Kleine Anfrage des Abg. Degen (SPD) vom 02.08.2016 betreffend qualifizierter Realschulabschluss in Hessen und Antwort des Kultusministers Vorbemerkung des Fragestellers: Die Landesregierung hat mit der "Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Ausgestaltung der Bildungsgänge und Schulformen der Grundstufe (Primarstufe) und der Mittelstufe (Sekundarstufe I) und der Abschlussprüfungen in der Mittelstufe (VOBGM) und anderer schulrechtlicher Rechtsvorschriften" vom 27. Oktober 2015 unter anderem Änderungen hinsichtlich des qualifizierten Realschulabschlusses vorgenommen. Vorbemerkung des Kultusministers: In der "Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Ausgestaltung der Bildungsgänge und Schulformen der Grundstufe (Primarstufe) und der Mittelstufe (Sekundarstufe I) und der Abschlussprüfungen in der Mittelstufe (VOBGM) und anderer schulrechtlicher Rechtsvorschriften" vom 27. Oktober 2015, veröffentlicht im Amtsblatt 11/2015, S. 582, wurde hinsichtlich des mittleren Abschlusses (Realschulabschlusses) in Form des qualifizierenden Realschulabschlusses § 59 Abs. 4 VOBGM rückwirkend zum 01.08.2015 geändert: Der qualifizierende Realschulabschluss wird erreicht, wenn sowohl die Durchschnittsnote der Fächer Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache als auch die Durchschnittsnote der übrigen Fächer jeweils < 3,0 sind. Die Voraussetzung, um die gymnasiale Oberstufe nach Abschluss des mittleren Bildungsgangs zu besuchen, ist zum einen durch den qualifizierenden Realschulabschluss gegeben, sie kann zum anderen auch über § 2 Abs. 2 Satz 2 und 3 der Oberstufen- und Abiturverordnung (OAVO) erfüllt werden: "Mit mittlerem Abschluss kann in die Einführungsphase der gymnasialen Oberstufe aufgenommen werden, wer von der Klassenkonferenz der abgebenden Schule als geeignet für den Übergang in die gymnasiale Oberstufe beurteilt wurde. Die Voraussetzungen für den Übergang und die Befürwortung durch die Klassenkonferenz sind gegeben, wenn 1. die bisherige Lernentwicklung, der Leistungsstand und die Arbeitshaltung der Schülerin oder des Schülers eine erfolgreiche Teilnahme am Unterricht in der gymnasialen Oberstufe erwarten lassen und 2. die Schülerin oder der Schüler den mittleren Abschluss mit einer Durchschnittsnote von besser als befriedigend (< 3,0) in den Fächern Deutsch, Mathematik, erste Fremdsprache und einer Naturwissenschaft sowie in den übrigen Fächern gleichfalls eine Durchschnittsnote von besser als befriedigend (< 3,0) erreicht hat." Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie waren die Regelungen für den qualifizierten Realschulabschluss bis zum Schuljahr 2014/2015? Die Regelungen für den Erwerb des qualifizierenden Realschulabschlusses lauteten nach VOBGM: "§ 59 Erwerb des mittleren Abschlusses (Realschulabschluss) im Bildungsgang Realschule (1) Der Bildungsgang Realschule endet mit dem mittleren Abschluss (Realschulabschluss) in Form des einfachen oder des qualifizierenden Realschulabschlusses am Ende der Jahrgangsstufe 10. Eingegangen am 20. September 2016 · Ausgegeben am 22. September 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3676 20. 09. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3676 (2) Die Klassenkonferenz entscheidet über die Feststellung der Gesamtleistung nach § 61 und die Vergabe des Abschlusses. (3) Der mittlere Abschluss (Realschulabschluss) wird zuerkannt, wenn 1. die Voraussetzungen für die Leistungsbewertung am Ende der Jahrgangsstufe 10 nach Maßgabe des § 60 erfüllt wurden und 2. die Abschlussprüfung erfolgreich mit einer nach Maßgabe des § 61 ermittelten Gesamtleistung von 4,4 oder besser abgelegt wurde. (4) Der mittlere Abschluss (Realschulabschluss) in Form des qualifizierenden Realschulabschlusses wird zuerkannt, wenn 1. die Voraussetzungen des Abs. 3 erfüllt sind, 2. die aus den Endnoten nach § 61 Abs. 2 und 3 berechnete Durchschnittsnote in den Fächern Deutsch, Mathematik, erste Fremdsprache und einer Naturwissenschaft sowie in den übrigen Fächern gleichfalls jeweils besser als befriedigend (< 3,0) ist und 3. die Lernentwicklung, der Leistungsstand und die Arbeitshaltung der Schülerin oder des Schülers eine erfolgreiche Teilnahme am Unterricht in der gymnasialen Oberstufe oder dem beruflichen Gymnasium