Kleine Anfrage der Abg. Wissler (DIE LINKE) vom 15.03.2016 betreffend militärische, wehrtechnische, rüstungs- und sicherheitsrelevante Forschung und Lehre an den öffentlichen Hochschulen des Landes sowie an den außeruniversitären Forschungseinrichtungen - Teil I und Antwort des Ministers für Wissenschaft und Kunst Vorbemerkung des Ministers für Wissenschaft und Kunst: Militärische Sicherheit und damit im Zusammenhang stehende Forschung ist ein regelmäßig wiederkehrender, strittig diskutierter Themenkomplex. Unabhängig davon, dass die Verteidigung als grundgesetzlich verankerter Tatbestand auch Forschung erforderlich macht, ist das Volumen , das militär- bzw. rüstungsbezogene Forschung an dem Gesamtvolumen der Forschungstätigkeiten der hessischen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen einnimmt , äußerst gering, wie auch die vorliegenden Kleinen Anfragen erneut zeigen. Dazu haben sich 7 von 13 staatlichen Hochschulen durch eine Zivilklausel oder entsprechende interne Regelungen eine freiwillige Verpflichtung auferlegt, keine Forschung mit militärischem Nutzen zu unterstützen. Problematisch ist jedoch, dass verschiedene zivil ausgerichtete Forschungsprojekte auch militärisch genutzt werden können (Stichwort Dual Use). Die Trennung von ziviler und militärischer Forschung ist in vielen Fällen daher nur sehr schwer oder gar nicht möglich. (Als Beispiel seien hier z.B. IT-Sicherheitsfragen angeführt oder auch biotechnologische Erkenntnisse). Für entsprechende retrospektive Auswertungen muss noch erschwerend angemerkt werden, dass den zentralen Drittmittelkatalogen nicht in jedem Fall eindeutig zu entnehmen ist, ob es sich um ein militärisches oder ziviles Thema handelt. An der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM), der Hochschule Fulda, der Hochschule Darmstadt, der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main und der Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main wurden keine Projekte entsprechend den Fragestellungen durchgeführt. Von den im Zuständigkeitsbereich des HMWK befindlichen, staatlichen außeruniversitären Forschungseinrichtungen , die mit rüstungsrelevanten Fragen befasst sind, meldete das Leibniz- Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) Fehlanzeige. Ebenso - ausweislich der Antwort der Fraunhofer Gesellschaft - auch das Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie (SIT). Diese Vorbemerkung vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage 19/3225 wie folgt: A) Überblick über die militärische, wehrtechnische und rüstungsrelevante Forschung und Lehre unter Verwendung staatlicher Gelder: Frage 1. Welche Drittmittel- bzw. Forschungsaufträge bestehen seit 2010 zwischen Hochschulen des Landes und/oder hochschulnahen Forschungsinstituten (An-Instituten) und/oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen, an deren Finanzierung das Land maßgeblich beteiligt ist (insbesondere Max-Planck-Institute, Leibniz-Institute, Helmholtz-Institute und Fraunhofer-Institute) und a) dem Bundesministerium der Verteidigung, b) der Bundeswehr, c) wehrwissenschaftlichen Instituten (Ressortforschungseinrichtungen) oder wehrtechnischen Dienststellen des Bundesministeriums für Verteidigung? (Bitte aufschlüsseln nach Forschungseinrichtung, Laufzeit und finanziellem Auftragsvolumen) d) Der Europäischen Rüstungsagentur? (Bitte jeweils Projektname - bitte so genau wie möglich, nicht bloß als "Zuwendung" oder "Zuwendungsbescheid", Projektnummer bzw. Identifizierungsnummer, Auftraggeber, finanziellen Umfang, Forschungseinrichtung und Fakultät bzw. Fachbereich angeben) Eingegangen am 27. April 2016 · Ausgegeben am 29. April 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3225 27. 04. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3225 Die Philipps-Universität Marburg (UMR), die Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), die Technische Universität Darmstadt (TUD), die Hochschule RheinMain (HS RM) und die Hochschule Geisenheim University (HS GM) melden für den Fragenkomplex A Fehlanzeige. Universität Kassel (UK): Die Universität Kassel hat folgende Dienstleistungen für Fach- und Hochschulen der Bundeswehr erbracht, sie weist jedoch darauf hin, dass es sich bei den aufgeführten Projekten nicht um rüstungsnahe Forschungs- bzw. Lehrthemen handelt. Auftraggeber Finanzvolumen € Laufzeit Projekt, Förderung Fachbereich/Projektdurchführende Stelle Bundeswehrfachschule Kassel 315 2012 Multimedia- Vorkurs-CD Fachbereich Mathematik und Naturwissenschaften Bundeswehrfachschule Naumburg 329,62 2013 Multimedia- Vorkurs-CD Fachbereich Mathematik und Naturwissenschaften Universität der Bundeswehr , Neubiberg/München 1.700 2012 Nutzung Digitalmikroskop Fachbereich Maschinenbau Universität der Bundeswehr , Neubiberg/München 2.000 2012 REM- Untersuchungen und Präparation Fachbereich Maschinenbau Summe 4.344,62 Goethe-Universität Frankfurt (GU): An der GU bestand bis 2014 ein vom Bundesamt für Wehrtechnik gefördertes Projekt. Das Projekt steht im Einklang mit der Zivilklausel, es handelt sich nicht um ein Rüstungsprojekt. Hierzu besteht eine Geheimhaltungsverpflichtung, weshalb die GU keine weiteren Aussagen machen kann. Frankfurt University of Applied Sciences (FRA-UAS): Auftraggeber Finanzvolumen € Laufzeit Projekt, Förderung Fachbereich/Projektdurchführende Stelle Bundesministerium für Verteidigung, vertreten durch das Zentrum für Geoinformation der Bundeswehr 65.485,60 zzgl. Umsatzsteuer 01.11.2014 bis 29.02.2016 Offene standardkonforme Bereitstellung von Registry Werkzeugen im Rahmen der konsistenten Modellierung von Geodaten (M/AMGO/DA 311) Fachbereich 1: Architektur - Bauingenieurwesen - Geomatik B) Überblick über die militärische, wehrtechnische und rüstungsrelevante Forschung unter Verwendung privater Gelder Frage 1. Welche Drittmittel- bzw. Forschungsaufträge bestehen seit 2010 zwischen Hochschulen des Landes und/oder hochschulnahen Forschungsinstituten (An-Instituten) und/oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen, an deren Finanzierung das Land maßgeblich beteiligt ist (insbesondere Max-Planck-Institute, Leibniz-Institute, Helmholtz-Institute und Fraunhofer-Institute) und a) privaten Rüstungsfirmen, b) privaten Firmen, die Tochterunternehmen von Konzernen mit Rüstungssparte sind, c) Konzernen, die im Bereich der Sicherheits- bzw. Rüstungsforschung, Rüstungsherstellung oder -proliferation tätig sind, d) Unternehmen zum Zweck der Rüstungsforschung, der Erforschung von Wehrtechnik oder Sicherheitstechnik , der verteidigungsbezogenen oder militärrelevanten Forschung? (Bitte jeweils Projektname- bitte so genau wie möglich - nicht bloß "Zuwendung" oder "Zuwendungsbescheid " sondern Projektnummer bzw. Identifizierungsnummer, Auftraggeber, finanzieller Umfang, Forschungseinrichtung und Fakultät bzw. Fachbereich angeben) Vorbemerkung Aufgrund der Vielzahl der Hersteller, die sowohl zivil nutzbare als auch für militärische Zwecke nutzbare Güter herstellen, sahen sich die Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen nicht dazu in der Lage, eine allgemein gültige Eingrenzung der "rüstungsnahen Institutionen" vorzunehmen, sodass der