Kleine Anfrage der Abg. Wallmann, Bächle-Scholz, Boddenberg, Dietz, Heinz, Irmer, Kasseckert, Klee, Meysner, Reif, Reul, Schwarz, Serke, Utter, Veyhelmann, Wiegel, Wiesmann (CDU) vom 22.02.2016 betreffend Dschihadisten in Hessen und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung der Fragesteller: Von den rund 130 nach Syrien oder in den Nordirak ausgereisten Islamisten aus Hessen ist schätzungsweise etwa ein Viertel zurückgekehrt. In diesem Zusammenhang laufen zahlreiche Strafverfahren. Diese Vorbemerkung der Fragesteller vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit der Ministerin der Justiz wie folgt: Frage 1. Welche rechtliche Handhabe besteht zur Prävention möglicher Straftaten durch diese Personen? Die hessische Landesregierung hat die Bedrohung durch den jihadistischen Salafismus frühzeitig erkannt und ebenso frühzeitig entsprechende Strukturen zu deren Bekämpfung aufgebaut. Mit dem 2013 eingerichteten Hessischen Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus (HKE) und darin eingebunden dem Präventionsnetzwerk gegen Salafismus nimmt Hessen bundesweit eine Vorreiterrolle im Bereich der Prävention ein. Dem anfänglichen Schwerpunkt im Rhein-Main-Gebiet wurde bereits im Juli 2013 durch die Einrichtung einer Arbeitsgruppe im Staatsschutzkommissariat des Polizeipräsidiums Frankfurt am Main Rechnung getragen. Der Arbeitsgruppe wurde zum Aufbau eigener Strukturen bis zum Herbst 2014 durch das Landespolizeipräsidium erhebliche personelle Unterstützung gewährt. Zeitgleich wurde die Auswertung im Hessischen Landeskriminalamt (HLKA) durch die Einrichtung einer gesonderten Informationssammelstelle intensiviert, um die Erkenntnisse zu bündeln, die Maßnahmen in Hessen zu koordinieren und die Grundlage der Gefährdungsbewertung zu stärken. Wegen der landesweiten Zunahme der Fälle wurde im Herbst 2014 die Informationssammelstelle des HLKA sukzessive zu einer Arbeitsgruppe ausgebaut, die folgende Aufgaben und Ziele verfolgt: Hessenweite Standardisierung in der Befassung mit Ausreisen bzw. der Rückkehr salafistisch radikalisierter Personen in und aus Konfliktgebieten. Landesweite Steuerung von Maßnahmen der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung im Phänomenbereich . Durchführung eigener Ermittlungen in bedeutsamen Fällen. Durchführung operativer und verdeckter Maßnahmen. Fachliche Beratung und Unterstützung der Polizeipräsidien. Entwicklung von Standards zu verfahrensbegleitenden Maßnahmen unter Ausnutzung aller rechtlichen Möglichkeiten als Teil eines integrativen ganzheitlichen Bekämpfungsansatzes (z.B. AufenthR, GewR, SozR, allg. OrdR, SteuerR). Noch im Jahr 2014 haben alle Polizeipräsidien in Hessen flächendeckend Arbeitsgruppen zur Bekämpfung der Gefahren des islamistischen Fundamentalismus eingerichtet. Hierfür wurde durch die hessische Landesregierung die personelle Stärkung des polizeilichen Staatsschutzes in Hessen (Projekt "60+") realisiert. Bereits zum 1. Februar 2015 standen den Staatsschutzkommissariaten in den Polizeipräsidien und der Staatsschutzabteilung im Hessischen Landeskriminalamt insgesamt 65 weitere Polizeivollzugsbeamtinnen und Beamte zur Verfügung, um künftig noch professioneller auf die Herausforderungen von Extremismus und Terrorismus in Hessen reagieren zu können. Eingegangen am 4. Mai 2016 · Ausgegeben am 9. Mai 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3159 04. 05. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3159 Vorrangiges Ziel der bei den hessischen Sicherheitsbehörden eingerichteten Sonderorganisationen war es, die bestehenden Strukturen der salafistischen Szene in Hessen aufzuhellen, eine Verfestigung der Szene zu verhindern und Gefahren, auch durch sog. Syrienrückkehrer, abzuwenden bzw. zu minimieren. In begründeten Fällen wurde in den vergangenen Jahren konsequent durch staatliche Maßnahmen, z.B. mit dem Entzug von Aufenthaltsrechten und Abschiebungen , reagiert. Die hessische Polizei hat die Herausforderung durch Szenarien des islamistischen Extremismus/Terrorismus frühzeitig erkannt, die Spezialeinheiten neu strukturiert und verstärkt. In der Befassung mit der islamistischen/salafistischen Szene erfolgt ein konsequenter Ermittlungs- und Fahndungsdruck. U.a. auch regelmäßige Erkenntniserhebungen bei Personen der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) mit der Zielrichtung einer Zuverlässigkeitsüberprüfung nach dem Waffengesetz komplettieren umfangreiche Maßnahmenpakete. Das Hessische Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) bietet die notwendigen rechtlichen Grundlagen, um Straftaten verhindern zu können. Nach § 1 Abs. 4 HSOG ist die Verhütung von Straftaten Aufgabe der Polizeibehörden. Zur Erfüllung dieser Aufgaben stehen ihnen zahlreiche Befugnisse zur Verfügung, wie z.B. die Datenerhebung nach § 13 Abs.2 Nr.1, die Observation nach § 15 Abs. 2 Nr.2, die Gezielte Kontrolle nach § 17 oder die so genannte Schleierfahndung nach § 18 Abs. 2 Nr.6 HSOG. Neben der Ausschöpfung aller präventivpolizeilichen Maßnahmen und neben der Durchführung z.B. gezielter Finanz- und Strukturermittlungen , erfolgte eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit Verwaltungsbehörden. Damit einhergehend wurde ein frühzeitiges Warnsystem initiiert, um Ein- und Ausreisen potenzieller Gefährder zu erkennen, zu verhindern oder ggf. durch geeignete Mittel zu überwachen. Der operativen Informationsgewinnung und der Nutzung der Verfassungsschutzerkenntnisse kommt dabei eine große Bedeutung zu. Um die operative Ausrichtung des Landesamts für Verfassungsschutz (LfV) Hessen weiter zu stärken, hat das LfV Hessen im Haushalt 2016 zusätzliche Stellen erhalten. Mit diesen Stellen werden insbesondere die Observation, die Bearbeitungsbereiche Rechtsextremismus und Salafismus sowie die Internetaufklärung verstärkt. Das LfV Hessen deckt damit einen wichtigen Bereich im Vorfeld konkreter Gewalttaten ab. Damit keine Lücke zwischen nachrichtendienstlicher Vorfeldaufklärung und polizeilicher Gefahrenabwehr entstehen kann, findet in gemeinsamen Lagebesprechungen des LfV Hessen und des HLKA sowie mit den Polizeipräsidien ein kontinuierlicher Austausch - unter Berücksichtigung des gesetzlich definierten Trennungsgebotes - statt. Zudem wurde mit dem Hauptsachgebiet "Beratende Prävention" ein neuer Strang der Extremismus-Prävention im LfV Hessen geschaffen. Die Experten des Landesamtes sind nun verstärkt als Berater und Präventionspartner für Kommunen, soziale Einrichtungen und aktuell insbesondere für die hessischen Flüchtlingserstaufnahme- Einrichtungen zur Stelle. Die hessischen Sicherheitsbehörden gewährleisten den größtmöglichen Schutz der Bevölkerung, sei es hinsichtlich konzentrierter Ermittlungsführung, intensiver Fahndungsmaßnahmen, Informationserhebung oder zum Schutz von Veranstaltungen. Es kann zwar keine Garantie vor terroristischen Anschlägen geben. Doch das hohe Niveau der Sicherheitsarchitektur in Hessen rechtfertigt das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Wehrhaftigkeit des Rechtsstaates. Mit großem Engagement schöpfen die hessischen Sicherheitsbehörden die repressiven und präventivpolizeilichen Maßnahmen aus, um so einen hohen Fahndungsdruck auf die salafistische Szene zu erreichen. Dennoch wird sich das Problem trotz aller Anstrengungen etwa im Hinblick auf Ausreiseverhinderung, Verbote von salafistischen Organisationen und Vereinen, Strafverfahren nach § 89a StGB (Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat) nicht alleine durch das Handeln der Sicherheitsbehörden lösen lassen. Aus diesem Grund hat die hessische Landesregierung das Hessische Präventionsnetzwerk gegen Salafismus eingerichtet (siehe hierzu auch die Ausführung der Frage 4). Frage 2. Welche Möglichkeiten zur Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit resp. des Passentzuges bestehen? Das Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) enthält eine enumerative Aufzählung von Gründen für den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit. Nach § 28 Satz 1 StAG verliert ein Deutscher, der auf Grund freiwilliger Verpflichtung ohne eine Zustimmung des Bundesministeriums der Verteidigung oder der von ihm bezeichneten Stelle in die Streitkräfte oder einen vergleichbaren bewaffneten Verband eines ausländischen Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, eintritt, die deutsche Staatsangehörigkeit. In diesem Verhalten liegen eine Hinwendung zu einem anderen Heimatstaat und zugleich eine Abwendung von der Bundesrepublik Deutschland, die einen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit rechtfertigt. Die Vorschrift ist in ihrer Anwendbarkeit allerdings auf den Eintritt in Streitkräfte oder vergleichbare bewaffnete Verbände beschränkt, bei denen es sich nur um Einheiten eines völkerrechtlich anerkannten Staates handeln kann. Eine Teilnahme an Kampfhandlungen terroristischer Organisationen fällt nicht unter diese Vorschrift . Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3159 3 Die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder hat daher in ihrer Sitzung vom 24. bis 26. Juni 2015 das Bundesministerium des Innern und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gebeten, unter Beteiligung des Arbeitskreises I der Innenministerkonferenz und unter Berücksichtigung der maßgeblichen verfassungs-, europa- und völkerrechtlichen Vorgaben ein gemeinsames Eckpunktepapier zur Einführung einer neuen Verlustregelung in das Staatsangehörigkeitsgesetz bei Teilnahme an Kampfhandlungen terroristischer Organisationen zu erarbeiten. Eine Entziehung des Passes nach § 8 PassG kommt hingegen in Betracht, wenn der Passbehörde Tatsachen bekannt werden, die eine Passversagung nach § 7 Abs. 1 PassG rechtfertigen würden . Nach § 7 Abs. 1 PassG ist der Pass zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass die betroffene Person eine oder mehrere der in Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 10 aufgeführten Tatbestände erfüllt. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die betroffene Person die innere oder äußere Sicherheit oder sonstige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet (Nr. 1) oder eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vornehmen wird (Nr. 10). Gegenüber deutschen Staatsangehörigen, denen der Pass vor ihrer Ausreise nicht entzogen wurde , kann nach ihrer Rückkehr aus Syrien oder der angrenzenden Region eine Passentziehung angeordnet werden, wenn diese beabsichtigen, erneut auszureisen und die oben genannten Voraussetzungen noch vorliegen. Eine Versagung der Wiedereinreise von deutschen Staatsangehörigen ist dagegen rechtlich nicht zulässig. Die diesbezüglichen Regelungen in § 7 Abs. 4 und § 10 Abs. 3 PassG folgen dem sich aus Art. 11 GG ergebenden Verfassungsgebot der uneingeschränkten Einreisefreiheit aller Deutschen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes. Allerdings sehen die Regelungen des Passgesetzes (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 PassG) die Ungültigkeit des Passes für die Fälle vor, in denen gegen den Passinhaber eine Passentziehung nach § 8 PassG in Verbindung mit § 7 Abs.1 Nr. 1 oder Nr. 10 PassG angeordnet worden ist und dieser die Bundesrepublik Deutschland verlassen hat; im Falle des § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG gilt dies nur, wenn die Gefährdung darin besteht, dass bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass der Passinhaber entweder einer terroristischen Vereinigung nach § 129a des Strafgesetzbuchs oder einer terroristischen Vereinigung nach § 129a in Verbindung mit § 129b Abs. 1 Satz 1 des Strafgesetzbuchs mit Bezug zur Bundesrepublik Deutschland angehört oder diese unterstützt oder rechtswidrig Gewalt gegen Leib oder Leben als Mittel zur Durchsetzung international ausgerichteter politischer oder religiöser Belange anwendet oder eine solche Gewaltanwendung unterstützt oder vorsätzlich hervorruft. Dadurch sind die sich im Ausland befindlichen radikalisierten Personen nicht mehr im Besitz eines gültigen Reisedokumentes und können innerhalb des Schengener Informationssystems oder Interpol unmittelbar ausgeschrieben und spätestens im Rahmen der Grenzübertrittskontrolle bei der beabsichtigten Wiedereinreise aufgegriffen werden, um weitere Maßnahmen, wie die strafrechtliche Verfolgung einzuleiten. Frage 3. Unter welchen Bedingungen ist eine Ausweisung nichtdeutscher Staatsangehöriger aus diesem Personenkreis möglich? Die Ausweisung nichtdeutscher bzw. ausländischer Staatsangehöriger richtet sich nach den Vorschriften der §§ 53 bis 55 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG), die nach einer Gesetzesnovellierung zum 1. Januar 2016 in Kraft getreten sind. Nach der Generalklausel des § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Die Ausweisungsentscheidung verlangt eine umfassende Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit. Hierzu zählen insbesondere die Dauer des Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat sowie die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner. Bei der Abwägung sind zudem die europa-, völker- und verfassungsrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen . Bei den hier in Rede stehenden Fallgestaltungen kann vor allem § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG in Betracht kommen, wonach das Ausweisungsinteresse besonders schwer wiegt, wenn der Ausländer die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet. Hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen , dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3159 oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Abs. 1 StGB bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Abs. 2 StGB vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand. Dieser sog. Terrorismustatbestand umfasst Bestrebungen innerhalb und außerhalb des Bundesgebietes agierender Tätergruppen und ist somit grundsätzlich auf Ausländer anwendbar, die sich in Syrien oder im Nordirak einer terroristischen Gruppierung angeschlossen haben. Die Ausweisung kann am wirkungsvollsten mit einer strafgerichtlichen Verurteilung aufgrund terroristischer Aktivitäten begründet werden. Mangelt es aber an einem rechtskräftigen Strafurteil , sind die Ausländerbehörden auf die Zulieferung von Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden angewiesen, die für ein Verwaltungsverfahren verwertbar sind und belegen, dass sich ins Bundesgebiet zurückgekehrte Islamisten aktiv an Kampfhandlungen oder Menschenrechtsverletzungen während ihres Aufenthalts in den fraglichen Dschihadgebieten beteiligt haben. Frage 4. Welche Anstrengungen unternimmt die Landesregierung, um Prozesse der Deradikalisierung bei diesen Personen auszulösen? Hessen verfügt über eine eigene Strategie zur Prävention und Intervention gegen extremistischen Extremismus. Es handelt sich hierbei um das Hessische Präventionsnetzwerk gegen Salafismus . Es wurde in der ersten Hälfte 2014 vom Hessischen Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus (HKE) im HMdIS entwickelt und ging im Juli 2014 in die Umsetzung. Das Hessische Modell war bundesweit das erste landesweit agierende Präventionsnetzwerk und ist Grundlage der Rahmenkonzeption eines länderübergreifenden Präventionsnetzwerkes gegen Salafismus, die im Rahmen der Befassung der Ständigen Konferenz der Innenminister und - senatoren der Länder (IMK) beschlossen wurde. Die Einrichtung des Hessischen Präventionsnetzwerks gegen Salafismus verfolgt in Hessen nachfolgende Ziele: Präventionsmaßnahmen Allgemeine Prävention zur Stärkung von Toleranz-, Empathie-, Diskurs- und Demokratiefähigkeit , interreligiöse Projekte etc., spezifische Prävention durch Informations-, Sensibilisierungs- und Fortbildungsveranstaltungen . Interventionsmaßnahmen im Sinne von Beratungsangeboten Beratung von Angehörigen und dem sozialen Umfeld von Radikalisierten, Beratung von und aufsuchende Arbeit mit Radikalisierten in einem frühen Stadium, Aufbau eines Ausstiegsangebots für Radikalisierte, z.B. Syrien-Rückkehrer, Inhaftierte in Justizvollzugsanstalten (JVAs), Deradikalisierungsarbeit. Zentrale Elemente des Hessischen Präventionsnetzwerks gegen Salafismus sind die Landeskoordinierungsstelle , die "Beratungsstelle Hessen - Religiöse Toleranz statt Extremismus" und der Fachbeirat. Landeskoordinierungsstelle: Diese Aufgabe wird durch das HKE im HMdIS übernommen. Die Landeskoordinierungsstelle ist zuständig für die zentrale Steuerung und Koordinierung der Maßnahmen der Prävention und Intervention und gewährleistet zudem den notwendigen Informationsfluss zwischen der Zentralen Beratungsstelle und den Sicherheitsbehörden. Zudem koordiniert sie die Zusammenarbeit mit weiteren Akteuren im Handlungsfeld Salafismus . Beratungsstelle Hessen: Die Beratungsstelle wurde bei dem Verein Violence Prevention Network (VPN) angebunden und ist unter der Telefonnummer (069)27 29 99 97 erreichbar. Zu den Aufgaben dieser Beratungsstelle gehört hessenweit - neben der Durchführung von Präventionsmaßnahmen, Qualifizierungsmaßnahmen (z.B. für Lehrerinnen und Lehrer) und Interventionsmaßnahmen - insbesondere auch die Deradikalisierungsarbeit und Ausstiegsbegleitung . Der "Ausstieg" in diesem Feld von Extremismus erfordert aus Sicht von VPN eine stabile Neudefinition der Glaubensrichtung. Nicht der "Ausstieg" aus dem Islam ist dabei das Ziel, sondern die Abkehr von radikalen und menschenverachtenden Sichtweisen und der damit einhergehenden Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt. Die Beratungsstelle wurde bewusst nicht bei den Sicherheitsbehörden angesiedelt, um für Betroffene Hemmschwellen zur Kontaktaufnahme zu senken. Sie priorisiert die an sie herangetragenen Einzelfälle, stellt bei konkreten Interventionsmaßnahmen ggf. Beraterteams zusammen, leitet "Begleitmaßnahmen " (z.B. Einbindung in Vereine, Kontakte zu Moscheegemeinden etc.) ein, bindet die muslimischen Verbände mit ein und aktiviert kommunale Ansprechpartner. Diese stehen vor allem in den Städten zur Verfügung, um den Beratern vor Ort Kontakte z.B. zum Jobcenter, zu Vereinen oder zum Jugendamt zu vermitteln. Die Beratungsstelle wird im Rahmen des Landesprogramms "Hessen - aktiv für Demokratie und gegen Extremismus" im laufenden Jahr mit 1.200.000 € gefördert. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3159 5 Fachbeirat: Dieses Gremium begleitet, berät und unterstützt die Zentrale Beratungsstelle in ihrer strategischen Ausrichtung und Arbeit. Der Fachbeirat setzt sich u.a. aus Vertreterinnen und Vertretern des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport, des Hessischen Ministeriums der Justiz, des Hessischen Kultusministeriums, des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration, des Hess. Städte- und Gemeindebundes, des Hess. Städtetages, des Hess. Landkreistages, der Landeszentrale für politische Bildung, des Landesamts für Verfassungsschutz Hessen, des Hessischen Landeskriminalamts, der Sportjugend Hessen, dem Landesjugendring, dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden, der Universität Frankfurt, der Universität Gießen sowie Vertreterinnen und Vertretern muslimischer Verbände und Organisationen zusammen. Hotline: Ausstiegswillige Personen, aber auch Angehörige oder Personen aus dem sozialen Umfeld können ebenso über eine Hotline (069) 269 18 597, die beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) angesiedelt ist, ersten Kontakt aufnehmen und von dort an die Beratungsstelle Hessen vermittelt werden. Im BAMF arbeiten erfahrene Expertinnen und Experten, die ernst gemeinte Anfragen (Beratungsfälle) entsprechend weiterleiten. Frage 5. Durch welche weiteren Maßnahmen soll verhindert werden, dass sich insbesondere junge Menschen in Hessen radikalisieren lassen? Um eine Radikalisierung von Jugendlichen frühzeitig erkennen und ihr bewusst entgegentreten zu können, hat das LfV Hessen seine Präventionsoffensive gegen den Salafismus in den letzten Jahren kontinuierlich ausgebaut. Die präventiven Maßnahmen gegen Salafismus und Islamismus bilden einen Schwerpunkt der Präventionsarbeit des LfV Hessen. Seit dem Jahr 2008 ist das LfV Hessen als Anbieter von Fortbildungen für hessische Lehrkräfte akkreditiert. Seither wurden zahlreiche Lehrkräfte für Problemstellungen sensibilisiert, die durch Islamismus und Salafismus entstehen. Dabei werden die Pädagogen über Erkennungsmerkmale von Radikalisierungsprozessen informiert und mögliche Gegenmaßnahmen aufgezeigt. Auf Anforderung führen Mitarbeiter des LfV Hessen auch Informationsveranstaltungen an hessischen Schulen durch und arbeiten unmittelbar und vertrauensvoll mit staatlichen und nicht-staatlichen Stellen zusammen, um diese in ihrem Engagement gegen salafistische Bestrebungen zu unterstützen und zu beraten. Im Rahmen des Landesprogramms "Hessen - aktiv für Demokratie und gegen Extremismus" werden zudem zahlreiche Maßnahmen zur Stärkung der Demokratiefähigkeit und gegen Extremismus gefördert bzw. ko-finanziert, aktuell z.B. 18 so genannte lokale Partnerschaften für Demokratie. Hier kommen die Verantwortlichen aus der kommunalen Politik und Verwaltung sowie Aktive aus der Zivilgesellschaft, z.B. aus Vereinen und Verbänden, zusammen. Anhand der lokalen Gegebenheiten und Problemlagen entwickeln sie gemeinsam eine auf die konkrete Situation vor Ort abgestimmte Strategie und führen Projekte und Maßnahmen durch. Daneben werden auch einige Maßnahmen zur Verhinderung von Radikalisierung unmittelbar durch das Land gefördert bzw. ko-finanziert: Landesprogramm "Extremismusprävention Flüchtlinge" des HKE (seit 2015): Zu den Themen Salafismus, "Islamischer Staat", Radikalisierungsprozesse, Erkennbarkeit von Radikalisierung , Gegenmaßnahmen, Beratungs- und Hilfsangebote, Informationen zu lokalen/regionalen Vorkommnissen etc. werden für Mitarbeiter/innen inkl. Ehrenamtlichen und Wachdienst der Erstaufnahmeeinrichtungen Informationsveranstaltungen angeboten (durch LfV Hessen und Staatsschutz des jeweils zuständigen Polizeipräsidiums). Zudem werden für die untergebrachten Flüchtlinge Informationsveranstaltungen in den Herkunftssprachen angeboten . Dabei wird durch Fachkräfte u.a. auf die Rolle der Polizei im demokratischen Rechtsstaat , Normen und Werte sowie die Gefahr durch Islamismus/Salafismus eingegangen. Medienpaket "Radikal" (2016): Das Projekt wurde seitens des Hessischen Innenministeriums in Kooperation mit dem Hessischen Kultusministerium und der Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien unter Einbeziehung zahlreicher Experten aus den Bereichen Polizei, Verfassungsschutz, zivilgesellschaftliche und staatliche Prävention, Islamwissenschaft , Medienkompetenz und politische Bildung verwirklicht. Der Film inkl. des zugehörigen Arbeits-/Begleitmaterials ist für die Präventionsarbeit mit jungen Menschen (etwa ab 14 Jahren) geeignet und spricht sie auf Augenhöhe an. Er zeichnet Radikalisierungsprozesse in den Phänomenbereichen "Linksextremismus", "Rechtsextremismus" und "Islamismus/Salafismus " nach und bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte, die zu einem besseren Verständnis von Radikalisierungsprozessen beitragen sowie die eigenständige Meinungsbildung und Argumentationsfähigkeit fördern. Modellprojekt "Die Zukunft miteinander gestalten: Hessische Muslime für Demokratie und Vielfalt! Prävention. Partizipation. Teilhabe" (seit 2015): Hauptinhalt des Projekts der Goethe -Universität Frankfurt am Main ist es, in muslimischen Communities die theoretische und praktische Vereinbarkeit von Islam, Menschenrechten, Vielfalt und Demokratie erfahrbar zu machen und peerbasierte Alternativen zu menschenfeindlichen und gewaltbereiten Narrativen und Netzwerken zu bieten. 6 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3159 Die Maßnahmen zur Verhinderung von Radikalisierung basieren auf wissenschaftlichen Erkenntnissen . Informationen zu Radikalisierungshintergründen von Syrien- und Irakreisenden sowie Rückkehrern wurden in drei Analysen (2013, 2014, 2015) ausgewertet. In 2013 hat das Hessische Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus (HKE) eine Auswertung zu Ausreisenden aus dem Rhein-Main-Gebiet vorgelegt. In den Folgejahren wurde eine vergleichbare Erhebung - gemeinsam mit BKA und BfV - bundesweit durchgeführt. Die Berichte wurden im Internet veröffentlicht. HKE 2013: Radikalisierungshintergründe und -verläufe von 23 Syrien-Ausreisenden aus dem Rhein-Main-Gebiet (2013) https://hke.hessen.de/sites/hke.hessen.de/files/contentdownloads /HKE_Studie_Radikalisierungshintergruende_Syrienausreiser.pdf BKA, BfV, HKE 2014: Analyse (2014) der den deutschen Sicherheitsbehörden vorliegenden Informationen über die Radikalisierungshintergründe und -verläufe der Personen, die aus islamistischer Motivation aus Deutschland in Richtung Syrien ausgereist sind https://innen.hessen.de/sites/default/files/media/hmdis/20141201_praeventionsnetzwerk_sala fismus_analyse.pdf BKA, BfV, HKE 2015: Analyse (2015) der den deutschen Sicherheitsbehörden vorliegenden Informationen über die Radikalisierungshintergründe und -verläufe der Personen, die aus islamistischer Motivation aus Deutschland in Richtung Syrien oder Irak ausgereist sind https://innen.hessen.de/sites/default/files/media/hmdis/analyse_der_radikalisierungshintergru ende_und_-verlaeufe.pdf Die Ergebnisse, z.B. der größer werdende Anteil von Frauen unter den Ausreisenden, die steigende Relevanz des Internets für die Radikalisierung etc. fließen in die Maßnahmen ein. Da Justizvollzugsanstalten ein Spiegelbild der Gesellschaft sind, bestehen Probleme radikaler bzw. extremistischer Einstellungen natürlich auch dort. Die Bekämpfung von extremistischen Bestrebungen ist ein wichtiges Anliegen des Justizvollzugs in Hessen. Sie ist notwendig, um die freiheitlich demokratische Grundordnung zu schützen und schwerste Gewalttaten zu verhindern. Aufgabe und Herausforderung des Justizvollzugs bei dieser Gruppe von Gefangenen ist es einerseits zu verhindern, dass Gefangene sich oder andere im Vollzug radikalisieren oder radikalisiert werden, und andererseits darauf hinzuwirken, dass alle möglichen Maßnahmen für eine Deradikalisierung ergriffen werden, um einen wirksamen Schutz der Allgemeinheit nach einer möglichen Entlassung zu gewährleisten. Hierzu wurden in den letzten Jahren bereits erhebliche Anstrengungen unternommen, die ab 2016 durch ein Projekt mit bundesweitem Vorreiter- und Vorbildstatus, der Schaffung einer Stabsstelle NeDiS (= Netzwerk Deradikalisierung im Strafvollzug ) ergänzt und zusammengefasst werden. Eine erfolgreiche Prävention und Bekämpfung von islamistischen Bestrebungen ist nicht durch ein unkoordiniertes Vorgehen zu gewährleisten. Vielmehr basiert das Tätigwerden im Vollzug - wie auch bei der Bekämpfung anderer Formen des Extremismus - auf vier Säulen: Identifizierung Zum einen ist es notwendig, radikalisierte oder extremistischen Bestrebungen zugeneigte Personen schnell und sicher zu identifizieren, da sich ein extremistischer Bezug nicht immer aus der abgeurteilten Straftat ableiten lässt. Zur Identifizierung gehört eine sorgfältige Auswertung der vorliegenden Erkenntnisse (z.B. durch die Vollstreckungsunterlagen), genaue Beobachtung im Vollzug und ständiger Erfahrungsaustausch mit Polizei und Verfassungsschutz. Dieser wurde im Jahr 2013 maßgeblich ausgeweitet und im Frühjahr 2015 durch einen gemeinsamen Runderlass festgeschrieben. Außerdem war es ein wichtiges Element, die Aus- und Fortbildung der Bediensteten zur Erkennung von extremistischen Bestrebungen auszuweiten. Dies hat zu einem deutlich bewussteren und aufmerksamen Umgang mit religiösen oder kulturellen Besonderheiten sowie den Warnzeichen von extremistischen Einstellungen geführt. Verhinderung von Radikalisierung In einem zweiten Schritt gilt es zu verhindern, dass im Vollzug andere Gefangene radikalisiert werden oder eine Radikalisierung durch Kontakte zu Dritten befördert wird. Die Identifizierung von Gefangenen, die extremistischen Bestrebungen zuneigen, und eine Gefährdungsbewertung bilden die Grundlage für notwendige Sicherheitsmaßnahmen wie getrennte Unterbringung, Beobachtung , verstärkte Kontrolle von Außenkontakten, Reduzierung der anstaltsinternen Kontakte , Fallkonferenzen, Verlegungen etc. Zur besseren Bekämpfung extremistischer Bestrebungen jeglicher Art wurden außerdem durch Gesetz vom 30. November 2015 Vorschriften in den Vollzugsgesetzen neu eingefügt, die es im Falle eines Extremismusverdachts erleichtern, Kontakte der Gefangenen von außen oder nach außen zu unterbinden (z.B. § 33 Abs. 2 Nr. 2 HStVollzG) und als ultima ratio auch besondere Sicherungsmaßnahmen anzuordnen (z.B. § 50 Abs. 3 Satz 2 HStVollzG). Zudem wurden auch zur Verhinderung schädlicher Einflüsse eine Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3159 7 Zuverlässigkeitsüberprüfung von Dritten, die in der Anstalt tätig werden sollen, und von Besuchern in § 58 a HStVollzG gesetzlich normiert. Deradikalisierung, Ausstieg und Resozialisierung fördern Neben der allgemeinen Behandlung und Betreuung (auch durch Anti-Gewalt-Trainings oder den sog. Denkzeit-Trainings), besonders im Jugendvollzug, der Unterbringung in kleinen überschaubaren Wohngruppen zu acht, maximal zehn Gefangenen und einem großen Schwerpunkt bei der Beseitigung von Bildungs- und Ausbildungsdefiziten, wurde in Hessen seit Herbst 2014 als zusätzliche Behandlungsmaßnahme mit Unterstützung des Hessischen Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus (HKE), mit dem eine enge Zusammenarbeit besteht, die Zusammenarbeit mit dem freien Träger VPN (Violence Prevention Network) im Rahmen von Gruppen- oder Einzelmaßnahmen etabliert. Die bisherigen Erfahrungen des hessischen Justizvollzugs mit den Maßnahmen von VPN sind positiv. Die Mitarbeiter verbinden die Kenntnis islamischer Theologie und deren gefährlichen extremistischen Ausuferungen mit umfassender praktischer Erfahrung im sogenannten Antigewalttraining und in der Beziehungsarbeit. Den Mitarbeitern von VPN ist es gelungen, dass sich teilnehmende Gefangene auf die Maßnahmen einlassen und motiviert mitarbeiten. Besonders hervorzuheben