Kleine Anfrage der Abg. Siebel, Gremmels, Löber, Lotz, Müller (Schwalmstadt), Schmitt und Warnecke (SPD) vom 11.10.2016 betreffend Anwendung von natürlichen und künstlichen Duftstoffen in der Umwelt und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung der Fragesteller: Immer wieder beklagen sich Bürgerinnen und Bürger über die übermäßige Anwendung von natürlichen und künstlichen Duftstoffen in der Umwelt, ob im privaten Bereich oder auch im öffentlichen Raum. So werden Duftstoffe als "Neuromarketing" eingesetzt, um die Kauflaune der Kundinnen und Kunden zu beeinflussen. Mit der übermäßigen Verwendung von Duftstoffen gehen allerdings nach Warnung von Umweltmedizinern Risiken einher, so die Entstehung von Allergien und Atemwegserkrankungen. Vorbemerkung der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz : Allgemein ist zunächst anzumerken, dass der Mensch unzweifelhaft einer Vielzahl und den unterschiedlichsten Anwendungen von Duftstoffen und Duftstoffgemischen in der Umwelt ausgesetzt ist. Die Expositionen betreffen sowohl die private Umgebung als auch öffentliche Bereiche , wobei für Letzteres oftmals eine nicht gezielt vermeidbare bzw. nicht selbstbestimmte Expositionssituation für den Menschen gegeben ist. Bei einigen Menschen kann der Kontakt mit einem bestimmten allergieauslösenden Duftstoff lokale allergische Entzündungen der Haut verursachen (Kontaktallergie). Als häufige Kontaktallergene werden Duftstoffe aufgeführt. Es ist dabei jedoch zu berücksichtigen, dass auch andere allergenwirkende Stoffe in der Umwelt vorliegen. Das heißt, ein möglicher Duftstoff muss auch als potenziell allergieauslösende Substanz eindeutig nachgewiesen sein. Erkenntnisse aus anerkannten wissenschaftlichen Untersuchungen zeigen, dass Duftstoffe an den Atemwegen nicht als Kontaktallergen reagieren. Jedoch kann es bei einigen Menschen infolge einer inhalativen Exposition gegenüber Duftstoffen zu einer akuten erhöhten Reaktivität der Atemwege mit Symptomen wie Reizwirkungen und Husten, insbesondere bei vorliegender Überempfindlichkeit der Atemwege, kommen. Bei einer Exposition über den Luftpfad auf die Haut besteht die Möglichkeit , dass durch einen allergieauslösenden Duftstoff ein Kontaktekzem hervorgerufen wird. Das Vorliegen einer allergischen Kontaktdermatitis beeinflusst die Lebensqualität Betroffener nachteilig. Folglich sind expositionsmindernde Maßnahmen allgemein vorzusehen und zu unterstützen , um das Risiko sowohl für eine Sensibilisierung als auch für die Auslösung eines Kontaktekzems sowie von Atemwegsymptomen zu verringern. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage mit dem Minister für Soziales und Integration wie folgt: Frage 1. Welche Untersuchungen gibt es in Hessen bezüglich des Zusammenhangs von Allergien und der Anwendung von Duftstoffen sowie der Auswirkungen auf Asthmatiker? Der Landesregierung sind für Hessen repräsentative Untersuchungen der Bevölkerung in Zusammenhang von Allergien und der Anwendung von Duftstoffen sowie deren Auswirkung auf Asthmatiker nicht bekannt. Die im Jahr 1998 und in den Jahren 2008 bis 2011 im Rahmen des nationalen Gesundheitssurveys zur Gesundheit von Erwachsenen in Deutschland (DEGS-1-Studie) erhobenen Daten lassen über diesen Gesamtzeitraum für das ärztlich diagnostizierte Kontaktekzem keinen Anstieg erkennen. Auch bei Kindern und Jugendlichen ergibt sich aus den für Deutschland repräsentativen Daten des "Kinder- und Jugend-Gesundheitssurveys" (KiGGS), die in den Zeiträumen 2003 bis 2006 sowie 2009 bis 2012 erhoben wurden, für das Auftreten des allergischen Kontaktekzems keine Zunahme. Eingegangen am 30. November 2016 · Ausgegeben am 2. Dezember 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3884 30. 11. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3884 Frage 2. Welche Ämter sind in die Überprüfung und Zulassung von Duftstoffen und Zusätzen in Hessen eingebunden? Das Regierungspräsidium Darmstadt (Abteilung Arbeitsschutz und Umwelt Frankfurt) führt Kontrollen bezüglich der Registrierung, Zulassung und Beschränkung von Stoffen und Gemischen im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH-Verordnung) durch. Auf der Basis der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP-Verordnung) überwachen die Regierungspräsidien (Arbeitsschutzverwaltung) in Hessen die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung gefährlicher Stoffe und Gemische - wie etwa im Falle der als sensibilisierend eingestuften Duftstoffe - sowie den Inhalt der Sicherheitsdatenblätter und deren Weitergabe entlang der Lieferkette in Abhängigkeit von der hergestellten bzw. importierten Menge. Hierzu nimmt die Behörde Überprüfungen bei Herstellern von Stoffen und Formulierungen von Gemischen sowie Importeuren und im Handel vor. Die Einhaltung von Herstellungs- und Verwendungsbeschränkungen sowie die Umsetzung der in den Sicherheitsdatenblättern kommunizierten Schutzmaßnahmen durch den Arbeitgeber werden ebenfalls durch die Arbeitsschutzverwaltung überwacht. Des Weiteren überprüft das Hessische Landeslabor im Rahmen der amtlichen Überwachung von Bedarfsgegenständen und kosmetischen Mitteln regelmäßig aus dem Handel oder von Herstellern oder Importeuren entnommene Proben von Raumlufterfrischern und -verbesserern, Waschund Reinigungsmitteln sowie Kosmetika auf allergene Duftstoffe und damit verbundene Anforderungen an die Kennzeichnung bzw. Kenntlichmachung. Frage 3. Welche Richtlinien gibt es? In Bezug auf Mittel und Gegenstände zur Geruchsverbesserung in Räumen, die zum Aufenthalt von Menschen bestimmt sind (z.B. Raumlufterfrischer), die nicht in den Anwendungsbereich der Kosmetik- und Detergenzienverordnung fallen, gelten hinsichtlich ihrer Einstufung und Kennzeichnung die Anforderungen des Chemikalien- und Gefahrstoffrechts. Demnach sind für Duftstoffe mit allergenem Potenzial ab bestimmten Konzentrationen eine gefahrstoffrechtliche Einstufung und Kennzeichnung im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 erforderlich. Das Kennzeichnungsetikett von entsprechenden Gemischen, die mindestens einen sensibilisierenden Stoff in einer Konzentration von mindestens 0,1 % enthalten, muss einen Warnhinweis tragen. Hinsichtlich kosmetischer Mittel müssen Duftstoffe, die ein allergenes Potenzial aufweisen, gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 ab bestimmten Konzentrationen einzeln deklariert werden. Im Hinblick auf Wasch- und Reinigungsmittel gelten die Vorgaben des Wasch- und Reinigungsmittelgesetzes sowie der Verordnung (EG) Nr. 648/2004 (Detergenzienverordnung). Danach müssen grundsätzlich Duftstoffe in Wasch- und Reinigungsmitteln - unabhängig von ihrer Konzentration - auf der Verpackung kenntlich gemacht werden. Neben dieser allgemeinen Angabe sind darüber hinaus derzeit 26 allergene Duftstoffe, die in einer Konzentration von mehr als 0,01 Gewichtsprozenten eingesetzt werden, namentlich unter Verwendung einer spezifizierten Nomenklatur anzugeben. Ferner muss der Hersteller auf den jeweiligen Verpackungen von Wasch- und Reinigungsmitteln eine Internetadresse angeben, auf der sich die Verbraucherinnen und Verbraucher zusätzlich über die Inhaltsstoffe - wie etwa Duftstoffe - informieren können. Frage 4. Welche Maßnahmen werden im Rahmen des Verbraucherschutzes ergriffen, um die Menschen auf Risiken der Anwendung von Produkten mit Duftstoffen hinzuweisen? Durch die in verschiedenen Rechtsvorschriften festgelegten Anforderungen an die Kennzeichnung und die Sicherheitsdatenblätter sowie die im Internet zu veröffentlichenden Datenblätter mit Auflistung der Inhaltsstoffe werden die Verbraucherinnen und Verbraucher über das Vorkommen von allergenen Duftstoffen informiert. Darüber hinaus haben Verbraucherinnen und Verbraucher die Möglichkeit, beispielsweise auf den Internetseiten der Hersteller bzw. Inverkehrbringer weitergehende Informationen einzuholen sowie sich beim Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), bei den verschiedenen Industrieverbänden wie etwa dem internationalen Verband der Hersteller von Wasch-, Pflege- und Reinigungsmitteln (A.I.S.E.) und dem europäischen Chemieverband (Cefic) zu informieren, zu deren Mitgliedern in Deutschland der Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel (IKW) und der Verband der Chemischen Industrie e.V. gehören. Unzureichende oder nicht ordnungsgemäße Kennzeichnung bzw. Kenntlichmachung von allergenen Duftstoffen auf Verpackungen von kosmetischen Mitteln, Erzeugnissen im Sinne des Waschund Reinigungsmittelgesetzes oder der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 werden im Rahmen der amtlichen Überwachung von Bedarfsgegenständen und kosmetischen Mitteln beanstandet. Wiesbaden, 21. November 2016 Priska Hinz