Kleine Anfrage des Abg. Eckert (SPD) vom 02.02.2016 betreffend 5. Bericht zur Hessischen Kultur- und Kreativwirtschaft und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung des Fragestellers: Der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir hat den 5. Bericht zur Hessischen Kultur- und Kreativwirtschaft vorgestellt. Zwar ist die Entwicklung der Branche positiv, doch konkrete Pläne, wie das Land Hessen das Potenzial der hessischen Kultur- und Kreativwirtschaft unterstützen könnte, lassen sich daraus nicht entnehmen . Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Der 5. Hessische Kultur- und Kreativwirtschaftsbericht ist eine aktuelle Bestandsaufnahme der Kreativwirtschaft mit ihren elf Teilmärkten in Hessen. Er dokumentiert anhand von Wirtschaftsdaten Entwicklungen und zeigt Herausforderungen auf. Zudem informiert er über Angebote und Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner im Bereich Kultur- und Kreativwirtschaft auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene und gibt dadurch hilfreiche Orientierung in und für die Branche. Maßnahmen zur Unterstützung der Kultur- und Kreativwirtschaft berät das Land kontinuierlich im Dialog mit der Branche. Zu diesem Zweck hat das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung (HMWEVL) unter anderem seit Sommer 2015 die Dialog-Reihe Forum Kreativwirtschaft durchgeführt. An den drei Foren haben knapp 220 Unternehmen teilgenommen. Das abschließende 3. Forum (Buch, Presse, Musik, darstellende Künste) hat am 19. Februar 2016 stattgefunden. Die Ergebnisse dieses Branchendialogs liegen voraussichtlich im Frühsommer 2016 vor. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie möchte die Landesregierung dafür sorgen, dass der Wert kreativer Leistung in der Wirtschaft stärker geschätzt wird? Die Landesregierung setzt Akzente und schafft Rahmenbedingungen, die das Renommee der Kultur- und Kreativwirtschaft positiv befördern und so dazu beitragen können, die Wertschätzung zu verbessern. Dazu ist es erforderlich, die Leistungen und Potenziale der Kultur- und Kreativwirtschaft sichtbar zu machen, den Nutzen der Branche für die Wirtschaft zu betonen und ihre marktwirtschaftliche Relevanz, Innovations- und Querschnittsfunktion für andere Branchen hervorzuheben. Die kontinuierliche öffentliche Würdigung qualifizierter kreativer Leistung durch die Landesregierung gehört dazu. Sie findet Ausdruck in zahlreichen Redebeiträgen oder in der öffentlichen Ausschreibung der Gestaltung des 5. Hessischen Kultur- und Kreativwirtschaftsberichts. Zur Verbesserung der Wahrnehmung und Wertschätzung der Kultur-und Kreativwirtschaft gehört auch die objektive Information über sie und ihre Potenziale. Zu diesem Zweck wird vom HMWEVL regelmäßig über die Entwicklungen der Branche berichtet. Empirische Grundlage zur Erfassung der Entwicklung der Kultur- und Kreativwirtschaft in Hessen sind die wichtigsten ökonomischen Kennzahlen. Neben dem im Januar 2016 veröffentlichten 5. Hessischen Kulturund Kreativwirtschaftsbericht werden jährlich Berichte zur Branchenentwicklung als Datareport online publiziert. Eingegangen am 18. März 2016 · Ausgegeben am 23. März 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3099 18. 03. