Kleine Anfrage der Abg. Cárdenas (DIE LINKE) vom 11.07.2016 betreffend Gestattungsanträge und Antwort des Kultusministers Vorbemerkung des Kultusministers: In Hessen gilt im Grund- und Berufsschulbereich das so genannte Schulsprengelprinzip, welches das Hessische Schulgesetz (HSchG) für Grundschülerinnen und Grundschüler in § 60 Abs. 4 und für Berufsschülerinnen und Berufsschüler in § 63 Abs. 1 statuiert. Hiernach haben Grundschülerinnen und Grundschüler grundsätzlich diejenige Schule zu besuchen, in deren Schulbezirk sie wohnen, Berufsschülerinnen und Berufsschüler diejenige Schule, in deren Schulbezirk der Beschäftigungsort liegt. Besondere Bestimmungen gelten für berufsschulpflichtige behinderte Schülerinnen und Schüler und Berufsschulberechtigte ohne Ausbildungsverhältnis sowie für Berufsschulberechtigte in Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit, schließlich für Berufsschülerinnen und Berufsschüler, für deren Ausbildungsberuf in Hessen kein entsprechender Unterricht angeboten wird. In allen Gestattungsfällen kann das Staatliche Schulamt im Ausnahmefall im Benehmen mit dem Schulträger den Besuch einer anderen als der zuständigen Schule gestatten, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und die Aufnahmekapazität der anderen Schule nicht erschöpft ist (§ 66 Satz 1 HSchG). Kriterien für das Vorliegen eines wichtigen Grundes sind in der Verordnung zur Gestaltung des Schulverhältnisses (VOGSV) festgelegt. Die Entscheidung über einen Gestattungsantrag trifft das jeweils zuständige Staatliche Schulamt nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles . Diese Vorbemerkung vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie viele Gestattungsanträge wurden in den letzten fünf Schuljahren an welchen Staatlichen Schulämtern gestellt (bitte nach Schuljahren aufschlüsseln)? Die Beantwortung der Frage wäre mit einem unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand verbunden und bedürfte eines erheblich längeren Bearbeitungszeitraums, der eine fristgerechte Beantwortung im Rahmen des für eine Kleine Anfrage zur Verfügung stehenden Zeitfensters nicht zuließe. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Wortlaut der Kleinen Anfrage sowohl den Grund- als auch den Berufsschulbereich umfassen würde. Auf der Grundlage bestehender Erfahrungswerte kann jedoch davon ausgegangen werden, dass in einzelnen Amtsbereichen pro Schuljahr bis zu mehrere hundert Anträge gestellt werden. Frage 2. Wie vielen Gestattungsanträgen wurde in den letzten fünf Jahren an welchen Staatlichen Schulämtern stattgegeben, wie viele wurden abgelehnt? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen und ergänzend darauf hingewiesen, dass das Zahlenverhältnis zwischen Stattgaben und Ablehnungen keinerlei Rückschlüsse auf die Umstände des Einzelfalles zulässt, auf die bei der Entscheidung über einen Gestattungsantrag jedoch maßgeblich abzustellen ist. Eingegangen am 22. August 2016 · Bearbeitet am 22. August 2016 · Ausgegeben am 25. August 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3589 22. 08. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3589 Frage 3. Wie vielen Ablehnungen wurde an welchen Staatlichen Schulämtern in den letzten fünf Schuljahren widersprochen? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Frage 4. Aus welchen Gründen wurden die einzelnen Anträge gestellt (bitte bei den einzelnen Staatlichen Schulämtern nachfragen)? Zunächst wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Erfahrungsgemäß differieren die Gründe für die Antragstellung in ihren Einzelheiten je nach Fallgestaltung, sodass sich die Antwort - auch im Hinblick auf die Antworten zu den Fragen 1 bis 3 - nur auf häufig angeführte Gründe beschränken kann. Im Grundschulbereich werden Anträge häufig mit dem Fehlen von Betreuungsmöglichkeiten, daneben aber auch mit dem Wunsch nach einem Besuch der Eingangsklasse bzw. eines flexiblen Schulanfangs begründet. Weitere angeführte Gründe sind z.B. ein bevorstehender Umzug in das Gebiet eines anderen Schulbezirks oder persönlich-familiäre Umstände. Im Berufsschulbereich überwiegen im Bereich der vorgetragenen Gründe erfahrungsgemäß besondere Erschwernisse im Zusammenhang mit den Verkehrsverhältnissen. Frage 5. Aus welchen Gründen erfolgten die Ablehnungen (bitte bei den einzelnen Staatlichen Schulämtern nachfragen)? Das Hessische Schulgesetz (HSchG) und die Verordnung zur Gestaltung des Schulverhältnisses (VOGSV) erlauben eine Gestattung des Besuchs einer anderen als der zuständigen Schule nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes. Ein solcher liegt gemäß den abstrakten Vorgaben des § 66 Satz 1 HSchG i.V.m. § 4 Abs. 2 VOGSV insbesondere dann vor, wenn die zuständige Schule aufgrund der Verkehrsverhältnisse nur unter besonderen Schwierigkeiten zu erreichen ist, der Besuch einer anderen Schule der oder dem Schulpflichtigen die Wahrnehmung des Berufsausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses erheblich erleichtern würde, gewichtige pädagogische Gründe hierfür sprechen oder besondere soziale Umstände vorliegen. Ob im Einzelfall ein wichtiger Grund vorliegt, ist unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falles zu beurteilen. Eine pauschale Klassifizierung von Ablehnungsgründen kann daher losgelöst von einer Betrachtung des Einzelfalles nicht erfolgen. Lediglich beispielhaft kann die regelmäßig wiederkehrende Situation genannt werden, dass das Vorliegen besonderer sozialer Umstände oder gewichtiger pädagogischer Gründe zwar vorgetragen wird, nach Prüfung tatsächlich aber nur solche Gründe bzw. Umstände vorliegen, die typischerweise alle oder eine Vielzahl von Schülerinnen und Schülern treffen. Frage 6. Hat es in den letzten fünf Jahren Klagen gegen die Entscheidungen der Staatlichen Schulämter gegeben und falls ja, wie sind diese beschieden worden? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Wiesbaden, 11. August 2016 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz