Kleine Anfrage der Abg. Gnadl (SPD) vom 03.02.2016 betreffend Kundgebung des Bündnisses "Gesichtzeigen - Büdingen ist weltoffen" und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung der Fragestellerin: Am Samstag den 30.01.2016 fand in Büdingen eine rechtsextreme Demonstration statt, diese wurde von Gegenprotesten begleitet. An den Gegenprotesten nahmen nach Schätzungen zwischen 800 und 1400 Menschen teil. Der Tag verlief nach Auskunft der Polizei weitgehend friedlich, jedoch war der Zugang zur genehmigten demokratischen , friedlichen Kundgebung des Bündnisses "Gesicht zeigen - Büdingen ist weltoffen" teilweise schwierig und mit großen Umwegen verbunden. So mussten Teilnehmer/innen, die nach 15.00 Uhr anreisten, einen kilometerlangen Umweg machen, um den Kundgebungsplatz zu erreichen. Zudem wurden zeitweise keine Menschen vom Kundgebungsplatz gelassen. Dies stellte viele Teilnehmende vor ernste Probleme, denn es bestand kein Zugang zu sanitären Anlagen, da der Zugang zur Innenstadt gesperrt war. Dieser Eingriff in die Bewegungsfreiheit des demokratischen Bündnisses ist vielen negativ aufgefallen und auch rechtlich umstritten . Viele Büdinger Bürgerinnen und Bürger sowie andere Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten, nachdem sie stundenlang im strömenden Regen an der Kundgebung teilgenommen haben, nicht zu ihren Häusern beziehungsweise zu ihren Fahrzeugen, da ihnen der Weg von der Polizei versperrt wurde. Den Veranstaltern der Gegenkundgebung waren diese großräumige Absperrung und der erschwerte Zugang zur Kundgebung nicht im Vorfeld bekannt. Diese Vorbemerkung der Fragestellerin vorangestellt, wird die Kleine Anfrage wie folgt beantwortet : Frage 1. Wieso wurden bereits Stunden vor dem geplanten Aufmarsch der Rechtsextremen der Zugang zur Innenstadt und die direkten Wege zur demokratischen Kundgebung gesperrt? Die Zuwegung zur Gegenkundgebung war nicht komplett gesperrt. Es lagen im Vorfeld Erkenntnisse vor, dass Gegendemonstranten durch Blockaden, Sachbeschädigungen oder körperliche Angriffe versuchen werden, den Aufzug zu verhindern. Die Absperrung der Aufzugsstrecke war daher bereits frühzeitig erforderlich, um die ordnungsgemäße Durchführung der Versammlung "Büdingen wehrt sich - Asylflut stoppen" zu gewährleisten. Frage 2. Warum wurden Personen, die abreisen wollten, daran gehindert, ihre Fahrzeuge bzw. Häuser zu erreichen? Wie das Polizeipräsidium Mittelhessen berichtet, wurden Personen nicht daran gehindert, die Gegenkundgebung zu verlassen. Lediglich das Überschreiten der in Richtung der Versammlung "Büdingen wehrt sich - Asylflut stoppen" gelegenen polizeilichen Absperrungen wurde verhindert . Die Versuche von Gegendemonstranten, die polizeilichen Absperrungen weit zu umlaufen, machten es dabei temporär erforderlich, mögliche Zuwege zur Aufzugsstrecke weitläufig abzusperren . Die Einsatzkräfte hatten den Auftrag, Teilnehmern des Aufzuges, Anwohnern, Medienvertretern und sonstigen Berechtigten einen kontrollierten Zugang in die abgesperrten Bereiche am Veranstaltungsort zu gewähren, soweit keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass es sich um Veranstaltungsstörer handeln würde. Diese Option war durch das Verhalten eines Teils der Störer im Interesse eines Schutzes der Versammlung "Büdingen wehrt sich - Asylflut stoppen" deutlich eingeengt. In Einzelfällen ermöglichten Polizeikräfte das Überschreiten der Absperrlinien. Eingegangen am 24. März 2016 · Ausgegeben am 1. April 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3111 29. 03. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3111 Frage 3. Im Vorfeld hat ein Gespräch zwischen Stadt, Polizei und den Sprechern der Gegendemonstration stattgefunden. Warum wurde nicht umfassend über das "Sicherheitskonzept" der Polizei gesprochen ? Das Einsatzkonzept der Polizei beinhaltete geeignete taktische Maßnahmen, um Störungen seitens der Versammlungsteilnehmer gegen eine andere Versammlung zu verhindern. Im Sinne der Erreichung dieses Ziels ist es nicht opportun, insbesondere auch vor dem Hintergrund des Verlaufes des im Vorfeld durchgeführten Kooperationsgespräches, bei dem Überlegungen zur Durchführung einer Blockadeaktion angedeutet wurden, das komplette taktische Repertoire der Polizei zu erörtern. Aus grundsätzlichen Erwägungen erfolgt auch in anderen Fällen keine Darlegung polizeitaktischer Konzepte. Deutlich machte die Polizei jedoch, dass sie ein "Kreuzen" der beiden Versammlungen im Hinblick auf zu erwartende Blockadeaktionen nicht zulassen wird. Frage 4. Dem Versammlungsleiter wurde ein Ansprechpartner der Polizei benannt. Warum war dieser an dem vereinbarten Platz nach 16.00 Uhr nicht präsent? Der Kontakt zwischen dem Anmelder und dem Ansprechpartner der Polizei war tatsächlich aufgrund eines gewalttätigen Verlaufes abgebrochen. Der uniformierte Beamte sah sich durch autonome Störer gefährdet und zog sich deshalb in den Schutzbereich der übrigen Einsatzkräfte zurück. Frage 5. Wie soll zukünftig sichergestellt werden, dass alle angemeldeten Kundgebungen auf zumutbaren Wegen zu erreichen sind? a) Wird zukünftig gemeinsam mit den Veranstaltern eine Planung für eine sichere An- und Abreise der Teilnehmer von Kundgebungen im Vorfeld geklärt? b) Wie soll zukünftig sichergestellt werden, dass die Bewohner einer Kommune ihre Häuser auch während einer rechtsextremen Demonstration erreichen können? c) Wie soll bei einer Kundgebung von mehreren Stunden ohne Zugang zur Innenstadt der Zugang zu sanitären Anlagen sichergestellt werden? Die Beantwortung der Fragen 5 a bis 5 c erfolgt gemeinsam: Die An- und Abreise von Versammlungsteilnehmern wird im Wesentlichen durch die Topographie des Veranstaltungsraums sowie die von den Teilnehmern individuell gewählten Anreisewege bestimmt. Soweit ein unkontrolliertes Aufeinandertreffen der Versammlungsteilnehmer "Rechts" und "Links" auf der Anreise zu erwarten ist, versucht die Polizei dies durch entsprechende Anreiseempfehlungen und ggf. Bereithalten von Polizeikräften an geeigneten Orten zu verhindern. Ein solches Aufeinandertreffen war im vorliegenden Fall auf der Zuganreise nicht auszuschließen. Der Anmelderin der Demonstration "Büdingen wehrt sich - Asylflut stoppen" wurde empfohlen , ihren Versammlungsteilnehmern im Vorfeld diesen Umstand bekannt zu geben und sie zu bitten, eine andere Anreiseart zu prüfen. Mithin war der Kundgebungsplatz der Gegenkundgebung aus polizeilicher Sicht ohne weiteres - auch bei überregionaler Anreise mittels Pkw oder Bahn - zu erreichen. Die An- und Abreise aller Versammlungsteilnehmer gestaltete sich sicher. Soweit hier bekannt ist, kam es weder bei der Anreise noch bei der Abreise der Personen zu gewalttätigen Zusammenstößen , wozu die Abstimmungsgespräche der Polizeiführung mit der Anmelderin der Demonstration "Büdingen wehrt sich - Asylflut stoppen" beigetragen haben dürften. Wenn es gefahrlos möglich ist, wird grundsätzlich Anwohnerinnen und Anwohnern an polizeilichen Absperrungen unter Vorlage eines Personalausweises bzw. einer Meldebescheinigung, in Ausnahmefällen auch bei glaubhafter Darlegung gestattet, die Absperrung zur jeweiligen Wohnanschrift zu passieren. Insofern ist der Zugang zur Wohnung sichergestellt. Die Sicherstellung des Zugangs zu sanitären Anlagen war gewährleistet. Die Stadt Büdingen hielt vorsorglich eine Anzahl mobiler Toiletten bereit, die jederzeit bei entsprechender Anforderung am Kundgebungsplatz hätten zur Verfügung gestellt werden können. Wiesbaden, 15. März 2016 Peter Beuth