Kleine Anfrage des Abg. Rentsch (FDP) vom 23.04.2014 betreffend technische Assistenzberufe im MINT-Bereich und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung des Fragestellers: Die Rahmenbedingungen der technischen Assistenzberufe in Naturwissenschaft und Medizin sollten in regelmäßigen Abständen überprüft und angepasst werden. Dazu gehören die Bedingungen der beruflichen Ausbildung, die Aktualisierung der Ausbildungsinhalte, die Einstufung im deutschen (DQR) und europäischen (EQR) Qualitätsrahmen und die Förderung des Nachwuchses. Die Vorbemerkung des Fragestellers vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Kultusminister und dem Minister für Soziales und Integration wie folgt: Frage 1. Wann wurde zuletzt der Rahmenlehrplan für den Berufsschulunterricht aktualisiert? Aufschlüsse- lung bitte nach den Bereichen Biowissenschaften, Chemie, Medizin und Pharmazie. Frage 2. In welchen zeitlichen Abständen werden die Ausbildungsinhalte dieser Berufe aktualisiert? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 und 2 gemeinsam beantwortet. Die Inhalte der bundesrechtlich geregelten Ausbildungen im Bereich der technischen Assistenzberufe werden durch die jeweiligen Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen der einzelnen Berufe definiert. Ein Rahmenlehrplan besteht darüber hinaus nicht. Die Verordnungen unterliegen keiner Befristung, sondern werden jeweils im Bedarfsfall geändert. Eine Aufschlüsselung nach den Bereichen Biowissenschaften, Chemie, Medizin und Pharmazie ist nicht möglich, da keine generelle Zuordnung der Ausbildungsinhalte zu den Fächern möglich ist. Zu den Berufen im Einzelnen ist folgendes anzumerken: Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Diätassistentinnen und Diätassistenten Vom 01.08.1994 (BGBl. I S. 2088), zuletzt geändert am 02.08.2013 (BGBl. I S. 3005). Die dreijährige Ausbildung umfasst den in der Anlage 1 der DiätAss-APrV aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht von 3.050 Stunden. Unterrichtet werden beispielsweise Biochemie der Ernährung, Hygiene, Toxikologie, Anatomie, Lebensmittelkunde und Lebensmittelkonservierung . Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für technische Assistenten in der Medizin Vom 25.04.1994 (BGBl. I S. 922), zuletzt geändert am 02.08.2013 (BGBl. I S. 3005). Die dreijährige Ausbildung umfasst den in den Anlagen 1 bis 3 der MTA-APrV aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht. Je nach Fachrichtung wird ein anderer Schwerpunkt in Form der Fächer und der Stundenzahlen gesetzt. In allen drei Fachrichtungen wird beispielsweise das Fach Anatomie unterrichtet, in der MT-Laborassistenz mit 40 Stunden, in der MTRadiologie mit 80 Stunden und in der MT-Funktionsdiagnostik mit 60 Stunden. Das Fach Chemie /Biochemie findet sich beispielsweise nur in der Fachrichtung MT-Laborassistenz und MTRadiologieassistenz , während Arzneimittellehre nur in der Fachrichtung MT-Funktionsdiagnostik vorkommt. Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für pharmazeutisch-technische Assistentinnen und pharmazeutisch-technische Assistenten (PTA-APrV) Vom 23.09.1997 (BGBl. I S. 2352), zuletzt geändert am 02.08.2013 (BGBl. I S. 3005). Der zweijährige Lehrgang umfasst den in der Anlage 1 Teil A der PTA-APrV aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht von 2.600 Stunden. Unterrichtet werden beispielsweise Eingegangen am 11. Juli 2014 · Ausgegeben am 16. Juli 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/337 11. 07. