Kleine Anfrage der Abg. Faulhaber (DIE LINKE) vom 04.11.2016 betreffend Auswirkung der Rasseliste auf die hessischen Tierheime und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung der Fragestellerin: Seit Einführung der Rasseliste ist die Haltung von Listenhunden in Hessen an strenge Auflagen geknüpft und mit hohen Kosten verbunden, obwohl es wissenschaftlich erwiesen ist, dass es keine gefährlichen Hunderassen gibt und die gelisteten Rassen, lt. Beißstatistik des Innenministeriums, weitaus weniger zubeißen als die nicht gelisteten. Zudem haben zahlreiche hessische Kommunen einen erhöhten Steuersatz ("Kampfhundesteuer ") für Listenhunde eingeführt. Dadurch ist die Vermittlung von Listenhunden durch hessische Tierheime faktisch unmöglich geworden. Dies hat zur Folge, dass viele Tierheimzwinger langfristig belegt sind und die Unterbringungskosten für diese Hunde überdurchschnittlich hoch sind. Durch die Rasseliste sind die hessischen Tierheime, von denen sich viele ohnehin schon in einer existenzbedrohenden Lage befinden, in erheblichem Maße belastet worden. Vorbemerkung des Ministers des Innern und für Sport: Es ist in der Wissenschaft zwar mittlerweile unbestritten, dass allein von der Rassezugehörigkeit eines Hundes keine Rückschlüsse auf dessen Wesen und damit seine Gefährlichkeit zulässig sind. Gleichwohl sind einige Rassen aber statistisch besonders auffällig. Das wurde auch vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 27. Januar 2004 - 11 N 520/03 bestätigt , der feststellte, dass im Hinblick auf statistische Erhebungen eine Gefährlichkeit einer Hunderasse vermutet werden kann. Die Rasseliste, in welcher Hunde aufgeführt sind, deren Gefährlichkeit vermutet wird, hat sich bewährt. Zum einen hat sich die Anzahl der Listenhunde reduziert: Während es im Jahr 2002 in Hessen noch 5.021 "Listenhunde" gab, werden im Jahr 2015 in der Beißstatistik nur noch 3.387 "Listenhunde" aufgeführt. Somit ergibt sich hier ein Rückgang bei den "Listenhunden" um 1.634 Hunde (= - 32,55%). Zum anderen sind die Vorfälle, in denen Menschen von "Listenhunden " verletzt wurden, erheblich zurückgegangen: Während der Anteil im Jahr 2000 (Beginn der Statistik am 26.08.2000) noch 15,27% betrug, lag er im Jahr 2015 bei 5,61%. Dass die gelisteten Rassen weitaus weniger zubeißen als die nicht gelisteten ist daher ein Erfolg der Einführung der Rasseliste. Da die Rasseliste im Hinblick auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts regelmäßig im Lichte neuer Erkenntnisse und aktueller Statistiken über Beißvorfälle überprüft wird, kann es auch sein, dass Rassen neu auf die Liste genommen werden , so geschehen im Jahr 2008 mit dem Rottweiler. Ein Wegfall der Gefährdungsvermutung bei "Listenhunden" würde im Übrigen zu einer gravierenden Verschlechterung der bestehenden Rechtslage führen, da die zuständigen Behörden erst durch eine Auflagenerteilung reagieren könnten, wenn die Hunde auffällig werden. Ein derartiges "Recht des ersten Bisses" darf es zu Lasten der Sicherheit nicht geben. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Chef der Staatskanzlei und der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz wie folgt: Frage 1. In wie vielen hessischen Kommunen wird ein erhöhter Steuersatz für "gefährliche" Hunde erhoben ? 425 der 426 hessischen Städte und Gemeinden erheben Hundesteuern. Im Jahr 2015 wurde in 356 Städten und Gemeinden ein erhöhter Steuersatz für gefährliche Hunde erhoben. Eingegangen am 29. Dezember 2016 · Bearbeitet am 4. Januar 2017 · Ausgegeben am 10. Januar 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4103 29. 12. 2016 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4103 Frage 2. In welcher Größenordnung variieren die Steuersätze zwischen den einzelnen Kommunen? Die Steuersätze für gefährliche Hunde variierten im Jahr 2015 von 96 Euro bis 1.000 Euro. Der Steuersatz lag dabei im Landesdurchschnitt bei 534 Euro. Frage 3. Wie hoch ist das jährliche Hundesteueraufkommen in Hessen? Das Hundesteueraufkommen betrug im Jahr 2015 in Hessen 22.206.761 Euro. Frage 4. Wie hoch sind die Einnahmen davon durch die sogenannte Kampfhundesteuer? Eine gesonderte Statistik oder Erhebung über die Einnahmen aus der Steuer für gefährliche Hunde (sogenannte Kampfhundesteuer) liegt nicht vor. Frage 5. Welche konkreten Maßnahmen hat die Hessische Landesregierung bisher ergriffen, abgesehen von der Einrichtung der Stiftung Hessischer Tierschutz, um die Situation der hessischen Tierheime nachhaltig zu verbessern (vgl. hierzu auch Drucks. 18/4276) Mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes (TierSchG) ist der neu eingefügte § 13 b TierSchG am 13. Juli 2013 in Kraft getreten. Durch § 13b TierSchG sind die Landesregierungen ermächtigt worden, durch Rechtsverordnung Maßnahmen zum Schutz freilebender Katzen in bestimmten Gebieten zu ergreifen und insbesondere den unkontrollierten freien Auslauf fortpflanzungsfähiger Katzen zu beschränken oder zu verbieten, soweit dies zur Verhütung erheblicher Schmerzen, Leiden oder Schäden bei den in dem betroffenen Gebiet lebenden Katzen erforderlich ist. Die Hessische Landesregierung ist dieser Ermächtigung gefolgt und hat die Kompetenzen durch Delegationsverordnung vom 24. April 2015 auf die Gemeinden und kreisfreien Städte übertragen . Die Städte und Gemeinden, bei denen die Tierschutzproblematik besteht und entsprechender Handlungsbedarf gesehen wird, sind somit in die Lage versetzt worden, die notwendigen Regelungen für ihr Gebiet treffen zu können. Nach den bisherigen Erfahrungen in den Städten und Kommunen, die eine Katzenschutzverordnung eingeführt haben, reduziert sich mittelfristig die Anzahl der aufzunehmenden Katzen, insbesondere der zu versorgenden Welpen, was das jeweilige, regionale Tierheim deutlich entlasten kann. Frage 6. Plant die Hessische Landesregierung Maßnahmen, um die Tierheime bei der Unterbringung von Listenhunden zu unterstützen bzw. um die Vermittlung dieser Hunde zu erleichtern? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Zur Unterbringung von Listenhunden haben alle hessischen Tierheime die Möglichkeit, Anträge für eine finanzielle Unterstützung bei der Stiftung Hessischer Tierschutz zu stellen. Darüberhinausgehende Unterstützungsmaßnahmen sind nicht vorgesehen. Die Stiftung unterstützt Tierheime im Hinblick auf bauliche Maßnahmen, Futter- und Tierarztkosten, Anschaffung eines Kraftfahrzeugs sowie bei der Öffentlichkeitsarbeit. Wiesbaden, 23. Dezember 2016 Peter Beuth