Kleine Anfrage der Abg. Schott (DIE LINKE) vom 13.06.2016 betreffend Gefahren durch Ultrafeinstäube am Frankfurter Flughafen und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung der Fragestellerin: Düsentriebwerke von Flugzeugen sind als Quelle von Ultrafeinstäuben (Ultrafeine Partikel, UFP, Teilchen mit einem Durchmesser von weniger als 100 Nanometer) in die Kritik geraten. Im Unterschied zu Stäuben aus größeren Partikeln, wie der PM10 (<10 µm), ist Ultrafeinstaub lungengängig, d.h. die Partikel können durch die Lungenbläschen (Alveolen) direkt in den Blutkreislauf gelangen. Deshalb stellt Ultrafeinstaub im hohen Maß ein gesundheitliches Risiko dar. In den letzten Jahren sind einige Studien zur Ultrafeinstaubbelastung rund um Großflughäfen durchgeführt worden. Sie belegen die großflächige Belastung der Umgebung von Flughäfen mit Ultrafeinstaub. Z.B.: Hudda, N. et al. (2014): Emissions from an International Airport Increase Particle Number Concentrations 4-fold at 10 km Downwind, Environ.Sci.Technol. http://dx.doi.org/10.1021/es5001566. Keuken, M.P. et al. (2015): Total and size-resolved particle number an black carbon concentrations in urban aeras near Schiphol airport (the Netherlands), Atmospheric Environment. http://cleanair.london/wp-content/uploads/CAL-307-Keuken-et-al-PNC-near-Schiphol-airport-AE2015.pdf; eine Übersetzung des VCD aus dem Niederländischen zur gleichen Studie: www.vcd.org/fileadmin/user_upload/Ultrafeinstaub_Amsterdam.pdf. Die Belastung der Flughafenmitarbeiterinnen und Mitarbeiter zeigt eine Studie aus Kopenhagen: Ecological Council [Hrsg.] 2012: Luftverschmutzung an Flughäfen - Ultrafeine Partikel, Lösungen und erfolgreiche Zusammenarbeit. http://www.project-cleanair-eu/materials/ Die Wirkung von Ultrafeinstaub auf unsere Gesundheit wird in der Nixdorfstudie aus dem Jahr 2015 dargelegt : Hoffmann B. (2015): Luftqualität, Schlaganfall und koronare Ereignisse: Ergebnisse der Heinz Nixdorf Recall Studie aus dem Ruhrgebiet. Deutsches Ärzteblatt, Jg. 112, H. 12. "Die bei Fraport tagtäglich in Triebwerken verbrannte Kerosinmenge recht aus, um Fraport zum dominierenden Partikel-Emittenten im Rhein-Main-Gebiet zu machen", schreiben Alt und Schwämmlein (2015: FRAport - die dominierende Feinstaubpartikelquelle im Rhein-Main-Gebiet). Vorbemerkung der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Ultrafeine Partikel (UFP) sind integraler Bestandteil des Feinstaubs PM10, tragen aber aufgrund ihrer geringen Größe nur geringfügig zur Masse bei, obwohl sie in sehr großer Anzahl vorkommen . Während Feinstaub als Massenkonzentration in µg/m³ gemessen wird und auch als Grenzwert festgelegt ist, wird zur Charakterisierung der UFP deren Anzahlkonzentration (Anzahl Teilchen pro cm3, P/cm3) verwendet. Direkt vergleichbar miteinander sind diese Größen nicht. Massenkonzentrationen werden immer von den großen Partikeln dominiert, die Anzahlkonzentrationen dagegen von der häufig sehr großen Anzahl der sehr kleinen Partikel, unabhängig von der Quelle. Ultrafeinstäube (UFP) werden hauptsächlich aus Gasen gebildet - Vorläufersubstanzen sind z.B. Schwefeldioxid (SO2), Stickoxide (NOx) und Ammoniak bzw. Ammoniumverbindungen (NH4+) - oder sie entstehen bei Verbrennungsprozessen im Fahrzeug-, Schiffs- und Flugverkehr, bei gasbetriebenen Blockheizkraftwerken und bei Heizungen, die mit Kohle, Gas, Erdöl oder Holz befeuert werden. Eine Hauptquelle ist Ruß aus den Verbrennungsprozessen. Insbesondere den UFP aus Verbrennungsprozessen haften toxische polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) oder Schwermetalle an. Silvesterfeuerwerke tragen ebenfalls zu hohen Partikelanzahlkonzentrationen bei. Natürliche UFP-Quellen sind Saharastaub, Vulkanasche und Meersalz. Bisherige Untersuchungen deuten auf eine Lebensdauer von wenigen Minuten hin (max. Stunden ). Sie koagulieren sehr schnell zu größeren Partikeln. Neben der direkten Emission von UFP aus Verbrennungsprozessen wird die Neubildung im Wesentlichen durch hohe globale Einstrahlung bei einer bestimmten Konzentration von Vorläufergasen gefördert. Eingegangen am 21. Juli 2016 · Ausgegeben am 25. Juli 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3128 21. 07. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3128 Für Ultrafeinstaub sind bisher weder Grenz- noch Zielwerte festgelegt. Es existiert auch keine Verpflichtung zur Messung von UFP. Dass ultrafeine Partikel eine gesundheitliche Gefahr darstellen, wird in einer groß angelegten Studie der Weltgesundheitsorganisation REVIHAAP (Review of evidence on health aspects of air pollution - REVIHAAP) vom Juli 2013 bestätigt. Allerdings fehlen Erkenntnisse über Langzeiteffekte und die meisten klinischen Untersuchungen wurden mit einer Mischung aus Partikeln und Gasen durchgeführt, was keinen eindeutigen Rückschluss auf die Wirkung von ultrafeinen Partikeln zulässt. Darüber hinaus wird angenommen, dass die Wirkungsweise ultrafeiner Partikel abweicht von der Wirkungsweise größerer Partikel. Selbst die WHO kommt daher zu dem Schluss, dass eine Festlegung von Grenzwerten für Ultrafeinstaub aufgrund der nicht ausreichenden Erkenntnislage derzeit nicht opportun ist. Die Erkenntnislage zur Ultrafeinstaubbelastung ist noch vergleichsweise gering. Sie soll durch verschiedene Projekte verbessert werden, um bis zu einer Novelle der Luftqualitätsrichtlinie ggf. eine Grundlage für Festlegungen (Ziel-/Grenzwerte, Messverpflichtungen etc.) zu erhalten. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie groß ist der Anteil der der Partikelemissionen (Feinstaub) aus dem Flugbetrieb im Großraum Frankfurt, getrennt nach PM10, PM2,5 und Ultrafeinstaub? Aus bereits vorliegenden Untersuchungen ist bekannt, dass für PM10 der Anteil der durch den Flughafen bedingten Emission im Verhältnis zur Summe aus den Emittentengruppen Gebäudeheizung , Industrie, Kfz-Verkehr und biogenen und nicht gefassten Quellen bei unter 1 % liegt. Der Bereich Kfz-Verkehr stellt mit deutlich über 60 % den dominierenden Anteil dar. Die Angabe für den Flugverkehr beinhaltete dabei alle Emissionen bis in eine Höhe von 300 m über Grund. Als "Großraum Frankfurt" wurden alle Kreise berücksichtigt, die in einem Umkreis von 10 km rund um den Flughafen Frankfurt liegen. Im Frühjahr 2015 hat das Umweltministerium ein Gutachten "Ausbreitungsrechnungen zur flächendeckenden Ermittlung der Luftqualität in Hessen als Grundlage der Luftreinhalteplanung" in Auftrag gegeben. In diesem Zusammenhang wurde auch ein Szenario "Flugverkehr" mit beauftragt , das die Luftschadstoffbelastung aus dem Flugverkehr auf der Grundlage neuer Katasterdaten klären soll. Allerdings wird nur die Belastung mit PM10 und Stickstoffdioxid berechnet, da für PM2,5 und für Ultrafeinstäube praktisch keine Katasterdaten (z.B. Emissionskataster Industrie , Verkehr, Gebäudeheizung etc.) als Berechnungsgrundlage vorhanden sind. Diese Frage kann daher für PM2,5 und Ultrafeinstaub nicht beantwortet werden. Das Gutachten wird voraussichtlich Ende 2016 vorliegen und auf der Internetseite des Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz , Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUKLV) veröffentlicht werden. Frage 2. Welches sind die Hauptimmissionsquellen für Ultrafeinstäube im Großraum Frankfurt (Antwort bitte unter Angabe der Anteile)? Derzeit existiert noch keine Datenbasis, die eine Beantwortung der Frage, noch dazu quantitativ mit Angabe von Anteilen verschiedener Quellgruppen an der gesamten Immissionsbelastung durch ultrafeine Partikel, erlauben würde. Die Messung und Beurteilung dieser Größe sind nach wie vor in erster Linie Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung und nicht vergleichbar mit der routinemäßigen Erhebung der gesetzlich geregelten