Kleine Anfrage des Abg. Rentsch (FDP) vom 06.10.2016 betreffend die Einhaltung der Anti-Terror-EU-Verordnung durch Hessen und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung des Fragestellers: Hessen ist nach Einschätzung von Innenminister Peter Beuth - wie er beispielsweise anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2015 kundgetan hat - stärker vom islamistischen Terrorismus bedroht als je zuvor. Zugleich berichtete das ARD-Magazin "Kontraste" (Sendung vom 15. September 2016), dass Deutschland seit 14 Jahren die Anti-Terror-Sanktionen der EU nur unzureichend umsetzt. Laut der EU-Verordnung (EG) Nr. 881/2002, zuletzt mit Wirkung vom 1. Juli 2016 aktualisiert, muss das Vermögen von Terror-Anhängern und Terror-Finanziers, die auf den Sanktionslisten der EU und der UNO stehen, seit 2002 eingefroren werden . Dennoch gibt es in Deutschland vor allem im Immobiliensektor nach wie vor keine gültigen Regelungen für die Umsetzung der Sanktionsverordnungen. Die bundesweite Recherche des Magazins ergab, dass offenbar in keinem Bundesland systematisch überprüft wird, ob Verkäufer oder Käufer von Immobilien auf den Sanktionslisten genannt werden. Es gebe weder Vorgaben für eine Überprüfung bei Grundbucheintragungen noch werde bei Grundstücksgeschäften ein Abgleich mit den Anti-Terror-Listen vorgenommen, geschweige denn würden alte Immobiliengeschäfte geprüft. Auf Nachfrage des ARD-Magazins hat die EU-Kommission ausdrücklich erklärt: "Die Verpflichtung der sog. "Al Kaida-Verordnung" lautet, dass sämtliche Vermögenswerte der gelisteten Personen komplett eingefroren werden, unabhängig davon, wann sie angeschafft wurden." Auch sehe das Bundesinnenministerium die deutschen Behörden "unmittelbar" verpflichtet, Vermögenswerte wie Immobilien "einzufrieren". Diese Vorbemerkung des Fragestellers vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit der Ministerin der Justiz wie folgt: Frage 1. Sieht die Landesregierung in dem Einfrieren von Finanzquellen ein wichtiges und probates Mittel im Rahmen der Terrorismusbekämpfung sowie um wirtschaftliche Transaktionen von Terrorunterstützern zu unterbinden? Die Landesregierung sieht in dem Einfrieren von Finanzquellen des Terrorismus nach wie vor ein wichtiges und probates Mittel im Rahmen der Terrorismusbekämpfung sowie um wirtschaftliche Transaktionen von Terrorunterstützern zu unterbinden. Frage 2. Gibt es in Hessen konkrete Regelungen zur Einhaltung des geltenden EU-Rechts und zur Umsetzung der Anti-Terror-Verordnung, insbesondere im Falle von Grundstücks- und Immobilientransaktionen ? a) Wenn ja: Ist auch eine Ermittlung in Bezug auf die Verwendung dieser Grundstücke oder Immobilien mit umfasst? b) Wenn nein: Ist die zeitnahe Erarbeitung solcher Regelungen geplant? Die Verordnung Nr. 881/2202 des Rates vom 27. Mai 2002 ist im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 29. Mai 2002 (L 139/9) veröffentlicht und gilt somit, ohne dass nationale Umsetzungsmaßnahmen notwendig wären, unmittelbar in jedem Mitgliedstaat als direkt anzuwendendes Recht. Eine spezifische hessische Regelung zur Einhaltung dieser Verordnung gibt es nicht und ist vor dem Hintergrund der unmittelbaren Gültigkeit auch nicht erforderlich. Zum Anwendungsbereich der Verordnung gehört auch der Erwerb von Grundstücken, an dem wegen Terrorismusverdachts gelistete Personen oder Gruppen beteiligt sind. Gegenüber solchen Personen und Gruppen bestehen absolute Verfügungsbeschränkungen, die von Amts wegen zu beachten sind. Eingegangen am 29. Dezember 2016 · Bearbeitet am 4. Januar 2017 · Ausgegeben am 10. Januar 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3872 29. 12. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3872 Frage 3. Wird in hessischen Grundbuchämtern bei Neueintragungen auf möglichen Terrorverdacht gegenüber Verkäufer oder Käufer geprüft? Falls ja, inwiefern, falls nein, weshalb nicht? Frage 4. Sind seitens der Landesregierung konkrete Maßnahmen in Angriff genommen bzw. geplant, um hessische Grundbuchbestände in Bezug auf mögliche Terrorunterstützer flächendeckend zu überprüfen ? Die Fragen 3 und 4 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam wie folgt beantwortet: Grundsätzlich erfolgt in den Grundbuchämtern bei Anhaltspunkten für einen möglichen Terrorismusverdacht eine Überprüfung. Im Justizportal des Bundes und der Länder ist insoweit eine Finanz-Sanktionsliste (http://www.finanz-sanktionsliste.de/fisalis/jsp/ind-ex.jsf) als Onlinedienst erreichbar. Diese Liste kann direkt aus dem in Hessen derzeit eingesetzten Fachverfahren für Grundbuchsachen "SolumSTAR" zu jedem Beteiligten aufgerufen und die entsprechende Recherche gestartet werden. Es ist beabsichtigt, diese oder eine vergleichbare Funktionalität auch in das künftige Datenbank-Grundbuch zu integrieren. Im Übrigen erledigen die für das Grundbuch zuständigen Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger ihre Aufgaben im Rahmen ihrer sachlichen Unabhängigkeit gemäß § 9 Rechtspflegergesetz. Frage 5. Wie viele der Grundstücke oder Immobilien in Hessen sind der Landesregierung bekannt, die im Eigentum und/oder Besitz von als Terrororganisationen, Terroristen, Terroranhängern und/oder Finanziers den Sicherheitsbehörden (Polizei, Landeskriminalamt, Landesamt für Verfassungsschutz ) bekannten oder verdächtigen Personen stehen? Falls es entsprechende Fälle gibt, bitte auflisten , wo dieser Grundbesitz besteht, in welcher Größenordnung und von welchen Personen oder Organisationen dieser gehalten wird. Der Landesregierung sind keine Grundstücke oder Immobilien in Hessen bekannt, die im Eigentum und/oder im Besitz von als Terrororganisationen, Terroristen, Terroranhängern und/oder Finanziers den Sicherheitsbehörden bekannten oder verdächtigen Personen stehen. Frage 6. Wie oft wurden seit 2002 in Hessen bereits Grundstücke oder sonstige Vermögenswerte von in EU-Sanktionslisten aufgeführten Personen oder Organisationen eingefroren? Bitte auflisten nach Grundstück/Immobilie, Ort, Wert, Größenordnung sowie von welchen Personen oder Organisationen entsprechende Vermögenswerte eingefroren wurden. Nach den Erkenntnissen der Landesregierung wurden im Rahmen von Ermittlungs- oder Gefahrenabwehrverfahren in Hessen bisher keine Grundstücke, Immobilien oder sonstige Vermögenswerte von Personen oder Organisationen, die zum Zeitpunkt der Maßnahme auf der EU- Sanktionsliste wegen Terrorismusverdacht aufgeführt gewesen sind, eingefroren. Mitteilungen zum Einfrieren von Vermögenswerten durch Banken oder sonstige Stellen sind der hessischen Polizei nicht bekannt geworden. Wiesbaden, 23. Dezember 2016 Peter Beuth