Kleine Anfrage des Abg. Lenders (FDP) vom 22.07.2016 betreffend theoretische Führerscheinprüfung TÜV - Prüfstelle Bebra und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung des Fragestellers: Das Land Hessen ist 45%iger Anteilseigner der TÜV Technische Überwachung Hessen GmbH. Der TÜV Hessen ist u.a. die verantwortliche Organisation für die theoretische Führerscheinprüfung in Hessen. Im Rahmen dieser Funktion hat der TÜV Hessen die Prüfstelle in Bebra geschlossen. Sowohl Fahrschüler, die hessische Fahrlehrervereinigung, als auch Städte und Gemeinden sowie der Kreistag des Landkreises Hersfeld -Rotenburg haben gegen die Schließung der Prüfstelle protestiert. Der TÜV begründet die Schließung mit zu hohen Kosten. Laut Medienberichten hat die Geschäftsleitung des TÜVs gegenüber dem Aufsichtsrat, dem auch Vertreter des Landes Hessen angehören, ein Einsparvolumen von 15.000 € jährlich geltend gemacht. Das Hessische Verkehrsministerium hatte im Dezember gegenüber der "Rotenburg-Bebraer-Allgemeinen" das jährliche Einsparvolumen auf 4.800 € beziffert. Für die Anmietung des Prüfraumes, der verkehrsgünstig in Bebra am Bahnhof gelegen ist, zahlt der TÜV an die Stadt Bebra nur eine Warmmiete von 150 € im Monat. Folglich fallen für die Mietkosten inklusive Nebenkosten jährlich nur 1.800 € an. Den Ausgaben des TÜVs stehen Einnahmen aus den Prüfungsgebühren gegenüber. Jährlich wurden laut Medienberichten 900 Prüfungen in Bebra abgenommen. Die Fahrschüler und die Fahrschulen des gesamten östlichen Kreises Hersfeld-Rotenburg müssen nun aufgrund der Schließung der Prüfstelle Bebra in die Kreisstadt Bad Hersfeld zur Ablegung der theoretischen Führerscheinprüfung fahren. Im Gegensatz zum Standort in Bebra liegt der Standort in Bad Hersfeld nicht zentral und ist ungleich schwieriger und zeitaufwendiger vom Zentrum aus zu erreichen. Für Fahrschüler und Fahrlehrer ergeben sich deutliche Mehrbelastungen aufgrund längerer Anfahrtswege und Anfahrtszeiten. Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Nach § 1 des Gesetzes über die Neuordnung der Technischen Überwachung vom 19. August 1947 (GVBl. I S. 78) ist es Aufgabe der TÜH Staatliche technische Überwachung Hessen die theoretische und praktische Fahrerlaubnisprüfung abzunehmen. Die dafür zuständige Organisationseinheit ist die technische Prüfstelle (TP). Insoweit wird auf § 12 Abs. 3 der Satzung für die TÜH Staatliche technische Überwachung Hessen vom 30. Dezember 1998, zuletzt geändert am 1. Juni 2013 verwiesen. Bei der TÜH Staatliche technische Überwachung Hessen handelt es sich um einen Landesbetrieb. Nach § 10 Abs. 1 Satz 3 des Kraftfahrsachverständigengesetzes (KfSachvG) darf in einem Bundesland nur eine TP errichtet und unterhalten werden. Eine TP darf gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 KfSachvG keinen auf Gewinn abzielenden Geschäftsbetrieb führen und für die TP ist eine gesonderte Erfolgsrechnung durchzuführen, so § 10 Abs. 2 Satz 2 KfSachvG. Nach den vorliegenden Erfolgsrechnungen erwirtschaftet die TP seit 2012 jährlich ein Minus in der Größenordnung von über einer Million €. Da Gebührenerhöhungen wegen der vom Bundesgesetzgeber hinausgezögerten Gebührenerhöhung nicht möglich sind, ist die TP gezwungen, Kostensparmaßnahmen wie Abbau von Mehrarbeit, Abbau von Honorar- und Aushilfskräften, Verringerung der Servicezeiten sowie Schließung von Prüfstandorten durchzuführen, um so das jährliche Defizit zu mindern. Von der TÜH Staatliche technische Überwachung Hessen ist die TÜV Technische Überwachung Hessen GmbH zu unterscheiden, bei der das Land Hessen zu 45% Anteilseigner ist und in dieser Funktion im Aufsichtsrat sitzt. Dem Aufsichtsrat werden in den Sitzungen geplante Kostensparmaßnahmen vorgestellt, die aber nur einen informativen Charakter haben. Insbesondere werden hierzu keine Beschlüsse gefasst, d.h. der Aufsichtsrat hat über eine Schließung des Prüfstandortes Bebra nicht abgestimmt. Aufgabenträger für die Prüf- und Überwachungsleistungen auf dem Gebiet des Kraftfahrwesens ist allein die TÜH Staatliche technische Überwachung, die sich zur Wahrnehmung dieser Auf- Eingegangen am 30. August 2016 · Bearbeitet am 2. September 2016 · Ausgegeben am 5. September 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3656 30. 08. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3656 gaben der TÜV Technische Überwachung Hessen GmbH im Rahmen des im Jahr 1998 abgeschlossenen Geschäfts- und Dienstleistungsüberlassungsvertrages bedient. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie hoch sind die jährlichen Mietkosten der TÜV-Prüfstelle in Bebra gewesen? Die jährlichen Mietkosten für den angemieteten Prüfraum in Bebra beliefen sich auf 1.800 €. Hinzu kommen noch Kosten für die Ausstattung des Raumes in Höhe von 400 € sowie IT- Kosten in Höhe von 2.364,12 €. Frage 2. Wie hoch sind die jährlichen Mietkosten der TÜV-Prüfstelle in Bad Hersfeld? Die hier anfallenden Mietkosten sind nicht vergleichbar mit den Mietkosten in Bebra, wo die Räumlichkeit nur für die Abnahme der theoretischen Fahrerlaubnisprüfung an wenigen Tagen im Monat genutzt wurde. In Bad Hersfeld handelt es sich um eine komplette technische Prüfstelle zur Abnahme der Kfz-Prüfung, der Fahrerlaubnisprüfung sowie Verwaltung und mit Gutachtenstellen nach §§ 19 und 21 StVZO. Frage 3. Wie hoch sind die Personalkosten der TÜV Prüfstelle in Bebra gewesen? Frage 4. Wie hoch sind die Personalkosten der TÜV Prüfstelle in Bad Hersfeld? Wegen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 4 und 5 zusammen beantwortet. Angaben zu Personalkosten unterliegen dem Geschäftsgeheimnis. Frage 5. Wie hoch sind die Einnahmen der TÜV Prüfstelle Bebra aus Prüfgebühren in den letzten drei Jahren gewesen? Auch diese Angaben unterliegen dem Geschäftsgeheimnis. Frage 6. Welche Alternativen zur Schließung der TÜV-Prüfstelle Bebra wurden durch die Geschäftsleitung konkret und mit welchem Ergebnis geprüft? Dadurch dass die TP seit 2012 jährlich ein Minus von über 1 Mio. € erwirtschaftet, besteht die zwingende Notwendigkeit, Einsparungen vorzunehmen. Hierzu zählen Einsparungen beim Personal , bei den Sachkosten sowie im Bereich von Serviceleistungen. Im Personalbereich wurde im Wesentlichen die Mehrarbeit abgebaut sowie der Einsatz von Honorarkräften/Honorarprüfern erheblich vermindert. Die Serviceleistungen, insbesondere die Servicezeiten wurden den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten angepasst. Diese Einsparmaßnahmen betreffen alle Standorte in Hessen. Hessen verfügt über ein flächendeckendes Angebot an Prüfstellen, d.h. jedem Prüfling steht im Umkreis von 25 km von seinem Wohnort ein Ort für die Ablegung der theoretischen Fahrerlaubnisprüfung zur Verfügung. Um dieses flächendeckende Angebot gewährleisten zu können, bedarf es keines Prüfortes in Bebra. Im Umkreis stehen Prüfräume in Bad Hersfeld, Melsungen und Eschwege zur Verfügung. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Anzahl der Prüflinge in Bebra rückläufig ist, dass die Einwohnerzahl vor Ort sinkt und dass somit an diesem Standort künftig mit weiter sinkenden Prüfterminen zu rechnen ist. In den vergangenen Jahren lag die Nachfrage nach Prüfterminen bei ca. 86 pro Jahr im Vergleich zu 290 im Durchschnitt bei den übrigen Standorten. Frage 7. Wie erklären sich die unterschiedlichen Angaben bezüglich möglicher Kostenersparnisse durch die Schließung der Prüfstelle Bebra, die Vertreter des Landes Hessen gemacht haben? Gegenüber Presseanfragen der "Rotenburg-Bebraer Allgemeinen" hat mein Haus keine Zahlenangaben zu Kosteneinsparungen gemacht. Die in der Presse genannten Zahlen beruhen auf anderen Quellen und beziehen sich in der Regel nicht auf eine Gesamtkostenbetrachtung, sondern nur auf einzelne Kostenblöcke wie Miete oder Sachkosten. Frage 8. Ist es nach Auffassung der Landesregierung im Sinne der Stärkung ländlicher Räume sinnvoll, die Prüfstelle des TÜV in Bad Hersfeld zu zentralisieren und das Mittelzentrum Bebra zu schwächen? Die Schließung der Räumlichkeiten in Bebra ist angesichts der tatsächlichen und zu erwartenden Prüftermine leider unumgänglich. Da die theoretische Fahrerlaubnisprüfung sowohl in Bad Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3656 3 Hersfeld als auch in Melsungen und Eschwege abgelegt werden kann, bestehen weiterhin mehrere Prüfmöglichkeiten im ländlichen Raum. Frage 9. Auf welchen rechtlich zulässigen Wegen könnte die Ablegung der theoretischen Führerscheinprüfung in Hessen alternativ zur jetzigen Struktur mit dem Prüfmonopol des TÜV Hessen organisiert werden? Um Wettbewerb auf dem Gebiet der Abnahme von Fahrerlaubnisprüfungen zu erreichen, bedarf es einer Änderung des Gesetzes über die Verordnung der Technischen Überwachung vom 19. August 1947. Zu prüfen wäre auch eine Änderung der bundesrechtlichen Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 3 KfSachvG, wonach in jedem Bundesland nur eine TP errichtet und unterhalten werden darf. Wiesbaden, 15. August 2016 Tarek Al-Wazir