Kleine Anfrage der Abg. Martina Feldmayer und Karin Müller (Kassel) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) vom 02.02.2016 betreffend kulturelle Projekte im hessischen Justizvollzug - Teil I und Antwort der Ministerin der Justiz Vorbemerkung der Fragestellerinnen: Kulturelle Angebote sind ein anerkannter und wichtiger Bestandteil der heutigen Justizvollzugslandschaft. Die hiermit gemachten Erfahrungen sind positiv. Seit mehreren Jahrzehnten zählen in Hessen beispielsweise Theaterprojekte dazu. Durch Angebote zur aktiven Teilnahme und den hieraus resultierenden synergetischen Effekten verstärkte sich ihre Wirkung. Die Erfahrungen fielen so positiv aus, dass das Ministerium für Justiz mehrfach Sondergenehmigungen erteilte. 2011 verband das Projekt "MS Carmen" (unter der Trägerherrschaft von Art-Q e.V. in Kooperation mit der FH Frankfurt und der Werkstatt Frankfurt e.V.) insgesamt 70 projektbeteiligte Personen von "innerhalb und außerhalb". Teilnehmende des geschlossenen Vollzugs der JVA Preungesheim erarbeiteten gemeinsam mit Studierenden, Künstlern und Pädagogen eine Carmen- Adaption oder waren beim Ausbau eines Schiffs als schwimmende Bühne für das Stück aktiv, bei dem sie auf dem Main in Frankfurt mitspielten. Neben dem Applaus des Theaterpublikums bestätigte und verstärkte die begeisterte Medienberichterstattung den Projekterfolg. Diese Vorbemerkungen der Fragestellerinnen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie viele Kulturprojekte zur aktiven Teilnahme gibt es derzeit insgesamt im hessischen Justizvollzug ? a) Welche hessischen Justizvollzugsanstalten bieten Kulturprojekte zur aktiven Teilnahme an? b) Welche Angebote umfassen diese Kulturprojekte im Einzelnen (bitte auch Angebote aufführen , die im Rahmen der Projekte entstehen, aber nicht primär künstlerischer Natur sind, etwa Bühnenbau, Lichttechnik etc.)? Eine Abfrage in den hessischen Justizvollzugsanstalten ergab, dass mindestens 50 Kulturprojekte zur aktiven Teilnahme aktuell stattfinden oder konkret anstehen. Zu Frage 1 a: Die Justizvollzugsanstalten Butzbach, Frankfurt am Main I, Frankfurt am Main III, Fulda, Gießen, Hünfeld, Kassel I, Kassel II, Rockenberg, Schwalmstadt, Weiterstadt und Wiesbaden bieten derzeit Kulturprojekte zur aktiven Teilnahme an. Zu Frage 1 b: In den einzelnen Anstalten werden nachfolgende Projekte angeboten: JVA Butzbach: Das Kunstprojekt "Kunst im Strafvollzug" läuft bereits seit 1981 unter der Regie hauseigener Lehrer aus der Abteilung Kultur und Freizeit. Es hat wechselnde Inhalte, die von Zeichnen über Malen, Fotografie und Video bis zur figürlichen Plastik reichen. Jährlich werden zwei Kurse angeboten für jeweils sechs bis acht Teilnehmer. Die Literaturgruppe hat 15 Plätze und wird geleitet von einem hauseigenen Psychologen. Die Gruppe befasst sich einmal in der Woche von 18:00 bis 21:00 Uhr mit zeitgenössischer Literatur oder zu Gedenktagen großer Literaten mit deren Werken. Der Chor der Gefangenen wird angeleitet vom katholischen Anstaltsgeistlichen. Er hat 12 Mitglieder und probt wöchentlich zwei Stunden. Der Schwerpunkt liegt im religiösen bzw. im künstlerisch-kreativen Bereich. Eingegangen am 17. März 2016 · Ausgegeben am 22. März 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3101 17. 03. