Kleine Anfrage des Abg. Lenders (FDP) vom 04.08.2016 betreffend Anträge auf Schonzeitaufhebung für Füchse zum Schutz des Niederwildes und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung des Fragestellers: Das Darmstädter Echo vom 2. August 2016 berichtet über den Antrag auf frühere Ausnahme von der Schonzeit für Füchse der Jäger im Kreis Groß-Gerau. Diese hatten den Antrag gestellt, weil die Jäger befürchten, dass ein Großteil des sogenannten Niederwildes den Sommer sonst nicht überleben würde. Bislang gab es jedoch keine Antwort aus dem Ministerium auf den dringlichen Antrag. Hintergrund der Problematik ist die neue hessische Jagdverordnung, die Füchse vom 1. März bis 15. August generell unter Schutz stellt. Damit haben sie in Hessen eine längere Schonzeit als in jedem anderen Bundesland . Für die Jäger stellt sich das Problem, dass die langen, heftigen Regenfälle Äcker und Wiesen überschwemmt und Hasen und Vögeln, die am Boden brüten, schwer zugesetzt haben. 80 % der Junghasen und Bodenbrüter- Gelege seien während der katastrophalen Regenperiode im Ried "regelrecht abgesoffen" oder an Unterkühlung gestorben. Deshalb müsse der Restbestand intensiv vor seinen Pressfeinden geschützt werden - insbesondere vor dem Fuchs. Fasanengelege seien entweder aufgegeben worden, weil sie im Wasser standen, oder werden durch Raubwild stark dezimiert. Gleiches gelte auch für Rebhühner, Wachteln und Kiebitz. Auf Vorschlag der Jäger sollten Füchse bereits seit dem 1. Juli wieder bejagt werden dürfen. Dann hätte mit Beginn der Mahd und Getreideernte damit begonnen werden dürfen. Auf den abgeernteten Wiesen und Äckern ist das Niederwild ansonsten schutzlos ausgeliefert. Selbst in Baden-Württemberg ist aus diesem Grund die Jagd auf Jungfüchse bereits zum 1. Mai möglich. Zusätzlich sei die Fuchsräude und Staupe im Rhein-Main-Gebiet auf dem Vormarsch. Die Fuchsräude sei im Juni im Kreis Groß-Gerau aufgetreten und könne- auch ohne direkten Kontakt -Haustiere und Menschen befallen . Deshalb sei es nötig, die Zahl der Füchse zu dezimieren und die Ansteckungskette zu unterbrechen. Inzwischen sind auch weitere Anträge gleicher Art aus anderen Landesteilen bekannt geworden, die allesamt nicht beantwortet wurden. Vorbemerkung der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz : Die Vorbemerkung des Fragestellers sind populationsökologisch nicht nachvollziehbar. Die jährlichen Jagdstrecken des Fuchses in Hessen betrugen zwischen 1999 und 2003 über 50.000 erlegte Tiere. Seitdem sind die Fuchsstrecken fast kontinuierlich rückläufig. Im Jagdjahr 2015/12016 betrug die Strecke 38.016 erlegte Füchse. Dieser Rückgang der Jagdstrecke ist jedenfalls nicht in der neuen Schonzeit für Füchse nach der neuen Jagdverordnung für Hessen begründet, da die hierin festgelegten Schonzeiten erst ab dem 01. April 2016 in Kraft traten. Sollte der Rückgang durch einen Rückgang der Fuchspopulation begründet sein, wäre hieraus kein zunehmender Druck auf die Populationen der Beutetiere ableitbar. Wäre der Rückgang der Fuchsstrecke nur durch einen rückläufigen Jagddruck begründet, bestünden auch außerhalb der Schonzeiten Möglichkeiten für eine Erhöhung des Jagddrucks. Auch die Aussagen zur Fuchsräude sind bezüglich einer Schonzeitaufhebung nicht zielführend, da gemäß § 22a Bundesjagdgesetz schwerkrankes Wild jederzeit unverzüglich zu erlegen ist. Die Fuchsräude stellt eine etablierte Krankheit der Fuchspopulationen dar, die den Bestand nicht substanziell schwächt. Ein Rückgang des Jagddrucks auf Füchse im Laufe des letzten Jahrzehnts hätte die Entwicklung der Krankheit begünstigen können. Wären die rückläufigen Fuchsstrecken Ausdruck einer rückläufigen Fuchspopulation, hätte dies eine dämpfende Wirkung auf die Ausbreitung von Fuchskrankheiten haben müssen. Prädatorenpopulationen werden nach den anerkannten Erkenntnissen der Wildbiologie und Populationsdynamik durch die verfügbaren Beutetierbestände bestimmt und nicht umgekehrt. Wenn gleichwohl die Nahrungsbasis zurückgeht, sind primär die hierfür maßgeblichen Faktoren in den Blick zu nehmen. Neben den beschriebenen Witterungsereignissen sind hierfür insbesondere die Habitatstrukturen für das Niederwild maßgeblich. Der Erhaltung von Saumstrukturen im Offenland als Deckungs- und Rückzugsmöglichkeit für Nieder- Eingegangen am 14. November 2016 · Bearbeitet am 15. November 2016 · Ausgegeben am 18. November 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3691 14. 11. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3691 wildarten kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu. Die Landesregierung wirkt seit dem letzten Jahr verstärkt darauf hin, dass die Habitatstrukturen im Offenland verbessert und insbesondere Saumstrukturen und Graswege im Offenland erhalten oder wiederhergestellt werden. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie viele Anträge auf Ausnahme der geltenden Schonzeiten wurden seit Jahresbeginn gestellt? Es wurden zehn Anträge auf Schonzeitaufhebung gestellt. Frage 2. Welche Kreisjägervereine oder Hegegemeinschaften haben entsprechende Anträge gestellt? Die Anträge stammen sowohl von Kreisjägervereinen und Hegegemeinschaften als auch von Einzelpersonen. Von einer Nennung dieser Personen wird aus Datenschutzgründen abgesehen. Frage 3. Wie viele davon wurden genehmigt bzw. abgelehnt? Da die sorgfältige Prüfung eines Antrages einer umfangreichen Analyse der örtlichen Verhältnisse bedarf und auch eine entsprechende rechtliche Bewertung benötigt wird, befindet sich der Großteil der Anträge noch in der Bewertungsphase. Bisher wurden zwei Anträge abgelehnt. Frage 4. Welche Gründe sind für die langen Bearbeitungszeiten einschlägig? Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. Frage 5. Welche Kriterien müssen nach Ansicht der Landesregierung erfüllt sein, um eine Ausnahme zu genehmigen? Die Voraussetzung einer möglichen Schonzeitaufhebung sind in § 26 b Abs. 1 des hessischen Jagdgesetzes genannt. Demnach kann die oberste Jagdbehörde zur Vermeidung von übermäßigem Wildschaden, zur Beseitigung von krankem und kümmerndem Wild, zur Wildseuchenbekämpfung , zu Lehr- und Forschungszwecken und bei Störung des biologischen Gleichgewichts die Schonzeiten für bestimmte Gebiete oder einzelne Jagdbezirke für begrenzte Zeit aufheben. Frage 6. Mit welchem Grund sind die Schonzeiten für Füchse in Hessen dreieinhalb Monate länger als im benachbarten Baden-Württemberg? Die Schonzeit für Füchse dauert in Hessen vom 1. März bis zum 14. August, in Baden- Württemberg vom 1. März bis zum 31. Juli. Eine Bejagung von Jungfüchsen ab dem 1. Mai ist in Baden-Württemberg lediglich für Hegegemeinschaften möglich, deren verfasstes Ziel der Schutz von Tierarten ist, die von der Prädation durch den Fuchs betroffen sind. Frage 7. Welchen Handlungsdruck sieht die Landesregierung, um das Niederwild zu schützen? Die Entwicklung des Niederwildes ist von vielen Faktoren wie Lebensraum, Bewirtschaftungsverfahren , Witterungsverlauf etc. abhängig. Aus diesem Grund sollen die Niederwildarten erst nach Erfassung der Zuwachsraten bejagt werden. Die mit der Bestandserfassung gesammelten Daten liefern eine Grundlage zu sachgerechten Analysen der Ursachen-Wirkungsgefüge im Zusammenhang der Niederwildentwicklung. Für die Prädatoren sind in der Hessischen Jagdverordnung entsprechende Jagdzeiten festgelegt, so kann der Fuchs vom 15. August bis zum 28. Februar intensiv bejagt werden. Frage 8. Wie beurteilt die Landesregierung die Einstufung des Waschbärs durch die EU als invasive Art? Im Mittelpunkt der EU-Verordnung über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver, gebietsfremder Arten steht eine Liste von invasiven Arten mit unionsweiter Bedeutung. Diese Liste wurde unter Heranziehung von Risikoabschätzungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen erstellt. Jede Art muss bestimmte Kriterien erfüllen, um in die Liste aufgenommen zu werden. Im Falle des Waschbären wird starke Prädation auf Eier und Jungvögel, Fische, Reptilien und Amphibien angegeben. Im Rahmen der Entwicklung von Management-Konzepten, die sich mit der Eindämmung der invasiven Arten in Hessen beschäftigen, erfolgt auch eine Bewertung für den Waschbären. Konkrete Management-Konzepte sollen innerhalb von 18 Monaten entwickelt werden. Der Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3691 3 Waschbär hat in Hessen eine Jagdzeit und darf von August bis Februar bejagt werden. Ein Eingriff in die Population durch die hessischen Jägerinnen und Jäger ist möglich. Bei der EU-Verordnung handelt es sich um geltendes Recht, welches von den Mitgliedsländern umzusetzen ist. Das Bundesamt für Naturschutz empfiehlt im Falle des Waschbären den Lebendfang mit Fallen, Abschuss und gezieltes Prädatorenmanagement zum lokalen Schutz von naturschutzfachlich wertvollen Gebieten/Arten. Frage 9. Wie lässt sich diese Einstufung der EU mit der gerade erst verlängerten Schonzeit für Waschbären in der neuen Jagdverordnung vereinbaren? Auf die Antwort zu Frage 8 wird verwiesen. Wiesbaden, 2. November 2016 Priska Hinz