Kleine Anfrage der Abg. Schott (DIE LINKE) vom 19.04.2016 betreffend Vorwurf der Manipulation von Verfahrensakten zu Versenkgenehmigungen für K+S im Regierungspräsidium Kassel: Erkenntnisse der Dienstaufsicht und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung der Fragestellerin: Im Rahmen der Durchsuchung bei der K+S AG am 09.09.2015 wurden E-Mails sichergestellt aus denen hervorgeht, dass Anwälte im Auftrag von K+S Verfahrensakten des Regierungspräsidiums Kassel zu wenigstens einer Versenkgenehmigung für K+S auf möglicherweise kompromittierendes Material durchsuchten und eventuell "säuberten". Dieser Vorgang soll unter Beteiligung von Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern des Regierungspräsidiums Kassel zumindest ermöglicht worden sein. Ebenfalls soll aus dem Mailverkehr hervorgehen, dass die "Säuberung" der Verfahrensakten mit der Absicht erfolgte, im Hinblick auf ein mögliches Gerichtsverfahren für K+S nachteilige Dokumente aus den Verfahrensakten zu entfernen. Zu einigen Fragen hat die Hessische Umweltministerin Priska Hinz im Rahmen des Dringliche Berichtsantrages "Vorwurf der Manipulation von Verfahrensakten zu Versenkgenehmigungen für K+S im Regierungspräsidium Kassel" (Drs. 19/3211) Stellung bezogen. Es blieben aber auch Fragen, z.B. mit dem Hinweis der Ministerin, dass sie für die Fachaufsicht, nicht aber für die Dienstaufsicht zuständig sei, unbeantwortet. Deshalb frage ich jetzt explizit die für das Regierungspräsidium Kassel zuständige Dienstaufsicht. Vorbemerkung der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz : Ungeachtet der Aufsicht der Ministerien obliegt die Dienst- und Fachaufsicht über die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Regierungspräsidiums Kassel dem Regierungspräsidenten. Gemäß § 11 Abs. 1 der Verordnung über Zuständigkeiten in beamtenrechtlichen Personalangelegenheiten im Geschäftsbereich des Ministeriums des Innern und für Sport wurden die Disziplinarbefugnisse den Leiterinnen und Leitern der Regierungspräsidien für ihren Geschäftsbereich als Dienstvorgesetzte übertragen. Dem Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz obliegt im hier behandelten Bereich die oberste Fachaufsicht über das Regierungspräsidium Kassel, während das Ministerium des Innern und für Sport die oberste Dienstaufsicht über das Regierungspräsidium Kassel wahrnimmt. Die Erteilung der Versenkungsgenehmigung für K+S durch das Regierungspräsidium Kassel wird durch das Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz fachaufsichtlich begleitet. Das Regierungspräsidium Kassel hat dem Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz am 29. Februar 2016 mitgeteilt, dass die Gemeinde Gerstungen gegen die aktuelle Versenkerlaubnis Klage erhoben hat und den Schriftsatz des Bevollmächtigten an das Verwaltungsgericht Kassel zur Kenntnisnahme vorgelegt. In dem Schriftsatz sind auch Ausführungen zu den Vorwürfen einer Manipulation von Verfahrensakten enthalten. Der Bevollmächtigte der Gemeinde Gerstungen hat mit Schreiben vom 2. März 2016 an das Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz eine Prüfung der Vorgänge bezüglich des Verdachts der Aktenmanipulation und der Einflussnahme durch Mitarbeiter von K+S auf Aktenvorgänge erbeten und dabei auch auf vorangegangene Schreiben an das Regierungspräsidium verwiesen. Mit Erlass vom 10. März 2016 hat das Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz das Regierungspräsidium um ausführlichen Bericht gebeten. Das Regierungspräsidium hat dem Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz einen Teilbericht vom 30. März 2016, eingegangen am 5. April 2016, vorgelegt und ergänzende Ausführungen angekündigt. Der ergänzende Bericht vom 18. April 2016 ist am 29. April 2016 eingegangen. Das Ministerium für Umwelt, Klima- Eingegangen am 8. August 2016 · Bearbeitet am 8. August 2016 · Ausgegeben am 12. August 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3305 08. 08. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3305 schutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat beide Berichte am 9. Mai 2016 dem Ministerium des Innern und für Sport zur dienstaufsichtlichen Bewertung und gegebenenfalls weiteren Veranlassung übermittelt. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Minister des Innern und für Sport wie folgt: Frage 1. Wann und durch wen hat die für das Regierungspräsidium Kassel zuständige Dienstaufsicht von dem Vorwurf erfahren, dass Mitarbeiter des Regierungspräsidiums Kassel zusammen mit Anwälten oder Mitarbeitern des K+S Konzerns Verfahrensakten zu Versenkungsgenehmigungen manipuliert (gesäubert) haben sollen oder die Akten für eine "Säuberung" zugänglich gemacht haben sollen? Wie das Ministerium des Innern und für Sport als für die Dienstaufsicht des Regierungspräsidiums Kassel zuständige Ministerium mitteilt, hat es im Nachgang zu der parlamentarischen Befassung im zuständigen Umweltausschuss sowie durch die hier zu beantwortende Kleinen Anfrage von dem Vorwurf erfahren. Frage 2. Welche Schritte hat die für das Regierungspräsidium Kassel zuständige Dienstaufsicht eingeleitet, nachdem ihr der Vorwurf auf Aktenmanipulation bekannt geworden war? Frage 3. Hat die für das Regierungspräsidium Kassel zuständige Dienstaufsicht nach Bekanntwerden der schweren Vorwürfe gegen Mitarbeiter des Regierungspräsidiums Kassel eine Untersuchung angeordnet ? a) Wenn nein: warum nicht? b) Wenn ja: mit welchen (vorläufigen) Ergebnissen? Die Fragen 2 und 3 werden zusammen beantwortet. Auf die Vorbemerkung wird hinsichtlich der Zuständigkeiten der Dienst- und Fachaufsicht sowie der Berichtsanforderungen durch das Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz als Fachaufsicht Bezug genommen. Seitens des Ministeriums des Innern und für Sport wurde im Rahmen der Dienstaufsicht vom Regierungspräsidium Kassel ein Bericht zu dem Vorwurf der Manipulation von Verfahrensakten zu Versenkungsgenehmigungen für K+S im Regierungspräsidium Kassel angefordert. Die Entscheidung des für die Einleitung von Disziplinarverfahren zuständigen Regierungspräsidiums Kassel, von der Einleitung disziplinarrechtlicher Schritte bisher abzusehen, ist aus dienstaufsichtsrechtlicher Sicht zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu beanstanden. Frage 4. Hat die für das Regierungspräsidium Kassel zuständige Dienstaufsicht Kenntnis von dem, von der Hessischen Umweltministerin am 10.03.2016 vom Regierungspräsidium Kassel angeforderten, detaillierten Bericht? Wenn ja: Seit wann ist der Dienstaufsicht dieser Bericht bekannt und was sind die zentralen Inhalte des Berichtes? Wie in der Vorbemerkung dargestellt, hat das Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz den Bericht des Regierungspräsidiums Kassel sowie den Ergänzungsbericht dem Ministerium des Innern und für Sport am 9. Mai 2016 zur Verfügung gestellt. Das Ministerium des Innern und für Sport führt hierzu aus, dass die Inhalte der Berichte zu den Manipulationsvorwürfen bzw. zum Verdacht der Absprache nicht nur Gegenstand verschiedener Verwaltungsstreitverfahren sind, sondern auch Gegenstand eines laufenden Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Kassel. Insbesondere vor dem Hintergrund laufender staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen kann daher keine Stellungnahme zu diesen Inhalten abgegeben werden. Frage 5. Laut eines Artikels im Spiegel (16/2016) besteht über den Vorwurf der Aktenmanipulation hinaus der Verdacht, dass Mitarbeiter des Regierungspräsidiums Kassel mit Anwälten, Mitarbeitern oder Vorstandsmitgliedern von K+S in manipulativer Absicht zusammengearbeitet haben könnten. Beispielsweise hätten Ermittler der Staatsanwaltschaft Meinigen im September 2015 in der Aktentasche des Vorstandschefs Norbert Steiner einen Entwurf eines Antwortschreibens des Regierungspräsidiums Kassel an die Staatsanwaltschaft Kassel zu Fragen der Versenkung gefunden. Es bestünde der Verdacht der Absprache. Ist die Dienstaufsicht diesen oder anderen Vorwürfen nachgegangen? (Antwort bitte mit Begründung) Der zitierte Artikel behandelt die Versenkung von Salzwasser durch K+S. Die dortige Darstellung wird seitens des Regierungspräsidiums Kassel insoweit bestätigt, als Thüringer Ermittler in der Aktentasche des Vorstandschefs von K+S eine Kopie des bereits an die Staatsanwaltschaft Kassel versandten und dort eingegangenen Antwortschreibens des Regierungspräsidiums Kassel zu Fragen der Versenkung gefunden haben. Je nach Entwicklung der Ermittlungen durch die Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3305 3 Staatsanwaltschaft Kassel wird seitens des Ministeriums des Innern und für Sport über gegebenenfalls erforderliche Maßnahmen im Rahmen der Dienstaufsicht entschieden werden. Frage 6. Welche Erkenntnisse hat die Dienstaufsicht über eine Beteiligung des Hessischen Umweltministeriums an rechtswidrigen Absprachen oder Manipulationen im Rahmen von Genehmigungsverfahren für K+S? Die dienstaufsichtsrechtliche Zuständigkeit des Ministeriums des Innern und für Sport erstreckt sich allein auf nachgeordnete Behörden im eigenen Geschäftsbereich. Daher liegen hier keine Erkenntnisse über eine Beteiligung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz an rechtswidrigen Absprachen oder Manipulationen im Rahmen von Genehmigungsverfahren für K+S vor. Wiesbaden, 26. Juli 2016 In Vertretung: Dr. Beatrix Tappeser