Kleine Anfrage der Abg. Wallmann, Arnoldt, Dr. Bartelt, Caspar, Dietz, Irmer, Reul, Schwarz und Tipi (CDU) vom 26.07.2016 betreffend aufschiebende Wirkung bei ausländerrechtlichen Fällen im Petitionsausschuss und in der Härtefallkommission und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung der Fragesteller: Gemäß Erlass des HMdIS wird unter Verweis auf § 60a Abs. 1 AufenthG angeordnet, die Abschiebung bis zum Abschluss des Petitionsverfahrens und gegebenenfalls des Härteverfahrens auszusetzen. Diese Vorbemerkung der Fragesteller vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. In welchen Bundesländern hat die Befassung der Härtefallkommission aufschiebende Wirkung? Frage 2. In welchen Bundesländern hat ein Petitionsverfahren für ausländerrechtliche Fälle aufschiebende Wirkung? Da der Landesregierung keine näheren Erkenntnisse zu den Fragestellungen vorliegen, wurden die Innenressorts und Senatsverwaltungen der Länder beteiligt. Es wird auf die nachstehende Zusammenfassung der Antworten der Länder verwiesen: Bundesland Antwort Baden-Württemberg 1.-2. In Baden-Württemberg werden in beiden Fällen aufenthaltsbeendende Maßnahmen grundsätzlich zurückgestellt. Bayern 1.-2. In beiden Fällen kennt das geltende Recht in Bayern keine aufschiebende Wirkung. Unabhängig davon wird aber mit Rücksicht auf den Landtag bzw. die Härtefallkommission regelmäßig auf aufenthaltsbeendende Maßnahmen vor einer Behandlung im jeweiligen Gremium verzichtet; Abweichungen werden mit dem jeweiligen Vorsitz abgesprochen. Berlin 1. Nach Eingang eines Härtefallantrags erhalten die zur Beratung in der Härtefallkommission angemeldeten Personen grundsätzlich eine auflösend bedingte Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG, die am Ende des Härtefallverfahrens mit der Entscheidung des Senators für Inneres und Sport über das Härtefallersuchen erlischt. Nach der Berliner Härtefallkommissionsverordnung gibt es hiervon Ausnahmen im Falle vorausgegangener Ausweisungen wegen schwerer Straftaten oder des Verdachts auf Vorbereitung bzw. Verwicklung in schwerwiegende Staatsschutzdelikte, was in der Praxis allerdings kaum Bedeutung hat. Eingegangen am 5. Oktober 2016 · Bearbeitet am 5. Oktober 2016 · Ausgegeben am 7. Oktober 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3720 05. 10. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3720 Berlin 2. Grundsätzlich werden während laufender Petitionsverfahren aufenthaltsbeendende Maßnahmen ausgesetzt. Eine Ausnahme gilt für Fälle, in denen am Tag der geplanten Abschiebung eine Petition eingeht. Die Durchführung der Abschiebung wird in diesen Fällen nicht abgebrochen. Im Übrigen gibt es zwischen der Senatsverwaltung für Inneres und Sport und dem Petitionsausschuss abgesprochene Sonderregelungen, in denen wegen eines besonders hohen öffentlichen Interesses an der Durchführung der Abschiebung telefonisch zwischen dem Staatssekretär und dem Vorsitzenden des Petitionsausschusses abgesprochen wird, ob die Abschiebung durchgeführt wird, obwohl der Ausschuss vorher nicht mehr über den Fall beraten kann. Brandenburg 1. Nach § 4 Abs. 4 der brandenburgischen Härtefallkommissionsverordnung ordnet das Innenresort an, dass außer bei einem feststehenden Rückführungstermin durch die zuständige Ausländerbehörde für die Dauer der Befassung der Härtefallkommission von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abgesehen wird. 2. Im Rahmen des hiesigen Petitionsverfahrens gibt es keine rechtlichen Regelungen zur Aussetzung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen. Bremen 1. Sobald ein Härtefallantrag eingegangen ist, fordert die Geschäftsstelle der Härtefallkommission die Ausländerbehörde auf, aufenthaltsbeendende Maßnahmen zurückzustellen. Dem kommen die Ausländerbehörden nach. 2. Petitionsverfahren haben grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Hamburg Zu beiden Fragen: In Hamburg grundsätzlich ja. Mecklenburg-Vorpommern 1. Die Härtefallkommissionslandesverordnung sieht keine aufschiebende Wirkung vor. 2. Petitionsverfahren haben grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Dies schließt nicht aus, dass seitens des Petitionsausschusses in Einzelfällen darum gebeten wird, aufenthaltsbeendende Maßnahmen zurückzustellen. Dem kommen die Ausländerbehörden in der Regel nach. Niedersachsen 1. Wird eine Eingabe zur Beratung in der Härtefallkommission angenommen, wird der Ausländerbehörde gegenüber angeordnet , dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen bis zur Entscheidung über die Eingabe zurückgestellt werden. Zu beachten ist, dass diese aufschiebende Wirkung nur im Falle der Annahme der Eingabe eintritt. Eine Vielzahl von Härtefalleingaben wird nicht zur Beratung angenommen, weil entweder ein Nichtannahmegrund vorliegt oder das aus der Vorsitzenden und zwei Mitgliedern bestehende Vorprüfungsgremium einstimmig entscheidet, die Eingabe nicht zur Beratung anzunehmen . Das Procedere und die Nichtannahmegründe ergeben sich aus § 5 der Niedersächsischen Härtefallkommissionsverordnung . 