Kleine Anfrage der Abg. Schott (DIE LINKE) vom 13.09.2016 betreffend sozialpsychiatrische Dienste in den Gesundheitsämtern - Teil 2 und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt: Frage 1. Welche Aufgaben kommen auf die sozialpsychiatrischen Dienste zu, wenn das Psychisch- Kranken-Hilfe-Gesetz, so wie es aktuell von der Landesregierung geplant ist, in Kraft tritt? Im Entwurf des Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes (PsychKHG-E) sind in § 5 die Aufgaben des Sozialpsychiatrischen Dienstes (SpDi) beschrieben. Sie enthalten Regelungen für eine Situation, in der eine Person von den ihr angebotenen Hilfen keinen Gebrauch macht und Anzeichen vorliegen , dass sie infolge ihrer psychischen Störung ihr Leben, ihre Gesundheit oder das Leben, die Gesundheit oder andere besonders bedeutende Rechtsgüter Anderer erheblich gefährdet. Dann kann der SpDi eine Einladung ins Gesundheitsamt aussprechen oder einen Hausbesuch abstatten . Wird von diesen Angeboten kein Gebrauch gemacht, kann der SpDi eine Vorladung aussprechen, in der die Person aufgefordert wird, sich ärztlich untersuchen zu lassen. Bei gegenwärtiger unmittelbarer Gefahr, die nicht anders abzuwenden ist, hat der SpDi das Recht auf Zugang in die Wohnung. Weiter soll der SpDi die Hilfsangebote vor Ort koordinieren sowie die zur Verfügung gestellten Daten der Maßnahmen nach PsychKHG auswerten. Hierzu soll mindestens einmal jährlich eine Sitzung mit allen an der psychiatrischen Versorgung Beteiligten inklusive der Erfahrenen und Angehörigen stattfinden. Frage 2. Welche Ausstattungen an Finanzen und Personal erhalten diese jeweils zusätzlich? Es ist geplant, auf Grund der Konnexitätsrelevanz den Mehrbelastungsausgleich einwohnerbezogen zu gewähren, im ersten Jahr sollen 30 Cent pro Einwohner, ab dem zweiten Jahr 40 Cent pro Einwohner erstattet werden. Die Erstattung erfolgt aufgabenbezogen. Frage 3. Gibt es Empfehlungen von Organisationen für einen Personalschlüssel der sozialpsychiatrischen Dienste im Verhältnis zur Anzahl der Einwohnerinnen? Frage 4. Wenn es diese gibt, welche sind dies? Die Fragen 3 und 4 werden wie folgt gemeinsam beantwortet: Der SpDi ist Bestandteil des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD). In der Stellungnahme des Fachausschusses Psychiatrie des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes e.V. (BVÖGD) zur Novellierung der PsychKGs in den Bundesländern vom 02.09.2013 wird bezüglich der Sozialpsychiatrischen Dienste gefordert, dass die "Konkretisierung der Koordinierungsaufgaben des Sozialpsychiatrischen Dienstes bzw. der unteren Gesundheitsbehörde , nicht nur im Einzelfall, sondern auch auf struktureller Ebene gestärkt wird und angeregt, die Bildung von gemeindepsychiatrischen Verbünden zu befördern". Konkrete Personalforderungen sind in der Stellungnahme nicht enthalten. Frage 5. Welche Personalschlüssel haben andere Bundesländer eingeführt? Hierzu wird auf die Anlage 1 verwiesen. Eingegangen am 8. Dezember 2016 · Bearbeitet am 9. Dezember 2016 · Ausgegeben am 12. Dezember 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3781 08. 12. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3781 Frage 6. Welchen Personalschlüssel beabsichtigt die Landesregierung zu installieren? Frage 7. Welche Bedeutung hat die Ausstattung der SpDi nach Auffassung der Landesregierung? Hierzu wird auf die Beantwortung der Frage 2 verwiesen. Frage 8. Welche Empfehlung spricht die Landesregierung für eine Psychiatriekoordination auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte in Hessen aus? Frage 9. Wer finanziert die Stellen und die Ausstattung der Psychiatriekoordination? Frage 8 und 9 werden wie folgt gemeinsam beantwortet: Im Entwurf des PsychKHG heißt es in § 6 Abs. 1: "Die Sozialpsychiatrischen Dienste sollen die Hilfeangebote in ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich planen und koordinieren. Sie können eine Psychiatriekoordinatorin oder einen Psychiatriekoordinator bestellen." Die Psychiatriekoordination ist zunächst einmal eine Funktion. Ob und wie sie auf örtlicher Ebene umgesetzt wird, liegt in der Entscheidungskompetenz der jeweiligen Gebietskörperschaft, die damit auch über die Ausstattung entscheidet. Hierzu gibt es keine Vorgaben seitens des Landes. Wiesbaden, 2. Dezember 2016 Stefan Grüttner Anlagen Anlage 1 zur Kleinen Anfrage 19/3781 - Sozialpsychiatrische Dienste in Gesundheitsämtern Teil 2 Antworten auf die Frage 5 Bundesland Gesetzliche Grundlage für die SpDi Personalschlüssel Baden-Württemberg § 6 PsychKHG Ist im PsychKHG und den Verwaltungsvorschriften für die Förderung von Sozial psychiatrischen Dienste (VwV-SpDi) nicht vorgesehen. Bayern Es gibt keine landesgesetzliche Grundlage. Die Bezirke als überörtliche Sozialhilfeträger finanzieren die SpDi als freidisponible Pflichtleistung im Rahmen niederschwelliger Angebote der Eingliederungshilfe. Es ist folgende personelle Mindestbesetzung festgelegt: - 2,0 Fachkräfte, davon mindestens o 0,5 Fachkraft mit Diplom oder Masterbschluss Psychologie o 1,0 Fachkräfte mit Diplom oder Bachelorabschluss Sozialpädagogik/Soziale Arbeit und andere psychiatrische Fachkräfte, insb. Fachpflegekraft Psychiatrie o 0,5 Verwaltungskraft Die Förderung erfolgt über Personal- und Sachkostenpauschalen, (näheres s. SpDi Musterrichtlinie) Der Personalbedarf des einzelnen SpDi wird individuell vom jeweiligen Bezirk als bedarfsgerecht anerkannt, auf der Landesebene gibt es nur Anhaltszahlen. Nach den Grundsätzen der Bay. Staatsregierung zur Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen in Bayern von 2007 gilt eine Fachkraft/ 35.000 Einwohner als bedarfsgerecht. Anlage 1 zur Kleinen Anfrage 19/3781 - Sozialpsychiatrische Dienste in Gesundheitsämtern Teil 2 ________________________________ Antworten auf die Frage 5 Berlin - Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst (GDG) und seit 17. Juni 2016 sind Aufgaben und Eingriffsbefugnisse des ÖGD in § 6 PsychKG beschrieben. Die Personalausstattung ist Gegenstand eines Anforderungsprofiles, das sowohl die fachliche Qualifikation als auch die Anzahl der Mitarbeiter in den Fachbereichen definiert. Die Bemessungsgrundlage für die personelle Grundausstattung bilden die Zahl der Einwohner (beim Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienst KJPD, die Zahl der Kinder und Jugendlichen) in den Bezirken. Die Berliner Bezirke entscheiden eigenständig über die Stellenbesetzung. Brandenburg Keine Rückmeldung Keine Rückmeldung Bremen Keine Rückmeldung Keine Rückmeldung Hamburq Keine Rückmeldung Keine Rückmeldung Mecklenburg-Vorpommern § 6 PsychKG M-V § 23 Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst Mecklenburg-Vorpommern Die Leitung des SpDi soll grundsätzlich durch eine Fachärztin oder einen Facharzt für Psychiatrie oder durch eine Psychologische Psychotherapeutin oder-therapeuten erfolgen. Neben der ärztlichen Besetzung mit einem Schlüssel von 1:100.000 Einwohner sind weiterhin sozialpädagogische/fachpflegerische Kräfte in einem Umfang von mindestens 4:100.000 Einwohner vorzusehen. (aus dem „Plan zur Weiterentwickelung eines integrativen Hilfesystems für psychisch kranke Menschen in Mecklenburg-Vorpommern) Anlage 1 zur Kleinen Anfrage 19/3781 - Sozialpsychiatrische Dienste in Gesundheitsämtern Teil 2 Antworten auf die