel zur Welt" unterstützen, Werbemittel des Bundes regional verbreiten , sich an Veranstaltungen beteiligen und die Erschließung weiterer Zugänge für die Verbreitung aufklärender und sensibilisierender Materialien über geeignete Stellen, Verbände und Netzwerke unterstützen. Frage 4. Wann ist mit der Umsetzung der geplanten Maßnahmen zu rechnen und welche finanziellen Mit- tel werden diesbezüglich zur Verfügung gestellt? Etliche Maßnahmen im Handlungsfeld Alphabetisierung und Grundbildung befinden sich bereits in Umsetzung; hierzu wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Nach jetzigem Stand werden im Haushaltsjahr 2014 zusätzlich zur Förderung von Maßnahmen der Alphabetisierung und der kompensatorischen Grundbildung nach § 9 HWBG voraussichtlich ca. 200.000 € für zusätzliche Maßnahmen und Projekte im Handlungsfeld Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener eingesetzt (das Antragsverfahren ist noch nicht abgeschlossen). Im Hinblick auf das geplante ESF-Förderprojekt zur Bekämpfung des funktionalen Analphabetismus ist die Planung noch nicht abgeschlossen. Daher kann die Frage zurzeit noch nicht beantwortet werden. Hinsichtlich der im Rahmen des Abschlusses eines Weiterbildungspaktes zu erwartenden zusätzlichen Maßnahmen sowie auf die diesbezüglichen finanziellen Mittel wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Frage 5. Wie beurteilt die Landesregierung die Entwicklung der Hessencampus-Initiativen und welche Pläne verfolgt sie hinsichtlich der im Koalitionsvertrag angekündigten Weiterentwicklung? Die Weiterentwicklung der Verbundorganisationen von HC erfolgt über den erfolgreich verlaufenden Abschlussprozess von regionalen Kooperationsvereinbarungen zwischen Land und Kommunen auf Grundlage von § 4 Abs. 4 des HWBG. Bisher wurden sechs Vereinbarungen zwischen dem Land und den Kommunen abgeschlossen, weitere Vereinbarungen stehen vor dem Abschluss und befinden sich in unterschiedlichen Phasen des Abstimmungsprozesses zwischen Land und Kommunen. Diese beinhalten in allen Fällen verbindliche Aussagen zu Zielen, Handlungsfeldern, Arbeitsweisen, Verantwortlichkeiten, Arbeitsplanung und Finanzierung der jeweiligen Verbundorganisation. Frage 6. In welchem Maße und auf welche Weise soll es gelingen, die Rolle der Hessencampus- Initiativen in der regionalen Bildungskoordination, -Information und -Beratung zu stärken? Die Verbundorganisationen von HC stärken entsprechend ihrer Koordinations- und Kooperationsfunktion auf der Grundlage von § 4 und § 20 des HWBG die regionale Bildungskoordination . Diese Funktion findet sich in den Verträgen zwischen Land und Kommunen wieder. Glei- Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/307 3 ches gilt für den Bereich der Bildungsberatung, die ein zentrales Handlungsfeld aller Verbundorganisationen ist. Damit wird gleichzeitig die Bildungsinformation im Bereich der Erwachsenenbildung in den Regionen gestärkt. In Folge des Übergangs von HC in den Regelbetrieb durch den Abschluss regionaler Kooperationsvereinbarungen werden diese Bereiche der Weiterbildung von Erwachsenen verstetigt. Frage 7. Welche Rolle wird diesbezüglich den beruflichen Schulen zugedacht? Den beruflichen Schulen kommt als einer der Kerninstitutionen von HC eine bedeutsame Rolle zu. In § 127 des Hessischen Schulgesetzes (HSchG) ist der Bildungsauftrag der beruflichen Schulen für Fort- und Weiterbildung erweitert worden. Durch die selbstständigen beruflichen Schulen wird der Handlungsrahmen für die beruflichen Schulen vergrößert. Lehrkräfte können für die Weiterbildung tätig werden und dafür Pflichtstunden in Anspruch nehmen. Insbesondere die rechtlich selbstständigen beruflichen Schulen (RSBS) nach § 127e HSchG müssen Aufgaben im Bereich der Fort- und Weiterbildung wahrnehmen und sind entsprechend § 4 Abs. 3 des HWBG Bestandteil des jeweiligen regionalen Verbundes von HC. Frage 8. In welcher Art und Weise möchte die Landesregierung die Schaffung von Anreizen zur verstärk- ten Nutzung von Fort- und Weiterbildungsangeboten unterstützen? Die Landesregierung schafft Anreize zur verstärkten Nutzung von Angeboten von Fort- und Weiterbildung u.a. durch die Stärkung der Bildungsberatung im Rahmen von HC. Des Weiteren verweise ich auf die Antwort zu Frage 6. Zudem gehört hierzu auch die Fortsetzung der erfolgreichen und vom Hessischen Kultusministerium geleiteten landesweiten HC-Arbeitsgemeinschaft Bildungsberatung, an der alle regionalen Verbünde von HC beteiligt sind, sowie die Verstetigung der landesweiten Homepage von HC. Frage 9. Auf welchem Wege möchte die Landesregierung sicherstellen, dass durch die geplanten Verän- derungen im Bereich der Weiterbildung und des lebenslangen Lernens keine aus Steuermitteln finanzierte oder subventionierte Konkurrenz für private Anbieter entsteht oder verstärkt wird? Durch die beabsichtigten Ziele der Landesregierung werden keine öffentlich subventionierten Konkurrenzsituationen zu kommerziellen Anbietern geschaffen. Vielmehr zielen die beabsichtigten Maßnahmen auf die Stärkung der öffentlich verantworteten Weiterbildung nach HWBG mit den primären Zielgruppen, die mangels Gewinnaussicht von privaten, am Markt agierenden Weiterbildungsunternehmen nicht erreicht werden. Es ist somit das Ziel der Landesregierung, die Weiterbildungsvoraussetzungen und die Weiterbildungsmotivation deutlich zu verbessern. Dabei ist eine Ausweitung des öffentlichen Sektors nicht vorgesehen. Dem Wettbewerbsrecht entsprechend wird keine mit Steuermitteln subventionierte Konkurrenz zu privaten Anbietern stattfinden. Zudem ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass Anbieter von Weiterbildungsangeboten das Instrument der Vollkostenrechnung zwingend zu beachten haben. Daher stellt sich die diesbezügliche Fragestellung nicht. Wiesbaden, 26. Mai 2014 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz