Kleine Anfrage des Abg. Greilich (FDP) vom 28.07.2016 betreffend Abschiebungen und freiwilligen Ausreisen aus Hessen und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung des Ministers des Innern und für Sport: Die Rückführung nicht bleibeberechtigter Flüchtlinge gehört zu den wesentlichen Herausforderungen in der Flüchtlingspolitik. Die Aufnahme von Flüchtlingen wird in unserer Bevölkerung dauerhaft nur dann Akzeptanz finden, wenn sie sich auf diejenigen beschränkt, die wirklich unsere Hilfe benötigen. Diejenigen, die nicht schutzbedürftig sind, müssen konsequent in ihre Heimatländer zurückgeführt werden. In den Bereich der Rückführungen fallen sowohl freiwillige Ausreisen als auch vom Staat durchgesetzte Abschiebungen. Sowohl für den einzelnen Betroffenen als auch für den Staat stellt die freiwillige Rückkehr der Betroffenen in ihr Herkunftsland die vorzugswürdige Option dar. Abschiebungen sind aber ebenso notwendig, denn der Rechtsstaat muss klar aufzeigen, dass der unrechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet nicht hingenommen wird. Von großer Bedeutung für die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise ist das in Hessen erfolgreich praktizierte Zusammenwirken von gezielter Rückkehrberatung, sowohl in den Erstaufnahmeeinrichtungen als mittlerweile auch in den Aufnahmekommunen. Das Konzept der Rückkehrberatung führt zu einer verstärkten freiwilligen Rückkehr der nicht Schutzbedürftigen, erspart den Betroffen sowie den Behörden die Abschiebemaßnahmen und ist damit im Ergebnis auch günstiger für das Land. Einer Abschiebung stehen bisweilen rechtliche oder tatsächliche Abschiebungshindernisse entgegen , die zu lang andauernden Duldungen führen können. Dazu gehören die Passlosigkeit oder das Fehlen sonstiger erforderlicher Papiere, eine Reiseunfähigkeit im Krankheitsfall, die Unterbrechung der Verkehrswege für eine Abschiebung, Asylfolgeanträge und die Weigerung des Herkunftsstaates, seine Staatsangehörigen zurückzunehmen. Weitere Hindernisse können sich aus dem grund- und menschenrechtlichen Schutz von Ehe und Familie sowie der körperlichen Unversehrtheit ergeben. Der Bund muss die Voraussetzungen schaffen, um Rückführungen zu erleichtern. Erforderlich ist vorrangig die schnellere Ausstellung von Pass-Ersatzpapieren, denn das Fehlen derartiger Papiere stellt eines der wesentlichen Abschiebungshindernisse dar. Identitätsverschleierungen und das Nichtmitwirken an der Passersatzbeschaffung durch den Betroffenen müssen stärker als bisher sanktioniert werden. Nicht hinnehmbar ist außerdem die völkerrechtswidrige Weigerung einiger Staaten, ihre Staatsangehörigen wieder aufzunehmen. Wichtig sind daher effektive und tragfähige Kooperationen mit den Herkunftsstaaten, etwa in Form weiterer Rücknahmeabkommen . Die gilt insbesondere für die Rücknahme straffällig gewordener Ausländer. Die hessische Polizei hat ein Konzept zur täterorientierten Intervention für besonders auf- und straffällige Ausländer entwickelt. Dessen Ziele sind, durch konsequente Strafverfolgung und planmäßige Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen den Abbruch krimineller Karrieren in Hessen zu erzielen , einen nachhaltigen Abschreckungseffekt zu erreichen und die Verbesserung sowohl der objektiven Sicherheitslage als auch des Sicherheitsgefühls der Bevölkerung zu bewirken. Hessen ist bei der Rückführung im bundesweiten Vergleich sehr erfolgreich. Die jeweils beteiligten Behörden wie Polizei, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Ausländerbehörden und Staatsanwaltschaften arbeiten hierbei eng zusammen. Dieser eingeschlagene erfolgreiche Weg wird auch in Zukunft konsequent weitergegangen werden. Eingegangen am 7. November 2016 · Bearbeitet am 8. November 2016 · Ausgegeben am 11. November 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3673 07. 11. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3673 Diese Vorbemerkung vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie viele vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer gab es jeweils im Jahr 2015 und im ersten Halbjahr 2016? Bitte jeweils die Zahlen für die einzelnen Kalendermonate ausweisen sowie, wie viele hiervon sich mit bzw. ohne Duldung in Hessen aufgehalten haben. Zur Beantwortung dieser Frage wird auf die Anlage 1 verwiesen. Für das Jahr 2015 sind nach Auskunft des BAMF als registerführende Stelle des Ausländerzentralregisters (AZR) nur vierteljährliche Zahlen verfügbar. Frage 2. Wie viele der unter Frage 1 aufgeführten vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer stammten bzw. stammen jeweils aus den so genannten "sicheren Herkunftsstaaten"? Zur Beantwortung dieser Frage wird auf die Anlage 2 verwiesen, die seitens des BAMF als registerführende Stelle erstellt wurde. Frage 3. Wie viele der unter Frage 1 aufgeführten vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer stammten jeweils aus der Demokratischen Volksrepublik Algerien, dem Königreich Marokko oder der Tunesischen Republik? Zur Beantwortung dieser Frage wird auf die Anlage 3 verwiesen, die seitens des BAMF als registerführende Stelle erstellt wurde. Frage 4. Wie viele Abschiebungen gab es jeweils im Jahr 2015 und im ersten Halbjahr 2016 aus Hessen? Bitte jeweils die Zahlen für die einzelnen Kalendermonate sowie die Herkunftsländer ausweisen. Zur Beantwortung dieser Frage wird auf die Anlage 4 verwiesen, deren Aufstellung und Fortschreibung seitens des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport geführt wird. Frage 5. Wie viele freiwillige Ausreisen ausreisepflichtiger Ausländer gab es jeweils im Jahr 2015 und im ersten Halbjahr 2016 aus Hessen? Bitte jeweils die Zahlen für die einzelnen Kalendermonate sowie die Herkunftsländer ausweisen. Zur Beantwortung dieser Frage wird auf die Anlage 5 verwiesen, deren Aufstellung und Fortschreibung seitens des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport geführt wird. Frage 6. Laut aktueller Presseberichterstattung (bspw. FAZ vom 20. Juli 2016, "Länder schieben deutlich öfter ab") liegt die Zahl der Abschiebungen im ersten Halbjahr 2016 in Hessen zwar über den Zahlen des 1. Halbjahres 2015, jedoch deutlich unter den Werten im 2. Halbjahr 2015. Wie erklärt sich die Landesregierung, dass die Zahl der Abschiebungen im Vergleich zwischen dem 2. Halbjahr und dem 1. Halbjahr 2016 stark zurückgegangen ist? Im ersten Halbjahr 2016 wurden 1.040 Ausländer abgeschoben (gegenüber 1.887 im 2. Halbjahr 2015). Der Rückgang der Abschiebungen lässt sich dadurch erklären, dass Hessen schon im Vorjahr sehr viele Staatsangehörige aus den sicheren Herkunftsstaaten des Westbalkans abgeschoben hat, so dass nunmehr nur wenige vollziehbar Ausreisepflichtige abgeschoben werden können. Andere Länder holen das derzeit nach, was Hessen schon im letzten Jahr umgesetzt hat. Zudem scheitern viele Abschiebungen daran, dass die Ausreisepflichtigen keine Reisedokumente besitzen und die Herkunftsstaaten sich bei der Beschaffung von Reisedokumenten nicht kooperativ verhalten. Hierzu wird ergänzend auf die Vorbemerkung verwiesen. Frage 7. Aus welchen Gründen werden vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer, bei denen keine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung) oder sonstige rechtliche Abschiebungshindernisse bestehen, nicht abgeschoben? Im Ausländerzentralregister (AZR) wird der Speichersachverhalt vollziehbar Ausreisepflichtige ohne Duldung, weitergehend untergliedert. Daraus ergibt sich der Grund für eine ggf. nicht mögliche Abschiebung. Bei der Gruppe der vollziehbar Ausreisepflichtigen ohne Duldung handelt es sich um Ausländer, a) die untergetaucht sind, b) deren Ausreise nicht nachgewiesen ist, da beispielsweise die Grenzübertrittsbescheinigung nicht zurückgesandt wird, c) die sich in Strafhaft befinden (Duldung wird nicht verlängert), d) für die in Kürze eine Abschiebung oder freiwillige Ausreise geplant ist, Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3673 3 e) deren Abschiebungen oder freiwillige Ausreisen entweder bereits vor dem Stichtag, für den eine AZR-Anfrage gemacht wird, oder seit dem Stichtag durchgeführt worden sind, f) die mittlerweile ein Aufenthaltsrecht haben, g) die sich gerade in einem Verwaltungsrechtsstreit befinden und die Duldung noch nicht erteilt wurde, h) bei denen eine Krankheit vorliegt, wobei die Duldung noch nicht erteilt wurde. Mit Ausnahme der unter Gruppe d) Genannten, können diese Ausländer nicht abgeschoben werden. Wiesbaden, 2. November 2016 Peter Beuth Anlage(n): Die komplette Drucksache inklusive der Anlage kann im Landtagsinformationssystem abgerufen werden www.Hessischer-Landtag.de 3673_Anlagen.pdf KA19.3673_Anlage 1 KA19.3673_Anlage 2 KA19.3673_Anlage 3 KA19.3673_Anlage 4 KA19.3673_Anlage 5