Kleine Anfrage der Abg. Schott (DIE LINKE) vom 14.07.2016 betreffend Telefonie in hessischen Justizvollzugsanstalten und Antwort der Ministerin der Justiz Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt: Frage 1. Mit welchen Kosten sind Telefonate von Insassen der JVAs in Hessen verbunden? In den hessischen Justizvollzugsanstalten sind derzeit mit der Deutschen Telekom und der Firma Telio zwei Anbieter mit der Gefangenentelefonie betraut. Von der Deutschen Telekom werden für Ortsgespräche 0,05 €/Minute, Ferngespräche 0,10 €/ Minute, für Verbindungen ins Mobilfunknetz (national) 0,35 €/Minute und für Auslandstelefonate zwischen 0,30 € und 0,70 €/Minute verlangt. Die Firma Telio berechnet für Ortsgespräche 0,05 €/Minute, für Ferngespräche 0,15 €/Minute, für die Verbindung in das Mobilfunknetz (national) 0,25 €/Minute und für Auslandstelefonate 0,19 € bis 0,59 €/Minute. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Firma Telio die erste Einheit doppelt und bei Mobilfunkverbindungen ins Ausland zwischen 0,59 € und 1,79 €/Minute berechnet . Die Telefonate, die im begründeten Ausnahmefall, etwa im Rahmen der Krisenintervention über den Sozialdienst vermittelt werden, sind hingegen kostenfrei; gleiches gilt für die Telefonate, die die Seelsorge vermittelt. Frage 2. Wie hoch ist der Unterschied zu Telefonkosten außerhalb einer JVA? Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass eine Vergleichbarkeit nicht ohne weiteres herzustellen ist, da außerhalb des Justizvollzugs in der Regel nur noch Verträge über sogenannte "Flatrates" abgeschlossen werden, bei denen der Verbraucher lediglich eine monatliche Gebühr bezahlt. Die weiteren Verbindungen sind dann kostenfrei. Die Gefangenen hingegen bezahlen keine Grundgebühr , sondern die Verbindungspreise je Minute. Die Wahl von Modellen bei allen Anbietern, die einen Verzicht auf eine Grundgebühr zugunsten höherer Minutenpreise vorsehen, begünstigt die Gefangenen. Zum einen könnten Gefangene sog. "Flatrates" aufgrund der Minutenbegrenzung für Telefonate von Gefangenen von in der Regel 120 Minuten im Monat nicht vollständig ausnutzen, zum anderen werden Gefangene, die nur wenig telefonieren, nicht von vornherein durch hohe Fixkosten abgeschreckt. Insoweit ist aber eine unmittelbare Vergleichbarkeit kaum herstellbar, zumal auch die zu Frage 3. genannten Gesichtspunkte ergänzend zu berücksichtigen sind. Die Kosten für Telefonate hängen zudem sehr stark vom individuellen Telefonverhalten der Gefangenen ab, was an zwei Beispielen verdeutlicht werden soll. Ein Gefangener, der in der zur Verfügung stehenden Zeit durchschnittlich 15 Telefongespräche im Monat im Ferntarif Inland Festnetz tätigt, hat derzeit dafür einen Betrag von 12 € (Telekom) bis 20,25 € (Telio) zu zahlen. Ein Gefangener, der beispielsweise die Hälfte seiner Gesprächsminuten für Verbindungen in die Türkei und die andere Hälfte in das Inlandsfestnetz gebraucht, bezahlt zwischen 25,50 € (Telio) und 30 € (Telekom). Eingegangen am 11. August 2016 · Bearbeitet am 12. August 2016 · Ausgegeben am 16. August 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3631 11. 08. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3631 Die Telefonkosten für Mobilfunkverbindungen sind zwar höher, jedoch ist hier zu berücksichtigen , dass diese Kosten durch die oben erwähnten Verträge außerhalb der JVA ("Flatrates") grundsätzlich auch nicht abgedeckt sind und auch außerhalb des Justizvollzugs zu zusätzlichen Kosten führen. Ferner ist zu beachten, dass Mobilfunkverbindungen grundsätzlich vermeidbar sind, wenn auch ein Festnetzanschluss besteht. Frage 3. Wie erklärt sich der Unterschied? Zunächst war es den Gefangenen nur auf begründeten Antrag hin gestattet, über den Sozialdienst zu telefonieren. Um den Gefangenen eine zusätzliche Möglichkeit zur Aufrechterhaltung ihrer sozialen Kontakte zu ermöglichen, wurde die Stationstelefonie eingeführt, bei der auf jedem Stationsflur ein für den Gefangenen zugängliches Telefon steht. Die Einführung dieser Telefonsysteme war ein erheblicher Schritt zur Verbesserung der Telefonmöglichkeiten der Gefangenen , die zuvor nur in Ausnahmefällen für sehr wenige Gefangene bestand. Insoweit wurde die Einbindung von Telekommunikationspartnern, die diese Systeme zur Verfügung stellen konnten, sehr positiv aufgenommen. Da die Anbieter dafür Investitionen in die dann notwendige Infrastruktur tätigen mussten, Sicherheitsanforderungen zu berücksichtigen sind, keine Mobiltelefone innerhalb von Anstalten zugelassen werden können und auch ein Verwaltungsaufwand bei der Buchung der Gelder besteht, ergeben sich zwangsläufig Unterschiede zu den Angeboten außerhalb einer Vollzugsanstalt. Frage 4. Gibt es Bestrebungen, den Insassen der Justizvollzugsanstalten das Telefonieren zukünftig zu vergünstigen ? Derzeit gibt es in vier Justizvollzugsanstalten (Weiterstadt, Frankfurt am Main III, Wiesbaden sowie Hünfeld) Ausschreibungsverfahren für die Neuvergabe der Gefangenentelefonie, die auch die Möglichkeit der Kostenreduzierung aufgrund der Preisentwicklungen auf dem Telekommunikationsmarkt in den letzten Jahren ausloten sollen. Die übrigen Justizvollzugsanstalten des Landes werden ebenfalls Ausschreibungen vornehmen, wenn die geschlossenen Verträge auslaufen . Frage 5. Wie beurteilt die Landesregierung die Telefonkosten vor dem Hintergrund des Prinzips der Resozialisierung ? Die Aufrechterhaltung der sozialen Kontakte - und damit auch die Ermöglichung von Telefongesprächen - ist grundsätzlich ein Baustein der Resozialisierung. Gleichwohl ist die grundsätzliche Erhebung von Telefonkosten im Hinblick auf den Angleichungsgrundsatz geboten. Die Telefonkosten behindern die Resozialisierung letztlich aber nicht, da dem Gefangenen noch andere Möglichkeiten - wie Besuch oder Post - zur Verfügung stehen, um seine sozialen Kontakte zu pflegen. Zudem können sich die Gefangenen Geld für das Telefonieren von Angehörigen und Bekannten überweisen lassen. Wiesbaden, 3. August 2016 Eva Kühne-Hörmann