Kleine Anfrage der Abg. Schott (DIE LINKE) vom 14.04.2016 betreffend Bohrschlammgruben aus Öl- und Gasförderung in Hessen und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung der Fragestellerin: Nach Recherchen von NDR und WDR könnte es bundesweit möglicher weise mehr ais 1400 Bohrschlammgruben mit giftigen Abfällen aus der Erdöl und Gasförderung der letzten Jahrzehnte geben. Diese Bohrschlämme könnten nicht nur verschiedene Öl-Rückstände, wie zum Bespiel krebserregende polyzyklische, aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), sondern auch giftige Schwermetalle, wie Quecksilber und Arsen, sowie radioaktive Stoffe enthalten. Diese Vorbemerkung der Fragestellerin vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie viele Bohrschlammgruben bzw. Verdachtsflächen sind der Hessischen Landesregierung bekannt ? Im hessischen Fachinformationssystem Altflächen und Grundwasserschadensfälle FIS AG (120.000 Flächen) sind unter den Stichworten: "Bohrschlämme" - "Bohrschlammgrube" keine Daten hinterlegt. Nach §§ 3 und 4 des Lagerstättengesetzes vom 04.12.1934 (RGBl. I, S 1223), geändert durch Artikel 189 des Einführungsgesetzes z:um Strafgesetzbuch vom 02.03.1974 (BGBl. I, S. 469), ist ein Bohrunternehmen verpflichtet, vor Beginn aller mechanisch angetriebener Bohrarbeit n, diese dem Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG), unabhängig von der Tiefe, anzuzeigen. Sämtliche mechanisch angetriebenen Bohrungen in den Untergrund werden durch das Dezernat G 1 im HLNUG erfasst, zurzeit sind in der entsprechenden Datei ca. 2500 Bohrungen aus den letzten Jahren enthalten. Insgesamt enthält das Bohrarchiv des HLNUG Daten von über 100.000 Bohrungen aus den vergangenen 110 bis 120 Jahren. Informationen über Bohrschlammgruben· finden sich auch hierin nicht. Diese werden nicht unter dem Stichwort "Bohrschlammgrube" erfasst, sondern nach dem Lagerstättengesetz unter "Bohrungen". Frage 2. Wo genau befinden sich die bekannten Bohrschlammgruben in Hessen? Wie bereits in der Antwort zu Frage·l dargelegt, ist eine Erfassung "alter Bohrschlammgruben" dem HLNUG nicht bekannt. In der Bohrdatenbank des Geologischen Landesdienstes (Dez. G 1) sind ebenfalls keine Angaben zu Bohrschlammgruben enthalten. Sämtliche Tiefbohrungen werden im Rahmen von bergrechtlichen Betriebsplänen von der Bergaufsicht des Regierungspräsidiums Darmstadt in Wiesbaden genehmigt. Dies schließt wasserrechtliche Genehmigungen ein. Die Entsorgung des Bohrgutes ist ebenfalls über das Regierungspräsidium Darmstadt genehmigt. Bei heutigen Tiefbohrungen gibt es keine Spülgruben, sondern die Spülung wird in geschlossenem Kreislauf gefahren. Heute wird die einmal angesetzte Spülung in der Regel möglichst für alle Bohrabschnitte verwendet und dann jeweils modifiziert . Zum Beispiel soll bei der aktuell durchgeführten Geothermiebohrung "Trebur GT 111 die Spülung nur im letzten Abschnitt aus technischen Gründen komplett ausgetauscht werden. Von den Unternehmen wird ein Abfallbewirtschaftungsplan eingefordert, in dem die verschiedenen Entsorgungswege darzustellen sind. Das Bohrklein wird über die Kassieranlagen auf dem Bohrplatz von der Spülung getrennt, in Containern gesammelt und je nach Schadstoffgehalt und Strahlung entsprechend entsorgt. Gleiches gilt für die anderen auf dem Bohrplatz anfallenden Abfälle. Eingegangen am 7. Juni 2016 · Bearbeitet am 7. Juni 2016 · Ausgegeben am 10. Juni 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3293 07. 06. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3293 Frage 3. Gibt es in Hessen ein Suchverfahren, um bis dato nicht bekannte Bohrschlammgruben zu finden? (Antwort bitte mit Begründung) Nein. Der Landesregierung ist kein systematisches Suchverfahren bekannt. Bisher hat sich aus fachlicher Sicht ein Suchverfahren um bis dato nicht bekannte Bohrschlammgruben zu finden, als nicht notwendig erwiesen. Frage 4. Welche Maßnahmen zur Sanierung der Bohrschlammgruben unternimmt die Landesregierung? Wie bereits bei der Beantwortung der Frage 1 dargelegt, wird heute von den Unternehmen ein Abfallbewirtschaftungsplan eingefordert, in dem die verschiedenen Entsorgungswege darzustellen sind. Gleiches gilt für die anderen auf dem Bohrplatz anfallenden Abfälle. Frage 5. Wie viel Kapazität steht in Hessen befindlichen Deponien für gefährliche Abfälle (DK-III- Deponien) für die Entsorgung der Bohrschlämme zur Verfügung? Für gefährliche Abfälle - unter solche sind "giftige Rückstände" zu subsumieren - besteht grundsätzlich die Möglichkeit der Deponierung auf Deponien der Deponieklasse III oder IV (Untertagedeponie). Ausgenommen vom Regelungsbereich der Deponieverordnung sind "die ausschließliche Lagerung oder Ablagerung von Abfällen, die unmittelbar und üblicherweise beim Aufsuchen, Gewinnen, Aufbereiten und Weiterverarbeiten sowie bei der damit zusammenhängenden Lagerung von Bodenschätzen anfallen"(§ 1 Abs. 2 Nr. 6 Deponieverordnung). Betriebliche Bohrschlammgruben unterliegen dem,nach bergrechtlichen, wasserrechtlichen und bodenschutzrechtlichen Bestimmungen. In Hessen steht nur eine DK-III-Deponie für betriebseigene Abfälle der Volkswagen AG in Baunatal zu Verfügung. Eine Entsorgung von Bohrschlämmen wäre dort nur dann möglich, wenn der Betreiber dies beantragen und das Regierungspräsidium Kassel die Ablagerung genehmigen würde. Frage 6. Wie bewertet die Hessische Landesregierung im Kontext dieser Entsorgungsproblematik den Einsatz von Fracking und die damit einhergehende geplante Ausweitung der Öl und Gasförderung, die auf die Verabschiedung des Fracking-Gesetzpaketes im Bundestag folgen könnte? Grundsätzlich sind Vorhaben nur genehmigungsfähig, wenn sie ordnungsgemäß umgesetzt werden können. Die Position der Landesregierung zum Thema "Fracking" wurde im Hessischen Landtag mehrfach vorgetragen. Wiesbaden, 31. Mai 2016 Priska Hinz