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3101 Das Theaterprojekt "Dorian Gray" war im Jahr 2012 eine Gemeinschaftsveranstaltung mit Schauspielern des Stadttheaters Gießen und der evangelischen Seelsorge. Zehn Gefangene waren am Ensemble beteiligt. Der Schwerpunkt lag im künstlerisch-kreativen Bereich. JVA Frankfurt am Main I: Aufgrund der besonderen Situation in der Untersuchungshaft, namentlich der hohen Fluktuation und der nicht vorhersagbaren Verweildauer der Untersuchungsgefangenen, sind längerfristige kulturelle Projekte mit aktiver Beteiligung der Gefangenen, wie z.B. Theatergruppen, nicht sinnvoll umsetzbar. Das kulturelle Angebot der JVA Frankfurt am Main l beschränkt sich daher auf punktuelle Ereignisse, wie Theatervorstellungen, Konzerte oder Filmvorführungen. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang die seit drei Jahren bestehende Kooperation mit dem alljährlich in Frankfurt stattfindenden Türkischen Filmfestival. Im Rahmen des Festivals war die JVA Frankfurt am Main I Veranstaltungsort von Filmvorführungen und Diskussionen. JVA Frankfurt am Main III: Das Pantomimen-Theater hat 12 Teilnehmerinnen. Die Kurse werden in Kooperation mit dem Schultheaterstudio Frankfurt durchgeführt. Dieses Projekt hat den Umfang von zehn Stunden, aufgeteilt in drei bis vier Einheiten. Der Gitarrenkurs findet wöchentlich statt. Er ist in drei Niveaustufen differenziert und es stehen insgesamt 12 Teilnehmerinnenplätze zur Verfügung. Ein Streetdance-Projekt, das mit einer besonderen Choreografie abschließt, ist in Planung. JVA Frankfurt am Main IV: Die Justizvollzugsanstalt Frankfurt am Main IV war im Jahr 2011 Mitinitiator und Ausrichter des in der Vorbemerkung dieser Anfrage beschriebenen Musiktheaterprojektes "MS Carmen". Das Projekt wurde in Zusammenarbeit mit dem eigens dafür gegründeten Verein Art-Q e.V., der FH Frankfurt, der Werkstatt Frankfurt und der Hochschule Darmstadt - Fachbereich Architektur - durchgeführt. Das Kulturprojekt "MS Carmen" umfasste neben der musikalischen und künstlerischen Beteiligung auch die Mithilfe beim Umbau des Schiffes (sog. Schubverband) zum Aufführungs- und Zuschauerbereich, den Bühnen- und Kulissenbau, die Mithilfe bei der Beleuchtung und Beschallung der Veranstaltungen und die tägliche Versorgung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie der Zuschauer während der Aufführungen. JVA Fulda: Der Chor der Gefangenen hat acht Mitglieder. Er wird betreut von der Brüder-Gemeinde. Er entwickelt Lieder-Abende. Der Kursleiter begleitet mit der Gitarre. Der Kurs hat acht Mitglieder . Der Malkurs trifft sich seit 25 Jahren wöchentlich. Derzeit tagt er jeden Freitag für zwei Stunden . Er hat acht Mitglieder. Afrikanisches Trommeln ist Inhalt eines Kurses, der alle 14 Tage stattfindet und 1,5 Stunden dauert. Der Kurs wird durch einen externen Kursleiter betreut. Er hat nicht nur einen künstlerischen /kreativen Aspekt, sondern dient auch dem Aggressionsabbau. JVA Gießen: Der Chor der Gefangenen trifft sich unter der Leitung des katholischen Anstaltsgeistlichen einmal in der Woche für zwei Stunden. Neben der Stimmbildung werden Kirchenlieder und zeitgenössisches, modernes Liedgut gepflegt. Der Chor hat sechs Mitglieder. Ebenfalls unter der Leitung des katholischen Pfarrers steht der Kunstkurs für zehn Gefangene. Der Kurs hat unter anderem die Fassade eines Hauses außerhalb der Anstalt gestaltet. Die Gefangenen hatten rechtzeitig zur Landesgartenschau die Gestaltung gemeinsam entworfen, geplant und durchgeführt. Theater hinter Gittern wird regelmäßig angeboten. In diesem Jahr liegen die Schwerpunkte auf Musik und Theater. Die auftretenden Ensembles sind bemüht, bei der Vorbereitung und Durchführung der Auftritte Gefangene aktiv einzubeziehen. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3101 3 JVA Hünfeld: Theater hinter Gittern: Im Verlauf der Jahre wurden im Rahmen des Projekts verschiedene Veranstaltungen durchgeführt. Den Rahmen zur aktiven Teilnahme bieten Theaterworkshops, an deren Ende jeweils Theateraufführungen stehen. Hierfür werden Texte und Rollen eingeübt. Die Kostüme werden selbst hergestellt. Der Schwerpunkt liegt im kreativen Bereich, besonders auch im Rollenspiel. Die Veranstaltungen dauern jeweils drei Stunden. Über das Jahr hinweg werden 50 Plätze angeboten. Kreatives Gestalten: Dies ist ein über viele Jahre etablierter Kurs, der wöchentlich stattfindet. Unter externer Leitung werden mit Acrylfarben oder sonstigen Materialien Themen illustriert oder eigene Ideen der Gefangenen umgesetzt. Der Kurs hat 12 Plätze und findet wöchentlich jeweils 1,5 Stunden statt. Musikworkshop: Die Mitmacher proben wöchentlich 1,5 Stunden, auch mit externen Musikern . Die Auftritte bei Sommerfesten und Weihnachtsfeier werden sehr geschätzt. Der Schwerpunkt liegt im musikalisch-kreativen Bereich. Der Workshop hat 12 Plätze. Interkultureller Kochkurs: Die jeweils sieben Gefangenen nehmen einmal wöchentlich an einem Kochkurs teil, in dem übers Jahr hinweg eine kulinarische "Weltreise" von den Teilnehmern veranstaltet wird. JVA Kassel I: Künstlerisches Gestalten findet einmal wöchentlich im Umfang von drei Stunden mit vier Teilnehmern statt. Der Kunstkurs findet einmal wöchentlich drei Stunden statt. Es nehmen acht Gefangene teil. Der Schwerpunkt ist kunstpädagogischer Art. Das Kunstprojekt "Kunstbehandlungsstation C4" findet für acht Gefangene drei Stunden in der Woche statt. Der Gitarrenkurs besteht aus sechs Teilnehmern, die zwei Wochenstunden gemeinsam üben und lernen. Heilsames Singen hat zehn Teilnehmer. Diese werden 1,5 Stunden pro Woche betreut. Die katholische Musikgruppe besteht aus zehn Teilnehmern, die sich zweimal wöchentlich zu je drei Stunden zu ihrem Bandprojekt treffen. Justizvollzugsanstalt Kassel II: Die Musikgruppe besteht durchgängig aus zwei Gruppen mit jeweils sechs Teilnehmern (Bands). Eine weitere Gruppe besteht aus drei Musikschülern an zwei Wochentagen zu je drei Stunden. Der Insassen-Chor hat 15 Plätze. Er wird geleitet von einer externen Chorleiterin und probt wöchentlich. Der Keramikkurs hat acht Plätze. Er findet wöchentlich unter externer Leitung statt. Die Modellbaugruppe hat sechs Plätze. Sie trifft sich wöchentlich mit ihrem externen Kursleiter . Die Gruppe Kreatives Gestalten hat acht Plätze. Sie trifft sich mit dem externen Leiter wöchentlich . Ihr Schwerpunkt ist pädagogischer sowie künstlerisch-kreativer Art. JVA Rockenberg: Der Gitarrenkurs für Anfänger und Fortgeschrittene findet wöchentlich statt. Er dient der musischen Erziehung und der strukturierten Freizeitgestaltung - auch für die Zeit nach der Haftentlassung . Der Kurs ist zweigeteilt in Anfänger und Fortgeschrittene mit jeweils sechs Plätzen. Er dauert wöchentlich zwei Stunden. Der "Capoeira-Workshop" findet wöchentlich statt. Durch diesen Kampftanz werden Disziplin , Respekt, (Selbst-) Kontrolle und Teamgeist entwickelt. Die Teilnehmer leben angestauten Ärger und Zorn kontrolliert aus. Sie entwickeln Selbstwertgefühl und Selbstsicherheit. Sie lernen , Verhaltensmuster und Strategien auf ihr tägliches Leben zu übertragen. Der Kurs mit zehn Plätzen findet einmal wöchentlich statt und umfasst drei Stunden. 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3101 Die "Kunstwerkstatt" will zum kreativen Ausdruck motivieren und so den Teilnehmern eigene Wege zur Kunst zu eröffnen. Die drei Gruppen zu je fünf Teilnehmern treffen sich dreimal wöchentlich für 1,5 Stunden. Die Kurse sind voll ausgelastet. Das Projekt ist künstlerisch ausgerichtet . Die Wanderausstellung "Lasst mich ich selbst sein. Anne Franks Lebensgeschichte" wird in Kooperation mit dem Anne Frank Zentrum Berlin im Frühjahr dieses Jahres 14 Tage lang gezeigt . Die Ausstellung verfolgt den Ansatz der Peer Education, d.h., vor Beginn der Ausstellung werden in der Jugendanstalt bis zu 15 junge Gefangene in einem Seminar vom Anne Frank Zentrum ausgebildet, Mitgefangene durch die Ausstellung zu begleiten und gemeinsam über die Themen der Ausstellung zu sprechen. Das Projekt ermöglicht eine aktive und präventive Auseinandersetzung mit verfälschenden, relativierenden und (rechts-extremen) Vereinnahmungen von Geschichte und verfolgt das Ziel, präventiv gegen die Radikalisierung von jungen Gefangenen vorzugehen. Eine Theateraufführung mit dem pädagogischen Schwerpunkt soll Mut machen, an persönliche Fähigkeiten und Fertigkeiten zu glauben und offen mit Gefühlen und Ängsten umzugehen (terminiert auf Juni 2016). Anbieter ist das Figurentheater "Kleine Welten". 40 Zuschauer bzw. Teilnehmer sind geplant. Christliche Hip-Hop-Musik wird im Juni 2016 von einer Musikband aufgeführt. Das Konzert wird zur rhythmischen und sängerischen Teilnahme der Zuhörer sowie zur sinnvollen Freizeitgestaltung innerhalb der Justizvollzugsanstalt angeboten und dient der Abwechslung von dem Alltag. Das Konzert findet vorläufig einmal statt mit bis zu 40 Teilnehmern. Anbieter ist eine ortsansässige Band. Ein "Hip-Hop-Dance-Workshop" soll im III. Quartal 2016 einmal wöchentlich stattfinden. Ziel ist der kreative Ausdruck und die Einübung von Tanztechniken zur Hip-Hop-Musik. Anbieter sind zwei freiberufliche Tanzlehrer. Ein Konzert mit klassischer Musik wird im IV. Quartal von Nachwuchsmusikern gestaltet, mit dem Ziel, den Jugendlichen und Heranwachsenden andere Formen der Musik nahe zu bringen . Inwieweit sie aktiv beteiligt werden können, wird noch geprüft. Anbieter ist "Live Music Now". Das Konzert findet vorläufig einmal statt. Ein "Artistik-Workshop" ist auf acht Wochen konzipiert und fürs IV. Quartal 2016 vorgesehen . Die zwölf Teilnehmer sollen einmal wöchentlich zwei Stunden lang mit Techniken von Tanz, Theater, Improvisation und Stimme vertraut gemacht werden. JVA Schwalmstadt: Das Kunstprojekt steht unter Leitung einer Sozialarbeiterin. Es nehmen über das Jahr hinweg sechs Untergebrachte und Strafgefangene (Behandlungsstation) teil. Sie werden betreut und beraten von einem externen Mitarbeiter bei der künstlerischen Farbgestaltung der Außenmauer im Innenhof des Bereichs der Sicherungsverwahrung. Das Gartenprojekt „Grüner Daumen" steht unter Leitung von zwei AVD-Mitarbeitern. Es stehen ganzjährig 6 Plätze zur Verfügung. Die Ausrichtung zielt auf Schutz und Pflege der Natur. Das Bienenprojekt wird geführt von einem AVD-Mitarbeiter aus dem Dienstbereich der Sicherungsverwahrung . Hier nehmen sechs Untergebrachte teil. Das Projekt findet ganzjährig statt. Die Ausrichtung zielt auf Schutz und Pflege der Natur. Das Angelprojekt wurde gemanagt von einem Mitarbeiter des gehobenen Verwaltungsdienstes. Es nahmen acht Untergebrachte teil, die angeleitet wurden von vier AVD-Mitarbeitern aus dem Dienstbereich der Sicherungsverwahrung mit Unterstützung eines externen Mitarbeiters (Lehrtätigkeit ). Das Projekt zielte auf die Pflege der Natur und die Ablegung des Angelscheins. Das Brigdeprojekt steht unter der Leitung eines diplomierten Sportlehrers aus dem Sachgebiet Sport & Freizeit. Es nehmen sechs Untergebrachte und Strafgefangene teil, durchgängig bzw. ganzjährig in Kooperation mit einer externen Einrichtung (Mitarbeiter Ursulinenschule Fritzlar) sowie externen Mitarbeitern. JVA Weiterstadt: Das Projekt "Lebenskarte" führt auf eine Reise in das Abenteuer des eigenen Lebens, durch eine darstellbare Welt unserer Gedanken und Erlebnisse. Das Projekt wird geleitet von einem Seelsorger und einer Psychologin. Es hat zehn Teilnehmer und findet wöchentlich statt. Es ist nicht nur therapeutisch angelegt, sondern auch kreativ-künstlerisch. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3101 5 Der Kirchenchor hat derzeit 16 Mitglieder. Er übt wöchentlich zwei Stunden. Das Projekt "Bücherbox" hat eine ehemalige Telefonzelle zum Gegenstand, die durch die Gefangenen der Maler-Lackierer-Ausbildung zum Bücherschrank umfunktioniert wurde. JVA Wiesbaden: Prozessorientierte Spielfilmarbeit: Die Medienwerkstatt der Universität Kassel arbeitet unter Leitung eines Medienpädagogen mit Gewalttätern in Gruppen von 8 bis 12 Teilnehmern in Workshops. Sie gestalten Kurzspielfilme auf der Grundlage von Alltagserfahrungen. Bis heute wurden über 50 Spielfilme mit Gefangenen produziert. Speziell ausgebildete Spielfilmpädagogen begleiten die filmtechnische Durchführung, die Dramaturgie und den Filmschnitt. Parallel zu den Workshops sind in den Jahren 2002, 2004, 2006 und 2008 vier Bücher unter dem Titel "Wir sagen aus" erschienen, die biografische Geschichten und Interviews enthalten. 2009 hat ein Spielfilm in der Filmakademie Ludwigsburg den "Deutschen Jugendvideopreis" gewonnen. Die Werft: Die Theaterarbeit findet seit 2007 statt. Durchschnittlich etwa 10 Gefangene werden von professionellem Theaterpersonal im Schauspiel ausgebildet. Dabei sind Produktionen wie "Antikörper", "Die Allerletzten", "Das Leben ist ein Traum", "Merlins Camp", "Ein Haufen Chopin", und "Macbeth" entstanden, sowie "Wie du reimt keiner, Rainer" - Antworten auf einen Rilke-Brief -. Beim Bau des Theaters und beim Umbau wurden Gefangene aus unterschiedlichen Berufsfeldern (Maler und Lackierer, Maurer, Tischler, Metall und Elektriker) der in der Justizvollzugsanstalt Wiesbaden angebotenen Ausbildungsberufe eingesetzt. Während der Theateraufführungen wird die Bühnentechnik von einem Gefangenen betreut. Dieser wurde zuvor in die Arbeit von einem professionellen Bühnentechniker eingewiesen. Ebenso werden Gefangene beim Aufbau der Bühne (Kulissen) erfolgreich eingesetzt. Die Bibliothek "Bücheroase": Im Jahre 2011 wurde die „Bücheroase" als Bibliothek neu konzipiert und eingerichtet. Am Ausbau und an der Einrichtung der Bibliothek haben Auszubildende der Ausbildungsberufe Maurer, Maler, Elektriker und Tischler mitgewirkt. Zuletzt präsentierten Auszubildende des Küchenbereichs ihre Fähigkeiten im Rahmen eines dreigängiges "Krimidinners", das im Rahmen einer musikalischen Lesung mit der Schauspielerin Renate Kohn und dem Musiker Gerd Zimanowski mit Geschichten von Edgar Allan Poe vor externen Gästen gestaltet wurde. Im Rahmen der Ausschreibung des Ingeborg-Drewitz-Literaturpreises 2014 wurde eine Schreibwerkstatt mit einem Wiesbadener Autor durchgeführt. Am "Jungen Literaturforum Hessen-Thüringen" des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst und der Thüringer Staatskanzlei werden jedes Jahr junge Nachwuchsautoren im Alter von 16 bis 25 Jahren gesucht, die ihre Werke der Öffentlichkeit präsentieren. Auch hier haben mehrere Gefangene in den letzten Jahren teilgenommen. Wie in der JVA Rockenberg wird in Kooperation mit dem Anne Frank Zentrum Berlin im Frühjahr dieses Jahres jeweils 14 Tage lang die Wanderausstellung "Lasst mich ich selbst sein. Anne Franks Lebensgeschichte" gezeigt. Frage 