Kleine Anfrage des Abg. Schaus (DIE LINKE) vom 04.05.2016 betreffend Ausschreibung für ein Vogelschlag-Frühwarnsystem an der Nordwestbahn des Frankfurter Flughafens und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung des Fragestellers: Laut Ausschreibung vom 12.04.2016 sucht die Fraport AG einen Anbieter für ein neues, radarbasiertes Vogelschlag-Frühwarnsystem für die Landebahn Nordwest, "das Vogelflugereignisse erkennen und rechtzeitig eine entsprechende Warnung generieren kann." [Ausschreibungsbezeichnung "EU-P 0406-16BL, BIRDS Bird Intrusion Radar Detection"] Als Auflage aus dem Planfeststellungsbeschluss für die Nordwestbahn wurde ein Vogelschlag-Frühwarnsystem Mivotherm® installiert und ist seit 2011 in Betrieb. Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Der Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Verkehrsflughafens Frankfurt Main vom 18.12.2007 legt verbindlich fest, dass die Fraport AG zur Überwachung des Vogelzuges mainauf - und mainabwärts ein bildgebendes Verfahren einzusetzen hat, mit dem unter Einhaltung ausreichend langer Vorwarnzeiten vor Vogelschwärmen im Bereich der Kreuzung der Anfluggrundlinie der Landebahn Nordwest mit dem Main gewarnt werden kann. Eine Festlegung auf ein bestimmtes technisches System zur Erfüllung dieser Anforderungen beinhaltet der Planfeststellungsbeschluss nicht. Zur Erfüllung dieser Nebenbestimmung setzt die Fraport AG derzeit das System Mivotherm ein, welches auf Wärmebildtechnik basiert. Das System ist seit der Inbetriebnahme der Nordwestbahn (07L/25R) im Jahre 2011 im Betrieb und erfüllt die Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses vollumfänglich. Die Fraport AG erwägt, die vom Planfeststellungsbeschluss geforderte Überwachung des Vogelzuges künftig ggfs. im Wege des ausgeschriebenen Radar-Systems vorzunehmen. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Soll die neue, am 12.04.2016 ausgeschriebene Anlage das Vogelschlag-Frühwarnsystem Mivotherm ergänzen oder ersetzen? (Antwort bitte mit Begründung) Frage 2. Laut Ausschreibungstext soll das neue Vogelfrühwarnsystem zur Ortung von Vögeln mit Radar arbeiten. Das aktuelle Mivotherm-System, welches in der Einflugschneise der Nordwestbahn in der Betriebsrichtung 07 eingesetzt wird, arbeitet hingegen mit Wärmebildkameras. a) Warum nimmt die Fraport AG diesen Systemwechsel vor? b) Erfolgt der angestrebte Systemwechsel mit dem Einverständnis der Deutschen Flugsicherung sowie der genehmigenden Behörden? Die Fragen 1 und 2 werden wegen des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Wie bereits in der Vorbemerkung dargelegt, erwägt die Fraport AG, das bestehende und auf Wärmebildtechnik beruhende System Mivotherm ggf. durch ein Radar-System zu ersetzen. Die Fraport AG strebt diesen Systemwechsel an, weil sie bezüglich der Radar-Technologie weitere Vorteile in Bezug auf Wartung und Funktionalität gegenüber dem System Mivotherm sieht, welches die Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses zum Ausbau des Verkehrsflughafens Frankfurt/Main vollumfänglich erfüllt. Ein betrieblicher Vorteil betrifft u.a. die Möglichkeit der kontinuierlichen Beobachtung von tatsächlichen Flugverläufen. Vor einem etwaigen Ersatz plant die Fraport AG eine ausreichend lange Testphase, in der beide Systeme parallel betrieben werden sollen. Erst wenn danach konkret nachgewiesen ist, dass die Radar-Technologie nach Einschätzung der Fraport AG die Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses zum Ausbau des Verkehrsflughafens Frankfurt Main uneingeschränkt und zuverlässig Eingegangen am 10. Juni 2016 · Bearbeitet am 13. Juni 2016 · Ausgegeben am 17. Juni 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3357 10. 06. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3357 erfüllt, soll die Ersetzung, die im Einvernehmen mit der Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS) erfolgen soll, beim Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung (HMWEVL) als Planfestellungsbehörde für den Verkehrsflughafen Frankfurt Main angezeigt werden. Das HMWEVL hätte nach Eingang dieser Anzeige zu prüfen, ob mit dem konkret eingesetzten Radar-System die Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses zum Ausbau des Verkehrsflughafens Frankfurt Main vom 18.12.2007 gleichermaßen vollumfänglich erfüllt werden, wie durch das System Mivotherm. Die Ersetzung wird nur dann erfolgen, wenn das Ergebnis der behördlichen Prüfung sein wird, dass die Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses mit dem Ersatzsystem gleichermaßen