Kleine Anfrage der Abg. Cárdenas (DIE LINKE) vom 25.10.2016 betreffend Klassengrößen und Mehrzügigkeit und Antwort des Kultusministers Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt: Frage 1. Wie haben sich die durchschnittlichen Klassengrößen in den letzten zehn Jahren in Hessen entwickelt ? (bitte nach Landkreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln) Zur Beantwortung dieser Frage wird auf Anlage 1 verwiesen. Diese berücksichtigt alle allgemeinbildenden Schulen und Klassen inklusive der Förderschulen bis einschließlich Klassenstufe 10. Frage 2. Gibt es signifikante Unterschiede in den tatsächlichen Klassengrößen, vergleicht man städtische Schulen mit ländlich gelegenen Schulen? Anlage 1 ist zu entnehmen, dass die durchschnittliche Schüleranzahl pro Klasse in den letzten zehn Jahren in allen Kreisen und Städten durchschnittlich um 1,6 Schüler gesunken ist. Der Vergleich der aktuellen Klassengrößen zwischen städtisch und ländlich gelegenen Schulen ergibt keinen signifikanten Unterschied. Zum Teil sind die durchschnittlichen Klassengrößen annähernd identisch (vgl. Darmstadt oder Offenbach), zum Teil gibt es Landkreise, in denen die durchschnittliche Schüleranzahl über der der Stadtschulen liegt (vgl. Lahn-Dill-Kreis mit Limburg -Weilburg), allerdings gibt es auch den umgekehrten Fall, dass die durchschnittliche Klassengröße an städtischen Schulen über der in ländlichen Schulen liegt, jedoch bewegt sich die Abweichung in einer Größenordnung, bei der man - gerade unter Berücksichtigung der genannten Auffälligkeiten - nicht von einer signifikanten Abweichung sprechen kann. Frage 3. Wie viele Grundschulen sind einzügig, wie viele Grundschulen sind zweizügig, wie viele Grundschulen sind dreizügig, wie viele Grundschulen sind vierzügig und wie viele Grundschulen haben mehr als vier Klassen eines Jahrgangs und welche sind das (bitte ebenfalls nach Landkreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln)? Zur Beantwortung dieser Frage wird auf Anlage 2 verwiesen. Da Schulen nicht immer in allen Jahrgangsstufen dieselbe Zügigkeit aufweisen, also nicht immer exakt ein-, zwei-, … -zügig sind, wurde zur Beantwortung dieser Frage die durchschnittliche Zügigkeit betrachtet. Frage 4. Korreliert die höhere Zügigkeit mit einer höheren Klassengröße? Grundsätzlich besteht über die sollklassenbasierte Zuweisung ein allgemeiner Zusammenhang zwischen der Zügigkeit und der durchschnittlichen Klassengröße in einer Stufe. Hintergrund ist der bei der Zuweisung zu berücksichtigende sogenannte Klassenteiler (25 Schülerinnen und Schüler (SuS)/Sollklasse): Eingegangen am 2. Dezember 2016 · Bearbeitet am 7. Dezember 2016 · Ausgegeben am 12. Dezember 2016 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3907 02. 12. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3907 Es kann jedoch Fälle geben, in denen die Schülerzahl dauerhaft und stabil knapp unter der Bildung einer zusätzlichen Klasse liegt. Die durchschnittliche Schülerzahl ist dann an solchen Schulen überdurchschnittlich hoch. Die Analyse der durchschnittlichen Klassengröße in den jeweiligen Landkreisen und kreisfreien Städten nach der Zügigkeit der Schulen lässt aufgrund der regionalen Unterschiede keine allgemeingültige Aussage zu. Frage 5. Korreliert die Klassengröße mit den Ergebnissen der Vergleichsarbeiten (z.B. VERA)? Für die Analyse der hessischen VERA-Daten (in Hessen: Zentrale Lernstandserhebungen) wurde die jeweilige Korrelation zwischen den Merkmalen "Klassengröße" und "Ergebnis der Lernstandserhebung " berechnet. Diese Korrelationen liegen nahe null oder im geringen positiven Bereich . Definitiv lässt sich sagen, dass sich kein Zusammenhang zwischen kleineren Klassengrößen und dem Erreichen besserer Ergebnisse in den Zentralen Lernstandserhebungen ableiten lässt. Die Ergebnisse wurden jeweils pro Schulform berechnet, wobei die Ergebnisse von Hauptschulen wegen ihrer geringen Anzahl nicht in die Berechnungen einbezogen wurden. Förderschulen und Schulen mit nicht näher spezifizierter Schulform wurden ebenfalls aus der Analyse ausgeschlossen . Frage 6. Wie wirkt sich die Verteilung des Sozialindexes auf die davon profitierenden Schulen in welcher Form aus? Schulen, die eine zusätzliche Lehrerstellenzuweisung auf der Grundlage des Soziallindexes erhalten , kompensieren das schwierige pädagogische Umfeld ihrer Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichen unterrichtlichen und unterrichtsbegleitenden Maßnahmen. Die Durchführung der Maßnahmen orientiert sich an den wahrgenommenen Problemen der jeweiligen Schülerschaft . Beispielsweise zeigt sich dies in den meisten Fällen durch sprachliche Defizite und allgemeinen Förderbedarf, durch Verhaltensauffälligkeiten sowie durch kulturelle Unterschiede. Daher werden überwiegend Fördermaßnahmen in den Fächern Deutsch (auch als Zweitsprache) und Mathematik angeboten sowie zusätzliche Unterrichtsangebote oder Klassenförderstunden. Die Schulen begegnen Verhaltensauffälligkeiten ihrer Schülerinnen und Schüler durch präventive Maßnahmen, z.B. durch die Reduzierung der Klassengrößen oder durch spezielle Projekte wie Trainingsprogramme im Bereich der Gewaltprävention und zum sozialen Lernen. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung der sozial indizierten Lehrerzuweisung haben einen hohen Grad an Zufriedenheit bei den Schulleitungen und Lehrkräften mit den durchgeführten Maßnahmen gezeigt. Die Lehrkräfte können individueller auf die einzelnen Schülerinnen und Schüler eingehen. Die Kinder und Jugendlichen sind motiviert, an den Maßnahmen teilzunehmen. Sie können anschließend dem Klassenunterricht besser folgen. Im Bereich der Verhaltensauffälligkeiten kann präventiv gearbeitet bzw. akut auftretenden Problemen kann durch die Zusammenarbeit in multi-professionellen Teams besser begegnet werden. Schulleitungen und Lehrkräfte halten die angebotenen Maßnahmen für geeignet, die individuelle Förderung betroffener Kinder und Jugendlichen zu optimieren, und beurteilen die zusätzliche Zuweisung auf der Grundlage des Sozialindexes als sehr positiv. Wiesbaden, 23. November 2016 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz Anlagen