Luftschadstoffe. Qualitative Aussagen sind insofern möglich, als es im Wesentlichen zwei Hauptbildungsprozesse für ultrafeine Aerosolpartikel gibt. Zum einen entstehen diese Teilchen durch den Prozess der sogenannten Partikelneubildung (Nukleation) aus gasförmigen Vorläufern (z.B. Schwefeldioxid, Ammoniak, Kohlenwasserstoffe (auch biogenen Ursprungs )). Dieser Prozess läuft im großräumigen Maßstab ab, die Bildung dieser "sekundären", weil nicht direkt emittierten Partikel kann praktisch überall stattfinden. Hier spielt die Landwirtschaft eine besondere Rolle, da über die Düngung entsprechende Mengen an Ammoniak aus Gülle oder Ammoniumsulfat freigesetzt werden. Die zweite Hauptquelle für ultrafeine Partikel sind Verbrennungsprozesse, und dabei spielen Verbrennungsmotoren im Verkehrsbereich eine wesentliche Rolle. Auch Flugzeugtriebwerke stellen dementsprechend eine klare Emissionsquelle für ultrafeine Partikel dar. Quantitative Aussagen zum Beitrag dieser Emissionen zur Immissionsbelastung an einer definierten Stelle oder auch im Mittel für den "Großraum Frankfurt" sind derzeit noch nicht möglich. In einer Untersuchung in Leipzig wurde der Anteil des Straßenverkehrs abgeschätzt. In einer verkehrsnahen Situation wurde der Beitrag des lokalen Verkehrs zur gesamten Immissionsbelastung durch UFP mit ca. 50 % angegeben. Dies bedeutet, dass etwa die Hälfte der Belastung durch andere Quellen, auch aus dem überregionalen Bereich, bedingt ist. Es kann davon ausgegangen werden, dass diese Abschätzung in erster Näherung im Mittel auch auf eine Stadt wie Frankfurt übertragbar ist. Die Ausschreibungen eines UFOPLAN-Projekts (3716 52 200 0) durch das Umweltbundesamt ist ein Beleg dafür, dass belastbare Informationen zur Beantwortung der Frage zurzeit noch fehlen . Die Studie trägt den Titel "Einfluss eines Großflughafens auf zeitliche und räumliche Ver- Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3128 3 teilungen der Außenluftkonzentrationen von Ultrafeinstaub (<100 nm), um die potenzielle Belastung in der Nähe zu beschreiben". Sie soll den Einfluss eines Großflughafens auf erhöhte Ultrafeinstaub - und Ruß-Konzentrationen quantifizieren und hat eine Laufzeit von 27 Monaten. Noch ist nicht geklärt, an welchem deutschen Flughafen die Studie durchgeführt wird. Hessen hat dafür geworben, dass dafür sinnvollerweise nur Deutschlands größter Flughafen in Frankfurt in Betracht käme. Sollte die Studie tatsächlich hier durchgeführt werden, lassen die Ergebnisse dann eine bessere Beurteilung der Situation erwarten. Frage 3. Welche Ergebnisse haben die Messungen des Ultrafeinstaubes unter Flugschneisen des Frankfurter Flughafens erbracht? - Das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) führt seit September 2015 in Kooperation mit dem Umweltbundesamt (Experimentalstation Langen) an der Luftmessstation "Raunheim" Messungen der Gesamtanzahlkonzentration ultrafeiner Partikel im Bereich von ca. 3 bis 1.000 nm durch. Erste Auswertungen des ersten halben Jahres der Untersuchungen lassen sich wie folgt zusammenfassen. - Die mittlere Partikelbelastung liegt an dieser Stelle mit ca. 16.000 P/cm3 ca. 30 % höher im Vergleich zum langjährigen Mittelwert an der Experimentalstation Langen (UBA). - Andere Untersuchungen mit ähnlichem Standortcharakter (städtischer Hintergrund) weisen teilweise auch deutlich niedrigere Belastungen auf. Hinzuweisen ist hier aber auf eingeschränkte Vergleichsmöglichkeiten (z.B. Beobachtungszeitraum, gemessener Größenbereich ). - Sehr kurzfristig (5-sec-Werte) können Werte von einigen 100.000 P/cm3 auftreten. - Bei Wind aus östlichen Richtungen (insbesondere NO/O) werden erhöhte Konzentrationen gemessen. Dies deutet auf einen möglichen Transport aus dieser Richtung hin; der Flughafen Frankfurt, als potenzielle Quelle, liegt in dieser Richtung. - Bei höheren Windgeschwindigkeiten (>2,5 m/s) tritt dies ausgeprägter auf als bei niedrigen (>0,5 m/s). - Dieses Phänomen tritt nur bei den ultrafeinen Partikeln auf, nicht bei anderen gemessenen Luftschadstoffen. - Im Vergleich zu Windrichtungen aus Südwest waren die Konzentrationen um einen Faktor von 2,7 bis 3,7 höher. - Die ultrafeinen Partikel zeigen einen ähnlichen Tagesgang wie die anderen gemessenen Luftschadstoffe (Maxima am Morgen und am Abend, Minimum um die Mittagszeit). - Bis auf Schwefeldioxid unterscheiden sich Konzentrationswindrosen anderer Komponenten zum Teil auch erheblich von der für ultrafeine Partikel. Für Schwefeldioxid und ultrafeine Partikel liegt das Maximum in nordöstlicher Richtung (30° bis 60°), für andere Komponenten eher in südöstlicher Richtung (120° bis 150°). Diese Befunde sind noch als vorläufig zu betrachten. Sie müssen unter Berücksichtigung der noch fortlaufenden Messungen und weiterer Untersuchungen bestätigt werden. Dabei ist zu berücksichtigen , dass bei Ostwindwetterlagen (verbunden mit einem möglichen Transport aus Richtung des Flughafens) in der Regel mit niedrigen Windgeschwindigkeiten und schlechteren Austausch- und Verdünnungsmöglichkeiten für die Luft zu rechnen ist. Auch dies kann zu tendenziell höheren Immissionsbelastungen beitragen. Frage 4. Gibt es einen Zusammenhang zwischen den Ultrafeinstaubkonzentrationen und der Anzahl der Flugbewegungen am Frankfurter Flughafen? Eine einfache Korrelation zwischen diesen beiden Größen ist nicht ohne Weiteres aussagekräftig . Entscheidender ist die Frage, in welchem Ausmaß die Emissionen der landenden und startenden Flugzeuge zur Immissionsbelastung an einem bestimmten Ort beitragen können. Dies hängt auch von der Flugrichtung ab. Rein qualitativ weist zwar der einfache Vergleich des mittleren Tagesgangs der ultrafeinen Partikel mit dem über den gleichen Zeitraum gemittelten Tagesgang der Flugbewegungen gewisse Ähnlichkeiten auf, so treten z.B. für beide Größen die höchsten Werte am Morgen und am späten Nachmittag/Abend auf. Die zeitliche Korrelation bedarf jedoch einer weiteren Untersuchung, insbesondere angesichts der eingangs erwähnten generellen Einschränkungen. Der Tagesgang der ultrafeinen Partikel zeigt auf jeden Fall große Ähnlichkeit mit den anderen gemessenen Schadstoffen und ist wesentlich ausgeprägter als der zeitliche Verlauf der Flugbewegungen. Der vorgefundene Verlauf des Tagesgangs von Luftschadstoffen mit Maxima morgens und abends tritt in unterschiedlicher Ausprägung typischerweise an 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3128 unterschiedlichen Messstellen auf und korreliert häufig auch mit dem Einfluss des Straßenverkehrs sowie mit den täglichen Schwankungen der atmosphärischen Austauschbedingungen. Frage 5. Akkumulieren sich die Ultrafeinstäube im Bereich der Flugschneisen in Bodennähe? Partikel einer Größe <100 nm verhalten sich praktisch wie Gase und unterliegen damit den gleichen Transportprozessen. Eine besondere Anreicherung im Bereich von Einflugschneisen im Vergleich zu anderen Lagen, in denen auch ultrafeine Partikel auftreten, ist daher eher nicht zu erwarten. Bei einem erhöhten Auftreten dieser Partikel werden diese gleichwohl zumindest zeitweise auch zu entsprechend höheren Konzentrationen führen. Generell haben ultrafeine Partikel eine nur relativ geringe atmosphärische Lebenszeit, da sie tendenziell immer durch ein Anwachsen durch fortlaufende Kondensationsprozesse und durch Zusammenballung (Agglomeration /Koagulation) mit anderen Teilchen in einen anderen Größenbereich hineinwachsen. Durch diese Prozesse stellt sich eine ständige Veränderung hin zu größeren Teilchen ein. Tritt kein Nachschub aus der Gasphase neu gebildeter oder durch primär emittierte ultrafeine Partikeln auf, stellt sich dadurch ein Maximum der Partikelgrößenverteilung im sogenannten "Akkumulationsmode" (Durchmesser >0,1 µm) bei ca. 0,3 µm