Kleine Anfrage des Abg. Greilich (FPD) vom 12.04.2016 betreffend Nutzung von Drohnen durch die hessische Feuerwehr und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung des Fragestellers: Unbemannte und halbautonom fliegende Luftfahrtsysteme ("Drohnen") können unter anderem dazu eingesetzt werden, bei Großbränden und insbesondere bei unübersichtlichen Lagen schnelle Erkenntnisse über (noch) aktive Brandherde oder noch nicht vollständig beseitigte Gefahren zu gewinnen. Wenn sie mit einer entsprechenden Steuerungstechnologie ausgestattet sind, ist dies grundsätzlich auch ohne Sichtkontakt zwischen dem Nutzer und der Drohne technisch möglich, auf Grund der Regelung des § 19 Absatz 3 Nr. 1 der Luftverkehrsordnung jedoch nicht erlaubt. Vorbemerkung des Ministers des Innern und für Sport: Die Nutzung von unbemannten und halbautonom fliegenden Luftfahrtsystemen befindet sich bei den hessischen Feuerwehren erst am Anfang der Erprobungsphase. Über die neuen technischen Nutzungsmöglichkeiten sowie über die mit dem Betrieb verbundenen besonderen Gefahren liegen noch nicht ausreichende Erfahrungen vor. Da die Bedeutung dieses Systems für Einsätze der Feuerwehren in Zukunft noch nicht abschließend geklärt ist, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch keine endgültige Aussage über eine erforderliche Privilegierung nach dem Luftverkehrsrecht gemacht werden. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung wie folgt: Frage 1. Wie und in welchem Umfang werden Drohnen derzeit durch hessische Polizeibehörden genutzt? Durch die hessische Polizei wird derzeit eine Drohne ausschließlich zur luftgestützten Aufklärung im Rahmen von Einsätzen der Spezialeinheiten und Spezialkräfte bei besonderen Lagen eingesetzt. Die Anzahl dieser Einsätze bewegt sich seit der Einführung im Jahr 2010 im einstelligen Bereich. Der Einsatz der hessischen Drohne bei der Polizei erfolgt auf der Grundlage einer Genehmigung des RP Darmstadt, die u.a. auch den Flug außerhalb des Sichtbereichs umfasst. Ergänzende rechtliche Regelungen sind nach hiesiger Bewertung für die Polizei nicht erforderlich. Neben der Aufstiegsgenehmigung ist für die Polizei die Rechtsgrundlage für die Datenerhebung (verdeckte Videoaufzeichnung) im Hessischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) enthalten. Frage 2. Wie beurteilt die Landesregierung den Einsatz von Drohnen durch Träger der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere durch Feuerwehren, aus rechtlicher und technischer Sicht und mit Blick auf den Nutzen für die Brandbekämpfung? Frage 3. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über den derzeitigen Einsatz von Drohnen durch hessische Feuerwehren? Falls möglich, bitte auch Darstellung der konkreten Einsatzzahlen, Anzahl vorhandener technischer Geräte bei hessischen Feuerwehren. Die Fragen 2. und 3. werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet: Eine Abfrage bei den Brandschutzdienststellen hat ergeben, dass insgesamt fünf Drohnen bei den hessischen Feuerwehren und unteren Brandschutzaufsichtsbehörden der Landkreise, mit Eingegangen am 8. Juni 2016 · Bearbeitet am 13. Juni 2016 · Ausgegeben am 17. Juni 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3285 08. 06. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3285 einer "Erlaubnis zum Aufstieg von unbemannten Luftfahrtsystemen mit bis zu 5 kg Gesamtmasse " gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 4 Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO) durch die jeweiligen Regierungspräsidien Darmstadt und Kassel als zuständige Luftfahrtbehörden, eingesetzt bzw. erprobt werden. Diese Drohnen sind bei der Berufsfeuerwehr Frankfurt am Main, der Feuerwehr Dillenburg, bei den Landkreisen Groß-Gerau und Offenbach sowie bei der Kreisjugendwehr im Kreis Darmstadt-Dieburg stationiert. Die Drohnen der Berufsfeuerwehr Frankfurt am Main, der Feuerwehr Dillenburg sowie der Landkreise Groß-Gerau und Offenbach wurden ohne Beteiligung des Landes im Rahmen der Selbstverwaltung beschafft. Anzumerken ist, dass die Drohne der Berufsfeuerwehr Frankfurt am Main im März 2015 aufgrund vermutlicher Funkstörungen auf der Fernsteuerungsfrequenz abgestürzt ist. Derzeit findet eine Ersatzbeschaffung statt. Die Drohnen der Berufsfeuerwehr Frankfurt am Main und des Landkreises Offenbach wurde seit ihrer Beschaffung insgesamt 19 Mal bei Feuerwehreinsätzen eingesetzt. Die Drohnen der Feuerwehr Dillenburg und des Landkreises Groß-Gerau wurden erst kürzlich beschafft und bisher noch nicht eingesetzt. Die Drohne der Kreisjugendfeuerwehr Darmstadt-Dieburg wurde lediglich bei zwei besonderen Veranstaltungen eingesetzt, jedoch nicht bei Einsätzen. Einsatzzwecke sind Mess-, Erkundungs- und Übungsflüge im Rahmen der Gefahrenabwehr gemäß den Befugnissen nach §§ 33, 41 bis 43 des Hessischen Brand- und Katastrophenschutzgesetzes (HBKG). Diese erstrecken sich bei den