Kleine Anfrage der Abg. Alex und Dr. Sommer (SPD) vom 10.05.2016 betreffend "Betreutes Wohnen" für Seniorinnen und Senioren in Hessen und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung der Fragestellerinnen: Die Wohnform "Betreutes Wohnen" oder "Service-Wohnen" ist ein Angebot für ältere Menschen, das es ermöglichen soll, bei weitgehend selbstständiger Lebensführung auf ein Hilfs-, Beratungs- und Betreuungsangebot zurückgreifen zu können. Der Begriff des "Betreuten Wohnens" ist jedoch nicht geschützt. Im Gegensatz zu Heimbewohnern können Nutzer "Betreuten Wohnens" bei Fragen von Leistungen und Qualität des Angebots nicht auf eine gesetzlich festgelegte Vertretung zurückgreifen. Vorbemerkung des Ministers für Soziales und Integration: Politik für ältere Menschen muss an deren Bedürfnissen ausgerichtet sein und dem Gedanken Rechnung tragen, dass Menschen so weit wie möglich und so lange wie möglich selbstbestimmt leben können. Diesem Anliegen wird auch durch die Wohnform "Betreutes Wohnen" Rechnung getragen. Denn "Betreutes Wohnen" trägt mit bedarfsgerechten und differenzierten Angeboten und Hilfen dazu bei, dass Menschen trotz altersbedingter Einschränkungen ein möglichst eigenständiges , aktives und die individuellen Bedürfnisse berücksichtigendes Leben im Alter führen können. Seniorinnen und Senioren, die diese Wohnform wählen, leben verhältnismäßig selbstständig und können bei Bedarf zugleich schnell und zuverlässig Hilfe erhalten. Betreute Wohnungen sind in der Regel altersgerecht und barrierefrei ausgestattet und oft in eine Wohnanlage integriert, die soziale Kontakte fördert. Das Programm "Förderung sozialer Gemeinschaftseinrichtungen und nichtinvestiver sozialer Maßnahmen (Investitions- und Maßnahmenförderungsrichtlinie - IMFR)", aus dem Pflegeeinrichtungen, Seniorenbegegnungsstätten, Altenpflegeschulen und Modellprojekte gefördert wurden, hat hierzu einen wichtigen Beitrag geleistet. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage folgt: Frage 1. Wie definiert die Landesregierung den Begriff des "Betreuten Wohnens" oder "Service-Wohnens" für Seniorinnen und Senioren? Der Begriff des "Betreuten Wohnens" oder "Service-Wohnens" für Seniorinnen und Senioren ist gesetzlich nicht normiert. Der Begriff des "Betreuten Wohnens" ist jedoch in der DIN 77800 definiert. Diese Norm definiert das "Betreute Wohnen" als ein Leistungsprofil für ältere Menschen , die in einer barrierefreien Wohnung oder Wohnanlage leben, das Grundleistungen und Wahlleistungen umfasst. Hiermit soll eine selbstständige und selbstbestimmte Haushalts- und Lebensführung und die Einbindung in soziale Strukturen der Hausgemeinschaft und des Wohnumfeldes unterstützt werden. Frage 2. Wie viele Menschen sind in Hessen in wie vielen Einrichtungen des "Betreuten Wohnens" oder "Service-Wohnens" für ältere Menschen untergebracht? Die Anzahl der in Hessen in Einrichtungen des "Betreuten Wohnens" oder "Service-Wohnens" lebenden Menschen wird von der Hessischen Betreuungs- und Pflegeaufsicht nicht erfasst, da solche Einrichtungen nicht unter den Anwendungsbereich des Hessischen Gesetzes für Betreuungs - und Pflegeleistungen (HGBP) fallen. Es gibt deshalb auch keine Anzeigepflicht für Einrichtungen des "Betreuten Wohnens" oder "Service-Wohnens". Eingegangen am 18. Juli 2016 · Bearbeitet am 19. Juli 2016 · Ausgegeben am 22. Juli 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3375 15. 07. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3375 Lediglich im Bereich der Menschen mit Behinderung gibt es Einrichtungen des Betreuten Wohnens für Menschen, die nicht weitgehend selbstbestimmt leben können, die einer Anzeigepflicht unterliegen. Diese Form von Eingliederungshilfe ist jedoch losgelöst von der Thematik "Betreutes Wohnen"/"Service Wohnen" für Seniorinnen und Senioren zu betrachten. Der hessische Gesetzgeber schließt eine betreute Wohnform, in der ein Mensch mit Behinderung alleine lebt (betreutes Einzelwohnen) oder in der Personen zusammenwohnen, die besondere persönliche oder verwandtschaftliche Beziehungen zueinander pflegen und in einem gemeinsamen Haushalt leben , vom Anwendungsbereich des HGBP aus (§15 Abs. 3 HGBP). Frage 3. Wie beurteilt die Landesregierung die Nachfrage nach dieser Wohnform in den kommenden Jahren ? Aufgrund der demografischen Entwicklung, d.h. der Zunahme der Gruppe der älteren Menschen , wird sich aus Sicht der Landesregierung die Nachfrage nach Möglichkeiten des "Betreuten Wohnens" oder des "Service Wohnens" voraussichtlich steigen. Frage 4. Ergreift die Landesregierung Maßnahmen, um die Wohnform "Betreutes Wohnen" für Seniorinnen und Senioren in Hessen weiterzuentwickeln und wenn dies der Fall ist, welche sind das? In den vergangenen Jahren wurden im Rahmen des Programms zur Förderung von sozialen Gemeinschaftseinrichtungen Pflegeeinrichtungen, Seniorenbegegnungsstätten, Altenpflegeschulen , Modellprojekte und damit auch Einrichtungen, die die in Rede stehenden Wohnformen anbieten , gefördert. Frage 5. Wie viele Einrichtungen des "Betreuten Wohnens" oder "Service-Wohnens" in Hessen sind DIN 77800 zertifiziert? Für Hessen sind keine Einrichtungen des "Betreuten Wohnens" oder "Service-Wohnens", die nach DIN 77800 zertifiziert sind, bekannt. Frage 6. Erwägt die Landesregierung darüber hinaus ein landeseigenes Qualitätssiegel "Betreutes Wohnen" nach dem Beispiel Nordrhein-Westfalen oder Baden-Württembergs? Dies ist nicht vorgesehen. Die im September 2006 eingeführte DIN 77800 mit dem Namen "Qualitätsanforderungen an Anbieter der Wohnform Betreutes Wohnen für ältere Menschen" bildet eine bundesweit geltende Zertifizierungsgrundlage, die allen beteiligten Wirtschaftskreisen einheitliche Anforderungen, Hinweise und Empfehlungen in Bezug auf diese Wohnform gibt. Dieser bundesweit geltende Standard schafft sowohl für Verbraucher als auch für Investoren Sicherheit. Wiesbaden, 8. Juli 2016 Stefan Grüttner