Kleine Anfrage der Abg. Rudolph und Decker (SPD) vom 30.05.2016 betreffend mögliche Verstöße gegen arbeitsrechtliche Vorgaben durch Bewachungsunternehmen für Landeseinrichtungen und Antwort des Ministers der Finanzen Vorbemerkung der Fragesteller: Zeitungsberichten zufolge haben Bewachungsunternehmen, die die Landespolizeiakademie in Wiesbaden sichern, gegen arbeitsrechtliche Vorgaben verstoßen und sind den Beschäftigten außerdem zumindest teilweise den Lohn schuldig geblieben. Diese Vorbemerkung der Fragesteller vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Hessischen Minister des Innern und für Sport wie folgt: Frage 1. Wer ist für die Vergabe von Bewachungsaufträgen an Landeseinrichtungen zuständig? Die Zuständigkeit für die Vergabe von Bewachungsaufträgen liegt bei den Liegenschaften, die zu dem Mieter-Vermieter-Modell (MVM) des Landes gehören, bei dem Landesbetrieb Bau und Immobilien Hessen (LBIH). Zum Teil übernehmen die nutzenden Dienststellen die Vergabe jedoch auch selbst, beispielsweise bei der Landespolizeiakademie. Frage 2. Wer überprüft, ob die beauftragten Unternehmen die gesetzlich vorgeschriebenen arbeitsrechtlichen Vorschriften einhalten? Relevante rechtliche Möglichkeiten bestehen bei dem LBIH gegenüber beauftragten Unternehmen nur im Zusammenhang mit dem Thema Lohnzahlung. Die Unternehmen sind verpflichtet, die "Verpflichtungserklärung zu Tariftreue und Mindestentgelt bei öffentlichen Aufträgen nach dem Hessischen Vergabe- und Tariftreuegesetz (HVTG) vom 19.12.2014" zu unterschreiben. Auf Basis dieser Verpflichtungserklärung ist der LBIH als öffentlicher Auftraggeber auf der Grundlage von § 9 HTVG berechtigt "angekündigt oder unangekündigt in erforderlichem Umfang anlassbezogen Einsicht in die Entgeltabrechnungen und andere Geschäftsunterlagen der beauftragten Unternehmen sowie aller weiteren Nachunternehmen und Verleihunternehmen zu nehmen, aus denen Umfang, Art und Dauer von Beschäftigungsverhältnissen sowie die tatsächliche Entlohnung von Beschäftigten hervorgehen oder abgeleitet werden können". In den von dem LBIH abgeschlossenen Verträgen mit Sicherheitsfirmen ist geregelt, dass nur sozialversicherungspflichtiges Personal beschäftigt werden darf. Ferner ist eine Liste über die vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Sozialleistungsnachweise (Jahresmeldung) oder eine Liste über die Mitgliedsbescheinigungen der zuständigen Krankenkassen für jede eingesetzte Arbeitskraft zu führen und vorzulegen. Die Kontrolle der Einhaltung tarifrechtlicher Bestimmungen - wie etwa die tatsächliche Auszahlung der Gehälter - durch die Vertragspartner des Landes liegt in der Zuständigkeit der Zollverwaltung "Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS)". Die Zollverwaltung ist zudem zuständig für die Überprüfung der Einhaltung von Mitwirkungs-, Melde-, Aufzeichnungs- oder anderer Pflichten nach dem Mindestlohngesetz, dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz und dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz , die festgestellte Verstöße auch in eigener Zuständigkeit bearbeitet. Eingegangen am 7. September 2016 · Bearbeitet am 8. September 2016 · Ausgegeben am 13. September 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3431 07. 09. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3431 Frage 3. Welche Kenntnis hat die Landesregierung über mögliche Verstöße gegen arbeitsrechtliche Vorgaben bzw. Lohnrückstände bei dem Bewachungsunternehmen, das die Landespolizeiakademie in Wiesbaden sichert? Frage 4. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, um evtl. vorhandenen Verstößen nach Frage 3 abzuhelfen? Sofern keine Maßnahmen ergriffen wurden, warum nicht? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 3 und 4 gemeinsam beantwortet. Mit Schreiben vom 01.03.2016 wandte sich Herr Rechtsanwalt K. als anwaltlicher Vertreter von fünf Mitarbeitern des Bewachungsunternehmens an das Hessische Ministerium des Innern und für Sport. Herr Rechtsanwalt K. wirft dem Bewachungsunternehmen zum einen vor, dass das Unternehmen nicht den Tariflohn nach dem Entgelttarifvertrag für Sicherheitsleistungen in Hessen zahlt, sondern lediglich den Mindestlohn von 8,50 €. Zum anderen würden die Mitarbeiter Überstunden leisten, die ebenfalls nicht bezahlt würden. Darüber hinaus sollen Mitarbeiter Arbeitsstunden ohne gesetzlich vorgeschriebene Pause am Stück geleistet haben. Das Schreiben wurde von Seiten des Landespolizeipräsidiums unverzüglich an die Polizeiakademie Hessen (HPA) weitergeleitet. Zu den Vorhaltungen des Herrn Rechtsanwalt K. wurde am 23.03.2016 von Seiten der HPA mit den verantwortlichen Personen des Bewachungsunternehmens ein Gespräch geführt, das die erhobenen Vorwürfe zum Gegenstand hatte. Dabei hatte das Unternehmen versichert, die Missstände mit sofortiger Wirkung abzustellen. Darüber hinaus war der HPA bezogen auf die Vertragsbeziehungen zwischen dem Sicherheitsunternehmen und seinen Arbeitnehmern bereits vor dem Eingang des Schreibens von Herrn Rechtsanwalt K. bekannt, dass die gesetzlich vorgegebene Höchstarbeitszeit überschritten wurde . Das Sicherheitsunternehmen wurde daraufhin von Seiten der HPA im Januar 2016 telefonisch und im März 2016 in einem persönlichen Gespräch eindringlich auf die Einhaltung der gesetzlichen Arbeitszeit hingewiesen. Frage 5. Sind der Landesregierung ähnliche Fälle von Verstößen gegen arbeitsrechtliche Vorschriften durch Bewachungsunternehmen, die Landeseinrichtungen sichern, wie der bei der Landespolizeiakademie bekannt? Wenn ja, welche? Im Bereich des LBIH wurden im Fall der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung in Kassel Calden arbeitsrechtliche Verstöße behauptet; weitere Verstöße gegen arbeitsrechtliche Vorschriften sind im Bereich des LBIH nicht bekannt. Frage 6. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um Fälle wie die des Bewachungsunternehmens für die Landespolizeiakademie zukünftig zu vermeiden? Wie in der Antwort zu Frage 2 ausgeführt, beschränken sich die rechtlichen Möglichkeiten einer Prüfung durch die Landesverwaltung auf die Thematik der Lohnzahlung. Wiesbaden, 31. August 2016 Dr. Thomas Schäfer