Kleine Anfrage der Abg. Schott (DIE LINKE) vom 07.06.2016 betreffend Umsetzung § 22a SGB II - Kosten der Unterkunft und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung der Fragestellerin: In § 4a Hessisches OFFENSIV-Gesetz heißt es: Satzungsermächtigung für die Bestimmung der Höhe der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung Die kommunalen Träger werden ermächtigt, durch Satzung 1. nach § 22a Abs. 1 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch zu bestimmen, in welcher Höhe Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in ihrem Gebiet angemessen sind, oder 2. nach § 22a Abs. 2 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch die Bedarfe für Unterkunft und Heizung in ihrem Gebiet durch eine monatliche Pauschale zur berücksichtigen. Diese Vorbemerkung der Fragestellerin vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Welche kommunalen Träger haben in Hessen eine Satzung nach Ziffer 1 erlassen? Der Vogelsbergkreis hat eine Angemessenheitssatzung nach § 4a Nr. 1 Hessisches OFFENSIV- Gesetz i.V.m. § 22a Abs. 1 Satz 1 SGB II erlassen, in der konkrete Angemessenheitsgrenzen bestimmt wurden. Frage 2. Welche kommunalen Träger haben in Hessen eine Satzung nach Ziffer 2 erlassen? Kein kommunaler Träger in Hessen hat eine Pauschalierungssatzung nach § 4a Nr. 2 Hessisches OFFENSIV-Gesetz i.V.m. § 22a Abs. 2 Satz 1 SGB II erlassen, die monatliche Pauschalbeträge zur Abgeltung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung vorsehen würde. Frage 3. Gibt es kommunale Träger, die keine der beiden Alternativen gewählt haben? Frage 4. Auf welcher Grundlage wurden diese Satzungen jeweils erlassen? Die Fragen 3 und 4 werden wie folgt gemeinsam beantwortet: Die übrigen kommunalen Träger in Hessen haben keine Regelungen zur Angemessenheit von Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II in Form von Satzungen getroffen, sondern beschreiben Referenzmieten in Richtlinien bzw. Verwaltungsvorschriften. Frage 5. Welche Nichtübernahmequoten für die Kosten der Unterkunft gibt es bei Empfänger_innen von SGB II Leistungen (bitte nach Kreisen und Städten aufschlüsseln und zusätzlich in Euro angeben)? Die Statistik der Bundesagentur für Arbeit zur Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) berichtet zu anerkannten und tatsächlichen Unterkunftskosten auf der Ebene der Träger (kreisfreie Städte und Landkreise). Eine vergleichende Darstellung der Relation aus anerkannten und tatsächlichen Kosten über verschiedene Trägergebiete hinweg würde jedoch die Interpretationsfähigkeit der Daten überfordern. Eine flächendeckend einheitliche Erfassung für tatsächliche Unterkunftskosten liegt nicht vor, diese Daten sind daher nicht als ausreichend valide anzusehen Eingegangen am 8. August 2016 · Bearbeitet am 8. August 2016 · Ausgegeben am 12. August 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3442 08. 08. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3442 (da die tatsächlichen Kosten in keine weiteren Berechnungsprozesse eingebunden sind, erfolgt die Erfassung offenbar ungenau). In der folgenden Aufstellung werden die laufenden Kosten der Unterkunft für Mietwohnungen oder selbstgenutztes Wohneigentum - für den Monat März 2016 - angegeben, dazu zählen die Unterkunftskosten (z.B. Kaltmiete, Schuldzins bei Eigenheimen, Tagessätze bei Heimunterkünften ), die Heiz- und Betriebskosten sowie einmalige Nachzahlungen für Heiz- und Betriebskosten . Nicht umfasst sind einmalige Kosten wie Wohnungsbeschaffungskosten (z.B. Umzugskosten , Mietkaution), Mietschulden und Instandhaltungs-/Reparaturkosten. Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft sind die Kosten, die für die Wohnung bzw. für den von der Bedarfsgemeinschaft (BG) bewohnten Wohnungsanteil anfallen. Die Kosten der Unterkunft werden von den kommunalen Trägern in (regional) angemessener Höhe anerkannt bzw. gezahlt. März 2016 tatsächliche laufende Kosten der Unterkunft (in Euro) anerkannte laufende Kosten der Unterkunft (in Euro) Kommunale Träger insgesamt pro BG (Durchschnitt) insgesamt pro BG (Durchschnitt) Lkr. Bergstraße 3.057.750 461,62 2.939.835 443,82 St. Darmstadt 3.545.058 551,59 3.465.379 539,19 Lkr. Darmstadt-Dieburg 3.639.023 516,90 3.504.392 497,85 St. Frankfurt am Main 19.621.252 564,09 19.212.378 552,33 Lkr. Fulda 1.782.903 406,41 1.733.994 395,26 Lkr. Gießen 4.131.775 439,64 3.979.915 423,49 Lkr. Groß-Gerau 4.826.138 522,88 4.706.973 509,96 Lkr. Hersfeld-Rotenburg 1.086.145 368,94 1.054.966 358,34 Hochtaunuskreis 2.264.040 523,24 2.255.802 521,33 St. Kassel 4.926.253 434,34 4.781.578 421,58 Lkr. Kassel 2.254.171 420,40 2.153.602 401,64 Lahn-Dill-Kreis 3.452.014 438,25 3.363.541 427,39 Lkr. Limburg-Weilburg 2.234.120 434,23 2.060.504 400,49 Main-Kinzig-Kreis 5.503.522 481,25 5.429.012 474,73 Main-Taunus-Kreis 2.699.145 579,96 2.624.734 563,97 Lkr. Marburg-Biedenkopf 2.623.684 415,59 2.576.038 408,12 Odenwaldkreis 1.210.183 453,59 1.184.933 444,13 Lkr. Offenbach 5.501.973 547,57 5.384.824 535,91 St. Offenbach am Main 4.487.441 534,83 4.407.251 525,55 Rheingau-Taunus-Kreis 1.942.501 500,26 1.891.989 487,25 Schwalm-Eder-Kreis 1.650.433 389,90 1.542.061 364,30 Vogelsbergkreis 849.227 378,11 813.898 362,38 Lkr. Waldeck-Frankenberg 1.424.100 381,69 1.327.884 355,91 Werra-Meißner-Kreis 1.250.474 366,06 1.181.459 345,86 Wetteraukreis 3.596.501 484,51 3.419.941 460,72 St. Wiesbaden 8.614.510 588,10 8.500.798 580,34 Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Arbeitsmarkt in Zahlen, Wohnkostensituation für Bedarfsgemeinschaften , Frankfurt, Juli 2016 (Anmerkungen: Die Angaben zu den Wohnkosten beziehen sich auf den Teil der Wohnung, der durch die Bedarfsgemeinschaft bewohnt wird. Die Berechnung der Durchschnittskosten pro BG erfolgt auf Basis der Bedarfsgemeinschaften mit laufenden anerkannten Kosten der Unterkunft.) Frage 6. Welche Nichtübernahmequoten für die Kosten der Unterkunft gibt es bei Empfänger_innen von SGB XII Leistungen (bitte nach Kreisen und Städten aufschlüsseln und zusätzlich in Euro angeben )? Der Landeswohlfahrtsverband (LWV) Hessen ist für die Betreuung behinderter Menschen in stationären Einrichtungen zuständig und deckt die Bedarfe für Unterkunft und Heizung im Rahmen der stationären Betreuung durch eine monatliche Pauschale als Teil der Vergütung ab. Insofern gibt es keine Fälle, in denen solche Differenzen auftreten. Gleiches gilt für Personen, die im Rahmen des Begleiteten Wohnens in Familien vom LWV Hessen Leistungen erhalten. Frage 7. Welche Nichtübernahmequoten für die Kosten der Unterkunft gibt es bei Empfänger_innen von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (bitte nach Kreisen und Städten aufschlüsseln und zusätzlich in Euro angeben)? Den Gebietskörperschaften wurde die Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern als eine Pflichtaufgabe nach Weisung übertragen. Dafür erhalten sie nach dem Landesaufnahmegesetz eine Erstattung im Rahmen einer monatlichen Pauschale durch das Land. In dieser Pauschale ist ein Kostenbestandteil für die Unterkunft enthalten. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3442 3 Die Gebietskörperschaften sind somit selbstständig für die Unterbringung der Asylbewerber zuständig und tragen auch die Kosten der Unterkunft. Die Leistungsbehörden übernehmen die Unterkunftskosten grundsätzlich vollständig. Frage 8. Welche Nichtübernahmequoten für die Kosten der Unterkunft gibt es bei Empfänger_innen von Jugendhilfe Leistungen (bitte nach Kreisen und Städten aufschlüsseln und zusätzlich in Euro angeben )? Im SGB VIII ist keine eigene Leistung "Kosten der Unterkunft" vorgesehen. Werden teilstationäre und stationäre Leistungen der Jugendhilfe gewährt, die eine Unterbringung des Kindes, Jugendlichen oder jungen Erwachsenen außerhalb des Elternhauses umfassen, ist nach § 39 Abs. 1 SGB VIII auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen sicherzustellen. Das mit dem Träger vereinbarte Leistungsentgelt umfasst unter anderem die Kosten für die Unterkunft. Im Falle der Unterbringung in Pflegefamilien werden Pauschalbeträge für die laufenden Leistungen zum Unterhalt durch den Pflegegelderlass festgelegt. Nach der Besonderheit des Einzelfalls sind Abweichungen möglich. Nach §§ 91 ff. SGB VIII erfolgt eine Heranziehung der jungen Menschen, Eltern, Ehegatten und Lebenspartner zu den Kosten stationärer Jugendhilfeleistungen . Zahlen zu Beziehern von Leistungen nach § 22a SGB II, die zugleich Empfänger von Jugendhilfe sind (z.B. Leistungen nach § 41 SGB VIII), liegen nicht vor. Frage 9. Wie erklärt sich die Landesregierung die Unterschiede bei den Kosten der Unterkunft, die nicht übernommen werden? Entsprechend vorstehender Antworten lassen sich Unterschiede nicht bestimmen. Frage 10. Welche Konsequenzen hat die Nichtübernahme von Kosten der Unterkunft für die Hilfeempfänger bzw. kann sie haben? Soweit Unterkunftskosten im SGB II nicht als Bedarf anerkannt werden, müssen die Leistungsberechtigten den übersteigenden Kostenanteil aus anderen Mitteln bestreiten. Zudem werden sie in diesen Fällen aufgefordert, die Kosten zu senken. Unter Umständen kann bei unangemessen teurem Wohnraum ein Umzug in eine preiswertere Wohnung erforderlich sein, wenn eine solche zur Verfügung steht. Unterkunftskosten, die den angemessenen Umfang übersteigen, werden aber zunächst anerkannt, solange es den Leistungsberechtigten nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten nicht benötigten Wohnraums oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken. Wiesbaden, 2. August 2016 In Vertretung: Dr. Wolfgang Dippel