Kleine Anfrage der Abg. Özgüven, Di Benedetto, Merz und Roth (SPD) vom 24.06.2016 betreffend Betreuung von unter einjährigen Kindern Geflüchteter während der Integrationskurse in Hessen und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung der Fragesteller: Die Finanzierung der Integrationskurse begleitenden Kinderbetreuung durch den Bund wurde im Oktober 2014 eingestellt. Die Betreuung von Kindern ab einem Jahr ist durch den Rechtsanspruch auf den Besuch einer Tageseinrichtung bzw. -pflegestelle sichergestellt. Dies gilt nicht für Kinder unter einem Jahr. Vorbemerkung des Ministers für Soziales und Integration: Die Hessische Landesregierung bedauert die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die Kinderbetreuungsangebote im Rahmen der Integrationskurse einzustellen . Das Hessische Ministerium für Soziales und Integration hatte sich bereits im Juli 2014 an den Präsidenten des BAMF gewandt und um eine Fortführung dieser Kinderbetreuungsangebote gebeten. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie ist die Betreuung für Kinder unter einem Jahr während der Teilnahme der Eltern an Integrationskursen in Hessen sichergestellt? Für Kinder bis zum vollendeten ersten Lebensjahr besteht kein Anspruch auf Kindertagesbetreuung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Vielmehr hat der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe gemäß § 24 Abs. 1 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) ein bedarfsgerechtes Angebot für diese Altersgruppe sicherzustellen (objektiv- rechtliche Verpflichtung ). Das Gesetz benennt die entsprechenden Bedarfskriterien. Danach ist ein Kind dieser Altersgruppe zu fördern, wenn der Besuch einer Tageseinrichtung oder Tagespflegestelle für seine Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder die Erziehungsberechtigten einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind, sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch erhalten. In Hessen führen die Gemeinden die o.g. Aufgaben der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe , also das Vorhalten eines bedarfsgerechten Betreuungsangebotes, eigenständig durch, § 30 Hessisches Kinder- und Jugendhilfegesetzbuch (HKJGB). Der Landesregierung ist nicht bekannt, ob die hessischen Kommunen den unter einjährigen Kindern von Teilnehmenden an Integrationskursen ein Betreuungsangebot vorrangig anbieten. Frage 2. Wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Integrationskursen in der Zeit vom 1. Januar 2014 bis 31. Mai 2016 hatten Kinder unter einem Jahr? Wie viele Teilnehmende waren Frauen? (Bitte nach Monaten aufschlüsseln) Frage 3. Wie wurden die Kinder der Teilnehmenden nach Frage 2 betreut a) in begleitender Kindertagesbetreuung b) in anderen Kindertages- oder Betreuungseinrichtungen? (Bitte jeweils nach Monaten aufschlüsseln) Die Fragen 2 und 3 werden wie folgt gemeinsam beantwortet: Nach Auskunft des BAMF liegen zu den beiden Fragen keine Erkenntnisse vor. Eingegangen am 12. September 2016 · Bearbeitet am 12. September 2016 · Ausgegeben am 14. September 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3532 12. 09. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3532 Frage 4. Welche Kommunen in Hessen bieten weiterhin integrationskursbegleitende Kinderbetreuung für unter einjährige Kinder an? Frage 5. Welche Kommunen bevorzugen bei der Vergabe von Betreuungsplätzen für unter Einjährige die Kinder von Teilnehmerinnen und Teilnehmern an Integrationskursen? Die Fragen 4 und 5 werden wie folgt gemeinsam beantwortet: Nach Auskunft des Hessischen Städtetags und des Hessischen Landkreistags bieten "alle städtischen SGB II-/SGB VIII-Träger im Rahmen des Möglichen bedarfsgerecht Betreuungsplätze für Kinder unter einem Jahr an. Allerdings müssen entsprechende Berechtigungen des Aufenthalts vorliegen". Zu bedenken sei allerdings, dass dieser Personenkreis regelhaft keinen Anspruch auf Leistungen hat (§§ 22 ff. SGB VIII). Insofern bedauern der Hessische Städtetag und der Hessische Landkreistag die Einstellung der integrationskursbegleitenden Kinderbetreuung durch das BAMF. Darüber hinaus teilen der Hessische Städtetag und der Hessische Landkreistag mit, dass es Bevorzugungen grundsätzlich nur für Einzelfälle geben könne. Es wäre angesichts bestehender Rechtsansprüche verfehlt, von einer generellen Bevorzugung zu sprechen, denn dies würden die Städte nicht machen. Immerhin würden aber die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe (kreisfreie Städte, Sonderstatusstädte und Landkreise) hier die Aufgabe übernehmen, die bislang dem BAMF oblag, teils durch Bereitstellung von KiTa-Plätzen, sämtlich aber durch Kostenübernahme der Betreuungskosten bei bestehendem Anspruch. Der Hessische Städte- und Gemeindebund e.V. hat zu den Fragen 4 und 5 eine Befragung seiner Mitglieder durchgeführt. Danach hat keine Stadt bzw. Gemeinde mitgeteilt, weiterhin integrationskursbegleitende Kinderbetreuung anzubieten. Des Weiteren hat keine Stadt bzw. Gemeinde mitgeteilt, bei der Vergabe von Betreuungsplätzen für unter Einjährige die Kinder von Teilnehmerinnen und Teilnehmern an Integrationskursen zu bevorzugen. Der Hessische Städte- und Gemeindebund e.V. weist allerdings darauf hin, dass die Abfrage relativ kurzfristig in der Urlaubszeit stattfand. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass in Einzelfällen doch derartige Angebote bestehen bzw. eine bevorzugte Platzvergabe erfolgt. Frage 6. Wie viele Flüchtlinge konnten in der Zeit vom 1. Januar 2014 bis 31. Mai 2016 wegen einer fehlenden Betreuungsmöglichkeit nicht am Integrationskurs teilnehmen? Wie viele davon waren Frauen? (Bitte nach Monaten aufschlüsseln) Nach Auskunft des BAMF liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Frage 7. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung zur Sicherstellung der Möglichkeit der Teilnahme von Eltern unter einjährigen Kindern an Integrationskursen, insbesondere der der Mütter? Auf Initiative Hessens hat die 10. Integrationsministerkonferenz 2015 die Bundesregierung aufgefordert , die Kinderbetreuung während der Integrationskurse wieder finanziell zu unterstützen. Die für Integration zuständigen Ministerinnen und Minister aller Länder haben im Nachgang ihres Beschlusses den Bundesinnenminister aufgefordert, die Verantwortung für die Vereinbarkeit von Kursteilnahme und Kinderbetreuung wahrzunehmen und die Kinderbetreuung während der Kursteilnahme der Erziehungsberechtigten finanziell abzusichern, wenn keine Regelangebote bestehen. Erfahrungswerte zeigen, dass viele junge Mütter aus dem Adressatenkreis der Integrationskurse ihre Kinder in den ersten zwei bis drei Lebensjahren nicht in einer regulären Kindertageseinrichtung betreuen lassen möchten. Das erschwert den Besuch eines Integrationskurses. Wiesbaden, 28. August 2016 Stefan Grüttner