Kleine Anfrage des Abg. Greilich (FDP) vom 15.03.2016 betreffend mehrfach abgeschobener Mehrfach- bzw. Intensivstraftäter und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung des Fragestellers: Die "Bild-Zeitung" berichtete in ihrer Ausgabe vom 16. Februar über marokkanische und algerische Staatsangehörige , die als Intensivstraftäter im Frankfurter Bahnhofsmilieu bereits mehrfach abgeschoben worden, jedoch immer wieder nach Deutschland zurückgekehrt und straffällig geworden seien. In einem Fall sei der Betroffene bereits zehnmal abgeschoben worden und genauso oft wieder nach Deutschland eingereist, unter anderem trotz eines bestehenden Einreiseverbots. Diese Vorbemerkung des Fragestellers vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit der Ministerin der Justiz wie folgt: Frage 1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung konkret über die in dem Artikel der "Bild-Zeitung" genannten Personen Belaid Z., Farid K. und Ousama B., insbesondere bezüglich gegen diese Personen geführter Ermittlungs- und Strafverfahren, Verurteilungen, Ausweisungen und Abschiebungen , Einreiseverbote, Verstöße gegen diese durch unerlaubte Wiedereinreise sowie derzeitigen Aufenthaltsort und ggf. Aufenthaltsstatus? Zur Person Belaid Z.: Der Auszug des Bundeszentralregisters für Belaid Z. weist neben einer Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung (Tatbegehung 2005) und einer Verurteilung wegen Drogenhandels (Tatbegehung 2010) fünf Verurteilungen wegen Aufenthaltsdelikten von 2011 bis 2014 auf. Betreffend des Verdachts weiterer Betäubungsmitteldelikte ist gemäß § 31 a BtMG von der Verfolgung abgesehen worden, weil die Schuld als gering anzusehen gewesen wäre. Weitere Verfahren wegen Aufenthaltsdelikten wurden insbesondere wegen in anderen Sachen bereits erfolgten Verurteilungen gemäß § 154 StPO eingestellt. Nach dem Auszug aus dem Ausländerzentralregister vom 8. April 2016 wurde der Betroffene bis zu diesem Zeitpunkt insgesamt wie folgt abgeschoben: Abschiebung vollzogen am 20.11.2007, aufgrund Ausweisung vom 13.10.1997, Abschiebung vollzogen am 08.07.2009, aufgrund Ausweisung vom 13.10.1997, Abschiebung vollzogen am 19.11.2010, aufgrund Ausweisung vom 13.10.1997, Abschiebung vollzogen am 28.02.2011, Wirkung unbefristet, Abschiebung vollzogen am 13.05.2011, Wirkung unbefristet, Abschiebung vollzogen am 21.10.2011, Wirkung unbefristet, Abschiebung vollzogen am 01.06.2012, Wirkung unbefristet, Abschiebung vollzogen am 21.10.2013, Wirkung unbefristet, Abschiebung vollzogen am 11.06.2014, Wirkung befristet bis 11.06.2019, Abschiebung vollzogen am 08.05.2015, Wirkung befristet bis 08.05.2020. Belaid Z. wird seit November 2010 bei der hessischen Polizei als Mehrfach- bzw. Intensivtäter geführt und hat zurzeit mehr als 50 Falldaten (Handel mit Betäubungsmitteln, Körperverletzung, Urkundenfälschung, Hehlerei, Sachbeschädigung etc.). Seit August 2009 ist der Betreffende im polizeilichen Fahndungssystem zur Festnahme zwecks Ausweisung und Abschiebung ausgeschrieben , zudem besteht eine Schengen-Fahndung zur Einreiseverweigerung. Darüber hinaus besteht seit September 2014 eine Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung durch die Amtsanwaltschaft Frankfurt am Main wegen unerlaubter Einreise. Eingegangen am 8. Juni 2016 · Bearbeitet am 13. Juni 2016 · Ausgegeben am 17. Juni 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3221 08. 06. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3221 Zur Person Farid K.: Dem Auszug des Bundeszentralregisters für Farid K. zufolge wurde dieser wegen eines Aufenthaltsdeliktes nach einer 1992 erfolgten Verurteilung noch einmal 2015 (sowie wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte sowie Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung sowie Sachbeschädigung) verurteilt . Diese Gesamtfreiheitsstrafe wurde vollstreckt bis zum 9. Dezember 2015. An diesem Tag trat eine Maßnahme nach § 456 a StPO in Kraft, da der Verurteilte nach Algerien abgeschoben wurde. Wegen der Reststrafe von 170 Tagen ist der Verurteilte zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben. Weitere zwölf Vorverurteilungen betreffen Taten bis Januar 2007, wobei es sich meist um Beförderungserschleichungen, Diebstahlsdelikte, Drogendelikte und Widerstandshandlungen gegen Vollstreckungsbeamte handelte. Nach dem Auszug aus dem Ausländerzentralregister vom 8. April 2016 