Kleine Anfrage der Abg. Dr. Sommer (SPD) vom 03.08.2016 betreffend Gesundheitsmanagement in Betrieben und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung der Fragestellerin: In der Arbeitswelt sind Gesundheitsförderung und Prävention wichtig - gerade bzgl. des Arbeitsschutzes und der Gesunderhaltung am Arbeitsplatz. Auch das Präventionsgesetz zielt darauf ab, im Rahmen der Stärkung der Gesundheitsförderung in Lebenswelten die Arbeitswelt und somit das betriebliche Gesundheitsmanagement miteinzubeziehen. Der Fehlzeitenreport und andere Studien zeigen, dass die Arbeitsbelastung nicht zuletzt auf Grund von Arbeitsverdichtung steigt. Das betriebliche Gesundheitsmanagement soll helfen und ermöglichen, die Beschäftigungsfähigkeit zu fördern , zu unterstützen und die funktionellen Fähigkeiten aller im Arbeitsleben stehenden Menschen zu steigern , damit sie über den gesamten Verlauf ihrer Berufstätigkeit aktiv und einsatzfähig bleiben. Dabei sollen einerseits Risikofaktoren in der Arbeitswelt aufgezeigt und beseitigt werden, andererseits auch die Gesundheit und das Wohlbefinden von Beschäftigten verbessert werden. Obwohl die betriebliche Gesundheitsförderung in § 20 b SGB V verankert ist, ist es eine freiwillige Leistung, die Unternehmen umsetzen oder nicht berücksichtigen. Viele Betriebe setzen bereits vielfältige Maßnahmen um, oftmals handelt es sich um Einzelmaßnahmen. Ganzheitliche Konzepte sind nur in wenigen Betrieben fester Bestandteil betrieblicher Praxis. Einige Unternehmen nutzen beispielsweise TOM, der Gesundheitsordner. Dieser ist ein Vorsorge- und Selbstmanagement- System. Schnelle Verfügbarkeit und übersichtliche Darstellung kennzeichnen den Ordner, dem ein ganzheitliches Gesundheitsmanagement zugrunde liegt. Vorbemerkung des Ministers für Soziales und Integration: Aus Sicht der Hessischen Landesregierung sind mit dem Präventionsgesetz neue Optionen für die Gesundheit im Betrieb insgesamt geschaffen worden. Es ist davon auszugehen, dass das Präventionsgesetz dazu führen wird, dass mehr Betriebe die Chance ergreifen, ein betriebliches Gesundheitsmanagement einzuführen und ihren Beschäftigten gezielte Angebote zur Gesundheitsförderung zu machen. Hier wird es verstärkt zu Kooperationen mit den Krankenkassen kommen, die zukünftig verstärkt auch im "Setting Betrieb" initiativ werden dürften. Daher wird es nun darauf ankommen, die bewährten Instrumente des Arbeitsschutzes und die Ansätze des betrieblichen Gesundheitsmanagements so miteinander zu verzahnen, das abgestimmte und umfassende Programme erstellt werden, die sowohl Maßnahmen der Verhältniswie der Verhaltensprävention umfassen. Denn der Arbeitsschutz ist im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes ganzheitlich zu verstehen und umfasst sowohl die Unfallverhütung als auch die Verhütung arbeitsbedingter Erkrankungen sowie eine gesundheitsgerechte Gestaltung der Arbeit. Er dient damit dem Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit und der Sicherstellung guter Arbeitsbedingungen . Sinnvollerweise wird er ergänzt durch ein betriebliches Gesundheitsmanagement, das verschiedene, angepasste Angebote zur Prävention für die Beschäftigten beinhaltet. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Welchen Stellenwert schreibt die Hessische Landesregierung dem betrieblichen Gesundheitsmanagement zu? Nach Überzeugung der Hessischen Landesregierung hat Gesundheitsförderung in allen Lebenswelten eine hohe Bedeutung. Insbesondere der betrieblichen Gesundheitsförderung kommt eine herausgehobene Relevanz zu, da die Menschen einen hohen Anteil ihrer Lebenszeit am Arbeitsplatz verbringen und gesundheitsgerechte Arbeit daher einen bedeutsamen Einfluss auf die gesundheitliche Situation der Beschäftigten insgesamt hat. Hinzu kommt die Einschätzung, dass Eingegangen am 8. September 2016 · Bearbeitet am 9. September 2016 · Ausgegeben am 14. September 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3683 08. 09. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3683 über das "Setting Betrieb" auch solche Personen mit Angeboten der Gesundheitsförderung und Prävention erreicht werden können, die ansonsten für solche Maßnahmen eher weniger aufgeschlossen sind. In Ergänzung der arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen, die der Arbeitgeber auch bisher schon zu berücksichtigen hat, kann ein betriebliches Gesundheitsmanagement - das möglichst Teil eines umfassenden betrieblichen Managementsystems sein sollte - einen relevanten Beitrag zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit der Belegschaft leisten. Frage 2. Wie unterstützt die Hessische Landesregierung Unternehmen, vor allem kleine und mittelständische , um ein betriebliches Gesundheitsmanagement einzuführen? Die Arbeitsschutzdezernate bei den Regierungspräsidien überwachen die Einhaltung des Arbeitsschutzes in hessischen Unternehmen. Dieser Überwachungsauftrag umfasst sowohl die Überprüfung als auch die Beratung von Betrieben. Bei diesen Betriebsbesuchen werden den Unternehmen im Bedarfsfall auch allgemeine Informationen zu Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung gegeben sowie Anlaufstellen und externe Ansprechpartner genannt. Dabei wird "Gesundheitsmanagement" von den hessischen Arbeitsschutzbehörden als integrierter Bestandteil der Arbeitsschutzorganisation bzw. von betrieblichen Arbeitsschutzmanagementsystemen verstanden. Zu diesen Themenfeldern werden seitens des staatlichen Arbeitsschutzes Informationen, Publikationen und Beratungsleistungen angeboten, die - teilweise in Kooperation mit Handwerksorganisationen erstellt - explizit auf die Perspektive kleiner und mittelständischer Betriebe eingehen. Frage 3. Welche finanzielle Unterstützung wird aus Landesmitteln für die Einführung und Umsetzung von betrieblichem Gesundheitsmanagement gewährt bzw. welche finanzielle Unterstützung plant die Landesregierung für die Zukunft? Das Land Hessen beteiligt sich mit großem Engagement an der Durchführung der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie sowie an der Konkretisierung der Umsetzung der Landesrahmenvereinbarung zum Präventionsgesetz. Aus beiden Initiativen ergeben sich für die Betriebe in Hessen Informations- und Beratungsoptionen, die betriebsspezifisch erfragt werden können. Eine finanzielle Unterstützung für die Einführung von betrieblichem Gesundheitsmanagement wird nicht gewährt und ist auch nicht vorgesehen. Frage 4. Inwiefern will die Landesregierung z.B. Maßnahmen wie den Gesundheitsordner TOM unterstützend begleiten? Maßnahmen, die die Gesundheitskompetenz der Menschen verbessern und sie zu einem zielgerichteten Umgang mit ihrer Gesundheit befähigen, werden insgesamt für sinnvoll erachtet und nach Maßgabe der Zuständigkeit sowie der Prioritätensetzung des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration (HMSI) unterstützt. Kommerzielle Angebote - wie der "Gesundheitsordner TOM" - werden nicht ausdrücklich begleitet . Frage 5. Wie hat bzw. wird die Landesregierung Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität des betrieblichen Gesundheitsmanagements fördern? Bereits seit mehreren Jahren findet in Hessen eine enge Zusammenarbeit der Akteure im Arbeits - und Gesundheitsschutz einerseits und der inner- und überbetrieblichen Gesundheitsförderung andererseits statt. Beispielsweise im Netzwerk "Gesundheit im Betrieb" für das das Rationalisierungs - und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft die Federführung übernommen hat. Weiterhin wird die betriebliche Gesundheitsförderung regelmäßig durch Arbeitsschutz- Aufsichtskräfte etwa im Zuge der Programme der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie in Betrieben angesprochen. Beim Aufgreifen der Thematik der Muskel- und Skeletterkrankungen erläutern Aufsichtskräfte den betrieblichen Akteuren den Einsatz bestimmter Methoden zum Erkennen körperlicher Belastungen und zur Prävention von Muskel-Skelett-Erkrankungen. Auch im Zusammenhang mit dem Thema der psychischen Belastungen bei der Arbeit prüfen Aufsichtskräfte, wie Betriebe die psychischen Belastungen an ihren Arbeitsplätzen ermitteln und welche Maßnahmen sie zur Verbesserung der Arbeitssituation ergreifen. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3683 3 Aber auch in gemeinsamen Veranstaltungen etwa auf dem Hessentag, mit dem Beirat für Arbeitsschutz beim HMSI oder bei Expertentagungen wurde über Bedeutung, Nutzen und fachliche Hintergründe der betrieblichen Gesundheitsförderung bzw. des betrieblichen Gesundheitsmanagements informiert und Beratung angeboten. Bei diesen Fachveranstaltungen, bei denen das HMSI oder die hessischen Behörden für Arbeitsschutz und Produktsicherheit als Veranstalter bzw. Mitveranstalter auftreten und auch zu Fachthemen referieren, werden Aspekte des Gesundheitsmanagements aufgegriffen und vermittelt, um den Austausch zwischen Unternehmen und Institutionen zu fördern und gute Praxisbeispiele vorzustellen. Einige Beispiele sind: Fachtagung "Prävention im Wandel der Arbeitswelt: Mensch - Technik - Organisation" in 2012 mit Themen wie gute und gesunde Zeitarbeit, Betriebliches Eingliederungsmanagement , flexible und mitarbeiterorientierte Arbeitszeit, Prävention in der Ausbildung, Umgang mit Konflikten und Mobbing. Gesund arbeiten bis zur Rente an altersgerechten Arbeitsplätzen. Regionalveranstaltungen für Betriebe zu "Psychische Belastung in der Gefährdungsbeurteilung " (2014 bis 2016). Workshops "Gesundheitsmanagement vor dem Hintergrund von Demografie und Fachkräftemangel ". Fachveranstaltungen "Sicherheit und Gesundheitsschutz managen" für Betriebe der ambulanten Pflege. Fachveranstaltung "Zeitarbeit" in 2013. Frage 6. Wie will die Landesregierung Unternehmen unterstützen, damit neben Einzelmaßnahmen vor allem ganzheitliche Konzepte zur Gesundheitsförderung und Gesunderhaltung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umgesetzt werden? Die Aufsichtsbehörden für Arbeitsschutz unterstützen bereits seit vielen Jahren ganzheitliche Ansätze zur Umsetzung des Arbeitsschutzes in Unternehmen. Ziel ist es, dass Gesundheitsschutz für Beschäftigte bei der Arbeit systematisch, präventiv und nachhaltig mit Hilfe von ganzheitlichen Konzepten wie beispielsweise "Arbeitsschutzmanagementsystemen im Unternehmen " realisiert wird. Unternehmen stehen dafür zum Beispiel der hessische Leitfaden "Arbeitsschutzmanagement" (AMS) sowie die "Wissensplattform Arbeitsschutzmanagement" mit Informationen und Werkzeugen für die Einführung und Verbesserung von betrieblichen Arbeitsschutzmanagementsystemen zur Verfügung. Aspekte des betrieblichen Gesundheitsschutzes und der betrieblichen Gesundheitsförderung werden dort ebenfalls aufgegriffen. Im Leitfaden "Arbeitsschutzmanagement" wird zudem aktuell eine deutlichere Fokussierung auf den Themenbereich "Betriebliches Gesundheitsmanagement" vorgenommen. Als zusätzlicher Anreiz wird im derzeit laufenden Programm "ASCA-AMS-Bestätigung" hessischen Unternehmen ermöglicht, das betriebliche Arbeitsschutzmanagementsystem durch staatliche Experten anhand des Leitfadens "Arbeitsschutzmanagement" untersuchen zu lassen. Bei entsprechend gutem Arbeitsschutz- und Gesundheitsmanagement, erhält das Unternehmen eine "ASCA-AMS-Bestätigung". Wiesbaden, 31. August 2016 Stefan Grüttner