Kleine Anfrage des Abg. Degen (SPD) vom 04.08.2016 betreffend verfassungswidriger Eingriff in die Koalitionsfreiheit durch Bedienstete des Hessischen Kultusministeriums und Antwort des Kultusministers Vorbemerkung des Fragestellers: Die "Vereinigung der Schulaufsichtsbeamtinnen und Schulaufsichtsbeamten des Landes Hessen e.V." bildet seit rund vier Jahrzehnten den Berufsverband der Beamtinnen und Beamten der Hessischen Schulaufsicht. Mit großem Engagement des Vorstands und der Mitglieder und einem hohen Organisationsgrad war sie in all den Jahren ein geschätzter und wichtiger Gesprächspartner für das Kultusministerium, für die Fraktionen des Hessischen Landtags und für zahlreiche Verbände im Land. Bereits mit den Antworten auf die Kleinen Anfragen 19/3383 und 19/3538 wurde deutlich, dass unverhältnismäßig viele Stellen an Staatlichen Schulämtern nicht ordentlich besetzt sind und zunehmend auf das Instrument der Abordnungen zurückgegriffen wird, ohne dass dies in den Einzelfällen schlüssig begründet werden konnte. Dass in einer Vielzahl an Fällen über einen Zeitraum von mehreren Monaten trotz vorab absehbarer Vakanzen von Stellen die Klärung personeller Bedarfslagen sowie die Prüfung von Personallenkungsmaßnahmen als Gründe für Nicht-Besetzungen angegeben werden oder zunächst zurückgehaltene Ausschreibungen erst im Monat der Nachfrage des Fragestellers (19/3538) erfolgten, stellt das Ziel der Landesregierung, Stellen der schulfachlichen Aufsicht möglichst zeitnah mit der am besten geeigneten Bewerberin/dem am besten geeigneten Bewerber neu zu besetzen, in Frage. Zeitgleich zu dieser verzögerten Einstellungspolitik ist festzustellen, dass die Bereitschaft der Schulaufsichtsbeamtinnen und -beamten, diesem ihrem Berufsverband beizutreten, deutlich gesunken ist. Hierzu heißt es im aktuellen Mitgliederbrief des Vorstands der Vereinigung, der am 19. Juli 2016 den Mitgliedern zuging, auf Seite 2: ʺuns [sind] persönliche Beeinflussungen durch das HKM bei der Auswahl von Schulamtsstellenbesetzungen bei Rückgabe der Mitgliedschaft in der Vereinigung bekannt geworden. Warum wir einen solchen negativen Ruf beim HKM haben, ist für uns nicht nachvollziehbar. Schade, dass offensichtlich Mitarbeiter/innen des HKM die Vereinigung eher behindern als fördern.ʺ Offenbar wird seitens des Ministeriums von Bewerberinnen und Bewerbern auf Schulaufsichtsstellen in den Schulämtern verlangt, entweder ihre Mitgliedschaft in der Vereinigung zu kündigen oder erst gar nicht beizutreten . Vorbemerkung des Kultusministers: Den inhaltlichen Ausführungen wird vorangestellt, dass die Landesregierung die "Vereinigung der Schulaufsichtsbeamtinnen und Schulaufsichtsbeamten des Landes Hessen e.V." (VSH) seit Langem als Kooperationspartner schätzt. Diese beständige, gegenseitige Wertschätzung kommt - insofern teilt die Landesregierung uneingeschränkt die Auffassung des Fragestellers - in gemeinsamen Austauschen und offenen Diskursen zu verschiedenen Themen der hessischen Bildungspolitik zum Ausdruck. Das Anliegen der hessischen Landesregierung, den Kontakt mit der VSH auch weiterhin in bewährter, konstruktiv-kritischer Weise zu pflegen, besteht unverändert fort. Nicht zuletzt manifestiert sich der auf Gegenseitigkeit beruhende Wunsch nach wechselseitigem Austausch in Gesprächen zwischen dem Hessischen Kultusministerium und der VSH, die auf unterschiedlichen Ebenen geführt wurden und werden. Dies vorausgesetzt wird der von dem Fragesteller in Kenntnis der beiderseits als positiv eingestuften Zusammenarbeit erhobene Vorwurf mit Befremden zur Kenntnis genommen. Eine Beeinflussung , wie von dem Fragesteller formuliert, hat weder stattgefunden, noch entspräche eine solche - wie aus den vorstehenden Ausführungen ersichtlich - dem Interesse der Landesregierung . Einen sachlichen Zusammenhang zwischen der auf Seiten der Vereinigung zu verzeichnenden Entwicklung ihrer Mitgliederzahlen und dem Zeitlauf von Stellenbesetzungsverfahren im Bereich der Schulaufsicht vermag die Landesregierung nicht zu erkennen. Eingegangen am 7. September 2016 · Bearbeitet am 8. September 2016 · Ausgegeben am 13. September 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3688 07. 09. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3688 Die Gründe, weshalb sich die Mitgliederzahlen der Vereinigung nicht ihren Erwartungen entsprechend entwickeln, entziehen sich der Kenntnis der Landesregierung. Die tatsächlichen Umstände und Faktoren, die Abordnungen an die Staatlichen Schulämter zugrunde liegen, hat die Landesregierung umfassend in ihren Antworten zu den beiden Kleinen Anfragen Drs. 19/3383 und 19/3538 dargelegt. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Teilt die Landesregierung die Einschätzung, dass eine wie im oben stehenden Zitat beschriebene Einflussnahme auf Bewerberinnen und Bewerber ein verfassungswidriger Eingriff in die von Art. 9 Abs. 1 Grundgesetz garantierte Vereinigungsfreiheit darstellt? Wie in der Vorbemerkung ausgeführt, schätzt die Landesregierung die VSH seit Langem als Kooperationspartner. Diese beständige, gegenseitige Wertschätzung kommt in gemeinsamen Austauschen und offenen Diskursen zu verschiedenen Themen der hessischen Bildungspolitik zum Ausdruck. Frage 2. In wie vielen Fällen wurden in den vergangenen drei Jahren Bewerberinnen und Bewerber auf diese Art unter Druck gesetzt? Eine Beeinflussung hat weder stattgefunden, noch entspräche eine solche - wie aus den vorstehenden Ausführungen ersichtlich - dem Interesse der Landesregierung. Einen sachlichen Zusammenhang zwischen der auf Seiten der Vereinigung zu verzeichnenden Entwicklung ihrer Mitgliederzahlen und dem Zeitlauf von Stellenbesetzungsverfahren im Bereich der Schulaufsicht vermag die Landesregierung nicht zu erkennen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen . Frage 3. Wurde gegen die betreffende Mitarbeiterin/den betreffenden Mitarbeiter des Kultusministeriums disziplinarrechtliche Maßnahmen eingeleitet und wenn ja, mit welchem Ergebnis? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 und die Vorbemerkung verwiesen. Frage 4. Ist von den Vorfällen auch das für die Schulaufsicht zuständige Fachreferat des Kultusministeriums betroffen? Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Schulaufsicht gemäß den Vorgaben des Hessischen Schulgesetzes sowohl die Dienst- als auch die Fachaufsicht umfasst. Die angesprochene Zuständigkeit ist folglich nicht in einem einzigen Referat angesiedelt. Frage 5. Falls nicht bekannt sein sollte, wer Bewerberinnen und Bewerber unter Druck gesetzt hat: Wurden seitens des Ministeriums Ermittlungen aufgenommen, um die Vorfälle aufzuklären und wenn nein, warum nicht? Frage 6. Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung, um künftig vergleichbaren Vorfällen vorzubeugen ? Frage 7. Welche weiteren Nebenabsprachen sowie verdeckte förderliche oder nachteilige Kriterien wie z.B. Mitgliedschaften in weiteren Verbänden, Gewerkschaften oder Parteien sind der Landesregierung bei Einstellungen, Umsetzungen und Versetzungen zum Hessischen Kultusministerium, den Schulämtern sowie der Lehrkräfteakademie bekannt? In gemeinsamer Beantwortung der Fragen 5 bis 7 wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Wiesbaden, 29. August 2016 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz