Kleine Anfrage der Abg. Dr. Sommer und Alex (SPD) vom 15.03.2016 betreffend Wohnraumberatung in Hessen und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung der Fragestellerinnen: Immer mehr Menschen machen sich darüber Gedanken, wie sie im Alter (oder bei einer Behinderung) leben möchten. Dies gehört zu den wichtigsten Vorbereitungen auf das Alter, denn die Wohnqualität hat einen entscheidenden Einfluss auf die Lebensqualität, insbesondere wenn Hilfe und Pflege erforderlich werden. Wohnberatungen bieten unabhängige Beratung und Gespräche rund um das Thema Wohnen an. Dabei steht der Wunsch der Menschen im Mittelpunkt, möglichst lange zu Hause, also in "den eigenen vier Wänden", wohnen bleiben zu können. Eine wichtige Voraussetzung hierfür ist die bedarfsgerechte Gestaltung der Wohnung und des Wohnumfelds. Gerade kleine Maßnahmen haben oft große Wirkung. Die Beseitigung von Stolperfallen bei Teppichen und Türleisten, der Einbau von Handläufen im Treppenhaus oder von Haltegriffen im Bad, ein erhöhter Backofen etc. Technische und in der Regel überschaubare bauliche Lösungen, die nicht teuer sein müssen, beugen Unfällen und Verletzungen vor und erlauben es, auch bei Einschränkungen und Handicaps den Alltag selbstständig und selbst bestimmt zu gestalten. Selbstständiges Wohnen und Leben im Alter wird auch als politisches Ziel verfolgt. In der Drucksache 19/2715 wird diesbezüglich eine geplante Ausweitung regionaler Wohnberatungsstellen angekündigt. Diese Vorbemerkung der Fragestellerinnen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz wie folgt: Frage 1. Wie viele Wohnberatungsstellen gibt es in Hessen? In Hessen gibt es aktuell rund 200 Wohnberatungsangebote. In vielen Kommunen stehen zudem im Rahmen der Senioren- und Pflegeberatung Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für Wohnberatung zur Verfügung. Frage 2. In welchen Landkreisen bzw. kreisfreien Städten gibt es derzeit keine Wohnberatungsstellen? Nach Kenntnis der Hessischen Landesregierung gibt es in allen Landkreisen und kreisfreien Städten, ausgenommen dem Odenwaldkreis, Wohnberatungsangebote. Frage 3. Wie will die Landesregierung regionale Wohnberatungsstellen, wie in der Drucksache 19/2715 angekündigt, ausweiten? Frage 4. Will die Landesregierung, wie vom VdK beim Neujahrsempfang gefordert, eine zweite Hessische Fachstelle für Wohnberatung einrichten? Frage 5. Wie will die Landesregierung diese Wohnraumberatungen unterstützen? Die Fragen 3, 4 und 5 werden wie folgt gemeinsam beantwortet: Seitens des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration ist derzeit nicht beabsichtigt, eine zweite Hessische Fachstelle für Wohnberatung einzurichten. Frage 6. Sieht die Hessische Landesregierung die Wohnraumberatung als Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge und wenn ja, wie soll das verankert werden? Wenn nein, warum nicht? Wohnraumberatung vor Ort unterstützt vor allem ältere Bürgerinnen und Bürger dabei, auch bei altersbedingten Einschränkungen selbstständig zu leben und weiterhin im vertrauten Umfeld zu Eingegangen am 3. Mai 2016 · Ausgegeben am 5. Mai 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3236 03. 05. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3236 verbleiben. Mit der Förderung der Hessischen Fachstelle für Wohnberatung und der Schulung von Wohnberaterinnen und Wohnberatern stärkt die Landesregierung bereits die Wohnraumberatung als Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge. Frage 7. Wie werden Anpassungsmaßnahmen in der eigenen Wohnung unterstützt? Anpassungsmaßnahmen in der eigenen Wohnung werden durch die Hessische Fachstelle für Wohnberatung und die Wohnberatungsangebote vor Ort unterstützt. Das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz unterstützt zudem im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung einkommensschwache Haushalte bei der Versorgung mit bezahlbarem Mietwohnraum. In der entsprechenden Förderrichtlinie für den Mietwohnungsneubau wird gefordert, dass die Erdgeschosswohnungen, die sich von ihrer Lage her dafür eignen, als barrierefreie Wohnungen herzurichten sind. Daneben fördert das Land Hessen die Beseitigung baulicher Hindernisse im selbst genutzten Wohneigentum mit einem Zuschuss bis zu 50 % der Gesamtkosten. Die Mittel hierfür wurden 2015 auf 2.000.000 € verdoppelt . Im Pflegefall können Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes von Pflegebedürftigen ohne einen Eigenanteil gewährt werden. Pflegebedürftige haben zudem einen Anspruch auf eine Versorgung mit Pflegehilfsmitteln. Für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes können die Pflegekassen Zuschüsse in Höhe von bis zu 4.000 € je Maßnahme gewähren. Die "Allianz für Wohnen in Hessen", eine Initiative des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, an der sich alle für das Thema Wohnen relevanten Akteure beteiligen, bietet die Möglichkeit, das Thema altersgerechtes und barrierefreies Wohnen zu gestalten und weiter voranzutreiben. Zudem werden im Rahmen der Modellregion Inklusion regionale Projekte, die die Wohnraumberatung und die -anpassung unterstützen, durch das Hessische Ministerium für Soziales und Integration gefördert. Frage 8. Wie finden Forschungsergebnisse (z.B. aus dem anwendungsorientierten Forschungsprojekt des Fachgebietes der Universität Kassel Mensch-Maschine-Systemtechnik bzw. der AAL Technik) Eingang in die hessische Beratungssystematik? Die Hessische Fachstelle für Wohnberatung ist gemeinsam mit dem Fachgebiet Mensch- Maschine-Systemtechnik Mitglied des Arbeitskreises "Altengerechte Assistenzsysteme" (AAL). Hier fließen Informationen und Forschungsergebnisse zukunftsweisender und altersunterstützender Techniken zusammen. Die Hessische Fachstelle für Wohnberatung sowie die Frankfurt University of Applied Sciences bieten die Besichtigungen von Musterwohnungen zum barrierefreien Wohnen, Unterstützungssystemen und AAL-Technik an, bei denen sich sowohl Fachleute als auch alle Seniorinnen und Senioren informieren können. Wiesbaden, 23. April 2016 Stefan Grüttner