Beantwortung der in den beiden Frageblöcken gelisteten Fragen eine restriktive Begriffsinterpretation zugrunde gelegt wurde. Die seitens der hessischen staatlichen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen gemeldeten For- Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3225 3 schungsprojekte und Fördervolumina beziehen sich daher lediglich auf Förderungen von ausschließlich in der Wehrtechnik tätigen Unternehmen und Konzernen sowie deren Töchtern. Die Philipps-Universität Marburg (UMR), die Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), die Goethe-Universität Frankfurt (GU), die Technische Hochschule Mittelhessen (THM), die Frankfurt University of Applied Sciences (FRA-UAS), die Hochschule RheinMain (HS RM) und die Hochschule Geisenheim University (HS GM) melden für den Fragenkomplex B Fehlanzeige. Universität Kassel (UK): Unter der Maßgabe, dass in Ergänzung zu der vorstehenden Vorbemerkung des Ministers für Wissenschaft und Kunst Mittelgeber berücksichtigt werden, die a) auf der Liste der einhundert international umsatzstärksten Firmen in den Bereichen der Waffenproduktion und der militärischen Dienstleistungen (gemäß Liste des Stockholm International Peace Research Institute - SIPRI; siehe Anlage 1) geführt werden und b) im Jahr 2014 100 % ihres Umsatzes mit rüstungsnahen Produkten bzw. Dienstleistungen generiert haben, wird die Frage wie folgt beantwortet: Mit der ASC GmbH hat die Universität Kassel im Fachbereich Elektrotechnik/Informatik im Jahr 2015 ein Dienstleistungsprojekt zu Messunsicherheiten-Budgetberechnung, Projektnummer 7549501 im Umfang von 7.108 € durchgeführt. Die Technische Universität Darmstadt (TUD) meldet das Forschungsprojekt Compressive Sensing mit Atlas Elektronik, durchgeführt vom Fachbereich Elektrotechnik; das finanzielle Volumen beträgt ca. 65.000 €. Das übergeordnete Thema, zu dem dieses Projekt beiträgt, ist die Minensuche unter Wasser mittels der Synthetic Aperture Sonar (SAS) Technologie. Frage 2. Wie viele Projekte, die als vertraulich eingestuft sind und daher nicht einzeln genannt werden dürfen, gibt es darüber hinaus? (Bitte jeweils Institution und Auftraggeber, Jahr und Finanzrahmen angeben) Die Goethe-Universität Frankfurt (GU) verweist auf das Projekt, das zu Frage A genannt wurde. Die Technische Universität Darmstadt (TUD) meldet Fehlanzeige. Die Fraunhofer-Gesellschaft verweist in ihrer Antwort darauf, dass im Bezugszeitraum seit 2010 bei dem Fraunhofer Institut für Graphische Datenverarbeitung (IGD) einzelne Forschungsprojekte durchgeführt wurden, die den Kriterien der Anfrage entsprechen. Es handelt sich dabei um vertraglich vereinbarte Forschungsaufträge von privaten Unternehmen, welche jedoch insoweit der Geheimhaltung und in einigen Fällen auch der amtlichen Vertraulichkeit unterliegen, dass keine weitergehenden Aussagen zu den Projekten gemacht werden können. Die Fraunhofer Gesellschaft verweist in diesem Zusammenhang u. a. auf die Verpflichtungen gemäß der Bestimmungen des VS-NfD Merkblatts (Merkblatt für die Behandlung von Verschlusssachen (VS) des Geheimhaltungsgrades in der Wirtschaft; GHB-Anlage 04/ 04b (GHB = Handbuch für den Geheimschutz in der Wirtschaft) (s. Anlage 2). Die Schutzbedürftigkeit bezieht sich nicht nur auf technische und wissenschaftliche Details der Forschung, sondern umfasst auch die Themen als solche, an denen geforscht wird und die Frage, welche Mittel in bestimmte Bereiche investiert werden. Wiesbaden, 15. April 2016 Boris Rhein Anlagen Anlagen KA 19/3225 Anlagen KA 19/3225 Anlagen KA 19/3225 Anlagen KA 19/3225