Kleine Anfrage des Abg. Greilich (FDP) vom 19. Juli 2016 betreffend Standortkonzept und Folgekosten für Reserveeinrichtungen zur Flüchtlingsunterbringung und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung des Fragestellers: Nach dem Standortkonzept der Landesregierung zur Flüchtlingsunterbringung soll es künftig 19 aktive Standorte zur Erstaufnahme von Flüchtlingen in Hessen mit einer Kapazität von 20.000 Plätzen geben. Zusätzlich hierzu sollen 20 weitere Standorte mit rund 15.000 Plätzen als passive Reserve dienen, die in "angemessener Zeit" bei Bedarf aktiviert werden können. Diese Vorbemerkung des Fragestellers vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Inwieweit ist die Reduzierung der Standorte zur Flüchtlingsunterbringung auf 19 aktive Standorte abgeschlossen? Die Reduzierung auf 19 aktive Standorte entsprechend dem Standortorganisationskonzept ist abgeschlossen . Anfang Juli war der Umzug der Flüchtlinge aus den Notunterkünften und aus den zu schließenden bzw. passiven Standorten beendet. Zurzeit werden noch Rückbaumaßnahmen bei den geschlossenen Standorten durchgeführt. Frage 2. Wie viele der vorgesehenen 20.000 Plätze in der Erstaufnahme sind tatsächlich verfügbar und derzeit belegt? Bitte Zahlen nach Standorten ausweisen. Die tatsächlich verfügbaren und die am 3. August 2016 belegten Plätze sind in der nachfolgenden Übersicht zahlenmäßig erfasst. Aufgrund von laufenden Zuweisungen in die Gebietskörperschaften und Neuzugängen unterliegen die Zahlen stetigen Schwankungen, die sich jedoch im geringfügigen Bereich befinden. Erstaufnahmeeinrichtung Anzahl der mindestens verfügbaren Plätze Anzahl der belegten Plätze 1 HEAE-Zentrale Gießen, Meisenbornweg 460 308 2 HEAE-Filiale Gießen, Rödgener Straße 1.500 1.380 3 HEAE-Außenstelle Neustadt 1.100 727 4 HEAE-Außenstelle Rotenburg 1.370 538 5 HEAE-Außenstelle Büdingen 800 405 6 Marburg-Cappel 750 100 7 Stadtallendorf 1.050 275 8 Kassel-Calden 1.500 383 9 KS-Niederzwehren 600 381 10 Hessisch-Lichtenau 1.250 224 11 Fuldatal-Rothwesen 950 360 12 Bad Arolsen 500 0 13 Darmstadt, Michaelisstraße 800 259 14 Hanau 1.700 368 Eingegangen am 29. August 2016 · Bearbeitet am 30. August 2016 · Ausgegeben am 3. September 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3648 29. 08. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3648 15 Babenhausen 1.500 318 16 Frankfurt, Neckermann 2.000 808 17 Wiesbaden, American-Arms 1.000 240 18 Kronberg 600 382 19 Offenbach, Kaiserleistraße 39 1.000 0 Frage 3. Nach welchen Kriterien wurden die 19 aktiven Standorte bzw. die 20 Standorte in Reserve ausgewählt ? Neben den 19 aktiven Standorten bestehen nur 19 - nicht 20 - Reservestandorte. Der Standort Gießen - US-Depot in der Rödgenerstraße 91 wird in diesem Zusammenhang mit 1500 verfügbaren Plätzen zu den aktiven Standorten gezählt, obgleich dort weitere 1500 Plätze passiv gestellt sind, so dass sich auch eine Klassifizierung als Passivstandort rechtfertigen ließe (die dann entsprechend zur Ziffer 20 führen würde). Bei der Ausarbeitung des Standortkonzepts wurden im Einvernehmen mit dem Hessischen Ministerium der Finanzen, dem Hessischen Ministerium des Innern und für Sport, den Regierungspräsidien , der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung und dem Landesbetrieb Bau und Immobilien Hessen folgende Kriterien zugrunde gelegt: die Belegungskapazität der Liegenschaft, die maximale Nutzungsdauer der Liegenschaft (auch unter Ausnutzung möglicher Verlängerungsoptionen ), die Kosten der Objektverwaltung (z.B. Miete, Kosten der Verwaltung, Kosten der baulichen Unterhaltung, Kosten der Reinigung, Kosten der Bewachung), die Kosten des Betriebes (z.B. Vergütung