Kleine Anfrage der Abg. Barth und Dr. Sommer (SPD) vom 11.10.2016 betreffend Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in kinder- und jugendpsychiatrischen Krankenhäusern in Hessen und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung der Fragesteller: Für eine Einweisung in kinder- und jugendpsychiatrische Krankenhäuser müssen Eltern und ihre betroffenen Kinder trotz richterlichem Beschluss oft lange Wartezeiten von mehreren Monaten in Kauf nehmen. Für Jugendliche, bei denen nach § 1631b BGB durch Richterbeschluss von dem zuständigen Gericht eine gefährdete Entwicklung festgestellt wird, ist die Unterbringung in kinder- und jugendpsychiatrischen Krankenhäusern vorgesehen. Als gefährdete Entwicklung gelten z.B. erhebliche Selbst- und Fremdgefährdung oder Drogenkriminalität. Der Wohnort der Kinder und Jugendlichen bestimmt darüber, in welcher Klinik die Einweisung erfolgt. Vorbemerkung des Ministers für Soziales und Integration: Der § 1631b BGB regelt die mit Freiheitsentzug verbundene Unterbringung von Minderjährigen . Diese kann prinzipiell sowohl in kinder- und jugendpsychiatrischen Krankenhäusern als auch in Einrichtungen der Jugendhilfe vollzogen werden. Daneben besteht bei akuter Selbst- und Fremdgefährdung die Möglichkeit einer Unterbringung nach dem Hessischen Freiheitsentziehungsgesetz (HFEG). Es wird darauf hingewiesen, dass es sich bei der Unterbringung nach § 1631b BGB nicht um Maßnahmen einer Ordnungs- oder Polizeibehörde wie beim § 10 HFEG handelt, sondern um die Genehmigung einer Unterbringung der Kinder durch die Eltern. Dies schafft kein Rechtsverhältnis zwischen Gericht und Klinik, sondern zwischen Eltern und Gericht. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Welche Kapazitäten an kinder- und jugendpsychiatrischen Krankenhäusern stehen für die Unterbringung von Kindern und Jugendlichen nach § 1631b BGB in Hessen zur Verfügung (bitte um Angabe der einzelnen Krankenhäuser mit Ortsangabe und jeweiliger Platzzahl)? In Hessen gibt es acht kinder- und jugendpsychiatrische Krankenhäuser, ein neunter Standort in Hanau ist in Planung. 1. Vitos Klinikum Kurhessen gGmbH in Bad Emstal Standort der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Klinik (KJP) ist Kassel, aufgrund der Errichtung eines Neubaus derzeit in Bad Emstal 60 Betten, 57 tagesklinische Plätze 2. Herz-Jesu-Krankenhaus in Fulda 51 Betten, 48 tagesklinische Plätze 3. Vitos Gießen-Marburg gGmbH - hier Standort Marburg 62 Betten, 12 tagesklinische Plätze 4. Vitos Herborn gGmbH in Herborn 75 Betten, 55 tagesklinische Plätze 5. Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH - hier Standort Marburg 60 Betten, 48 tagesklinische Plätze 6. Klinikum der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt 44 Betten, 25 tagesklinische Plätze Eingegangen am 25. November 2016 · Ausgegeben am 30. November 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3887 25. 11. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3887 7. Vitos Rheingau gGmbH in Eltville 69 Betten, 39 tagesklinische Plätze 8. Vitos Riedstadt gGmbH in Riedstadt 85 Betten, 36 tagesklinische Plätze. Frage 2. Wie viele kinder- und jugendpsychiatrische Krankenhäuser für die Unterbringung nach § 1631b BGB haben in den letzten Jahren geschlossen und wo wurden neue Einrichtungen etabliert? Es wurden in den vergangenen Jahren weder neue Einrichtungen etabliert noch bestehende geschlossen . Frage 3. Welche Fallzahlen an Unterbringungen in kinder- und jugendpsychiatrischen Krankenhäusern gab es in Hessen in den Jahren 2011 bis 2015 (bitte nach Jahren aufgeschlüsselt)? Die Antwort bezieht sich auf die gerichtlich angeordneten Unterbringungen nach § 1631b BGB. Hierzu wird auf die Anlage verwiesen. Frage 4. Wie lange sind die durchschnittlichen Wartezeiten für die Unterbringung in kinder- und jugendpsychiatrischen Krankenhäusern nach einem richterlichen Beschluss in Hessen? Eine Abfrage bei den zuständigen kinder- und jugendpsychiatrischen Kliniken hat ergeben, dass es Wartezeiten von null Tagen bis vier Wochen gibt. Frage 5. Gibt es erhebliche Unterschiede diesbezüglich zwischen den einzelnen Krankenhäusern? Vitos Kurhessen gGmbH Bad Emstal: keine Wartezeiten, Herz-Jesu Krankenhaus Fulda: durchschnittlich 3 bis 11 Tage, Vitos Gießen-Marburg gGmbH: keine Wartezeiten, Vitos Herborn gGmbH: keine Wartezeiten, Universitätsklinikum Gießen und Marburg: durchschnittlich 1 Woche, Klinikum J.