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/337 Arzneimittelkunde, allgemeine und pharmazeutische Chemie, Botanik und Drogenkunde, Gefahrstoff -, Pflanzenschutz- und Umweltschutzkunde. Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten Vom 07.11.1989 (BGBl. I S. 1966), zuletzt geändert durch Gesetz vom 02.12.2007 (BGBl. I S. 2686). Am 01.01.2014 trat das Notfallsanitätergesetz in Kraft. Eine bis einschließlich 31.12.2014 begonnene Ausbildung zur Rettungsassistentin oder zum Rettungsassistenten wird nach den bisher geltenden Vorschriften abgeschlossen. Die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter vom 16.12.2013 (BGBl. I S. 4280) regelt, dass die Ausbildung den in Anlage 1 der Verordnung aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht mit einem Umfang von 1.920 Stunden umfasst. Themenbereiche sind: "Notfallsituationen bei Menschen aller Altersgruppen sowie Gefahrensituationen erkennen, erfassen und bewerten" oder "Bei der medizinischen Diagnostik und Therapie mitwirken, lebenserhaltende Maßnahmen und Maßnahmen zur Abwendung schwerer gesundheitlicher Schäden bis zum Eintreffen der Notärztin oder des Notarztes oder dem Beginn einer weiteren ärztlichen Versorgung durchführen.“ Die landesrechtlichen Regelungen zu den Technischen Assistenzberufe im Gesundheitswesen gelten ebenfalls unbefristet. Den jeweiligen Ausbildungsgängen liegen folgende Verordnungen zugrunde: - Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Desinfektorinnen und Desinfektoren vom 06.12.2010 (GVBl. I S. 711), zuletzt geändert am 11.12.2012 (GVBl. I S. 681), - Ausbildungsordnung für Gesundheitsaufseherinnen und Gesundheitsaufseher vom 10.05.1993 (StAnz. S. 1246), zuletzt geändert am 11.12.2012 (GVBl. I S. 681), - Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Medizinische Dokumentarinnen und Medizinische Dokumentare vom 06.12.2010 (GVBl. I S. 721), zuletzt geändert am 11.12.2012 (GVBl. I S. 681). Die einzelnen Berufsverbände wurden an den Neufassungen der Verordnung für Desinfektorinnen und Desinfektoren und der Verordnung der Medizinischen Dokumentarinnen und Dokumentare 2010 beteiligt. Die theoretische Ausbildung und die Prüfung als Gesundheitsaufseherinnen und Gesundheitsaufseher finden an der Akademie für öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf statt. Die Ausbildungs- und Prüfungsordnung Nordrhein-Westfalen wird derzeit überarbeitet. In das Verfahren ist Hessen eingebunden. Sobald ein Entwurf vorliegt, wird die hessische Verordnung entsprechend überarbeitet. In den landesrechtlich geregelten Assistentenausbildungen der zweijährigen höheren Berufsfachschule werden die folgenden Fachrichtungen in einer vollschulischen Berufsausbildung angeboten : - Chemisch-technische Assistenten (Lehrplan vom 31.07.2007) - Biologisch-technische Assistenten (Lehrplan vom 31.07.2007) - Assistenten für Informationsverarbeitung–Technik (Lehrplan vom 17.02.2006) - Assistenten für Informationsverarbeitung–Wirtschaft (Lehrplan vom 21.12.2005) - Assistenten für Umweltschutztechnik (Lehrplan vom 06.06.2008) Grundsätzlich sind die beruflichen Schulen verpflichtet, die Inhalte der Lehrpläne jeweils aktualisiert umzusetzen und dabei die schulspezifischen/regionalen Gegebenheiten zu berücksichtigen . Nach zwei bis drei Ausbildungsdurchgängen wird in der Regel eine Evaluierung der Lehrpläne durchgeführt, die im jeweiligen Einzelfall Grundlage einer Lehrplanüberarbeitung sein kann. Frage 3. Wie werden die technischen Assistenzberufe innerhalb des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) eingestuft? Frage 4. Wie werden diese Berufe im Europäischen Qualifikationsrahmen (EQR) eingestuft? Frage 6. Ist die Hessische Landesregierung der Ansicht, dass die jeweiligen Einstufungen angemessen sind? Die Fragen 3, 4 und 6 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Alle in der Antwort zu den Fragen 1 und 2 genannten Assistenzberufe sind sowohl im DQR als auch im EQR der Stufe 4 zugeordnet. Dem zugrunde liegt die sogenannte Referenzierung "1:1", wonach deutsche Qualifikationen, die einem bestimmten DQR-Niveau zugeordnet werden gleichzeitig dem entsprechenden EQR-Niveau zuzuordnen sind. Über Einzelheiten gibt der Deutsche Referenzierungsbericht Auskunft. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/337 3 Nach Ansicht der Hessischen Landesregierung ist die Einordnung der landesrechtlich geregelten Assistentenausbildungen der zweijährigen höheren Berufsfachschule mit Blick auf die Systematik des DQR und unter Berücksichtigung des Gesamtgefüges angemessen. Bei den technischen Assistenzberufen handelt es sich um Ausbildungsberufe (Erstausbildung), die nach einer Grundsatzentscheidung in Deutschland abhängig von den damit erworbenen Kompetenzen entweder dem Niveau 3 oder 4 zuzuordnen sind. Die darüber liegenden Niveaus sind den Fortbildungsabschlüssen (Niveau 5) und dem Hochschulbereich (Niveau 6 bis 8) vorbehalten. Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) hat am 26./27.06.2013 in Potsdam den gemeinsamen Beschluss von Bundesregierung (Bundesministerium für Bildung und Forschung, Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie), Kultusministerkonferenz und Wirtschaftsministerkonferenz der Länder, Zentralverband des Deutschen Handwerks, Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Deutscher Gewerkschaftsbund , Bundesinstitut für Berufsbildung hinsichtlich der Zuordnung der Pflege- und Gesundheitsfachberufe mit Bedauern zur Kenntnis genommen. Nach einstimmiger Auffassung der GMK sind zumindest die Gesundheitsfachberufe mit 3-jähriger Ausbildung auf Niveau 5 der Qualifikationsstufen des Deutschen Qualifikationsrahmens einzuordnen. Die getroffene Vereinbarung, nach einem Zeitraum von fünf Jahren auf der Grundlage kompetenzorientierter Ausbildungsordnungen alle Zuordnungen erneut beraten und gemeinsam entscheiden zu wollen und dabei die Entwicklungen auf europäischer Ebene zu berücksichtigen, wird von der GMK ausdrücklich begrüßt . Die Hessische Landesregierung hält die grundsätzliche Einordnung der übrigen Ausbildungsberufe in die Niveaus 3 und 4 für sachgerecht. Eine neuerliche Überprüfung der Einstufung im Pflege- und Gesundheitsbereich ist aus ihrer Sicht für eine abschließende Einordnung in den DQR sachdienlich. Frage 5. Wie beurteilt die Hessische Landesregierung die Qualität der deutschen Ausbildung im Ver- gleich mit der akademischen Ausbildung dieser Berufe im europäischen Ausland (Bachelor)? Die Hessische Landesregierung ist von der hohen Qualität der Berufsausbildung in Deutschland überzeugt und auch international genießt das deutsche Ausbildungssystem einen guten Ruf. Das deutsche Berufsbildungssystem zeichnet sich dadurch aus, dass es Qualifikationen in einem breiten Spektrum von Berufen vermittelt und sich flexibel an die sich wandelnden Arbeitsmarkterfordernisse anpasst. Es ist in der Gesellschaft gut verankert und genießt hohe Akzeptanz. Insbesondere die Verbindung von Lernen im Betrieb mit dem Lernen in der Schule im Bereich der dualen Berufsausbildung hat sich bewährt, um