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3099 Durch die Zusage zur Finanzierung der Neubauten der Hochschule für Gestaltung in Offenbach und der Hochschule für Musik und Darstellende Künste in Frankfurt am Main aus dem HEUREKA-Programm wird neben der Verbesserung der Kreativausbildung in Hessen auch die Wahrnehmung kreativer Leistungen insgesamt gestärkt. Die Wertschätzung der Branche wurde auch durch die Einrichtung des selbstständigen Referats Kultur- und Kreativwirtschaft, Medienwirtschaft und Neue Medien im HMWEVL betont und gefördert. Das Land Hessen unterstützt lokale Kreativ-Initiativen, Veranstaltungen und Netzwerke in ihrer Arbeit und auch überregionale Vernetzungen. Gefördert werden insbesondere Veranstaltungen, die neben der Stärkung der Branchenidentität zur verstärkten Wahrnehmung der Kreativwirtschaft in anderen Branchen beitragen. Die Einrichtung und Etablierung eines Arbeitskreises zur interkommunalen Zusammenarbeit im Bereich Kultur- und Kreativwirtschaft wird angestrebt, mit dem Ziel, städteübergreifende Kooperationen und Austausch zu initiieren. Die Wertschätzung kreativer Leistung wird auch durch die Hervorhebung der Branche im In- und Ausland unterstützt. Aufbauend auf den erfolgreichen Reisen der von mir angeführten Kreativwirtschaftsdelegationen in die Niederlande (2014) und nach Mailand (2015), sollen weitere Delegationsreisen in strategisch relevante Länder angeboten werden. So werde ich vom 27. bis 29. April 2016 eine Delegation in die Städte Brüssel und Antwerpen führen, da die belgische Region Flandern zusammen mit den Niederlanden Partnerland der Frankfurter Buchmesse 2016 ist. Beabsichtigt ist gerade im Hinblick auf die Buchmesse, den Austausch zu beleben und relevante Geschäftskontakte knüpfen zu können. Weitere an den Interessen der Kultur- und Kreativwirtschaft orientierte Delegationsreisen sind für die Zukunft geplant. Auch bei anderen Delegationsreisen werden zunehmend Aspekte der Kultur- und Kreativwirtschaft berücksichtigt. Frage 2. Wie möchte die Landesregierung erreichen, dass kreative Leistungen aus Hessen in anderen Wirtschaftsbereichen stärker genutzt werden? Im Bundesvergleich steht die Kreativwirtschaft in Hessen insgesamt gut da. Sie ist gemessen an Umsatz, Beschäftigung und Zahl der Unternehmen die viertstärkste in einem Flächenland. Sie profitiert dabei von der herausragenden Wirtschaftskraft und Infrastruktur des Landes. So wird die Nähe zu potenten Auftraggeberinnen und Auftraggebern in den Foren Kreativwirtschaft und den Interviews zum 5. Hessischen Kreativwirtschaftsbericht häufig als ein wesentlicher Vorteil des Standorts im Vergleich zu anderen genannt. Um die branchenübergreifende Vernetzung mit anderen Wirtschaftszweigen weiter zu fördern, unterstützt die Landesregierung Maßnahmen, die darauf abzielen, durch Anwendung und Implementierung kreativer Leistungen (z.B. aus Werbung, Design, Software/Games), Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen anderer Wirtschaftszweige zu steigern. Die Landesregierung engagiert sich im Austausch zwischen der Kultur- und Kreativwirtschaft und Kammern, Freien Berufen, Wirtschaftsförderungen und Verbänden (Industrie, Handel, Handwerk, Kultur- und Kreativwirtschaft, Dienstleistungen etc.). Dabei steht insbesondere die inhaltliche Vernetzung der Angebote unterschiedlicher Träger im Vordergrund. Das zu Beginn der Wahlperiode eingerichtete eigenständige Referat für Kultur- und Kreativwirtschaft im HMWEVL ist stark in der Vermittlung der Kreativwirtschaft in andere Wirtschaftsbereiche engagiert. Regelmäßig werden beispielsweise zu Veranstaltungen des Landes und anderer Träger zu Themen anderer Wirtschaftsbereiche Referenten aus der Kreativbranche vermittelt. So wird eine wichtige Schnittstelle geschaffen und der Wert kreativer Leistung kommuniziert. Eine wichtige Rolle bei der Positionierung kreativer Angebote in der Gesamtwirtschaft spielen qualitativ hochwertige selbstorganisierte Branchenevents, die inhaltlich die Nachfrage aus der Branche bedienen und zugleich die erwerbswirtschaftlichen Potenziale fördern. Das Land unterstützt die Durchführung solcher selbstorganisierten Branchenevents aus Haushaltsmitteln des HMWEVL (Einzelplan 7, Kapitel 0705, Förderprodukt 34). Für die zweite Jahreshälfte 2016 oder Frühjahr 2017 ist zudem ein öffentlichkeitswirksamer 1. Hessischer Kreativwirtschaftstag geplant. Die Geschäftsstelle Kreativwirtschaft des Landes bei der Hessen Agentur organisiert Veranstaltungen für die Kreativwirtschaft, die auch der Verbindung mit anderen Wirtschaftsbereichen dienen. Ziel dieser Veranstaltungen ist es, die Marktchancen der hessischen Kreativwirtschaft durch die Behandlung aktueller und virulenter Themen zu verbessern und zugleich auf die Branche aufmerksam zu machen. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3099 3 Fortgeführt wird die Unterstützung der erfolgreichen Designberatung für kleine und mittlere Unternehmen, bei der Unternehmerinnen und Unternehmer beraten werden, wie sie Design zur Verbesserung ihrer Marktpotenziale nutzen können. Frage 3. Wie möchte das Land Hessen bei der Beratung zur Raumvermittlung für Kreativschaffende verstärkt aktiv werden und wie möchte Hessen vorhandene Kreativzentren stärken? Ziel der Landesregierung ist es, preisgünstige Räume für Kreative zu schaffen und zu fördern. Die Verfügbarkeit günstigen Büro- und Atelierraumes für Kreative in der Professionalisierungsphase ist insbesondere im Ballungsraum ein großes Problem. Das hat zuletzt auch der 5. Hessische Kultur- und Kreativwirtschaftsbericht wieder deutlich dokumentiert. Selbstverwaltete Kreativzentren und -häuser haben sich als sinnvolle Angebote erwiesen, die insbesondere den Interessen junger Kreativer entsprechen und zugleich positive Impulse für die Stadtentwicklung setzen. Häufig werden diese Kreativzentren oder -häuser als Leerstands- Zwischennutzung eingerichtet und mit Mitteln der Mieterinnen und Mieter hergerichtet, wofür im Gegenzug günstiger Mietzins gewährt wird. Zudem schätzen viele Kreative den Austausch und die Kooperationsmöglichkeiten mit anderen in diesen Zentren. Die Landesregierung setzt sich dementsprechend auf vielen Ebenen für die Sicherung bestehender Kreativzentren und die Schaffung zusätzlicher Angebote ein. So ist es zuletzt gelungen, die Liegenschaft Gutleutstraße 8-12 in Frankfurt am Main mit einer Zweckbindung für kreativwirtschaftliche Nutzung an die Stadt Frankfurt am Main zu verkaufen und so den Fortbestand des wichtigen Kreativzentrums basis e.V. dort zu sichern. Das HMWEVL konnte zudem durch Gespräche der Hausleitung sowie auf Fachebene zum Erhalt des Kreativzentrums Nachrichtenmeisterei in Kassel beitragen. Um dem Bedarf an Unterstützung bei der Gründung weiterer Kreativzentren bzw. der Leerstandsvermittlung an Kreative zu entsprechen, soll neben regionalen Raumvermittlungsangeboten wie RADAR in Frankfurt oder RAUMFINDER in Offenbach eine überregional wirkende Stelle eingerichtet werden. Aufgabe dieser Stelle wird es sein, Kreativschaffende, öffentliche und private Vermieterinnen und Vermieter, kommunale Stellen, Vereine, Institutionen und Verbände landesweit bei der Raumvermittlung zu beraten und zu unterstützen. Im Kern geht es darum , Leerstand und andere geeignete Räume für Kreative zu identifizieren und bei Bedarf eine entsprechende Nutzung zu befördern. Darüber hinaus sollen Kommunen und Kreativinitiativen bei der Entwicklung geeigneter Nutzungs- und Finanzierungskonzepte unterstützt und über Fördermöglichkeiten und Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner beraten werden. Auch der Austausch zwischen Vertreterinnen und Vertretern der Immobilien- und Kreativwirtschaft und die Vernetzung bestehender Kreativzentren ist ein wichtiger Baustein dieses Ansatzes. Frage 4. Wie soll die Orientierungsberatung für Kreativunternehmen als Service der Geschäftsstelle Kreativwirtschaft konkret stärker