Kleine Anfrage des Abg. van Ooyen (DIE LINKE) vom 17.03.2016 betreffend Auswirkungen der Luxemburg Leaks für Hessen und Antwort des Ministers der Finanzen Vorbemerkung des Fragestellers: Als Luxemburg Leaks (Lux Leaks) bezeichnet man die Veröffentlichung verbindlicher Vorbescheide, die Konzernen durch Luxemburger Steuerbehörden mit dem Ziel der Senkung der Unternehmenssteuerbelastung ausgestellt wurden. In einer Unterrichtung des Finanzausschusses des Bundestags vom 2. April 2015 in Ausschussdrucksache 18(7)162 hat Finanzstaatssekretär Dr. Michael Meister die Ergebnisse der Auswertung der Lux-Leaks-Daten für Deutschland dargelegt. Die Bundesländer seien über das Gesamtbild der Auswertungen unterrichtet und angeregt worden, im Rahmen von Betriebsprüfungen ggf. noch offenen Fragen nachzugehen bzw. bestehende Verdachtsmomente im Rahmen einer Prüfung gezielt aufzugreifen. Zum Zeitpunkt der Unterrichtung könnten keine genauen Aussagen über die steuerlichen Auswirkungen der öffentlich gewordenen Tatbestände gemacht werden. Vorbemerkung des Ministers der Finanzen: Angesichts der Internet-Veröffentlichungen des "International Consortium of Investigative Journalists " Anfang November 2014 und der im Kreise der OECD stattfindenden intensiven Beratungen zum Thema BEPS (Base Erosion and Profit Shifting) mit dem Ziel, die Niedrig- oder Nichtbesteuerung infolge der Erosion der Bemessungsgrundlage und Gewinnverlagerung zu verhindern, beauftragte das Bundesministerium der Finanzen das Bundeszentralamt für Steuern, kurzfristig mit den zuständigen Finanzbehörden der Länder eine Arbeitsgruppe von Experten unter Federführung des Bundeszentralamts für Steuern zusammenzustellen, welche die vorliegenden Daten zu den Luxemburg-Rulings analysieren sollte. Die bereits bestehende Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Arbeitsgruppe zur Analyse von Steuergestaltungsmodellen mit grenzüberschreitenden Bezügen (ATP)" erhielt den Auftrag, diese Untersuchung durchzuführen. Diesem Auftrag kommt die genannte Arbeitsgruppe seit Ende November 2014 in regelmäßigen Sitzungen nach. An dieser Bund-Länder-Arbeitsgruppe wirkt auch ein hessischer Auslandsfach- und Konzernprüfer mit. Von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe ATP wurden Datensätze zu 37 Fällen zur Auswertung an die hessische Finanzverwaltung übermittelt. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie viele der durch die Lux-Leaks-Daten betroffenen Fälle (laut BMF ca. 150 mit Bezug zu Deutschland) befanden sich zum Zeitpunkt der Unterrichtung in Hessen in einer Betriebsprüfung bzw. waren in den vergangenen zwei Jahren einer Betriebsprüfung unterzogen worden? Frage 2. Wie viele zusätzliche Fälle wurden nach der Übermittlung der Daten sowie der Unterrichtung durch das BMF in Hessen einer Betriebsprüfung unterzogen? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 und 2 gemeinsam beantwortet. Den Arbeitsauftrag im Zusammenhang mit den Luxemburg-Leaks-Veröffentlichungen definierte die vom Bundeszentralamt für Steuern im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen mit dem Thema befasste Arbeitsgruppe ATP bundeseinheitlich. Es sollte das potenzielle Steuerausfallvolumen ermittelt werden. Das Datenmaterial aus den Luxemburg-Leaks-Veröffentlichungen wurde in Anlehnung an die Verfahrensweise bei Kontrollmitteilungsverfahren an die Finanzämter weitergegeben und dort nach Maßgabe der §§ 85, 86 AO einer Bearbeitung in eigener Zuständigkeit zugeführt. Eingegangen am 20. Mai 2016 · Ausgegeben am 27. Mai 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3239 20. 05. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3239 Die Bearbeitung wurde teilweise vom Innen- und teilweise vom Außendienst vorgenommen. Das Auswertungsergebnis wurde entsprechend dem bundeseinheitlichen Arbeitsauftrag erfasst (siehe Antwort zu den Fragen 3 und 4). Für die steuerrechtliche Beurteilung von Daten ist es irrelevant, welche Stelle der Finanzverwaltung (Innen- oder Außendienst) die Auswertung vornimmt. Es wurde daher statistisch auch nicht festgehalten, in wie vielen Fällen bereits eine laufende Betriebsprüfung stattfand bzw. zuvor abgeschlossen wurde bzw. in wie vielen Fällen aufgrund der Daten mit einer Betriebsprüfung begonnen wurde. Frage 3. In wie vielen Fällen wurden in Hessen für Unternehmen Steuergestaltungen festgestellt, die entweder den geltenden Steuergesetzen oder den gängigen Prinzipien internationaler Transferpreise, wie dem Fremdvergleichsgrundsatz, widersprechen? Frage 4. In welcher Höhe haben die Steuerbehörden Hessens insgesamt Steuernachzahlungen basierend auf obigen Fällen festgesetzt? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 3 und 4 gemeinsam beantwortet. Weder dem Hessischen Ministerium der Finanzen noch der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main ist bislang ein Fall bekannt geworden, bei dem Unternehmen Steuergestaltungen im Zusammenhang mit Luxemburg-Rulings gewählt hätten, die im Rechtssinne missbräuchlich sind und damit nicht mit den geltenden Steuergesetzen in Einklang stehen. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand war daher eine Änderung der deutschen Steuerfestsetzung in den betroffenen Fällen bislang nicht angezeigt. Es sind allerdings noch nicht alle laufenden Ermittlungen der Finanzämter abgeschlossen. Wiesbaden, 11. Mai 2016 Dr. Thomas Schäfer