des Betreibers, Kosten für Cateringdienste, Sanitätspersonal etc.), die Qualität der Liegenschaft (Lage, Infrastruktur, Gebäudezustand, Größe der Freiflächen, Funktionalität und Ausstattung, besondere Eignungen z.B. für besonders schutzbedürftige Personen, kommunalpolitische Akzeptanz etc.) und die geschätzte Dauer von notwendigen bauaufsichtlichen Verfahren. Hier wurde auf der Basis der Einschätzungen des LBIH eine Analyse vorgenommen. Frage 4. Wie hoch sind die monatlichen Kosten für die 20 Reservestandorte? Bitte Kosten aufschlüsseln nach Miet- /Pachtkosten, laufende Kosten für Container, Instandhaltung, Bewachungspersonal, Nebenkosten etc. Nach Auskunft des Landesbetriebs Bau und Immobilien Hessen betragen die monatlichen Kosten für Pacht und Mieten der 19 Reservestandorte 711.000,00 €. Monatliche laufende Kosten für Container, Instandhaltung, Bewachungspersonal, Nebenkosten etc. belaufen sich auf ca. 1.000.000 €. Frage 5. Wie stellen sich die Mindestmietdauer bzw. die Kündigungsmodalitäten für die einzelnen Reservestandorte dar, soweit die Einrichtungen nicht im Eigentum des Landes Hessen stehen? Bei den 19 passiven Standorten liegen jeweils unterschiedliche Vertragsmodalitäten vor. Die Mietdauer bzw. die Kündigungsmodalitäten sind Gegenstand laufender Vertragsverhandlungen, so dass eine abschließende Darstellung für die einzelnen Reservestandorte, die nicht im Eigentum des Landes stehen, gegenwärtig noch nicht möglich ist. Frage 6. Hält die Landesregierung - unabhängig von den 20 Reservestandorten und deren Infrastruktur - derzeit weitere Unterbringungsstruktur (bspw. Sanitär- oder Wohnortcontainer) vor? Falls ja, a) was hiervon steht im Eigentum des Landes Hessen, b) wie hoch sind die zusätzlichen Kosten, insbesondere etwaige Mietkosten, für nicht im Eigentum des Landes stehende Infrastruktur, c) wie sind die Modalitäten zur Kündigung angemieteter Infrastruktur? Es werden zahlreiche vom Land gekaufte Container mit unterschiedlichen Funktionen an mehreren Standorten aufbewahrt. Darüber hinaus stehen an einigen Reservestandorten gemietete Container bereit, bei denen die Kündigung des Mietvertrages noch nicht erfolgreich vollzogen werden konnte. Zur Infrastruktur, die für die Aufnahme von Flüchtlingen und Asylbewerbern erforderlich ist, zählen auch die Betten, Schränke, Matratzen etc., die in mehreren Lagerplätzen im Land für eine eventuelle spätere Verwendung gelagert werden. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3648 3 Zahlreiche Container sowie sämtliche Betten, Schränke etc. befinden sich im Eigentum des Landes. Ziel ist es, sämtliche Mietverträge möglichst zeitnah zu kündigen. Die Mietkosten für noch nicht gekündigte Mietcontainer lassen sich aufgrund laufender Vertragsverhandlungen derzeit noch nicht exakt beziffern. Hinsichtlich der Kündigungsmodalitäten werden mit verschiedenen Vermietern derzeit Einzelverhandlungen je nach Vertragslage geführt. Frage 7. Hat die Landesregierung Möglichkeiten zur Zwischennutzung der Reserveeinrichtungen geprüft (bspw. für andere öffentliche Zwecke), um Leerstände zu vermeiden und Kosten zu senken? Falls ja, mit welchem Ergebnissen? Einzelne Reserveeinrichtungen konnten zwischenzeitlich anderweitig genutzt werden. So wird beispielsweise der Standort "Kelly Barracks" in Darmstadt momentan für die Unterbringung kommunaler Flüchtlinge genutzt und die Notunterkunft in Eschwege steht dem DRK im August als Unterkunft während eines Festivals zur Verfügung. Grundsätzlich ist allerdings die Zwischennutzung nicht ohne weiteres möglich, da Reserveeinrichtungen vollmöbliert und parzelliert vorgehalten werden müssen. Wiesbaden, 16. August 2016 Stefan Grüttner