Kleine Anfrage der Abg. Gremmels und Hofmeyer (SPD) vom 22.08.2016 betreffend zur Vergabe von Hessenforst-Flächen am "Gahrenberg" zur Windkraftnutzung und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt: Frage 1. Wann haben mit welchem Ergebnis Gespräche mit Vertretern der Energiegenossenschaft Reinhardswald stattgefunden? Zwischen dem Landesbetrieb Hessen-Forst und der Energiegenossenschaft Reinhardswald haben ab dem Sommer 2015 vielfältige Gespräche stattgefunden. Darin wurde ein gemeinsamer Handlungsrahmen erarbeitet, der gegenüber der Energiegenossenschaft mit Schreiben vom 4. Februar 2016 präzisiert wurde. Hierin ist die Vergabe sowohl der Windvorrangflächen des Gahrenbergs als auch des Langenbergs präzise beschrieben. Der Gahrenberg wurde danach in einem regulären öffentlichen Ausbietungsverfahren nach den landeseinheitlich maßgebenden Kriterien vergeben. Die Energiegenossenschaft konnte sich daran beteiligen. Das Ergebnis ist Referenzwert und gutachtliche Bezugsgröße für die Vergabe von Windkraftstandorten im Vorranggebiet Langenberg zum "vollen Wert" im Sinne der Landeshaushaltsordnung. Hessen-Forst verhandelt daher zunächst exklusiv mit der Energiegenossenschaft über die Vergabe des Langenbergs. Sollte eine Einigung erreicht werden können, wird das Gebiet an die Energiegenossenschaft vergeben und auch ein weiteres vergleichbares Vorranggebiet nach beschriebenem Schema zur Verhandlung angeboten. Erfolgt keine Einigung, werden sowohl der Langenberg als auch das weitere Vorranggebiet in einem regulärem Ausbietungsverfahren vergeben. Frage 2. Was sind die Gründe dafür, dass nach Aussage der örtlichen Bürgermeister, diese erst durch die Presse vom Ausgang des Vergabeverfahrens erfahren haben? Zeitgleich mit der schriftlichen Bekanntgabe des Ausgangs des Vergabeverfahrens der Windvorrangflächen des Gahrenbergs sollte nach Auskunft von Hessen-Forst ein Presseartikel in den lokalen Printmedien erscheinen. Dazu hatte der Landesbetrieb der Presse am Tag vor dem schriftlichen Zugang des Ausbietungsergebnisses digital eine Pressemitteilung zugesandt. Mangels einer Sperrfrist (und offenbar anschließender unmittelbarer Weiterleitung der Information durch die Presse an die Energiegenossenschaft) erfuhren die örtlichen Bürgermeister bedauerlicherweise nicht zuerst von Hessen-Forst vom Ausgang des Verfahrens. Frage 3. Wie definiert die Landesregierung den Begriff "regionale Bieter"? Der Begriff "regionaler Bieter" wird bei der Ausbietung von Windvorrangflächen im Staatswald des Landesbetriebs Hessen-Forst so nicht verwendet. Die Bereitstellung der Grundstücke für eine Windenergienutzung erfolgt gemäß § 63 der Landeshaushaltsordnung zum "vollen Wert". Bei der Auswahlentscheidung werden die vorgelegten Angebote mit einem maßgeblichem Anteil (80 %) nach der Höhe des angebotenen Umsatz- und Mindestentgelts bewertet. Zusätzlich werden die Möglichkeiten der finanziellen Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger im Umfeld des Standortes sowie Aspekte der regionalen und kommunalen Wertschöpfung berücksichtigt. Diese Kriterien werden in der Auswahlentscheidung mit insgesamt 20 % gewichtet. Im Ausbietungsverfahren für die Verpachtung von Windkraftstandorten durch Hessen-Forst nimmt die Frage der "Regionszugehörigkeit" eines Bieters an sich Eingegangen am 19. Oktober 2016 · Bearbeitet am 19. Oktober 2016 · Ausgegeben am 21. Oktober 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3701 19. 10. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3701 keinen Einfluss auf den Ausgang des Ausbietungsverfahrens. Vielmehr entscheidend ist, dass ein Bewerber entweder eine wirtschaftliche Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger anbietet (als Energiegenossenschaft, durch die Abgabe von Sparbriefen, die Betriebsform als Bürgerwindanlage , die Bereitstellung eines Bürgerstromtarifs, u.a.) oder durch den Sitz der Gesellschaft vor Ort bzw. die Verankerung als regionaler Energieversorger die Garantie bietet, die Wertschöpfung in der Region zu halten und zu fördern. Frage 4. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass für die Akzeptanz von Windkraftanlagen im Reinhardswald die Vergabe an eine Bietergemeinschaft aus örtlicher Energiegenossenschaft, regionalem Energieversorger und Stadtwerk, die auch nicht die maximal mögliche Anzahl von Windkraftanlagen bauen wollte, sinnvoller gewesen wäre? Nach derzeitigem Wissensstand ist nicht abzusehen, ob die Akzeptanz für Windenergieprojekte im Reinhardswald durch die Vergabe an eine Bietergemeinschaft aus örtlicher Energiegenossenschaft , regionalem Energieversorger und Stadtwerk erhöht würde. Sollte diese Akzeptanz ihren Ursprung in angebotenen wirtschaftlichen Beteiligungsformen für Bürger und Kommunen haben , zeigen aktuelle Angebote aus den beim Landesbetrieb durchgeführten öffentlichen Ausbietungsverfahren , dass viele Projektierer diese Möglichkeit bieten. Es ist demnach kein Alleinstellungsmerkmal einer bestimmten Kooperation, auf diesem Wege Akzeptanz vor Ort steigern zu wollen. Hessen-Forst orientiert sich bei der Auswahl der Angebote nicht an der gebotenen maximalen Anzahl der Windenergieanlagen. Dennoch sollten Vorranggebiete, welche primär wegen ihrer hohen Windhöffigkeit ausgewählt wurden, aus wirtschaftlichen und energiewirtschaftlichen Gründen optimal ausgenutzt werden. Eine flächenhafte Umsetzung von suboptimalen Projekten nach dem "Gießkannenprinzip" würde die Bemühungen des Landes unterlaufen, die Ziele des hessischen Energiegipfels fristgerecht zu erreichen. Frage 5. Wie bewertet die Landesregierung die Studie des ldE, die zum Ergebnis kommt, dass ein rein regional betriebener Windkraftpark über 20 Jahre volkswirtschaftlich deutlich mehr Wertschöpfung generiert, als die Vergabe an einen Projektierer, die etwas mehr Pachtzins in Aussicht stellt? In Grundstücksangelegenheiten wie der Verpachtung von landeseigenen Waldgrundstücken für die Nutzung zur Windkraft verfolgt der Landesbetrieb Hessen-Forst als dabei rein fiskalisch handelnder Landesbetrieb keine regionalpolitischen Ziele. Erträge aus der Bereitstellung von Staatswaldflächen für Windenergieprojekte werden bereits solidarisiert, indem sie an den Landeshaushalt abgeführt werden. So können alle Kommunen in Hessen bei starken Einnahmen im Landeshaushalt profitieren, auch diejenigen, welche keine Chance auf eigene Windkraftprojekte in ihrem Hoheitsgebiet haben. Die nach der Studie skizzierte Gegenüberstellung der Wertschöpfung der Varianten "Regional betriebener Windpark" und "Externer Projektierer" sind rein stereotyp und entsprechen nicht den Erfahrungen aktueller Bieterverfahren. Hessen-Forst wurde von fast allen Anbietern Modelle zur Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an den Erträgen aus der Planung und dem späteren Betrieb eines Windparks angeboten. Das trifft ebenfalls auf Kriterien der regionalen Wertschöpfung zu. In den Modellrechnungen der Studie gibt es dazu einige Unzulänglichkeiten, so fehlen zum Beispiel nach genauer Betrachtung nicht nur die Erträge für "Bürger" und "lokale Banken" im Szenario "Externer Projektierer". Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass mit dem aktuellen Bewertungs- und Auswahlverfahren für die Verpachtung von Windvorrangflächen - entgegen der Einschätzung des Fragestellers zu dem Fazit der Studie - sehr deutlich Angebote zur regionalen Wertschöpfung (Vergabe von Dienstleistungen im Zuge der Planung und Errichtung des Windparks, Sitz der Geschäftsstelle vor Ort) und Bürgerbeteiligung (Genossenschaften, Bürgerwindräder, Sparbriefe, Genussscheine) ausdrücklich erwünscht sind und gefordert werden und im Ergebnis mit entsprechenden Boni bis zu 20 % bei der Auswahlentscheidung Berücksichtigung finden. Frage 6. Welche Schlussfolgerung zieht die Landesregierung aus dieser Studie für zukünftige Flächenvergaben im Staatsforst? Wie in der Antwort auf Frage 6 ausgeführt, sind die Inhalte und Bewertungen der Studie für die Aspekte der Nutzungsüberlassung landeseigener Grundstücke, um die es bei der Fragestellung geht, nicht nachvollziehbar bzw. unmaßgeblich. Insoweit sind durch den Landesbetrieb Hessen- Forst daraus keine unmittelbaren Schlüsse zu ziehen. Hessen-Forst ist jedoch nach der geltenden Erlasslage in Anwendung der Vorgaben zur Verpachtung landeseigener Grundstücke gehalten, in seinen Vertragsverhandlungen mit Windkraftprojektierern intensiv darauf hinzuwirken und vertragliche Regelungen zu finden, dass angebotene Beteiligungsmöglichkeiten der Bürgerschaft und Zusagen im Bereich der regionalen Wertschöpfung umgesetzt werden. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3701 3 Frage 7. Wie begründet die Landesregierung, dass bei der Bewertung der Angebote Art und Form der Bürgerbeteiligung nur mit 20 Prozent und der zu erzielende Pachtzins mit 80 Prozent gewichtet wird? Die Vergabeentscheidung des Landesbetriebs Hessen-Forst zielt unter Beachtung der Bestimmungen der Landeshaushaltsordnung auf das wirtschaftlichste Angebot. Mit der Gewichtung 80:20 werden die sogenannten "alternativen Belange" angemessen berücksichtigt. Frage 8. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass der fertiggestellte Windpark durch den Projektierer nicht z.B. an einen ausländischen Investment- oder Rentenfonds weiterveräußert und so die Wertschöpfung aus der Region abzieht? Die Weiterveräußerung eines fertiggestellten Windparks an einen ausländischen Investmentoder Rentenfonds kann durch die Landesregierung nicht ausgeschlossen werden. Ob damit die Wertschöpfung aus der Region zwangsweise allumfänglich abgezogen wird, darf allerdings bezweifelt werden. Vertraglich fixierte Angebote zu Bürgerbeteiligungsmodellen oder regionaler Wertschöpfung (z.B. über Gewerbesteuereinnahmen durch den Geschäftssitz der Betreibergesellschaft vor Ort) werden auch vom neuen Eigentümer getragen werden müssen. Zudem lässt sich bei einer Vielzahl der aktuellen Angebote das Bestreben erkennen, die Windparks nicht nur zu entwickeln, sondern auch betreiben zu wollen. Frage 9. Welche Auswirkung hat die Vergabe des "Gahrenberg" auf weitere Windvorrangflächen im Reinhardswald? Abgesehen von den bereits in der Antwort zur Frage 1 genannten Rahmenbedingungen hat das Vergabeverfahren des Gahrenbergs keine Auswirkungen auf weitere Vorrangflächen im Reinhardswald . Wiesbaden, 6. Oktober 2016 Priska Hinz