Kleine Anfrage des Abg. Warnecke (SPD) vom 04.05.2016 betreffend Bewirtschaftungsplan der Flussgebietsgemeinschaft Weser und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung des Fragestellers: Im Zuge des umfangreichen Bewirtschaftungsplans der Flussgebietsgemeinschaft Weser sind in dem zusammenfassenden Werk zahlreiche Hinweise auf Stressoren und Verunreinigungen sowie Ablagerungen angedeutet . Diese Vorbemerkung des Fragestellers vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Welche Einleitungen von chloridhaltigen Abwässern sind im Zuge der Werra und dann der Weser - auch aus den Zuflüssen - im Einzelnen zu verzeichnen? Einleitungen von Betrieben, die unter die Verordnung Nr. 166/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Januar 2006 über die Schaffung eines Europäischen Schadstofffreisetzungs - und -verbringungsregisters fallen, sind für Deutschland über das vom Umweltbundesamt betriebene Portal Thru.de einsehbar. Einleitungen von Chlorid in Gewässer werden ab einem Schwellenwert von 2 Mio. kg/Jahr erfasst. Hierunter fallen in der Flussgebietseinheit Weser im Berichtsjahr 2013 zwölf Betriebe mit einer Jahresfracht der Einleitungen in Gewässer von insgesamt 1.370.000.000 kg/Jahr Chloride (als Gesamt-Cl). Die als Anlage 1 beigefügte Tabelle enthält die signifikanten punktuellen Einleiter. Aussagen zu Chloridtransporten aus diffusen Einträgen und über die Zuflüsse der Weser sind der als Anlage 2 beigefügten Tabelle zu entnehmen. Frage 2. Werden alle Einleiter angehalten, Maßnahmen zur Reduzierung der Einleitungen zu ergreifen? Nein. Die Anforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer sind in der Abwasserverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Juni 2004 (BGBl. I S. 1108, 2625), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 2. September 2014 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, geregelt. In 57 Anhängen sind die Mindestanforderungen für Abwässer verschiedener Herkunftsbereiche festgelegt. Chlorid ist nur in Anhang 48 "Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe" für Abwasser , dessen Schadstofffracht im Wesentlichen aus der Herstellung von Titandioxidpigmenten stammt, geregelt. Dieser Produktionszweig kommt in Hessen nicht vor. Alle anderen Anhänge sehen keine Anforderungen an die Chloridkonzentration vor. Insofern enthalten wasserrechtliche Erlaubnisse in aller Regel keine Festlegungen zu Chlorid. Über die Mindestanforderungen der Abwasserverordnung hinaus können jedoch gewässerbezogene höhere Anforderungen an eine Abwassereinleitung gestellt werden. Mit der Inkraftsetzung des Bewirtschaftungsplans und Maßnahmenprogramms Salz 2015 - 2021 durch Beschluss der Weserministerkonferenz am 18. März 2016 sind die Bundesländer der Flussgebietsgemeinschaft Weser verpflichtet, die für den Pegel Boffzen (Weser) vorgegebenen Zielwerte für Chlorid von 300 mg/l, Magnesium von 30 mg/l und Kalium von 20 mg/l zum Erreichen des guten ökologischen Gewässerzustands in den Oberflächenwasserkörpern der Weser spätestens zum Ende des Jahres 2027 einzuhalten. Eingegangen am 12. Juli 2016 · Bearbeitet am 13. Juli 2016 · Ausgegeben am 15. Juli 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3345 12. 07. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3345 Frage 3. Welche Einleitungen von schwermetallhaltigen Abwässern sind im Zuge der Werra und dann der Weser - auch aus den Zuflüssen- im Einzelnen zu verzeichnen? Einleitungen von Betrieben, die unter die Verordnung Nr. 166/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Januar 2006 über die Schaffung eines Europäischen Schadstofffreisetzungs - und -verbringungsregisters fallen, sind für Deutschland über das vom Umweltbundesamt betriebene Portal Thru.de einsehbar. Einleitungen von Schwermetallen werden ab einem stoffspezifischen Schwellenwert zwischen 1 und 100 kg/Jahr erfasst. Hierunter fallen in der Flussgebietseinheit Weser im Berichtsjahr 2013 33 Betriebe. Die als Anlage 3 beigefügte Tabelle enthält die signifikanten punktuellen Einleiter. Frage 4. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um die Ablagerung von Schwermetallen im Flussgrund und damit deren Sedimentierung zu verhindern? Die Sedimentierung von Gewässerschwebstoffen ist ein natürlicher Vorgang, dessen Ausmaß vom Schwebstoffgehalt und der Schleppkraft des jeweiligen Fließgewässers abhängt. In gestauten Flüssen wie der Werra und der Weser kommt es eher zu einer Sedimentation als in frei fließenden Gewässern. Um in diesen Flüssen die Sedimentation von Schwebstoffen und den darin enthaltenen Schwermetallen und anderen Schadstoffen zu verhindern oder zu vermindern, müsste die Fließgeschwindigkeit der Flüsse, z.B. durch Entfernung der Staustufen, erhöht werden. Dies wird von der Landesregierung nicht angestrebt. Sinnvoller ist es, den Eintrag von Schwermetallen und anderen an Feststoff adsorbierenden Schadstoffen in die Flüsse so gering zu halten, dass in den Sedimenten keine erhöhten Schadstoffkonzentrationen auftreten, die das Ökosystem schädigen und zu anderen Umweltproblemen führen können. Im Bereich der Fulda-Mündung und der Werra-Mündung führt das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) regelmäßig Untersuchungen zum Schadstoffgehalt in Gewässerschwebstoffen durch. Die dort ermittelten Konzentrationen sind maßgeblich für die Schadstoffkonzentrationen, die nach Sedimentation der Schwebstoffe in den Sedimenten der unteren Fulda bzw. der unteren Werra sowie der oberen Weser erwartet werden können. Von den untersuchten Schwermetallen Zink, Kupfer, Chrom, Nickel, Blei, Cadmium und Quecksilber überschreitet kein Stoff diesbezüglich europäische oder deutsche Grenzwerte bzw. Umweltqualitätsnormen . Gemessen an nicht verbindlichen Richtwerten und im Vergleich zu vielen anderen hessischen Gewässern ist lediglich die Cadmium-Konzentration in der Werra etwas erhöht ; ein dafür verantwortlicher Einleiter ist in Hessen aber nicht bekannt. Dagegen werden in der Werra auch bei Cadmium, bezogen auf den im Wasser gelösten Anteil, die entsprechende europäische und deutsche Umweltqualitätsnorm eingehalten. Bei Quecksilber ist aufgrund der großen Anreicherung in Fischen die Umweltqualitätsnorm in Deutschland nahezu flächendeckend überschritten. Auf Basis der geltenden gesetzlichen Regelungen für Abwasser werden die zuständigen Wasserbehörden veranlassen, dass der Eintrag von Schwermetallen in Werra und Weser weiter reduziert wird. Frage 5. Mit welchem Nachdruck hat sich die Hessische Landesregierung gegen Abwässer aus dem Bereich des Oberliegers der Werra - Thüringen - und der weiteren Weser-Unterlieger eingesetzt? Im Auftrage des von den Bundesländern Hessen und Thüringen initiierten Runden Tisches "Gewässerschutz Werra/Weser und Kaliproduktion" wurde das Bilanzierungs- und Prognosemodell zur Salzbelastung von Werra und Weser entwickelt (SYDRO-Modell). Mit Hilfe der SYDRO-Modellrechnungen besteht die Möglichkeit, länderübergreifend den Handlungsbedarf in den salzbelasteten Wasserkörpern abzuschätzen sowie die Wirkungen unterschiedlicher Maßnahmenoptionen zu prognostizieren. Da sich das SYDRO-Modell als Bilanzierungs- und Prognosemodell als geeignet und zuverlässig erwies, hatte die Flussgebietsgemeinschaft Weser (FGG Weser) wiederum auf Initiative von Hessen und in Abstimmung mit Thüringen und dem Unternehmen K+S Kali GmbH in 2013 beschlossen , das SYDRO-Modell zu übernehmen, zeitlich und räumlich zu verfeinern und für Modellrechnungen der FGG Weser im Rahmen der Erarbeitung des Bewirtschaftungsplans 2015 bis 2021 zu nutzen. Das Land Hessen legte Wert darauf, dass die Bundesländer die Messdaten (Abfluss, Frachten bzw. Konzentrationen) aller im Wesereinzugsgebiet zur Verfügung stehenden Pegel und Messstellen der FGG Weser als Eingangsdaten für das Bilanzierungs- und Prognosemodell für die Stoffgrößen Chlorid, Magnesium und Kalium zur Verfügung stellten. Mit dieser Vorgehensweise wird sichergestellt, dass die Bundesländer der FGG Weser jene grundlegenden Maßnahmen ergreifen und umsetzen mit dem Ziel, das Verschlechterungsverbot und die Zielvorgaben des Bewirtschaftungsplans Salz für den guten Zustand (Chlorid: 300 mg/l, Magnesium: 30 mg/l, Kalium: 20 mg/l) für alle Einleitungen von Abwässern und Salzfrachten auch aus den Nebengewässern und seitlichen Zuflüssen in die Werra und Weser eingehalten werden. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3345 3 Frage 6. Welche konkreten Maßnahmen sind auf Interventionen der Hessischen Landesregierung in unter 5 genannten Bereichen zurückzuführen? Die Maßnahmen der Bundesländer zur Reduzierung von Stofffrachten aus Abwassereinleitungen gehören zu den grundlegenden Maßnahmen und sind in dem Maßnahmenprogramm dokumentiert . Auf der Grundlage der Überwachungsprogramme in Verbindung mit dem SYDRO-Modell wird sichergestellt, dass es zukünftig zu keiner Erhöhung der Chlorid-, Magnesium- und Kaliumkonzentrationen in Werra und Weser durch Teil-Einzugsgebiete aus den Anrainer-Bundesländern der FGG Weser kommen wird. Die Landesregierung geht davon aus, dass die Bundesländer der FGG Weser diese Vorgaben des zweiten Bewirtschaftungsplans 2015 bis 2021 auch dann einhalten, wenn Kali-Bergwerke wie beispielsweise das Kali-Bergwerk Siegried-Giessen wieder in Betrieb genommen werden. Bei den Planungen zur Wiederinbetriebnahme des Kali-Bergwerkes Siegried-Giessen ist sicherzustellen , dass die zukünftigen Einleitwerte die Umweltziele des Bewirtschaftungsplans Salz 2015 bis 2021 beachten und die bisherigen Einleitwerte nicht erhöht werden. Frage 7. Schließt die Landesregierung definitiv aus, dass eine Pipeline an die Weser für ein größeres Volumen, als der derzeit in Rede stehende Bypass, genehmigt werden wird? Frage 8. Wenn ja, wie begründet die Landesregierung den politischen Eingriff in die verfahrensmäßig beim Regierungspräsidenten angesiedelten Genehmigungskompetenzen? Die Fragen 7 und 8 werden gemeinsam beantwortet. Die Genehmigung des Leitungsdurchmessers erfolgt in einem sich an das Raumordnungsverfahren anschließenden bergrechtlichen Genehmigungsverfahren, das durch den Vorhabenträger zu beantragen ist. Die Antragstellung bleibt abzuwarten. Frage 9. Sind der Landesregierung im Rahmen der ergriffenen oder zu ergreifenden Maßnahmen und Auflagen Besonderheiten für die Flussgebietsgemeinschaft Weser im Verhältnis beispielsweise zu denen der Elbe, der Donau oder des Rheins bekannt? Das Land Hessen hat Anteile an den Flussgebietseinheiten (FGE) Weser und Rhein. Infolgedessen arbeitet das Land in den beiden Flussgebietsgemeinschaften mit. Die zuständige Behörde veröffentlicht gemäß § 84 Absatz 4 Nummer 2 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) spätestens zwei Jahre vor Beginn des Zeitraums, auf den sich der Bewirtschaftungsplan bezieht, einen Überblick über die für das Einzugsgebiet festgestellten wichtigen Fragen der Gewässerbewirtschaftung. Das Land Hessen hat für die in seinem Bereich liegenden Anteile der FGE Weser und Rhein den "Überblick über die für die hessischen Anteile an den Einzugsgebieten von Weser und Rhein festgestellten wichtigen Fragen der Gewässerbewirtschaftung" veröffentlicht, was für Interessierte auf www.flussgebiete.hessen.de mit allen Details dokumentiert ist. Im genannten hessischen Papier ist unter dem Punkt wichtige Wasserbewirtschaftungsfragen, im speziellen zu Nähr- und Schadstoffeinträgen aus Punktquellen und diffusen Quellen in Oberflächengewässer und das Grundwasser unter der Nummer 2.2.4 die Salzbelastung in Werra und Weser genannt. Infolgedessen wurde für diese übergeordnete Problematik auf Ebene der Flussgebietsgemeinschaft Weser ein gemeinsamer Bewirtschaftungsplan Weser Salz 2015 bis 2021 und ein gemeinsames Maßnahmenprogramm Weser Salz 2015 bis 2021 verabschiedet. Im Gegensatz zur FGE Weser spielt in der FGE Rhein die Salzbelastung keine Rolle. In den übrigen wichtigen Fragen der Gewässerbewirtschaftung unterscheiden sich die beiden Hessen betreffenden FGE nicht. Da Hessen keine Anteile an anderen FGE hat und in deren Flussgebietsgemeinschaften infolgedessen nicht mitarbeitet, können zu diesen keine Aussagen getroffen werden. Frage 10. Kann somit davon ausgegangen werden, dass in der Bundesrepublik Deutschland ein einheitliches Handeln mit Blick auf die Gewässerqualität und die zu ergreifenden Maßnahmen gegeben ist? Durch die Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie in nationales Recht wird einheitliches Handeln gewährleistet. Hinsichtlich der Salzbelastung in Werra und Weser haben sich die Anrainerländer in der Flussgebietsgemeinschaft Weser nach intensiven Diskussionen auf die zu ergreifenden Maßnahmen geeinigt und besagte Bewirtschaftungsplan Weser Salz 2015 bis 2021 und Maßnahmenprogramm Weser Salz 2015 bis 2021 gemeinsam verabschiedet. Wiesbaden, 23. Juni 2016 Priska Hinz Anlagen 1 Anlage 1 zur Drs. 3345 2 Anlage 2 zur Drs. 19/3345 Gewässer Ortsbezug Transport [kg/s] Werra diffuse Einträge bis Gerstungen 13,92 Fulda vor Zusammenfluss mit der Werra 3,31 Schwülme vor der Mündung in die Weser 0,13 Diemel vor der Mündung in die Weser 0,66 Nethe vor der Mündung in die Weser 0,16 Emmer vor der Mündung in die Weser 0,28 Werre vor der Mündung in die Weser 2,87 Große Aue vor der Mündung in die Weser 0,72 Aller vor der Mündung in die Weser 12,07 Summe 34,12 3 Anlage 3 zur Drs. 19/3345