ein. Frage 6. Die punktuelle Ultrafeinstaubmessung in Raunheim erlaubt keine Aussagen über die Konzentrationen im Rhein-Main-Gebiet. Ist geplant die Ultrafeinstaubbelastung des gesamten Rhein-Main- Gebietes zu untersuchen und wenn nein, warum nicht? Ultrafeinstaubmessungen sind komplex und aufwendig. Aufgrund fehlender Messverpflichtungen existieren noch wenige Erfahrungen in der Messung und Bewertung der Partikelanzahlmessergebnisse . Eines der auf diesem Gebiet sachkundigen deutschen Institute, das auch die längsten Erfahrungen mit Ultrafeinstaubmessungen hat, ist das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung , das in Sachsen auch heute noch die diesbezüglichen Messungen für das Land auswertet. Darüber hinaus existiert mit GUAN (German Ultrafine Aerosol Network) ein deutsches Beobachtungsnetz für ultrafeine Aerosolpartikel, das Ultrafeinstaub an verschiedenen Stellen in Deutschland zu Forschungszwecken misst. Infolge der zunehmenden Diskussionen um die Belastung der Bevölkerung mit Ultrafeinstäuben beabsichtigt das Land Hessen eine Ausweitung der bereits begonnenen Untersuchungen ultrafeiner Partikel, insbesondere in Nähe des Flughafens Frankfurt. Die Kooperation des HLNUG mit dem Umweltbundesamt zur Messung der Gesamtanzahl der Partikel an der Station Raunheim war im Sinne eines Einstiegs in die Thematik und als Projekt für einen Zeitraum von maximal einem Jahr geplant. In einem nächsten Schritt werden die technischen und fachlichen Voraussetzungen zur Erhebung der Partikel-Größenverteilung angegangen. Das Beschaffungsverfahren für die notwendige Instrumentierung ist bereits im Gange. Dabei sollen nach Möglichkeit unterschiedliche Situationen und der potenzielle Einfluss verschiedener Quellen für derartige Teilchen (z.B. Flugverkehr/Flughafen, Straßenverkehr etc.) erfasst werden. Die Realisierung dieser neuen Messaufgabe erfordert umfangreiche Investitionen und auch den Aufbau von Erfahrungen , sowohl im Umgang mit der Messtechnik als auch in der Auswertung und Interpretation der Daten. Die Unterstützung durch andere, für diese Art der Untersuchungen besonders kompetenter Kreise wird angestrebt. Frage 7. Wie viel Ultrafeinstaubpartikel setzt ein Flugzeug der Klasse Heavy (MTOW >136 t) bei einem Start frei? In einer Veröffentlichung1 zu Flugzeugemissionen am Flughafen Los Angeles wurden Messungen der ultrafeinen Partikel 140 m entfernt von der Startbahn durchgeführt und dabei verschieden schwere Maschinen differenziert. Die Größenverteilung zeigt ein deutliches Maximum der Anzahlkonzentration im Bereich zwischen 10 und 20 nm. Zur Charakterisierung der Emissionen wurde im Weiteren die Größenklasse von 15 nm herangezogen. Für Maschinen mit einem Gewicht unter 50 t (maximum takeoff weight, MTOW) werden während der Startphase kurzfristig maximale Anzahlkonzentrationen der Partikelgröße 15 nm von 11.900 P/cm3 gemessen. Maschinen in der Gewichtsklasse 50 bis 100 t bzw. 100 bis 200 t emittierten zwischen 13.700 (+15 %) und 16.700 (+40 %) Partikel. Die schwersten Flugzeuge (>200 t) zeigten deutlich höhere maximale Emissionen von 26.500 P/cm3, also mehr als doppelt so viel wie Maschinen der leichtesten Gewichtsklasse. Die Partikelzahl stieg dabei sehr schnell auf die max. Höhe an, um nach 30 bis 90 Sekunden wieder auf das Hintergrundniveau abzusinken. 