wurde der Betroffene bis dahin wie folgt abgeschoben: Abschiebung vollzogen am 15.10.2008, Wirkung befristet bis 26.05.2014, Abschiebung vollzogen am 02.03.2011, Wirkung unbefristet, Abschiebung vollzogen am 17.05.2013, Wirkung befristet bis 17.05.2016, Abschiebung vollzogen am 30.04.2014, Wirkung befristet bis 30.04.2019, Abschiebung vollzogen am 09.12.2015, Wirkung befristet bis 09.12.2020, Farid K. wird seit April 2008 bei der hessischen Polizei ebenfalls als Mehrfach- bzw. Intensivtäter geführt und hat zurzeit mehr als 40 Falldaten (Handel mit Betäubungsmitteln, Widerstand, Sachbeschädigung, Missbrauch von Ausweispapieren, Erschleichen von Leistungen etc.). Seit Juli 2013 ist der Betreffende im polizeilichen Fahndungssystem zur Festnahme zwecks Ausweisung und Abschiebung ausgeschrieben, zudem besteht auch in seinem Fall eine Schengen- Fahndung zur Einreiseverweigerung. Darüber hinaus besteht seit Februar 2016 ein Vollstreckungshaftbefehl der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main wegen Körperverletzung, welcher auf der oben erwähnten Maßnahme nach § 456 a StPO basiert, sowie seit Oktober 2013 eine Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung durch die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz. Zur Person Ousama B.: Der Auszug des Bundeszentralregisters für Ousama B. weist drei Verurteilungen aus dem Jahr 2015 auf, eine wegen Diebstahls und Körperverletzung und zwei wegen Aufenthaltsdelikten. Betreffend den Verdacht der Begehung von Betäubungsmitteldelikten ist gemäß § 31 a BtMG in vier Fällen von der Verfolgung abgesehen worden, weil die Schuld als gering anzusehen gewesen wäre. Weitere Verfahren wegen Aufenthalts- und Betäubungsmitteldelikten (Tatzeit Dezember 2011 bis Januar 2012) wurden - teils nach Durchführung einer erzieherischen Maßnahme - gemäß § 45 JGG eingestellt. Nach dem Auszug aus dem Ausländerzentralregister vom 8. April 2016 wurde der Betroffene bis dahin wie folgt abgeschoben: Abschiebung vollzogen am 20.01.2012, Wirkung unbefristet, Abschiebung vollzogen am 19.01.2015, Wirkung unbefristet, Abschiebung vollzogen am 13.03.2015, Wirkung unbefristet, Abschiebung vollzogen am 21.10.2015, Wirkung befristet bis 21.10.2020. Auch Ousama B. wird seit April 2015 bei der hessischen Polizei als Mehrfach- bzw. Intensivtäter geführt und hat zurzeit mehr als 15 Falldaten (Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, Körperverletzung, Ladendiebstähle, Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz etc.). Seit Februar 2012 ist der Betreffende im polizeilichen Fahndungssystem zur Festnahme zwecks Ausweisung und Abschiebung ausgeschrieben. Da er im Gegensatz zu Belaid Z. und Farid K. allerdings im Besitz eines spanischen Aufenthaltstitels ist, kann in seinem Fall eine Schengen-Fahndung zur Einreiseverweigerung nicht veranlasst werden. Darüber hinaus besteht seit Dezember 2015 eine Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung des Amtsgerichts Frankfurt am Main wegen Körperverletzung . Alle drei Personen wurden jeweils wegen unerlaubter Einreise und unerlaubtem Aufenthalt im Bundesgebiet in aufenthaltsrechtlicher Hinsicht straffällig und demzufolge von den zuständigen Ausländerbehörden in Frankfurt a.M. bzw. Offenbach ausgewiesen. In der Folgezeit wurden sie mehrfach abgeschoben und es besteht jeweils ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für die Bundesrepublik Deutschland. Derzeit liegen in keinem der Fälle Erkenntnisse darüber vor, dass seit der letzten Abschiebung eine erneute Einreise in das Bundesgebiet erfolgt ist. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3221 3 Frage 2. Wie viele Mehrfach- bzw. Intensivstraftäter gab es in den Jahren 2005 bis 2015 bzw. gibt es derzeit in Hessen, die ausreisepflichtig sind? Bitte aufschlüsseln nach Herkunftsländern. a) Wie viele davon waren bzw. sind vollziehbar ausreisepflichtig? b) In wie vielen Fällen liegt eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung) im Sinne des § 60 a AufenthG vor und aus welchen Gründen? Frage 3. Wie viele Mehrfach- bzw. Intensivtäter wurden in den Jahren 2005 bis 2016 aus Hessen gemäß § 51 Abs. 1 AufenthG ausgewiesen? Bitte aufschlüsseln nach Herkunftsländern. Frage 4. Wie viele Mehrfach- bzw. Intensivtäter wurden in den Jahren 2005 bis 2016 in ihre Herkunftsländer gemäß § 58 AufenthG abgeschoben? Bitte aufschlüsseln nach Herkunftsländern. In Bezug