Kleine Anfrage des Abg. Greilich (FDP) vom 26.10.2016 betreffend Islamisten in Hessen und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung des Fragestellers: In der Drucksache 19/3660 beantwortet die Landesregierung die Frage nach Erkenntnissen über die Zusammensetzung der islamistischen bzw. salafistischen Szene in Hessen, insbesondere bezüglich Bildungsgrad, Geschlechterverteilung, Alter, Anteil der Konvertiten, Anteil der deutschen bzw. ausländischen Staatsbürger mit der Übersendung einer Studie (in der Fassung der Fortschreibung 2015), die eine gemeinsame Analyse des BKA, BfV und des HKE zu Radikalisierungshintergründen und -verläufen der Personen, die aus islamistischer Motivation aus Deutschland in Richtung Syrien oder Irak ausgereist sind, enthält. Obgleich diese Studie interessante Ausführungen zu der gestellten Frage vier der Drs. 19/3660 in Bezug auf das Bundesgebiet und ausgereiste Personen aus dem islamistischen Spektrum enthält, fehlt es an den eigentlich abgefragten hessenspezifischen Informationen zu der hier vorhandenen islamistischen Szene. daher ist die Beantwortung der Kleinen Anfrage trotz einer Bearbeitungszeit von fast drei Monaten zumindest unvollständig . Da die bundesweite Studie unter anderem auf Rohdaten aus Hessen beruht und das HKE die Studie mit erstellt hat, ist nicht ersichtlich, weshalb eine Beantwortung der Kleinen Anfrage hinsichtlich der speziell auf Hessen bezogenen Fragestellung seitens der Landesregierung nicht möglich ist. Diese Vorbemerkung des Fragestellers vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Zusammensetzung der islamistischen bzw. salafistischen Szene in Hessen, insbesondere bezüglich Bildungsgrad, Geschlechterverteilung, Alter , Anteil der Konvertiten, Anteil der deutschen bzw. ausländischen Staatsbürger sowie der regionalen Verteilung? Zur Erhebung personenbezogener Daten bedarf es gesetzlicher Grundlagen sowie der tatsächlichen Möglichkeit, entsprechende Daten belastbar erheben zu können. Bei den angefragten Kategorien ist dies nicht in allen Fällen gegeben. Eine dezidierte Darstellung des Anteils der Konvertiten an der hessischen Szene im Bereich Islamismus bzw. Salafismus ist nicht möglich, da religiöse Konversionen nicht vom Beobachtungsauftrag der Verfassungsschutzbehörden umfasst werden. Ebenso wenig besteht die Möglichkeit, standardisiert und gezielt den Bildungsgrad aller Extremisten zu erheben. Insbesondere vor dem Hintergrund eines Zuzugs aus dem Ausland, mithin außerhalb des deutschen Bildungswegs, stehen Ermittlungen in dieser Fragestellung außer Verhältnis und/oder fußen zumeist auf eigenen Angaben. Dies vorangestellt, wird die Frage wie folgt beantwortet: Geschlechterverteilung Mehr als dreiviertel der bekannten Islamisten/Salafisten ist männlichen Geschlechts. Altersstruktur Die dominante Altersgruppe im Islamismus/Salafismus ist die Gruppe der 26- bis 35-Jährigen. Ein Vergleich der Geschlechter bezüglich der Altersstruktur zeigt keine Auffälligkeiten. Insgesamt sind Akteure des salafistischen Spektrums im Vergleich zu denen des islamistischen Spektrums jünger. Der Anteil der unter 25-Jährigen ist im Salafismus deutlich höher als im Islamismus . Eingegangen am 3. Januar 2017 · Bearbeitet am 3. Januar 2017 · Ausgegeben am 6. Januar 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/3913 03. 01. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/3913 Staatsangehörigkeit Etwa die Hälfte der Islamisten besitzt keine deutsche Staatsangehörigkeit. Bei den Salafisten ist es rund ein Drittel. Die übrigen besitzen die deutsche und ggf. eine weitere Staatsangehörigkeit. Regionale Verteilung Das hessische Personenpotenzial im Islamismus (inklusive Salafismus) konzentriert sich überwiegend auf den Ballungsraum Rhein-Main-Gebiet. Das Rhein-Main-Gebiet und hier insbesondere die Stadt Frankfurt am Main stellen den regionalen Schwerpunkt der islamistischen Bestrebungen in Hessen dar. Daneben existiert im Phänomenbereich Salafismus eine größere Szene im Raum Kassel/Nordhessen. Im Phänomenbereich des legalistischen Islamismus können des Weiteren regionale Strukturen im Bereich Mittelhessen festgestellt werden. Frage 2. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Zusammensetzung der aus Hessen mit islamistischer Motivation in Richtung Syrien oder Irak ausgereisten Personen, insbesondere bezüglich Bildungsgrad, Geschlechterverteilung, Alter, Anteil der Konvertiten, Anteil der deutschen bzw. ausländischen Staatsbürger sowie der exakten regionalen Herkunft (Landkreise bzw. Städte und Gemeinden)? Der Landesregierung liegen Erkenntnisse zu ca. 140 Personen vor, von denen den hessischen Sicherheitsbehörden bekannt ist, dass sie aus islamistischer Motivation aus Hessen in Richtung Syrien oder Irak ausgereist sind. Von diesen Personen waren zum Zeitpunkt der Ausreise weniger als 20 noch Schüler. Bei etwa 60 Personen ist der höchste Schulabschluss bekannt: Etwa 40 % von ihnen haben die Mittlere Reife und 35 % die (Fach-)Hochschulreife erworben. Etwa 25 % haben einen Haupt- oder Volksschulabschluss und eine Person hat einen sonstigen Abschluss . 80 % der Ausgereisten sind männlichen und 20 % weiblichen Geschlechts. Das Durchschnittsalter beträgt etwa 26 Jahre, die jüngste Person ist 15 Jahre, die älteste 48 Jahre alt. Von etwa 100 Personen, zu denen Informationen zum Thema Konversion vorliegen, sind etwa 23 % Konvertiten. Etwa ein Drittel der Ausgereisten besitzt keine deutsche Staatsangehörigkeit. Die übrigen besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit und ggf. eine weitere Staatsangehörigkeit. Einen Migrationshintergrund haben etwa 85 % (zu den Ausgereisten mit Migrationshintergrund zählen entsprechend offizieller Definition alle nach 1949 auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Zugewanderten, sowie alle in Deutschland geborenen Ausländer/-innen und alle in Deutschland als Deutsche Geborenen mit zumindest einem zugewanderten oder als Ausländer in Deutschland geborenen Elternteil (vgl. Statisches Bundesamt Wiesbaden. Personen mit Migrationshintergrund . Zugriff am 07.11.2016: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/MigrationIntegrat ion/Methoden/PersonenMitMigrationshintergrund.html). Der überwiegende Teil stammt aus dem städtischen Milieu. Aus folgenden Städten bzw. Landkreisen sind mindestens zwei Personen ausgereist: Frankfurt am Main, Hanau, Hattersheim am Main, Kassel, Landkreis Groß-Gerau, Landkreis Kassel, Landkreis Offenbach, Main-Kinzig- Kreis, Maintal, Offenbach am Main, Rüsselsheim am Main und Wiesbaden. Wiesbaden, 19. Dezember 2016 Peter Beuth