1 Zhu et al., Aircraft emissions and local air quality impacts from takeoff activities at a large International Airport , Atmospheric Environment 45 (2011) 6526-6533 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3128 5 Frage 8. Welche Maßnahmen zum Schutz vor Ultrafeinstaub im Großraum Frankfurt plant die Landesregierung vor dem Hintergrund der in der Vorbemerkung zitierten Untersuchungen? Bevor effektive Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Ultrafeinstaub ergriffen werden können, muss zunächst ermittelt werden, ab welcher Partikelanzahl es zu gesundheitsschädlichen Auswirkungen kommen kann. Dazu macht weder die zitierte Studie von Hoffmann et al. eine Aussage noch die REVIHAAP-Studie der WHO, wobei nach Ansicht der WHO zunächst noch die Wirkungsmechanismen von Ultrafeinstäuben geklärt werden müssen, die anscheinend von denen gröberer Partikel abweichen. Bisher liegen offensichtlich noch nicht genug Erkenntnisse vor, die es den Medizinern erlauben würden, konkrete Vorschläge für Grenzwertfestsetzungen von Ultrafeinstaub begründen zu können. Daher wird sowohl auf europäischer Ebene als auch international versucht, durch Forschungsprojekte (UFIPOL und UFIREG) weitere Erkenntnisse zu gewinnen. Erst danach können auf politischer Ebene Grenz- oder zumindest Zielwerte festgelegt werden, die den zuständigen Behörden eine Rechtsgrundlage bieten, um technische und/oder organisatorische Maßnahmen an den verursachenden Stellen anordnen zu können. Die Forderung z.B. nach einer Einschränkung des Flugverkehrs oder nach einer Ausrüstung von Flugzeugen mit entsprechenden Abgasreinigungssystemen wäre aufgrund der fehlenden Rechtsgrundlage nicht möglich. Insofern sind keine entsprechenden Maßnahmen im Großraum Frankfurt geplant. Frage 9. Welche Maßnahmen hat die Fraport getroffen, um ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ultrafeinstäuben zu schützen? Der Schutz von Mitarbeitern richtet sich nach den entsprechenden gesetzlichen und untergesetzlichen Regelwerken. Hierin sind die Grundpflichten des Arbeitgebers geregelt. Dazu gehören u.a.: - das Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz - ArbSchG), - das Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit (Arbeitssicherheitsgesetz - AsiG), - die Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung - ArbStättV), - die Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Verwendung von Arbeitsmitteln (Betriebssicherheitsverordnung - BetrSichV), - die Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (Gefahrstoffverordnung - GefStoffV) u.Ä.m. Das Arbeitsschutzgesetz fordert, für die in einem Unternehmen vorhandenen Arbeitsplätze und Tätigkeiten eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Durch eine systematische Überprüfung aller Betriebsbereiche sind die notwendigen Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu ermitteln und konsequent umzusetzen. Die Schutzmaßnahmen für die Beschäftigten sind auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Hilfestellung gibt dabei eine fachkundige Beratung durch Betriebsärzte , Sicherheitsingenieure und Fachkräfte für Arbeitssicherheit, die nach dem Arbeitssicherheitsgesetz den Arbeitgebern als fachkundige Berater zur Seite stehen müssen. Neben den allgemeinen Anforderungen an einen Arbeitsplatz regelt die Gefahrstoffverordnung umfassend die Schutzmaßnahmen für Beschäftigte bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen. Zu diesen Gefahrstoffen gehört auch Feinstaub als alveolengängige Staubfraktion. Aufgrund seiner hohen Gesundheitsgefährdung erfolgte im Jahr 2014 eine Absenkung des Arbeitsplatzgrenzwertes für die alveolengängige Staubfraktion auf 1,25 mg/m³ in der Gefahrstoffverordnung. Wie der Arbeitsplatzgrenzwert zu ermitteln und seine Einhaltung zu überwachen ist, beschreibt im Detail die technische Regel für Gefahrstoffe TRGS 900 "Arbeitsplatzgrenzwerte". Dementsprechend ist Fraport gehalten, die entsprechenden Untersuchungen durchzuführen und für ein sicheres und gesundes Arbeitsumfeld der Mitarbeiter zu sorgen. Nach eigenen Aussagen stellt Fraport dazu die geeigneten (Schutz-)Mittel zur Verfügung und trifft die erforderlichen Maßnahmen, um Unfälle und Gesundheitsschäden, die sich im Zusammenhang mit der Tätigkeit ergeben können, zu vermeiden. Die Einhaltung der Anforderungen wird durch die Arbeitsschutzverwaltung der Regierungspräsidien überwacht. Wiesbaden, 11. Juli 2016 Priska Hinz