Drohnen der Berufsfeuerwehr Frankfurt am Main, bei der Feuerwehr Dillenburg und bei den genannten Landkreisen hauptsächlich auf Erkundungsmaßnahmen aus der Luft (z.B. Bildaufnahmen bei größeren Brandeinsätzen, Gewässerverschmutzungen auf Gewässern und Flüssen, Hochwasserlagen, Einsatzdokumentationen) oder bei der Personensuche. Dabei geht es um Bild- und Filmaufnahmen mit der an der Drohne angebrachten Kamera oder Wärmebildkamera. Gegebenenfalls erfolgt auch eine Direktübertragung per Funk an den Boden, z.B. an die Einsatzleitung, um Echtzeitaufnahmen zu erhalten. Für Maßnahmen zur unmittelbaren Brandbekämpfung, z.B. für den Abwurf von Löschmittel, sind diese Drohnen aufgrund ihres maximal zulässigen Gewichtes nicht geeignet. Erprobungsversuche zur Bestimmung von Gaskonzentrationen in der Luft als Einsatzaufgabe sind aus messtechnischen Gründen, wie Kalibrierungsprobleme und Verdünnungseffekte durch die von der Drohne erzeugte Luftverwirbelung, negativ verlaufen. Diese Einsatzaufgabe wird daher nicht mehr weiter verfolgt. Um einen ordnungsgemäßen und sicheren Betrieb der Drohnen zu gewährleisten, müssen diese von speziell aus- und fortgebildeten Feuerwehrkräften bedient werden. Frage 4. Wie bewertet die Landesregierung den Einsatz von Drohnen im Rahmen der Brandbekämpfung hinsichtlich der Luftverkehrssicherheit? Die zur Lagebeurteilung eingesetzten und damit in niedriger Höhe operierenden Drohnen bleiben unterhalb der für die sonstige Luftfahrt geltenden Sicherheitsmindesthöhen (über unbewohntem Gebiet 150 m über Grund, über Städten, Menschenansammlungen usw. in 300 m Höhe) und werden somit keine Gefährdung für den sonstigen Luftverkehr darstellen. Im Übrigen wird durch die Erteilung der Aufstiegserlaubnis in der Regel eine maximale Aufstiegshöhe von 100 m über Grund festgeschrieben. Sollten weitere Luftfahrzeuge am Einsatz beteiligt sein, die ebenfalls unter der Sicherheitsmindesthöhe verkehren, muss die Entscheidung über den Einsatz von Drohnen entsprechend koordiniert werden, um eine Gefährdung auszuschließen. Aufgrund der geringen Erfahrungen bei den Feuerwehren im Umgang mit Drohnen liegen allerdings noch keine fundierten Erfahrungen über die besonderen Gefahren durch den Betrieb vor. In allgemein zugänglichen Medien wird immer wieder von unkontrollierten Flügen durch Störungen auf der Funkfrequenz der Steuerung berichtet. In Hessen ist lediglich der Absturz der Drohne von der Berufsfeuerwehr Frankfurt am Main bekannt. Die für den Brandschutz zuständige Abteilung im Hessischen Ministerium des Innern und für Sport hat sich dennoch mit den Dezernaten für Brandschutz bei den Regierungspräsidien am 14. April 2016 dahin gehend abgestimmt, dass gegenüber der Luftfahrtbehörde auf zukünftige Anfragen nur ein unbemanntes Luftfahrtsystem pro Landkreis oder kreisfreie Stadt als notwendig erachtet wird. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3285 3 Frage 5. Unterstützt die Landesregierung die Forderung, den Einsatz von Drohnen mit entsprechender Steuerungstechnologie durch hessische Feuerwehren auch ohne Sichtkontakt zu erlauben? Wie steht sie insbesondere zu den hierzu notwendigen gesetzlichen Änderungen im Luftverkehrsgesetz und der Luftverkehrsordnung? Ausnahmen vom Betrieb eines unbemannten Luftfahrtsystems außerhalb der Sichtweite des Steuerers können bereits heute zugelassen werden, wenn von der beantragten Nutzung des Luftraums keine Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen und ein Flugbeschränkungsgebiet eingerichtet wurde (§ 19 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 LuftVO). Die Bundesregierung erarbeitet derzeit einen Entwurf für eine Verordnung zur Regelung des Betriebs von unbemannten Luftfahrzeugen. Er soll neben einer Kennzeichnungspflicht und einer Erlaubnis zum Steuern der Fluggeräte aber auch Erleichterungen beim Betrieb von unbemannten Luftfahrzeugen außerhalb der Sichtweite des Steuerers vorsehen (z.B. Abkehr vom derzeitigen Erfordernis der Einrichtung eines Flugbeschränkungsgebietes). Da der o.g. Entwurf jedoch noch nicht vorliegt, müssen die geplanten Regelungen im Gesamtzusammenhang zunächst geprüft und bewertet werden. Frage 6. Hält die Landesregierung eine Privilegierung von Feuerwehren beim Einsatz von Drohnen zur Brandbekämpfung für sinnvoll, wie sie durch § 30 Absatz 1 a Luftverkehrsgesetz bereits für Polizeien des Bundes und der Länder besteht? Falls ja, wie wird sie sich für eine entsprechende gesetzliche Regelung einsetzen? Eine gesetzliche Privilegierung von Feuerwehren beim Einsatz von Drohnen zur Brandbekämpfung erscheint derzeit in Anbetracht der vorgesehenen gesetzlichen Änderungen und der sich daraus vermutlich ergebenden Möglichkeiten im Rahmen der Erlaubniserteilung nicht notwendig. Auch aufgrund der zurzeit vorliegenden Erfahrungen und Erkenntnisse ergeben sich keine Forderungen nach einer Privilegierung. Wiesbaden, 31. Mai 2016 Peter Beuth