ist, dass sie Gefangene nach der Entlassung weiterbetreuen und ihnen als Ansprechpartner im Sinne einer Beziehungskontinuität zur Verfügung stehen. Darüber hinaus ist der Ausbau einer bedarfsgerechten religiösen Betreuung muslimischer Gefangener durch deutschsprachige Imame im Sinne eines flächendeckenden Angebots weit fortgeschritten und nahezu abgeschlossen. Eine über die religiöse Grundversorgung (z.B. durch das Freitagsgebet oder die Betreuung muslimische Festtage) hinausgehende religiöse Betreuung von muslimischen Gefangenen durch geeignete deutschsprachige Imame dient nicht nur einer angemessenen Gewährleistung der Religionsfreiheit, sie kann auch einen wichtigen Beitrag zu Deradikalisierung und Prävention leisten. Insoweit ist sie auch geeignet, religiös motivierten Fehlvorstellungen entgegenzutreten oder trägt dazu bei, solche erst gar nicht entstehen zu lassen. Die dafür zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel wurden ganz erheblich erhöht. Ein weiterer Baustein für eine gelingende Resozialisierung ist zudem eine gute Entlassungsvorbereitung . Hier hat Hessen durch die Vorschriften von § 16 HStVollzG und § 16 HessJStVollzG bereits bundesweit vorbildliche Standards geschaffen. Neben den Angeboten der Anstalten wurde das Übergangs- und Sicherheitsmanagement der Bewährungshilfe und das Übergangsmanagement freier Träger etabliert ("zielgruppenorientiertes Übergangsmanagement") und zwei Integrationsvereinbarungen mit den für gelingende Integration notwendigen externen Partnern geschlossen . Hier kann auch für Gefangene mit extremistischen Bestrebungen auf bereits bestehende Strukturen zurückgegriffen werden. Zentrale Koordinierung und Kommunikation - Netzwerkbildung Ab dem Jahr 2016 sind zusätzliche Haushaltsmittel zur Schaffung einer Stabsstelle NeDiS vorgesehen , die die bereits etablierten Maßnahmen der Identifizierung von Gefangenen mit extremistischen Bestrebungen, der Verhinderung von Radikalisierung im Vollzug und von Deradikalisierung im Sinne eines Netzwerkes Deradikalisierung im Justizvollzug koordiniert, vor Ort begleitet , unterstützt und für einen Informationsaustausch auf allen Ebenen Sorge trägt. Dies betrifft insbesondere den Informationsaustausch innerhalb der Anstalten, zwischen den Anstalten und den Sicherheits- und Justizbehörden, zwischen hessischen Ministerien, zwischen den Ländern und den Ländern und dem Bund sowie auf internationaler Ebene. Die Stabsstelle in der Abteilung Justizvollzug besteht aus drei Bediensteten, darunter einem Islamwissenschaftler. Daneben werden zusätzlich sieben sog. Strukturbeobachter für die Netzwerkarbeit vor Ort in den hessischen Vollzugsanstalten vorgesehen. Bei den Strukturbeobachtern sollen alle relevanten Informationen zusammenlaufen. Das bedeutet insbesondere enge Zusammenarbeit und gegenseitige Information mit den Vollzugsabteilungen und allen Bediensteten der unterschiedlichen Fachdienste , gegebenenfalls den Mitarbeitern von VPN, dem Imam, den Strukturbeobachtern der anderen Anstalten, dem Hessischen Ministerium der Justiz, dem Hessischen Landeskriminalamt und dem Landesamt für Verfassungsschutz. Zu den Aufgaben der Strukturbeobachter gehört auch die Überwachung der Post- und Telefonkontakte, unter Umständen des Besuchs sowie der Geldbewegungen und die Teilnahme an bzw. die Initiierung von Fallkonferenzen. Frage 6. Wie viel Finanzmittel stellt die Landesregierung für präventive Maßnahmen zur Verfügung? Das Landesprogramm "Hessen - aktiv für Demokratie und gegen Extremismus" ist mit 3,8 Mio. € Landesmitteln ausgestattet. Schwerpunkte liegen in der Prävention und Intervention in den Bereichen Rechtsextremismus und Islamismus/Salafismus. 8 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3159 Für das Projekt NeDiS stehen ab 2016 zehn zusätzliche Stellen im Gegenwert von 410.000 € und 200.000 € an Sachmitteln für zusätzliche Deradikalisierungsprogramme und Aus- und Fortbildung zur Verfügung. Die Mittel für die religiöse Betreuung muslimischer Gefangener wurden erheblich aufgestockt. Nachdem die Haushaltsmittel für diesen Bereich im Jahr 2015 bereits um 50.000 € erhöht wurden, ist für 2016 eine weitere Erhöhung um 100.000 € erfolgt, sodass dann jährlich insgesamt 210.000 € zur Verfügung stehen. Wiesbaden, 27. April 2016 Peter Beuth