Kleine Anfrage der Abg. Warnecke, Schmitt, Decker, Geis, Hofmeyer, Kummer, Löber und Weiß (SPD) vom 05.02.2016 betreffend Investitionsausgaben im vorläufigen Haushaltsabschluss 2015 und Antwort des Ministers der Finanzen Vorbemerkung der Fragesteller: Angesichts der von der Landesregierung, konkret dem Hessischen Minister der Finanzen, Dr. Schäfer, vorgestellten Veränderungen der Einnahme- und Ausgabensituation im Haushaltsjahr 2015 für den Landeshaushalt im vorläufigen Haushaltsabschluss, ergeben sich, angesichts der Minderausgaben im Bereich der Investitionen von gut 213 Mio. €, folgende Fragen: Vorbemerkung des Ministers der Finanzen: Die von Seiten der Fragesteller thematisierte Unterschreitung der Sollansätze bei den Investitionsausgaben im Rahmen des Haushaltsvollzugs ist nicht ungewöhnlich. Seit dem Jahr 1990 wurden in lediglich zwei Jahren die Sollansätze überschritten, in den übrigen Jahren blieben die tatsächlichen Investitionsausgaben jedoch hinter dem jeweiligen Sollansatz zurück. Die Ursachen für die trotz sorgfältiger Planung regelmäßig auftretenden Sollunterschreitungen sind vielfältig. Neben einer geringeren Nachfrage nach den zur Verfügung gestellten Investitionsmitteln (z.B. im Rahmen von Darlehens- oder Ko-Finanzierungsprogrammen) sind auf der Ebene der Investitionsmittelempfänger immer wieder Verzögerungen in der Planung und der Umsetzung von Investitionsvorhaben zu beobachten. Auch auf Landesebene sind zeitliche Verzögerungen nicht auszuschließen. Mögliche Gründe sind auch hier etwa die Bindung von Planungskapazitäten durch andere Aufgaben, wie aktuell etwa die Flüchtlingskrise, oder zeitliche Verschiebungen bei einzelnen Bauphasen. Daneben kann auch ein verspäteter oder ausbleibender Zufluss von investiven Fördermitteln von Dritten (z.B. EU) geringere Mittelabflüsse aus dem Landeshaushalt zur Folge haben. Dies alles macht deutlich, dass der vom Fragesteller verwendete Begriff der "unterlassenen Investitionen " im Zusammenhang mit der Fragestellung eine wertende Komponente enthält, die von den tatsächlichen Verhältnissen nicht gedeckt wird. Bei der Beantwortung der Kleinen Anfrage wird daher unterstellt, dass die sog. "unterlassenen Investitionen" im Sinne einer Abweichung zwischen Ist-Ausgaben und Soll-Ansatz zu verstehen sind. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, gebe ich im Einvernehmen mit dem Chef der Staatskanzlei , dem Minister des Innern und für Sport, der Ministerin der Justiz, dem Kultusminister, dem Minister für Wissenschaft und Kunst, dem Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung , der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz , dem Minister für Soziales und Integration nachstehende mit der Kanzlei des Hessischen Landtags abgestimmte Antwort: Frage 1. Sind die unterlassenen, im Landeshaushalt 2015 veranschlagten Investitionen in Höhe von 200 Mio. €, auf haushalterische Vorgaben zurückzuführen? Nein. Frage 2. Wie hoch ist der prozentuale Anteil der unterlassenen Investitionen am tatsächlichen Gesamtinvestitionsvolumen im Jahr 2015 des Landes, mit und ohne KFA? Frage 3. In welchen Ressorts sind welche Minderinvestitionen zu veranschlagen? Eingegangen am 11. April 2016 · Ausgegeben am 14. April 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3117 11. 04. