Kleine Anfrage der Abg. Dr. Sommer, Rudolph, Hartmann und Roth (SPD) vom 04.10.2016 betreffend Landesprogramm "Sport und Flüchtlinge" und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung der Fragesteller: "Sport und Flüchtlinge" ist ein Programm, das in Zusammenarbeit mit der Sportjugend Hessen im Landessportbund Hessen Städte und Gemeinden in ihrem Engagement unterstützt, Sport- und Bewegungsangebote für Flüchtlinge zu initiieren. Die vielfältigen Sport- und Bewegungsangebote in Hessen bieten sehr gute Möglichkeiten , Flüchtlingen schnell und unkompliziert das Ankommen in den Städten und Gemeinden zu erleichtern. Vorbemerkung des Ministers des Innern und für Sport: Das bundesweit einzigartige Programm "Sport und Flüchtlinge" verfolgt das Ziel, hessische Städte und Gemeinden, die Sport- und Bewegungsangebote für Flüchtlinge initiieren möchten, in ihrem Engagement zu unterstützen. Die vielfältigen Sport- und Bewegungsangebote bieten sehr gute Möglichkeiten, Flüchtlingen schnell und unkompliziert das Ankommen in den Städten und Gemeinden zu erleichtern. Innerhalb des Programms werden folgende zwei Bereiche gefördert : - Sport- und Bewegungsangebote der Sportvereine und anderer Institutionen in den Städten und Gemeinden. - Einsatz von "Sport-Coaches", die den Kontakt zwischen Sportvereinen, Asylbetreuung, Flüchtlingsunterkünften und Flüchtlingen herstellen sowie die Flüchtlinge in der ersten Zeit zu den Sportangeboten begleiten. Antragsberechtigt sind Städte und Gemeinden, die mehr als 40 Flüchtlinge untergebracht haben. Je nach Anzahl der Personen kann eine Förderung von 5.000 bis 25.000 € bewilligt werden. Städte und Gemeinden, die weniger als 40 Flüchtlinge untergebracht haben, können in Form einer interkommunalen Zusammenarbeit Anträge stellen. Städte und Gemeinden, in denen eine Erstaufnahmeeinrichtung, eine Außenstelle oder Notunterkunft besteht, können zusätzlich Mittel bis zu 25.000 € beantragen. Das Geld kann eingesetzt werden für die Aufwandsentschädigungen der Sport-Coaches, Übungsleiter, Schulungsmaßnahmen oder Sachmittel. Der Landesregierung liegt aktuell keine Statistik über die konkret in den Gemeinden umgesetzten Projekte vor, da die Gemeinden, im Sinne eines schlanken Antragsverfahrens und im Sinne einer Berücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten vor Ort, eine individuelle Gestaltungsmöglichkeit im Rahmen der Förderrichtlinie haben. Ziel ist es, mit einer Evaluation, die aktuell in Kooperation mit dem Demokratiezentrum an der Universität Marburg durchgeführt und über das Landesprogramm "Hessen aktiv für Demokratie - gegen Extremismus" finanziert wird, eine Übersicht zu erstellen. Die Fragebögen hierzu wurden Anfang Oktober an die Sport-Coaches versandt. Eine Auswertung dieser Umfrage wird für Anfang 2017 erwartet. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Welche Fördermittel gehen durch das Landesprogramm "Sport und Flüchtlinge" an welche Kommunen (wir bitten um Auflistung nach Kommunen)? Frage 2. Für welche konkreten Zwecke werden die Fördermittel in den Kommunen verwendet (wir bitten um Auflistung nach Kommunen)? Zur Beantwortung der Fragen 1 und 2 wird auf die beigefügte Anlage verwiesen. Eingegangen am 24. November 2016 · Ausgegeben am 28. November 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3849 24. 11. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3849 Ergänzend ist auszuführen, dass nach Nr. 3.2 der Förderrichtlinie die Fördermittel für folgende Verwendungszwecke verwendet werden können: - Aufwandsentschädigung für Sport-Coaches und/oder - Aufwandsentschädigungen für Personen, die Sportangebote für Flüchtlinge anleiten, und/oder - Sachmittel für Sportangebote mit Flüchtlingen (insbesondere Sportkleidung, -material, Transportkosten und/oder - Einmalzahlung für Schulungsmaßnahmen. Frage 3. An welche Sportvereine und Stützpunktvereine sind die jeweiligen Sportcoachs angebunden? Frage 4. Welche Sportangebote wurden durch das Programm über das bereits organisierte Sportangebot (bitte sportartbezogen auflisten) der Sportvereine und Stützpunktvereine etabliert? Frage 5. Welche vereinsübergreifenden Kooperationen wurden durch das Programm entwickelt? Zur Beantwortung der Fragen 3 bis 5 wird zunächst auf die Vorbemerkung verwiesen. Allgemein kann aufgrund von Rückmeldungen durch die Sport-Coaches, durch die Sportjugend Hessen und durch die Gemeinden Folgendes ausgeführt werden: Die überwiegende Mehrzahl der Sport-Coaches ist direkt an die Sportvereine angebunden. Ein deutlich geringerer Anteil stammt aus dem Umfeld der Flüchtlingsinitiativen oder ähnlichen Institutionen (Caritas, AWO etc.) sowie aus den Verwaltungen der Städte und Gemeinden. Ein kleiner Anteil lässt sich keinem der genannten Bereiche zuordnen. Darüber hinaus sind zahlreiche Sport-Coaches mehrfach engagiert. Häufig besteht ein Bezug der Sport-Coaches zu den Stützpunktvereinen des Bundesprogramms "Integration durch Sport" (IdS). Gleichzeitig finden Sport-Coaches naturgemäß zur Umsetzung von Projekten und Maßnahmen einen leichteren Zugang zu IdS-Stützpunktvereinen, da hier bereits eine interkulturelle Öffnung gelebt wird. In fast allen Sportarten lassen sich Beispiele für Integration von Flüchtlingen finden. Sowohl in den großen Ballsportarten (Fußball, Handball, Volleyball, Basketball) als auch im Turnen, in der Leichtathletik und in verschiedenen Kampfsportarten gibt es erfolgreiche Projekte von Sport-Coaches. Aber auch Gesundheitsangebote wie Fitnessangebote oder Rückenschule werden unterbreitet und angenommen. Dies trifft auch auf Boccia, Walken oder Wandern zu. Eine große Nachfrage gibt es zudem bei Schwimm- und Fahrradkursen. Als "exotische" Sportart erfreut sich durch die Zuwanderung Cricket einer stärkeren Beliebtheit. Hinsichtlich vereinsübergreifender Kooperationen ist festzustellen, dass die in den Sport-Coach- Schulungen empfohlenen "runden Tische" vielerorts von den Sport-Coaches umgesetzt wurden. Einzelne Rückmeldungen liegen vor, dass hieraus Kooperationen zwischen Vereinen entstanden sind, um bspw. Ehrenamtliche mit sehr vielen Teilnehmerinnen/Teilnehmern im Trainingsbetrieb zu entlasten. Frage 6. Wie wurden und werden bestehende Netzwerke, Integrationslotsen und WIR-Koordinatoren, die bereits Kontakte zu örtlichen Sportkreisen und Stützpunktvereinen pflegen, bei der Integration von Flüchtlingen durch Sport eingebunden und von der Landesregierung in ihrem Wirken unterstützt. Die verpflichtende Implementierung von Sport-Coaches ist ein wesentliches Merkmal des Förderprogramms - insbesondere auch vor dem Hintergrund der Netzwerkarbeit vor Ort. Die Sport- Coaches arbeiten im Auftrag der Städte und Gemeinden, die Antragssteller im Förderprogramm sind. Dies gewährleistet eine Einbindung der Sport-Coaches in die kommunale Integrationsarbeit. Zu der Vernetzung auf kommunaler Ebene tragen zudem die in den Sport-Coach-Schulungen empfohlenen runden Tische bei. Ergänzend dazu wurde das Landesprogramm "Sport und Flüchtlinge" bei Tagungen der WIR-Koordinatoren durch die Sportjugend Hessen vorgestellt. Des Weiteren findet eine enge inhaltliche Abstimmung zwischen dem Programm "Sport und Flüchtlinge" und dem inzwischen auch auf Flüchtlinge ausgeweiteten Bundesprogramm "IdS" statt. Die Sportjugend Hessen setzt das Bundesprogramm in Hessen um. So konnten im Rahmen des Bundesprogramms bereits in 16 Sportkreisen "Flüchtlingskoordinatoren" implementiert werden, die den Sport-Coaches unterstützend zur Seite stehen und mit dem Aufbau von Netzwerken und der Betreuung von bestehenden Netzwerken beauftragt wurden. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3849 3 Frage 7. Inwiefern wird die Landesregierung Ehrenamtliche und die bisher gewachsenen Strukturen im Bereich der Integration durch Sport über das Programm hinaus besser unterstützen? Die Förderung des Ehrenamts hat für die Landesregierung einen sehr hohen Stellenwert. Die gesamte Sportförderung der Landesregierung ist auf die Unterstützung des Ehrenamts ausgerichtet , da das Ehrenamt für den Sport in allen Bereichen eine wesentliche Komponente ist. Mit dem Förderprogramm "Sport und Flüchtlinge" hat die Landesregierung einen großen Beitrag zur Unterstützung des Ehrenamts und zur Schaffung von Strukturen im Bereich Integration durch Sport geschaffen. Dies ist bundesweit einmalig. Durch die verpflichtende Implementierung von Sport-Coaches wurden Ansprechpartner für Ehrenamtliche in den Vereinen eingeführt. Die enge inhaltliche Abstimmung mit dem Bundesprogramm "IdS" führt zusätzlich aufgrund der Schaffung von "Flüchtlingskoordinatoren" auf Sportkreisebene zu einer weiteren Verbesserung. Bereits im Jahr 2010 hat die Landesregierung mit dem Landessportbund Hessen (lsb h) einen Rahmenplan zur Integration im und durch den Sport unterzeichnet. Zur Umsetzung dieses Rahmenplans wurde eine Personalstelle beim lsb h geschaffen und finanziert sowie insbesondere folgende Projekte umgesetzt und gefördert: Maßnahmen zur Bildung und Qualifizierung im Sport - insbesondere von Frauen mit Migrationshintergrund, Ausbildungsmaßnahmen zur interkulturellen Öffnung von Sportkreisen, -vereinen und -verbänden, Umsetzung der Integrationsdatenbank www.sport-integriert-hessen.de, Maßnahmen zur Gewinnung neuer Mitglieder mit Migrationshintergrund in Sportvereinen sowie die Förderung der Integrationsarbeit in Sportkreisen . Diese enge und gute Zusammenarbeit mit dem lsb h und den Sportvereinen wird die Landesregierung weiter fortführen und unterstützen. Frage 8. Inwiefern will die Landesregierung die Verzahnung unterschiedlicher Integrationsinstanzen wie z.B. Spracherwerb und Sport sowie diesbezüglich zielgerichtete Maßnahmen initiieren, unterstützen und etablieren? Ein wesentlicher Vorteil des Sports im Bereich der Integration ist, dass Sprache zunächst nur eine nachgeordnete Rolle spielt und er somit eine niederschwellige Zugangsmöglichkeit bietet. Gleichzeitig ermöglicht Sport einen ungezwungenen Spracherwerb. Gerade Kinder profitieren bei der Verknüpfung von Sprachangeboten und Sport von einem "einfachen" Zugang zur deutschen Sprache. Die Landesregierung war und ist daher grundsätzlich bestrebt, in diesem Bereich zielgerichtete Maßnahmen im Zuge einer Anschubfinanzierung bei dem Vorliegen eines schlüssigen Gesamtkonzepts zu fördern. Frage 9. Wie lange dauert es im Durchschnitt, bis der Bewilligungsbescheid für die Kommunen vorliegt? Vorab ist darzustellen, dass das Antragsverfahren zweigeteilt ist, da die Antragsteller ihren Antrag über die Sportjugend Hessen an das Hessische Ministerium des Innern und für Sport richten . Die Sportjugend Hessen führt zunächst Kurzinterviews mit den von den Antragsstellern gemeldeten Sport-Coaches durch und lädt diese zu den verpflichtenden Schulungen ein. Sobald die Anmeldungen hierzu vorliegen, also die Antragsunterlagen vollständig sind, leitet die Sportjugend Hessen gem. Nr. 5.2 der Förderrichtlinie den Antrag mit einer kurzen Stellungnahme an das HMdIS weiter. Dort findet die abschließende Bearbeitung statt. Aufgrund des Neustarts des Förderprogramms zu Beginn diesen Jahres, der Vielzahl der eingegangenen Anträge sowie der teilweise fehlenden Anmeldungen der Sport-Coaches zu den Schulungen , welche eine unabdingbare Bewilligungsvoraussetzung sind, dauerte die durchschnittliche Gesamtbearbeitungsdauer im Jahresverlauf 11 Wochen. Im ersten Quartal betrug die Gesamtdauer für Antragsteller 14 Wochen, im zweiten Quartal 9 Wochen und im dritten Quartal 6 Wochen. Fünf Anträge befinden sich derzeit noch in der Bearbeitung. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer im HMdIuS betrug dagegen im Jahresverlauf 5 Wochen . Zu Jahresbeginn lag sie bei 8 Wochen, konnte dann auf 5 Wochen und seit August auf 3 Wochen reduziert werden. Frage 10. Welche Fördermittel hat die Landesregierung für das Programm "Sport und Flüchtlinge" im Haushalt 2017 vorgesehen? Im Haushalt 2017 sind Fördermittel in Höhe von 2,4 Mio. € vorgesehen. Damit werden die Fördermittel in gleicher Höhe wie im Jahr 2016 beibehalten. Wiesbaden, 20. November 2016 Peter Beuth Anlage