die Auszubildenden für einen erfolgreichen Übergang in die Vollzeitbeschäftigung vorzubereiten. Gleichzeitig orientiert sich Ausbildung so am Bedarf der Wirtschaft. Ein Indikator für die hohe Qualität der deutschen Berufsausbildung im Vergleich zum europäischen Ausland ist die geringe Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland, die auch während der Wirtschaftskrise auf einem geringem Niveau blieb, während manche EU-Mitgliedstaaten sich mit einer Jugendarbeitslosenquote von über 50 % konfrontiert sahen. Insbesondere betroffen waren die Länder mit rein schulischen oder akademischen Ausbildungsangeboten. Entsprechend EUROSTAT (Statistik-Portal der EU), letzte Aktualisierung 24.04.2014, weist Deutschland mit 7,3 % den niedrigsten Wert in der EU aus. Der Durchschnitt in der Europäischen Union liegt derzeit bei 18,7 % Das erfolgreiche deutsche System der beruflichen Ausbildung stellt somit einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der hohen Jugendarbeitslosigkeit in der EU dar, den rein akademische Angebote offensichtlich nicht zu leisten vermögen. Konsequenz ist, dass nach Medienberichten beispielsweise Italien und Schweden - teilweise modellhaft - die duale Ausbildung einführen wollen. Frage 7. Ist die Hessische Landesregierung der Ansicht, dass frauendominierte MINT-Berufe ebenso vom Bund gefördert werden sollten, wie die männerdominierten? Die Anstrengungen der Hessischen Landesregierung im Bereich der MINT-Berufe konzentrieren sich weder auf männer- noch auf frauendominierte MINT-Berufe. Ziel ist es, Jungen und Mädchen generell für die MINT-Berufe zu interessieren und die Berufsvielfalt in diesem Bereich aufzuzeigen. Aus Sicht der Hessischen Landesregierung ist dies auch bundesweit für eine vorausschauende und nachhaltige Fachkräftesicherung im Bereich MINT wünschenswert und notwendig. Für die hier angesprochene geschlechterspezifische Förderung sieht die Hessische Landesregierung derzeit keinen Handlungsbedarf. Die aufgeführten landesrechtlichen Assistentenausbildungen der zweijährigen höheren Berufsfachschule werden, wie bei vollschulischen Bildungsgängen üblich, vom Land und den Schulträgern finanziert. Ein Finanzierungsanteil des Bundes bei landesrechtlich geregelten Berufen ist nicht vorgesehen. Eine finanzielle Förderung der Ausbildungen an der zweijährigen höheren Berufsfachschule ergibt sich ggf. über die einschlägigen BaföG-Regelungen des Bundes. Eine BaföG-Erhöhung ist für 2016/2017 geplant. Durch die Übernahme der gesamten BaföG-Kosten durch den Bund ab 2015 werden die Länder entlastet. 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/337 Der Bund fördert demnach bereits jetzt die Ausbildung in den unter Frage 2 aufgeführten Berufen . Frage 8. Ist die Hessische Landesregierung bereit, sich für eine generelle Förderung dieser Ausbildungs- berufe auf Bundesebene einzusetzen und falls ja, in welcher Weise? Grundsätzlich unterstützt die Hessische Landesregierung Bestrebungen, die Ausbildungsbedingungen in allen anerkannten Ausbildungsgängen stetig zu verbessern und zu aktualisieren, wobei sie hierbei einen klaren Schwerpunkt auf die Ausbildungsberufe des dualen Systems legt. Hierzu ist sie bereit, sich in die entsprechenden Prozesse auf Bundesebene einzubringen, soweit eine Beteiligungsmöglichkeit gegeben ist. Die Notwendigkeit, sich für eine darüber hinausgehende finanzielle bundesweite Förderung einzusetzen , ergibt sich derzeit für die Hessische Landesregierung nicht. Wiesbaden, 3. Juli 2014 Tarek Al-Wazir