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3117 Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 2 und 3 gemeinsam beantwortet. Der sich für das Jahr 2015 ergebende Anteil der nicht abgeflossenen Mittel für Investitionen an den Sollansätzen mit und ohne investiven Kommunalen Finanzausgleich (KFA) wird in der nachfolgenden Tabelle dargestellt. Er beläuft sich auf 12,1% ohne Berücksichtigung des investiven KFA und auf 11,1% einschließlich der Mittel des investiven KFA. Daneben werden in der Tabelle die Ist-Ausgaben für Investitionen nach Einzelplänen, die damit korrespondierenden Sollansätze sowie die sich aus dem Soll-Ist-Vergleich ergebenden absoluten und prozentualen Abweichungen ausgewiesen. Danach blieben sechs Einzelpläne bei den Investitionsausgaben hinter dem Sollansatz zurück, während in den übrigen sechs Einzelplänen leichte Sollüberschreitungen zu verzeichnen waren. Einzelplan Ressort* Soll 2015 Ist 2015 Abweichung Ist gg.über Soll in Mio. € in Mio. € in % 01 Landtag 0,4 0,2 -0,2 -61,8 02 Staatskanzlei 5,3 6,1 0,8 14,6 03 Innen 89,2 97,7 8,5 9,5 04 Kultus 0,2 0,4 0,2 43,6 05 Justiz 8,9 10,0 1,1 11,8 06 Finanzen 9,1 5,2 -3,9 -43,0 07 Wirtschaft 284,5 262,1 -22,4 -7,9 08 Soziales 16,5 17,4 0,9 5,2 09 Umwelt 134,8 133,2 -1,6 -1,2 15 Wissenschaft und Kunst 253,1 259,6 6,5 2,6 17 Allg. Finanzverwaltung (ohne investiven KFA) 224,5 169,5 -55,0 -24,5 18 Staatlicher Hochbau 327,2 229,0 -98,2 -30,0 Investitionsausgaben (ohne investiven KFA) 1.353,8 1.190,3 -163,5 -12,1 investiver KFA 557,9 508,4 -49,5 -8,9 Gesamt 1.911,7 1.698,7 -213,0 -11,1 * ohne Hessischer Rechnungshof Aus der voranstehenden Tabelle geht zudem hervor, dass der weit überwiegende Teil der im Vollzug 2015 aufgetretenen Abweichungen auf die Einzelpläne 17 (einschließlich investiver KFA) und 18 entfällt. Nennenswerte Sollunterschreitungen sind zudem "nur" noch beim Einzelplan 07 zu verzeichnen. Hier kam es im Jahr 2015 zu einem verspäteten Zufluss von EU- Fördermitteln aus der Förderperiode 2007 bis 2013, so dass diese Mittel - anders als vorgesehen - nicht mehr im Jahr 2015 verausgabt werden konnten. Als Reaktion hierauf wurde eine kamerale Rücklage in Höhe von 20 Mio. € gebildet, um die Investitionen in den Folgejahren umzusetzen . Frage 4. Um welche konkreten unterlassenen Investitionsmaßnahmen handelt es sich dabei? Angesichts der hohen Zahl von Einzelinvestitionen im Landeshaushalt würde die Darstellung aller Einzelmaßnahmen den Rahmen einer Kleinen Anfrage sprengen. Aus Vereinfachungsgründen werden daher alle Investitionsvorhaben des Landes (Programme) ausgewiesen, bei denen im Jahr 2015 eine Unterschreitung der Sollansätze um mehr als 5 Mio. € zu verzeichnen war. Einzelplan Ressort Maßnahme Minderausgaben 18 Staatlicher Hochbau Hochschulbau und Bau Unikliniken (darunter: Universitätsklinikum FFM, südl. Erweiterung Haus 23 u. Haus 21: 16,7 Mio. €; Universität Marburg Zentralbibliothek Firmanei: 14,3 Mio. €) 66,7 Mio. € 17 Allgemeine Finanzverwaltung GVFG-Bundesmittel zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse 51,9 Mio. € 17 Allgemeine Finanzverwaltung Krankenhausprogramm (u.a. HSK Wiesbaden: 28,1 Mio. € und Klinikum Frankfurt-Höchst: 10,3 Mio.