vollumfänglich erfüllt werden. Frage 3. Ist auch für das neue System eine automatische Filterung der Daten geplant, wie sie bei dem Mivotherm-System im Rahmen des "Regelverfahrens zur Weiterleitung von Mivotherm- Warnungen durch die DFS" stattgefunden hat? (s. Drs. 19/180) Die von der Fraport AG erwogene Ersetzung betrifft nicht die abgestimmte und bewährte Risikoklassifizierung sowie die automatisch generierten Warnmeldungen an die DFS. Frage 4. Kann die Nord-West-Landebahn auch ohne ein funktionstüchtiges und zugelassenes Vogelschlagvorwarnsystem betrieben werden? Frage 5. Reichen die Vorwarnzeiten des Vogelschlagvorwarnsystems Mivotherm für eine Reaktion der Piloten in allen Fällen aus? Die Fragen 4 und 5 werden wegen des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Die Frage, ob die Nordwestbahn (07L/25R) "auch ohne ein funktionstüchtiges und zugelassenes Vogelschlagvorwarnsystem betrieben werden" kann, stellt sich nicht, da der Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Verkehrsflughafens Frankfurt Main vom 18.12.2007 verbindlich festlegt, dass die Fraport AG zur Überwachung des Vogelzuges mainauf- und mainabwärts ein bildgebendes Verfahren einzusetzen hat, mit dem unter Einhaltung ausreichend langer Vorwarnzeiten vor Vogelschwärmen im Bereich der Kreuzung der Anfluggrundlinie der Landebahn Nordwest mit dem Main gewarnt werden kann. Da das System Mivotherm entsprechend der o.g. Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses zum Ausbau des Verkehrsflughafens Frankfurt Main vom 18.12.2007 konzipiert wurde und die Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses vollumfänglich erfüllt werden, ist sichergestellt, dass mit ausreichend langen Vorwarnzeiten gewarnt wird. Frage 6. Inwieweit hält die Landesregierung diese geplante Änderung der Vogelschlagvorwarnung mit den Auflagen in den Nebenbestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses vom 18.12.2007, Teil A, Abschnitt XI, Ziffer 2.1 Nr. 2 für vereinbar? Wie bereits in der Antwort auf die Fragen 1 und 2 dargelegt, kann die Beurteilung durch das HMWEVL erst dann erfolgen, wenn das Ersatzsystem nach erfolgreich durchlaufener Testphase durch die Fraport AG angezeigt wurde. Da der Ersatz bislang noch nicht angezeigt wurde, ist es der Landesregierung derzeit auch noch nicht möglich, eine Bewertung vorzunehmen. Insbesondere ist eine solche Bewertung allein aufgrund des Ausschreibungstextes nicht möglich. Frage 7. Beabsichtigt die Landesregierung hier ein Planänderungsverfahren durchzuführen, um die grundlegende Planabweichung im Vogelschlagvorwarnverfahren zu prüfen? Frage 8. Beabsichtigt die Landesregierung ein Anhörungsverfahren durchzuführen? Die Fragen 7 und 8 werden wegen des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Wie bereits in der Antwort auf die Fragen 1 und 2 dargelegt, soll der Systemwechsel nur dann erfolgen und angezeigt werden, wenn nachgewiesen ist, dass das Ersatzsystem die Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses zum Ausbau des Verkehrsflughafens Frankfurt Main uneingeschränkt und zuverlässig erfüllt. Dies würde sodann durch das HMWEVL nachgeprüft. Im Falle einer erfolgreich verlaufenden Prüfung wäre die in Frage 7 unterstellte "grundlegende Planabweichung " nicht gegeben, so dass die Durchführung eines Planänderungsverfahrens mit einem etwaigen Anhörungsverfahren nicht erforderlich wäre. Frage 9. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat die Begründungen seiner Urteile vom 21.08.2009 (Az. 11 C 227/08.T. u.a.) auf das engste mit dem System Mivotherm verwoben und ausdrücklich ausgeführt, dass der Planfeststellungsbeschluss vom 18.12.2007, der unter A XI 2.1 Nr. 2 nur unter der Maßgabe eines funktionierenden System Mivotherm eingehalten werde. Inwieweit hält die Landesregierung eine grundsätzliche Abkehr von Mivotherm als mit den Urteilen vom 21.08.2009 für vereinbar? Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3357 3 Die Aussage, der Hessische Verwaltungsgerichtshof habe "ausdrücklich ausgeführt, dass der Planfeststellungsbeschluss vom 18.12.2007 […] nur unter der Maßgabe eines funktionierenden System Mivotherm eingehalten werde", trifft nicht zu, so dass sich auch die Frage der Vereinbarkeit "mit den Urteilen vom 21.08.2009" nicht stellt. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat erkennbar keine Aussage darüber getroffen, dass die Erfüllung der Nebenbestimmung ausschließlich mittels des Systems Mivotherm möglich sei, sondern lediglich dessen Tauglichkeit bejaht. Wiesbaden, 30. Mai 2016 Tarek Al-Wazir