Kleine Anfrage der Abg. Özgüven, Di Benedetto, Gnadl, Hofmann, Merz und Roth (SPD) vom 07.09.2016 betreffend Eheschließungen von Minderjährigen in Hessen und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung des Ministers des Innern und für Sport: Für die Anerkennung von im Ausland geschlossenen Ehen gibt es grundsätzlich kein einheitliches Verfahren. Die Frage der Wirksamkeit einer Eheschließung im Ausland stellt sich im deutschen Rechtsbereich zumeist nur inzident im Zusammenhang mit der Entscheidung über eine Amtshandlung (z.B. Namenserklärung, Eintragung in der Steuerkarte u.ä.) und muss von der jeweils zuständigen Behörde nach dem betroffenen Fachrecht entschieden werden. Bei einer im Ausland geschlossenen Ehe eines Deutschen besteht personenstandsrechtlich die Möglichkeit, auf Antrag der Ehegatten, die Eheschließung beim zuständigen Standesamt im Eheregister zu beurkunden; für den Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit ist der Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend (§ 34 Abs. 1 Satz 1 Personenstandsgesetz (PStG)). Neben deutschen Staatsangehörigen steht diese Möglichkeit auch Staatenlosen, heimatlosen Ausländern oder Flüchtlingen im Sinne des Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland offen (§ 34 Abs. 1 Satz 3 PStG). Eine rechtliche Verpflichtung zu einer Nachbeurkundung der Eheschließung besteht allerdings nicht, so dass die Rechtsfolgen einer im Ausland geschlossenen Ehe unabhängig von ihrer Eintragung bestehen und in den jeweiligen Verwaltungsverfahren berücksichtigt werden müssen. Bei im Ausland geschlossenen sog. Minderjährigen-Ehen wird die Möglichkeit der Nachbeurkundung nach den Erkenntnissen der Standesämter selten nachgefragt, da es sich bei den Eheschließenden oftmals um ausländische Staatsangehörige handelt, so dass die Voraussetzungen für eine Nachbeurkundung nicht vorliegen. Diese Vorbemerkung vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit der Ministerin der Justiz wie folgt: Frage 1. Wie viele Eheschließungen zwischen Minderjährigen, die das sechzehnte Lebensjahr vollendet hatten, und einem volljährigen Partner nach § 1303 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), hat es in Hessen in den letzten fünf Jahren jeweils gegeben? Eine Abfrage bei den hessischen Standesämtern ergab, dass im betreffenden Zeitraum elf Ehen nach § 1303 Abs. 2 BGB geschlossen wurden. Frage 2. Wie viele Anträge auf Eheschließungen nach § 1303 Abs. 2 BGB haben die Familiengerichte in Hessen abschlägig beschieden? Zur Frage der Ablehnung von Anträgen nach § 1303 Abs. 2 BGB gibt es bundesweit keine Statistik . Daher wurde im Rahmen der Arbeit einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe von Sachsen eine Länderumfrage zur Erlangung entsprechender Daten für die Jahre 2015 und das erste Halbjahr 2016 initiiert. Bei der Abfrage der hessischen Präsidialamtsgerichte wurden vier Anträge für den abgefragten Zeitraum gemeldet. Über einen Antrag wurde noch nicht entschieden, ein Verfahren wurde im Endeffekt nicht durchgeführt. Bezüglich zweier Anträge wurde lediglich abstrakt mitgeteilt, dass Genehmigungen in der Vergangenheit dann erteilt wurden, wenn das Gericht nach der per- Eingegangen am 16. November 2016 · Bearbeitet am 17. November 2016 · Ausgegeben am 22. November 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3766 17. 11. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3766 sönlichen Anhörung der Überzeugung war, dass sich in der Regel die Minderjährige über die Tragweite des Schrittes bewusst war und darüber hinaus der Eindruck entstanden ist, dass es sich um die unvoreingenommene und freiwillige Entscheidung der Minderjährigen handelt. Frage 3. Wie viele Anträge auf Anerkennung im Ausland abgeschlossener Eheschließungen von Minderjährigen hat es in Hessen in den letzten fünf Jahren gegeben? Frage 4. Wie viele Anträge wurden positiv beschieden, wie viele negativ? Frage 5. Bei wie vielen Anträgen nach Frage 3 war ein Ehepartner jünger als 16 Jahre? Frage 6. Wie viele der Anträge nach Frage 5 wurden positiv beschieden und was waren die Gründe dafür? Aufgrund ihres Sachzusammenhangs werden die Fragen 3 bis 6 gemeinsam wie folgt beantwortet : Da es im deutschen Recht keine zentrale Anerkennung von ausländischen Eheschließungen gibt, konnte bei den Standesämtern nur die Zahl der Nachbeurkundungsanträge nach § 34 Abs. 1 PStG abgefragt werden. Nach dem Ergebnis dieser Abfrage wurden bei den Standesämtern in dem fraglichen Zeitraum keine derartigen Anträge gestellt. Wiesbaden, 7. November 2016 Peter Beuth