Frage 5 Nordrhein-Westfalen § 16 Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst Nordrhein-Westfalen (ÖGDG) und § 5 Absatz 1 PsychKG Eine Zuordnung nach Personalschlüssel gibt es nicht. Der Sozialpsychiatrische Dienst ist eine kommunale Aufgabe und ist insoweit regional unterschiedlich ausgestaltet. Die Kommunen tragen die Kosten. Niedersachsen Keine Rückmeldung Keine Rückmeldung Rheinland-Pfalz § 5 PsychKG RLP Das PsychKG enthält keine Vorgaben, allerdings wurde durch den rheinlandpfälzischen Landespsychiatriebeirat eine Empfehlung verabschiedet. Darin steht u.a.: „Der SpDi sollte über folgende Kompetenzen verfügen oder im Rahmen vorhandener Strukturen interdisziplinär nutzen können: - psychiatrischen fachärztlichen Sachverstand - sozialarbeiterischen/-pädagogischen Sachverstand - psychologischen Sachverstand - psychiatriepflegerischen Sachverstand Saarland Keine Rückmeldung Keine Rückmeldung Sachsen § 6 SächsPsychKG Nach § 6 Abs. 2 SächsPsychKHG steht der Sozial psychiatrische Dienst unter der Leitung eines Arztes, der eine Facharztanerkennung für das Fachgebiet Psychiatrie erworben hat. In begründeten Einzelfällen kann eine Ausnahme für einen Facharzt für den öffentl. Gesundheitsdienst mit besonderer ausgewiesener Kenntnis auf dem Fachgebiet Anlage 1 zur Kleinen Anfrage 19/3781 - Sozialpsychiatrische Dienste in Gesundheitsämtern Teil 2 ________________________________ Antworten auf die Frage 5 der Psychiatrie, einen Facharzt mit einschlägiger psychiatrischer Berufserfahrung oder einen Psychologischen Psychotherapeuten gemacht werden. Daneben gibt es keine gesetzlichen Vorgaben zur Personalausstattung. Allerdings werden derzeit noch im Rahmen einer staatlichen Förderung Anreize für eine Fachkraftausstattung (eine Fachkraft je 25.000 Einwohner) und andere Qualitätsstandards gesetzt. Sachsen-Anhalt § 5 PsychKG LSA Nach § 5 Abs. 2 PsychKG LSA soll der SpDi unter der Leitung eines Facharztes für Psychiatrie und/oder Neurologie oder eine auf diesen Gebieten weitergebildeten Arztes stehen. Mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde kann im Ausnahmefall die Leitung auch durch den Amtsarzt wahrgenommen werden. Einen fixen Personalschlüssel gibt es (seit Außerkrafttreten eines Erlasses in 2007) nicht, die Träger entscheiden selbständig darüber. Die Erläuterungen zum PsychKG LSA empfehlen jedoch eine Grundausstattung auf 150.000 Einwohner mit einer Ärztin/einem Arzt als Leiter, vier Mitarbeiterinnen aus dem Fürsorae- und Krankenofleaebereich, sowie eine Bürokraft. Anlage 1 zur Kleinen Anfrage 19/3781 — Sozialpsychiatrische Dienste in Gesundheitsämtern Teil 2 ________________________________ Antworten auf die Frage 5 Schleswig-Holstein § 4 PsychKG SH Nach § 1 PsychKGVO ist zur Leitung befähigt, wer Facharzt für Psychiatrie, Psychiatrie und Psychotherapie, Psychotherapeutische Medizin, Nervenheilkunde, KJP oder öffentliches Gesundheitswesen ist. Daneben sind auch Psychiater, Psychiater und Psychotherapeuten, Nervenarzt, Psychologische Psychotherapeuten und KJ- Psychotherapeuten befähigt Weitere Regelungen gibt es nicht. Thüringen Gesetz zur Hilfe und Unterbringung psychisch kranker Menschen (ThürPsychKG) Nach § 4 Abs. 1 ThürPsychKHG wird der SpDi durch einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, in Ausnahmefällen durch einen in der Psychiatrie erfahrenen Arzt geleitet. Die vom Freistaat Thüringen erlassene „Handlungsempfehlung für die Arbeit und Struktur der Sozialpsychiatrischen Dienste" gibt folgende Empfehlungen zur Mindestpersonalausstattung: „...neben dem Arzt sind vier Fachkräfte mit entsprechender Qualifikation für 100.000 Einwohner erforderlich."