2. Welche Ausrichtungen bzw. Ausrichtungsschwerpunkte (therapeutisch, pädagogisch, rein künstlerisch , etc.) haben die Kulturprojekte zur aktiven Teilnahme im hessischen Justizvollzug im Einzelnen ? Die einzelnen Projekte haben - soweit in der Beschreibung unter 1 b nicht anders angegeben - in ihrer Grundausrichtung regelmäßig einen künstlerisch kreativen oder musikalischen Schwerpunkt . Da der Strafvollzug jedoch einen Behandlungsauftrag bzw. im Jugendvollzug einen Erziehungsauftrag hat, verfolgen die Projekte neben der kreativen Gestaltung der Freizeit der Gefangenen regelmäßig auch einen pädagogischen/therapeutischen Effekt. Hier geht es beispielsweise darum, Gefangene zu einer sinnvollen und sinnstiftenden Freizeitbeschäftigung zu motivieren , soziale Kompetenzen durch Arbeit in der Gruppe zu stärken und Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erkennen und auszubauen. All dies soll auch nach der Entlassung helfen, das Resozialisierungsziel dauerhaft zu erreichen. Frage 3. In welchen Bereich der Maßnahmen sind sie im Einzelnen eingegliedert (Prävention, Sozialisation , Nachsorge)? Zur Beantwortung wird auf die Antworten zu den Fragen 1. und 2. verwiesen. 6 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3101 Frage 4. Wie sind derzeit die Kulturprojekte zur aktiven Teilnahme auf die verschiedenen Vollzugsformen (offener, geschlossener oder Vollzug in freien Formen) in Hessen verteilt? Die Projekte finden derzeit ausschließlich im geschlossenen Vollzug statt. Frage 5. Wie verteilen sich die Angebote dieser Kulturprojekte auf Männer-, Frauen-, und Jugendvollzug? (Bitte benennen) Die JVA Frankfurt am Main III ist für den Frauenvollzug (Erwachsene und junge Gefangene) zuständig, die Justizvollzugsanstalten Rockenberg und Wiesbaden für männliche Jugendliche und Heranwachsende. Alle weiteren Anstalten sind dem Erwachsenenvollzug für Männer gewidmet . Zur inhaltlichen Verteilung der Angebote kann auf die Beantwortung der Frage 1 und 2 verwiesen werden. Frage 6. Wie viele inhaftierte Menschen nehmen Angebote im Rahmen von Kulturprojekten zur aktiven Teilnahme in Anspruch, und wie sind Auslastung und Zuspruch bezüglich der Angebote? a) Wie hoch ist die Auslastung der Angebote der einzelnen Kulturprojekte zur aktiven Teilnahme im hessischen Justizvollzug und wie beurteilt die Landesregierung dies? b) Wie ist die Resonanz dieser Zielgruppe auf diese Angebote (bitte nach Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer pro Projekt aufschlüsseln)? Es ist zunächst anzumerken, dass eine flächendeckende statistische Auswertung der Teilnahme an den einzelnen Angeboten nicht erfolgt. Aus dem von den Anstalten berichteten Gesamtbild und einzelnen Auswertungen ergibt sich jedoch, dass gerade kulturelle Angebote einen sehr hohen Zuspruch erfahren und eine sehr gute Auslastung von regelmäßig über 80 % bis hin zur Vollauslastung zu verzeichnen ist. Zum einen werden die Angebote als Maßnahmen der sinnvollen Freizeitbeschäftigung geschätzt, zum anderen entdecken und entwickeln Gefangene Fähigkeiten , die zu Erfolgserlebnissen und einer Steigerung des Selbstwertgefühls führen. Da die Teilnahme an allen Projekten freiwillig ist, würde sich eine mangelnde Attraktivität unmittelbar auf die Teilnahmebereitschaft auswirken. Insoweit lässt sich die Resonanz unmittelbar aus dem Zuspruch zu dem jeweiligen Projekt ablesen. Zur Anzahl der vorhandenen Plätze kann auf die Beantwortung der Frage 1. verwiesen werden. Die Landesregierung begrüßt im Übrigen die hohe Akzeptanz der Projekte. Wiesbaden, 9. März 2016 Eva Kühne-Hörmann