2. Nein. Nordrhein-Westfalen 1. In Nordrhein-Westfalen entfaltet ein Härtefallantrag rechtlich gesehen keine aufschiebende Wirkung. Die Ausländerbehörden werden jedoch gebeten, während des Härtefallverfahrens im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen. Darüber, in wie vielen Fällen Ausländerbehörden dieser Bitte nicht nachkommen, liegen keine statistischen Angaben vor. 2. Petitionsverfahren entfalten in Nordrhein-Westfalen keine aufschiebende Wirkung. Die Ausländerbehörden prüfen in eigener Verantwortung, ob eine Ermessensduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG in Betracht kommt. Darüber hinaus Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3720 3 sind die Ausländerbehörden per Erlass aufgefordert, den Petitionsausschuss im Fall einer bevorstehenden Abschiebung während des Petitionsverfahrens rechtzeitig zu unterrichten, damit der Petitionsausschuss einen angemessenen Zeitraum zur Befassung mit der Angelegenheit und erforderlichenfalls zur Durchführung eines Erörterungstermins hat. Rheinland-Pfalz 1. Wenn ein zulässiger Härtefallantrag gestellt wird, wird die zuständige Ausländerbehörde im Regelfall gebeten, eine Duldung für die Dauer des Härtefallverfahrens zu erteilen. In besonders gelagerten Fällen kann das Ministerium auch davon absehen. Ein Härtefallverfahren ist jedoch ausgeschlossen, wenn aufenthaltsbeendende Maßnahmen unmittelbar bevorstehen. 2. Ein Petitionsverfahren hat keine aufschiebende Wirkung. Es werden in der Praxis Ermessensduldungen erteilt, um eine Befassung in der nächsten Sitzung des Petitionsausschusses zu ermöglichen. Wenn aufenthaltsbeendende Maßnahmen bereits unmittelbar bevorstehen, kann eine Rückführung auch ohne vorherige Befassung des Petitionsausschuss erfolgen. Saarland 1. Es ist im Saarland geübte Praxis, dass das Landesverwaltungsamt in Fällen, mit denen sich die Härtefallkommission befasst, von einer Abschiebung bis zum Abschluss des Härtefallverfahrens grundsätzlich Abstand nimmt. Dies gilt nicht, wenn die Abschiebung bereits eingeleitet worden ist oder ein Betroffener sich in Abschiebungshaft befindet sowie in Fällen missbräuchlicher Antragstellung. 2. Diese Frage hat sich im Saarland in den letzten Jahren nicht gestellt . Sachsen 1. Nach der Sächsischen HFK-Verordnung werden für die Dauer des Härtefallverfahrens Rückführungsmaßnahmen ausgesetzt. 2. Aufenthaltsbeendende Maßnahmen werden für die Dauer des Petitionsverfahrens grundsätzlich nicht ausgesetzt. Sachsen-Anhalt 1. In Sachsen-Anhalt entfaltet ein Härtefallantrag rechtlich gesehen keine aufschiebende Wirkung. Die Ausländerbehörden werden jedoch seitens des Innenministeriums regelmäßig gebeten , während des Härtefallverfahrens von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen. Sofern eine Abschiebung bereits terminiert ist, wird diese Bitte entsprechend der Regelung in § 23a Abs. 1 S. 3 , 2. Alt. AufenthG im Regelfall nicht ausgesprochen . Hiervon kann nur abgewichen werden, sofern das antragstellende Mitglied der Härtefallkommission im Einzelfall Gründe für eine besondere Härtefallsituation glaubhaft macht. 2. Petitionsverfahren entfalten in Sachsen-Anhalt keine aufschiebende Wirkung. Schleswig-Holstein 1. In Schleswig-Holstein wird die Rechtswirkung einer eingereichten Härtefallanrufung in der schleswig-holsteinischen Ausländer - und Aufnahmeverordnung (AuslAufnV) vom 11.01.2005 geregelt. Nach § 13 Abs. 1 Satz 3 AuslAufnV ist eine an die HFK gerichtete Anrufung kein Rechtsbehelf. Eine aufschiebende Wirkung wird insofern nicht ausgelöst. Die Geschäftsstelle der Härtefallkommission holt im Rahmen der Vorprüfung unverzüglich die Stellungnahme der zuständigen Ausländerbehörde ein und bittet, soweit erforderlich, bis zur Entscheidung durch die Härtefallkommission von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen. Dieser Bitte kommen die Ausländerbehörden in der Regel vollumfänglich nach. 2. Petitionsverfahren haben keine aufschiebende Wirkung. Im Verfahren selbst hat der Petitionsausschuss jedoch ein grundsätzliches Interesse daran, dass keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen vor abschließender Behandlung der Petition im Ausschuss getroffen werden. Formal ist dies jedoch nirgends niedergelegt . 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3720 Thüringen 1. Die Verordnung über die Härtefallkommission enthält keine ausdrücklichen Regelungen darüber, ob ein Härtefallantrag aufschiebende Wirkung hat. Solange noch kein konkreter Abschiebetermin feststeht, werden Ausländerbehörden bzw. die Zentrale Abschiebestelle jedoch gebeten, während eines Härtefallverfahrens von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen . Dieser Bitte wird in der Regel auch nachgekommen. 2. Grundsätzlich hat ein Einreichen einer Petition keine aufschiebende Wirkung. Ist jedoch eine Abschiebung vor Befassung des Petitionsausschusses vorgesehen, so ist der Petitionsausschuss umgehend darüber zu informieren. Wiesbaden, 23. September 2016 Peter Beuth