auf die Anzahl der ausreisepflichtigen Mehrfach- bzw. Intensivstraftäter wird keine landeseigene Statistik geführt. Da entsprechende Daten nicht flächendeckend statistisch erfasst werden, kann hierzu keine gesonderte Auskunft erfolgen. Die nachträgliche Erhebung der Daten wäre mit einem unvertretbar hohen Verwaltungsaufwand verbunden, da hierfür die Sichtung des gesamten in Betracht kommenden und bei den Ausländerbehörden geführten Aktenbestandes erforderlich wäre. Vor diesem Hintergrund ist eine Beantwortung der Fragen nicht möglich. Frage 5. Aus welchen Gründen wurden nicht alle sonstigen vollziehbar ausreisepflichtigen Personen im Sinne der Frage 2 ausgewiesen bzw. abgeschoben? Da - wie zuvor erläutert - die Beantwortung der Frage 2 nicht möglich ist, wird hierzu allgemein wie folgt ausgeführt: Wenn die Identität der Betreffenden nicht zweifelsfrei feststeht und den Ausländerbehörden demzufolge keine Ausweis- und Passdokumente vorliegen, die diese auch entsprechend belegen, ist eine Aufenthaltsbeendigung nicht oder bis zur endgültigen Klärung der Personalangaben nur zeitversetzt möglich. Außerdem werden nicht alle ausreisepflichtigen ausländischen Staatsangehörigen von ihren jeweiligen Herkunftsländern wieder zurückgenommen bzw. können erst nach der Durchführung entsprechender Rücknahmeverfahren dort wieder einreisen, was die Durchsetzung der Ausreisepflicht ebenfalls verzögert. Frage 6. Wie viele der abgeschobenen Mehrfach- bzw. Intensivtäter sind in den Jahren 2005 bis 2016 trotz eines Einreiseverbotes wieder nach Hessen gelangt? Bitte aufschlüsseln nach Herkunftsländern. Sollten Personen mehrfach abgeschoben und wieder eingereist sein, bitte gesonderte Aufschlüsselung der Fälle. Sollte es hierzu keine statistischen Erhebungen seitens der Landesregierung und ihrer nachgeordneten Behörden geben, bitte Erläuterung, weshalb nicht. Zur Beantwortung dieser Frage wird zunächst auf die Beantwortung der Fragen 2 bis 4 verwiesen . Gleichwohl besteht bei den Ausländerbehörden generell ein Archivakten- und Datenbestand, dem ggf. alle erforderlichen Angaben entnommen werden können, wenn es zu unerlaubten Wiedereinreisen in Einzelfällen und erforderlichen Aufenthaltsbeendigungen kommt. Landeseigene statistische Erhebungen hätten in diesem Zusammenhang keinen Mehrwert hinsichtlich der von den Ausländerbehörden vorzunehmenden Aufgabenerfüllung, so dass eine eigene Statistik nicht geführt wird. Frage 7. Wie hoch beziffert die Landesregierung in etwa die Kosten für eine Abschiebung pro Fall? Die Kosten einer Abschiebung variieren in jedem Einzelfall. Sie sind davon abhängig, ob seitens der Betreffenden bereits Ausweis- oder Passdokumente vorliegen, ob Passersatzpapierbeschaffungsmaßnahmen durchgeführt werden müssen, ob ggf. Abschiebungshaft zu erfolgen hat, ob die Abschiebung begleitet oder unbegleitet erfolgen kann etc. Vor diesem Hintergrund sind auch die bei den Ausländerbehörden jeweils anfallenden Personalkosten in jedem Einzelfall unterschiedlich, so dass durchschnittliche Kosten für eine Abschiebung pro Fall nicht konkret benannt werden können. Frage 8. Was tut die Landesregierung, um zu verhindern, dass bereits (mehrfach) abgeschobene Intensivtäter immer wieder nach Hessen einreisen und anschließend ihr rechtswidriges Verhalten fortsetzen können? Abgeschobene Intensivtäter werden ausnahmslos im polizeilichen Fahndungssystem zur Festnahme zwecks Ausweisung und Abschiebung ausgeschrieben. Bei einer Kontrolle an den deutschen Außengrenzen oder innerhalb der Bundesrepublik würden die Einreise verweigert bzw. neuerliche aufenthaltsbeendende Maßnahmen durchgeführt werden. 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3221 Intensivtäter werden zudem im Schengener Fahndungssystem ausgeschrieben, so dass deren Überprüfung an den Außengrenzen der Schengener Vertragsstaaten zu einer Festnahme bzw. Zurückweisung führen würde. Somit treffen sowohl die Landesregierung als auch alle in diesem Zusammenhang beteiligten hessischen Behörden alle erforderlichen Maßnahmen, um die Wiedereinreise von Mehrfachbzw . Intensivtätern in das Bundesgebiet zu verhindern. Die Frage der Grenzsicherung und Kontrolle der Einreisen fällt allerdings in die Zuständigkeit des Bundes, so dass die Landesregierung bei der Unterbindung illegaler Migrationsbestrebungen über keine direkten Einflussmöglichkeiten verfügt. Wiesbaden, 1. Juni 2016 Peter Beuth