ausgebaut werden? Gerade in der durch einen hohen Anteil freier Berufe geprägten Kreativwirtschaft sind Gründerinnen und Gründer oft gut ausgebildete Kreative, aber im Hinblick auf die buchhalterischen, rechtlichen oder organisatorischen Anforderungen an die Führung eines Unternehmens unerfahren . Es gibt daher in diesen Bereichen nicht unerheblichen Beratungsbedarf unter Kreativen, um sie auch unternehmerisch zu qualifizieren und die Chancen ihrer Gründungen zu verbessern. Es besteht erhebliches Interesse, dass Gründerinnen und Gründer sich mit ihren Geschäftsideen in Hessen erfolgreich und dauerhaft niederlassen. Dabei ist gerade die frühe Professionalisierungsphase zu adressieren. Zugleich existieren zwar vielfältige Beratungs- und Förderangebote, etwa der Kammern oder anderer Einrichtungen, die jedoch von Kreativen nur wenig wahrgenommen werden. Ursache ist oft, dass die Angebote nicht bekannt sind, etwa weil die Gründerinnen und Gründer in kreativen Bereichen davon schlicht nicht erreicht werden. Hier ist ein Vermittlungsbedarf ersichtlich, dem sich das Land annehmen will. Die bisherige Orientierungsberatung des Bundes war ein entsprechendes Instrument, aber ist zum 31.12.2015 ausgelaufen und wird nicht fortgeführt. Das Land Hessen wird ein entsprechendes Beratungsangebot mit neuer Akzentuierung durch die Geschäftsstelle Kreativwirtschaft einrichten. Die Geschäftsstelle wird künftig für Kreativschaffende einen kostenfreien, aufsuchenden Beratungs- und Vermittlungsservice in verschiedenen hessischen Städten anbieten. Die Geschäftsstelle wird dabei mit lokalen und landesweiten Initiativen (z.B. Kreativnetzwerken und -zentren, Verbänden), Institutionen (z.B. Kammern, Wirtschaftsförderungen , Kulturämtern, WIBank) und Beratungsstellen (z.B. RKW Hessen GmbH, Enterprise Europe Network Hessen EEN) kooperieren. Neben Information über Beratungs- und Finanzierungsangebote spielt die Vermittlung an die jeweils passende Beratungsstelle bzw. die 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3099 richtige Ansprechpartnerin und den richtigen Ansprechpartner eine zentrale Rolle. Mit dem Angebot soll der Bedarf an Information und Kontakthilfe gerade bei jungen Kreativunternehmerinnen und Kreativunternehmern und Gründerinnen und Gründern gedeckt werden. Wichtiges Merkmal des Ansatzes ist, dass die Beratung aufsuchend konzipiert und in bekannten Kreativzentren , möglichst sogar in Kooperation mit diesen, durchgeführt wird, um eine optimale Zielgruppenerreichung zu gewährleisten. Auch der 5. Hessische Kultur- und Kreativwirtschaftsbericht informiert über Beratungs- und Förderangebote für die Kreativwirtschaft auf kommunaler, Landes-, Bundes- und EU-Ebene. Frage 5. Gibt es im Haushaltsplan 2015 eine Veränderung der Förderinstrumente und der jeweils zur Verfügung stehenden Fördersumme, die unmittelbar oder mittelbar die Kultur- und Kreativwirtschaft unterstützen? Wenn ja, wie und in welcher Höhe? Ab 2015 wurde das zuvor ausschließlich auf Designförderung ausgerichtete Förderprodukt (Kap. 0705 FP 34) für andere Maßnahmen der Kultur- und Kreativwirtschaft geöffnet. Dies diente nicht nur der Wertschätzung und Anerkennung der Branche insgesamt, sondern ermöglichte es, zusätzlich zu den bislang ausschließlich genannten Designinstitutionen Hessen Design e.V. und Rat für Formgebung, andere Einrichtungen und Angebote der Kreativwirtschaft in anderen Teilmärkten sowie Veranstaltungen und Netzwerke zu fördern und zu unterstützen. Im Haushaltsplan 2016 ist für die Förderung der Kultur- und Kreativwirtschaft (Kap. 0705 FP 34) inklusive der Verpflichtungsermächtigungen 2017 und 2018 ein Bewilligungsvolumen i.H.v. 260.000 Euro vorgesehen. Wiesbaden, 7. März 2016 Tarek Al-Wazir