€) 43,7 Mio. € Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3117 3 07 Wirtschaft Weitergabe EU-Mittel zur Verbesserung der Infrastruktur 26,4 Mio. € 15 Wissenschaft und Kunst Baumaßnahmen außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und Unikliniken (darunter: Neubau Zentralküche Uni Frankfurt: 11,2 Mio. €) 22,1 Mio. € 18 Staatlicher Hochbau Baumaßnahmen HI 12,7 Mio. € 09 Umwelt Dorf- und Regionalentwicklung 10,1 Mio. € 07 Wirtschaft Weitergabe EU-Mittel zum Ausbau Erneuerbarer Energien 8,9 Mio. € 18 Staatlicher Hochbau Vorarbeiten Baumaßnahmen HI 8,9 Mio. € 17 Allgemeine Finanzverwaltung Altenpflege- und Behinderteneinrichtungen 8,3 Mio. € 03 Innen Investitionen BOS-Digitalfunk 7,8 Mio. € 17 Allgemeine Finanzverwaltung KFA-Zuweisungen im Bereich Erneuerbare Energien 7,4 Mio. € 17 Allgemeine Finanzverwaltung KFA-Zuweisungen im Bereich Umweltund Naturschutz 7,4 Mio. € 18 Staatlicher Hochbau Ausstellungen u. Museumsbau 5,9 Mio. € 17 Allgemeine Finanzverwaltung KFA-Zuweisungen im Bereich Sportanlagenbau 5,8 Mio. € 18 Staatlicher Hochbau Baumaßnahmen im Bereich JVA 5,2 Mio. € 15 Wissenschaft und Kunst BAföG an Studierende 5,1 Mio. € Hinzuweisen ist hierbei darauf, dass die Minderausgaben auf Grund bestehender Deckungsmöglichkeiten zur Finanzierung von Mehrausgaben an anderer Stelle innerhalb des jeweiligen Einzelplans verwendet werden können. Insofern können die ausgewiesenen Minderausgaben nicht zwingend mit Einsparungen in gleicher Höhe gleichgesetzt werden. Zudem konnten wegen später Mittelzuweisungen durch die EU eine Reihe von Maßnahmen nicht mehr im Jahr 2015 umgesetzt werden. Weitere Verzögerungen ergaben sich bspw. aus noch nicht vollständig eingereichten Förderanträgen oder dem Nichtvorliegen des Baurechts bei Infrastrukturprojekten, Diese Projekte werden jedoch nach Erfüllung der notwendigen Voraussetzungen umgesetzt. Frage 5. Sind die Minderinvestitionen auf Planungskapazitätsprobleme in den Ressorts zurückzuführen ? Im vergangenen Jahr war der geringere Mittelabfluss im Bereich des staatlichen Hochbaus teilweise darauf zurückzuführen, dass durch Einrichtung von Flüchtlingsunterkünften im Laufe des Jahres Personalkapazitäten im hbm gebunden wurden, die bei der Abwicklung der Baumaßnahmen fehlten. Darüber hinausgehende Informationen über fehlende Planungskapazitäten in anderen Ressorts liegen nicht vor. Frage 6. Ist davon auszugehen, dass im Jahr 2016 die vorgesehenen Investitionsmaßnahmen umgesetzt werden, zusätzlich zu den weiteren 200 Mio. € aus dem Jahr 2015? Insgesamt ist davon auszugehen, dass es im Jahr 2016 zu spürbaren Nachholeffekten aus dem Jahr 2015 kommt. Vor diesem Hintergrund dürfte der Anteil der abgeflossenen Investitionsausgaben an den Sollansätzen im laufenden Jahr wohl wieder über dem Wert des Jahres 2015 liegen . Eine Prognose darüber, ob die Ansätze im laufenden Jahr vollständig ausgeschöpft werden können, ist angesichts des frühen Stands des Haushaltsvollzugs allerdings noch nicht möglich. Frage 7. Sind dafür weitere Planungskapazitäten landesseitig aufzubauen? Mit dem weiteren Aufbau zusätzlicher Personalkapazitäten im Bereich der Erstaufnahmeeinrichtungen im Rahmen des Aktionsprogramms der Landesregierung für Flüchtlinge, der mittlerweile geschaffenen Infrastruktur zur (Erst-)Unterbringung von Flüchtlingen sowie der zwischenzeit- 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3117 lich erfolgten Zusammenlegung von hbm und HI zum neuen Landesbetrieb LBIH sind die Voraussetzungen dafür geschaffen worden, zeitliche Restriktionen bei der Umsetzung von Baumaßnahmen des Landes zu reduzieren. Ein Aufbau von zusätzlichen Planungskapazitäten ist daher nicht angezeigt. Frage 8. Welches sind die auf das Mittelvolumen bezogenen zehn größten Investitionsvorhaben, die nicht verwirklicht werden? Siehe Antwort zu Frage 4. Wiesbaden, 30. März 2016 In Vertretung: Dr. Bernadette Weyland