-W.-Goethe-Universität Frankfurt: 0 bis 4 Wochen, Vitos Rheingau gGmbH: unter 14 Tagen, Vitos Riedstadt gGmbH: wird nicht gesondert erfasst. Frage 6. Wie viele Fälle aus den letzten fünf Jahren sind der Landesregierung bekannt, bei denen ein erneuter Beschluss über eine Unterbringung getroffen werden musste, weil die vorhandene zeitliche Limitierung des Richterbeschlusses überschritten wurde? Der Landesregierung sind keine Fälle bekannt, bei denen ein erneuter Beschluss über eine Unterbringung getroffen werden musste, weil die vorhandene zeitliche Limitierung des Richterbeschlusses überschritten wurde. Frage 7. Wie viele Fälle aus den letzten fünf Jahren sind der Landesregierung bekannt, bei denen die Aufnahme durch die Klinik verweigert wurde mit Verweis auf nicht vorhandene Kapazitäten und damit Richterbeschlüsse missachtet wurden (bitte jeweils um Nennung der Krankenhäuser, an denen dies vorkam)? Der Landesregierung sind keine Fälle bekannt, in denen eine Klinik einen richterlichen Beschluss missachtet hat. Frage 8. Wie viele Fälle aus den letzten fünf Jahren sind der Landesregierung bekannt, wo die zuständigen Kliniken eigene Gewichtungen vorgenommen haben, indem sie z.B. nur noch bestimmte Fälle aufgenommen haben (bitte jeweils um Nennung der Krankenhäuser, an denen dies vorkam)? Der Landesregierung sind keine Fälle bekannt. Es wird darauf hingewiesen, dass für eine Aufnahme in einem kinder- und jugendpsychiatrischen Krankenhaus auch das Vorliegen der Voraussetzung einer Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V ist. Frage 9. Wie will die Landesregierung in Zukunft dafür Sorge tragen, dass eine bedarfsgerechte und flächendeckende Versorgung mit kinder- und jugendpsychiatrischen Krankenhäusern für die Unterbringung nach § 1631b BGB gewährleistet ist, Wartezeiten verkürzt werden und Hilfen frühzeitig angeboten und genutzt werden können? Die Landesregierung hat in den vergangenen Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen, die kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung durch Erhöhung von Kapazitäten zu gewährleisten und zu verbessern. So wurden die Betten seit dem Jahr 2011 von 489 auf 548 im Jahr 2014 erhöht ebenso wie die tagesklinischen Plätze von 170 in 2011 auf 291 in 2014. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3887 3 Aufgrund der geringeren Fallzahlen der Kinder- und Jugendpsychiatrie im Vergleich zur Erwachsenenpsychiatrie ist eine ähnliche wohnortnahe stationäre Versorgung nicht zu erreichen. Deshalb liegt der Schwerpunkt auf dem Ausbau der tagesklinischen Angebote, um so eine flächendeckendere Versorgung sicherzustellen. Ein weiterer Schwerpunkt der Bemühungen liegt darin, in Hessen verlässliche und verbindliche Kooperationsstrukturen zwischen Kinder- und Jugendhilfe und Kinder- und Jugendpsychiatrie zu schaffen, um so die Angebote der jeweiligen Hilfesysteme auch in konkreten Einzelfällen abzustimmen , um so frühzeitige Intervention zu ermöglichen und stationäre Unterbringung möglichst zu vermeiden. Wiesbaden, 16. November 2016 Stefan Grüttner Anlage Anlage zur Kleinen Anfrage 19/3887 Klinik 2011 2012 2013 2014 2015 1 Vitos Klinikum Kurhessen gGmbH 7 (01.07. bis 31.12.2011) 18 58 39 31 2 Herz-Jesu Krankenhaus G esch lossene S tation w urde am 31.08.2015 eröffnet “ “ ' ' 13 3 Vitos Gießen-Marburg gGmbH 26 17 34 34 27 4 Vitos Herborn gGmbH 6 17 9 14 18 5 Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH Es stehen m axim al 12 Betten fü r die U nterbringung nach § 1631 b B G B zur V erfügung. 18 14 17 19 17 6 Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität Klin ik hält 10 Betten fü r d ie U nterbringung nach § 1631 b BGB vor. ca. 20 ca. 20 ca. 20 ca. 20 ca. 20 7 Vitos Rheingau gGmbH 42 44 41 39 47 8 Vitos Riedstadt gGmbH 21 46 56 39 55