Kleine Anfrage der Abg. Cárdenas (DIE LINKE) vom 24.02.2016 betreffend Sammelflug von "freiwillig Ausreisenden" nach Afghanistan am 23.02.2016 und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung des Ministers des Innern und für Sport: Die Internationale Organisation für Migration (IOM) hat im Februar 2016 auf Ersuchen des Bundesministeriums des Innern einen Sammelflug nach Afghanistan geplant und am 23. Februar 2016 umgesetzt. Der Flug war nicht auf Hessen begrenzt, sondern für alle Länder offen. Es konnten dafür afghanische Staatsangehörige angemeldet werden, die freiwillig wieder nach Afghanistan zurückkehren wollten. Die IOM hat ausdrücklich auf die Freiwilligkeit der Ausreise hingewiesen. Der Sammelflug ging ab dem Flughafen Frankfurt am Main. Diese Vorbemerkung vorangestellt, wird die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Minister für Soziales und Integration wie folgt beantwortet: Frage 1. Wie viele der oben genannten Personen waren in Hessen gemeldet? Insgesamt befanden sich auf dem Flug 125 afghanische Staatsangehörige; davon 49 aus Hessen. Frage 2. In welche Nationalität schlüsseln sich die Ausreisenden in Hessen auf? Bei den Ausreisenden handelte es sich ausschließlich um afghanische Staatsangehörige. Frage 3. Welcher Aufenthaltsstatus liegt bei den freiwillig Ausreisenden jeweils vor? Es kehrten insgesamt 49 Personen aus Hessen mit dem Flug am 23. Februar 2016 von Frankfurt /Main freiwillig nach Afghanistan zurück. Dabei handelte es sich bei sieben Personen um abgelehnte Asylbewerber. Die übrigen 42 Personen befanden sich zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Unterstützung bei ihrer freiwilligen Rückkehr weiterhin im Asylverfahren, sie hatten eine Aufenthaltsgestattung. Frage 4. Sind alle Ausreisenden anwaltlich über die Konsequenzen beraten worden? Die Ausreisenden können nach Art. 13 Abs. 3 Richtlinie 2008/115/EG (Rückführungsrichtlinie) rechtliche Beratung in Anspruch nehmen. Eine Beratungspflicht besteht nicht. Frage 5. Seit wann befanden sich die Ausreisenden in Hessen Aufenthalt in Hessen seit: Afghanische Staatsangehörige Dezember 2015 ............................... 21, Oktober bis November 2015 ................ 20, Juli bis Oktober 2015 ......................... 4, Juni 2015 ........................................ 2, März 2014 ...................................... 1, Dezember 2010 ................................ 1. Eingegangen am 18. April 2016 · Ausgegeben am 22. April 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3169 18. 04. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3169 Frage 6. Welche Ausreisenden werden von dem REAG Programm unterstützt? Rückkehrhilfe und Starthilfe werden grundsätzlich Leistungsberechtigten nach § 1 Asylbewerberleistungsgesetz , anerkannten Flüchtlingen sowie sonstigen Ausländern, denen der Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen zugestanden worden ist und Opfern von Zwangsprostitution und/oder Menschenhandel auf Antrag gewährt. Voraussetzung ist, dass die notwendigen Mittel weder von den Ausreisenden selbst noch durch unterhaltspflichtige Angehörige oder andere Stellen aufgebracht werden können. Bei sog. "Dublin- Verfahren" (Rücküberstellung in einen anderen EU Mitgliedsstaat) besteht kein Anspruch auf REAG/GARP-Leistungen. Ebenfalls ausgeschlossen sind Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Frage 7. In welcher Höhe werden die Ausreisenden von dem REAG Programm unterstützt? Es werden alternativ gewährt: die Beförderungskosten (mit Flugzeug, Bahn oder Bus), Benzinkosten in Höhe von 250 € pro PKW, Reisebeihilfen in Höhe von 200 € pro Erwachsenen/Jugendlichen, bzw. 100 € für Kinder unter zwölf Jahren. Keine Reisebeihilfe erhalten Staatsangehörige aus europäischen Drittstaaten, die visumfrei nach Deutschland einreisen können (z.B. ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Montenegro , Republik Serbien, Bosnien und Herzegowina, Republik Albanien, Republik Moldau sowie Kosovo (Resolution 1244/99 des UN-Sicherheitsrates)). Hier werden nur Beförderungskosten gewährt. Die Opfer von Zwangsprostitution und/oder Menschenhandel sind von diesen Ausschlussregelungen ausgenommen. Es werden auch Starthilfen gewährt, deren Höhe jedoch vom Zielland abhängig ist. Für die Zielländer Äthiopien, Afghanistan, Eritrea, Ghana, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan werden 500 € pro Erwachsenen/Jugendlichen und 250 € pro Kind unter zwölf Jahren gewährt (Starthilfen Gruppe 1). Für die Zielländer Ägypten, Algerien, Armenien, Aserbaidschan, Bangladesch, Benin, Burkina Faso, China, Côte d’Ivoire, Gambia, Georgien, Guinea, Guinea-Bissau, Indien, Kamerun, Kenia , Libanon, Libyen, Mali, Marokko, Niger, Palästinensische Autonomiegebiete, Russische Föderation, Senegal, Sierra Leone, Somalia, Sudan, Syrien, Türkei, Tunesien, Ukraine, Vietnam werden 300 € pro Erwachsenen/Jugendlichen und 150 € pro Kind unter 12 Jahren gewährt (Starthilfen Gruppe 2). Die maximale Förderhöhe bei Vorliegen einer unanfechtbaren Entscheidung gemäß § 27 a AsylVfG, sog. "Dublin-Fall" zum Zeitpunkt der REAG/GARP-Antragstellung, beträgt für Gruppe 1: 1.500 €, für Gruppe 2: 900 €. Es besteht jedoch kein Anspruch auf die Leistung. Frage 8. Wie untergliedern sich die Ausreisenden nach dem Geschlecht (Frauen, Männer, Kinder)? Es handelt sich bei den Ausreisenden um 7 Frauen, 40 Männer und 2 Kinder. Frage 9. Wenn es nach der Ankunft in Kabul ein Verteilungsprogramm gibt, inwieweit ist dann die Reintegration sichergestellt? Das IOM teilte dazu Folgendes mit: Der Charter am 23.02.2016 wurde unter dem gemeinsamen Programm REAG/GARP des Bundes und der Bundesländer als einmalige Maßnahme durchgeführt. REAG/GARP ist das bundesweite Basisprogramm zur Förderung freiwilliger Rückkehr und ein humanitäres Hilfsprogramm zur Unterstützung der auf Dauer angelegten freiwilligen Rückkehr aus Deutschland für Menschen, die ihre eigene freiwillige Rückkehr nicht aus eigenen Mitteln bezahlen können. Es wird von der IOM gemäß den Programmvereinbarungen von Bund und Bundesländern durchgeführt . Für bestimmte migrationspolitisch besonders bedeutsame Staatsangehörigkeiten, wie etwa Afghanistan, werden unter REAG/GARP neben Transportkosten und Reisebeihilfen zusätzliche Starthilfen für die erste Zeit nach der Rückkehr als Geldleistungen zur Verfügung gestellt. Diese Geldleistungen werden unmittelbar vor Ausreise aus Deutschland in bar an die freiwilligen Rückkehrer ausbezahlt. Unter REAG/GARP gibt es keine weitergehende Reintegrationsunterstützung in den Herkunftsländern. Es gab im Zusammenhang mit dem Charterflug vom 23.02.2016 auch kein Verteilungsprogramm nach der Ankunft in Kabul. Das IOM setzt sich dafür ein, dass zurückkehrenden Migrantinnen und Migranten zusätzlich zur eigentlichen Förderung der freiwilligen Rückkehr nach Ankunft im Herkunftsland auch eine - an Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3169 3 den individuellen Bedarfen der Rückkehrenden ausgerichtete und die konkreten Gegebenheiten am Ort der Rückkehr berücksichtigende - Reintegrationsunterstützung als "Hilfe zur Selbsthilfe" zur Verfügung gestellt werden kann. Dabei ist die Reintegration zurückkehrender eigener Staatsangehöriger grundsätzlich und vorrangig eine Aufgabe für die Herkunftsländer und IOM arbeitet bei der Reintegrationsunterstützung wo immer möglich anknüpfend an die vor Ort bestehenden staatlichen oder nicht-staatlichen Reintegrationsstrukturen mit. Daneben nehmen aber auch Zielländer, aus denen Migrantinnen und Migranten freiwillig wieder in ihre Herkunftsländer zurückkehren, zunehmend eine Verantwortung für die Reintegration vor Ort wahr, indem sie entsprechende Reintegrationsprojekte vor Ort in den Herkunftsländern finanzieren. Die Bundesrepublik Deutschland engagiert sich zunehmend bei der Reintegration freiwilliger Rückkehrer. So bietet beispielsweise das gemeinsame Europäischen Projekt ERIN, an dem neben Deutschland verschiedene weitere Mitgliedstaaten der EU beteiligt sind, für freiwillige Rückkehrer aus Deutschland in Afghanistan eine Unterstützung bei ihrer Reintegration. Die Internationale Organisation für Migration stellt in diesem Projekt in Afghanistan die Reintegrationsunterstützung für freiwillige Rückkehrer. Frage 10. Welche Kosten kommen auf das Land Hessen pro freiwillig Ausreisendem, in 2016, zu? In Hessen erfolgt die Mehrzahl der freiwilligen Ausreisen im Rahmen der REAG/GARP- Programme. Seit mehr als 30 Jahren arbeiten Bund und Länder im Rahmen des gemeinsamen Rückkehrförderprogramms REAG/GARP ("Reintegration and Emigration Programme for Asylum -Seekers in Germany" und "Government Assisted Repatriation Programme") zusammen. Die beiden Programme sind Förderinstrumente der freiwilligen Rückkehr/Weiterwanderung. Die Programme werden durch die private Organisation IOM durchgeführt. Diese erhält hierfür eine Projektförderung durch den Bund und die Länder zu gleichen Teilen. Die Finanzplanung von IOM für das Jahr 2016 sieht für Hessen einen Anteil von 612.157,63 € vor. In dem durch IOM erstellten Finanzplan für 2016 werden 60.000 geförderte Rückkehrer bundesweit zugrunde gelegt. Für Hessen ergibt sich daraus eine prognostizierte Zahl an Rückkehrer von 2.603. Dies sind rund 4,34 %. Hierbei wurde ausnahmsweise nicht der Königsteiner Schlüssel zugrunde gelegt , sondern die Anzahl der freiwilligen Rückkehrer mit Stichtag 20.11.2015 auf die Planzahl von 60.000 Rückkehrern bundesweit hochgerechnet. Nach dieser Berechnung entfielen - rein rechnerisch - auf jeden Rückkehrer Kosten i.H.v. 235,17 €. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen , dass der Finanzplan von IOM auch die dortigen Personal- und Sachkosten beinhaltet. Wiesbaden, 6. April 2016 Peter Beuth