erwarten lassen." Frage 2. Wie sind die Regelungen ab dem Schuljahr 2015/2016? Die Änderungen in § 59 VOBGM erfassen Abs. 3 und 4: "(3) Der mittlere Abschluss (Realschulabschluss) wird zuerkannt, wenn 1. die Voraussetzungen für die Leistungsbewertung am Ende der Jahrgangsstufe 10 nach Maßgabe des § 60 erfüllt wurden und 2. eine nach Maßgabe des § 61 ermittelte Gesamtleistung von 4,4 oder besser erreicht wurde. (4) Der mittlere Abschluss (Realschulabschluss) in Form des qualifizierenden Realschulabschlusses wird zuerkannt, wenn 1. die Voraussetzungen des Abs. 3 erfüllt sind, 2. die aus den Endnoten nach § 61 Abs. 2 und 3 berechnete Durchschnittsnote in den Fächern Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache sowie in den übrigen Fächern gleichfalls jeweils besser als befriedigend (< 3,0) ist und 3. die Lernentwicklung, der Leistungsstand und die Arbeitshaltung der Schülerin oder des Schülers eine erfolgreiche Teilnahme am Unterricht in der gymnasialen Oberstufe oder dem beruflichen Gymnasium erwarten lassen." Frage 3. Welche Gründe waren für die mitten im Schuljahr vorgenommenen Änderungen maßgeblich? Mit der erfolgten Streichung der Naturwissenschaft aus dem ersten Abschnitt, welcher damit noch aus den Fächern Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache besteht, wurde zum einen der Tatsache Rechnung getragen, dass z.B. Mittelstufenschulen im mittleren Bildungsgang Naturwissenschaften nur als Lernbereich ohne Einzelnoten in den einzelnen Fächern (Biologie, Chemie, Physik) anbieten, zum anderen erfolgte damit eine Angleichung im Hinblick auf die Beschlusslage der Kultusministerkonferenz (KMK), welche nicht den Einbezug einer Naturwissenschaft zusätzlich zur Durchschnittsnote der Fächer Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache vorsieht. Frage 4. Wann und wie wurden die Schulen über diese Änderungen informiert? Die Schulen wurden wie üblich mit dem Amtsblatt über diese Neuregelung informiert (ABl. 11/2015). Frage 5. Wie viele Schülerinnen und Schüler in Hessen sind von den Änderungen betroffen und können aufgrund der neuen Regelung nicht mehr an eine Fachoberschule wechseln? Die Zugangsbedingungen zur Fachoberschule sind durch die Änderung des § 59 VOBGM nicht betroffen. Sie sind in § 5 der Verordnung über die Ausbildung und Abschlussprüfung an Fachoberschulen vom 2. Mai 2001 (ABl. S. 299) (APrO-FOS) in der jeweils geltenden Fassung geregelt . Dort wird der qualifizierende Realschulabschluss nicht als Aufnahmekriterium genannt. Insofern sind auch keine Schülerinnen und Schüler betroffen, die auf die Fachoberschule wechseln wollen. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3676 3 Frage 6. Warum enthalten Abschlusszeugnisse dieses Schuljahres trotz veränderter Regelungen noch die alte Berechnungsformel? Die redaktionelle Änderung auf dem Zeugnisformular für den mittleren Abschluss in den "Erläuterungen zum Zeugnis" wird noch in diesem Jahr vorgenommen. Frage 7. Haben Schülerinnen und Schüler des Abschlussjahrgangs 2015/2016 noch Zugangsmöglichkeit zur Fachoberschule, auch wenn sie nur mit alter Berechnungsformel die Zugangsvoraussetzungen erfüllen? Wenn ja, mit welcher Begründung? Wenn nein, warum nicht? Wie bereits in der Antwort zu Frage 5 ausgeführt, sind die Zugangsbedingungen zur Fachoberschule nicht berührt. Frage 8. Welche Möglichkeiten eines Zugangs zur Fachoberschule haben Absolventinnen und Absolventen der Realschule im Schuljahr 2015/2016, wenn sie mit der alten Berechnungsformel die Zugangsvoraussetzungen erfüllen, aber nicht sofort, sondern erst später eine Fachoberschule besuchen wollen? Zunächst wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. Im Hinblick auf Unterbrechungen des Schulbesuchs ist zudem auf § 7 Abs. 2 APrO-FOS hinzuweisen: "(2) Bewerberinnen und Bewerber, bei denen die Unterbrechung des Schulbesuches ein Jahr übersteigt, haben sich unbeschadet des Abs. 1 in der Regel einer Feststellungsprüfung zu unterziehen . Der Besuch der Berufsschule, die Erfüllung des Grundwehrdienstes und Zivildienstes, die Absolvierung eines sozialen oder ökologischen Jahres oder die Wahrnehmung des Erziehungsurlaubes gelten nicht als Unterbrechung." Wiesbaden, 31. August 2016 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz