Kleine Anfrage der Abg. Gnadl, Dr. Sommer und Merz (SPD) vom 24.11.2016 betreffend Familienstadt mit Zukunft und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung der Fragesteller: Nach zehn Jahren läuft das Modellprojekt "Familienstadt mit Zukunft" aus. Die Landesregierung hat insgesamt 10 Mio. € für die teilnehmenden Modellstädte Büdingen und Frankenberg zur Verfügung gestellt. Vorbemerkung des Ministers für Soziales und Integration: Die Landesregierung hat für das gesamte Projekt incl. der wissenschaftlichen Begleitung insgesamt 10 Mio. € zur Verfügung gestellt. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie bewertet die Landesregierung die Ergebnisse der Auswertung, welche Ziele wurden erreicht, welche sind aus welchen Gründen nicht erreicht worden, welche Projekte wurden umgesetzt, welche Planungen kamen mit welcher Begründung nicht zur Umsetzung? Das Anliegen des Modellprojektes, in beiden Modellstandorten gute Strategien für ein familienfreundlicheres Klima zu entwickeln, wurde grundsätzlich erreicht. Angestrebte Ziele wie "Familienpolitik als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu etablieren", "Hilfe zur Selbsthilfe durch Förderung des bürgerschaftlichen Engagements, private Initiativen und Netzwerke zu stärken", "Stadtplanung und Stadtentwicklung familienfreundlich zu gestalten ", "flexible Kinderbetreuung auszubauen" und "den Dialog zwischen den Generationen zu fördern", wurden umgesetzt. Im Modellstandort Frankenberg wurde das Etappenziel "familienfreundliches Klima erzeugen" durch Netzwerkprojekte, gezielte Öffentlichkeitsarbeit, unterstützende Marketingmaßnahmen und Aktionen erreicht. Die Stadt und das Projektmanagement "Familienstadt mit Zukunft" haben gemeinsam zentrale Angebote in Frankenberg verstetigen können. Zu nennen sind insbesondere die Etablierung und Weiterführung der Einkaufskinderbetreuung, die ab 01.01.2016 als selbstständiges privat geführtes Unternehmen weiter arbeitet; die Ernährungs- und Bewegungsangebote in den Kindertagesstätten und die Stadtteil- und Jugendarbeit. All diese Maßnahmen tragen nachhaltig zur Festigung der Eltern- bzw. Familiennetzwerke in der Familienstadt Frankenberg bei. Das Ziel "Sicherstellung und dauerhafter Betrieb des Familienbüros in zufriedenstellendem personellen wie organisatorischen Umfang" konnte für die Zeit nach Ablauf des zehnjährigen Modellprojektes nicht erreicht werden. Im Modellstandort Büdingen stellte die Einbeziehung der 15 Büdinger Stadtteile eine besondere Herausforderung dar. Mit der Aktion "Wir sind ganz Ohr" wurden alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt in das Vorhaben "Familienstadt mit Zukunft" eingebunden. Die anschließende Projektarbeit in den Stadtteilen orientierte sich an den erhobenen Bedarfen. Im Rahmen des sogenannten "Dornröschen-Konzepts" wurden Maßnahmen entwickelt, die das Ziel verfolgten, soziale , Halt gebende und von Nachbarschaft geprägte Strukturen zu erhalten und zu stärken. 2008 wurde im Rahmen der Projektarbeit das Familienzentrum "Planet Zukunft" eröffnet, das sich zwischenzeitlich zu einer nicht mehr wegzudenkenden Anlaufstelle für alle Generationen entwickelt hat. Das Konzept aus Bildungs-, Erziehungs-, Beratungs-, Unterstützungs- und Begegnungsangeboten hat sich etabliert und wird nach Ablauf des Modellprojektes weitergeführt. Eingegangen am 2. Januar 2017 · Bearbeitet am 3. Januar 2017 · Ausgegeben am 6. Januar 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4128 02. 01. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4128 Weiterhin wurden Verbesserungen bei der Kinderbetreuung in den Tagesstätten realisiert, insbesondere für Kinder unter drei Jahren und der Kinderbetreuung in Ferienzeiten. Von hoher Bedeutung war auch die Umwandlung der Stadtschule in eine Ganztagsschule mit Hausaufgabenbetreuung ab dem Schuljahr 2013/2014. Die Betreuung durch ehrenamtlichen Einsatz konnte ab 2015 nicht aufrechterhalten werden. Frage 2. Wie haben sich die Modellprojekte zum einen auf die familienfreundliche Infrastruktur und zum anderen auf die Geburtenrate ausgewirkt? Der Auf- und Ausbau einer familienfreundlichen Infrastruktur wurde in den Modellstandorten Frankenberg und Büdingen verstetigt. Zu den Auswirkungen des Modellprojektes auf die Geburtenrate konnte gemessen am Erfolgsindikator "Anstieg der Geburtenrate" für Frankenberg ein positiver Trend beobachtet werden. Für Büdingen steht dieser noch aus. Grundsätzlich ist jedoch davon auszugehen, dass auch das in Büdingen entstandene familienfreundlichere Klima (das durch die Haushaltsbefragungen der Hessenagentur festgestellt wurde) dazu beitragen kann, dass zukünftig wieder mehr Kinder geboren werden. Frage 3. Welche Teil-Projekte in den Modellstädten werden über 2016 hinaus weitergeführt, wie profitieren die Kommunen, Verbände, Vereine, Institutionen sowie die Bürgerinnen und Bürger von den weiterbestehenden Projekten? Hierzu wird auf die Beantwortung der Frage 1 verwiesen. Frage 4. Welche Konsequenzen zieht das Land Hessen aus den Ergebnissen der Modellstädte für das gesamte Bundesland? Die Unterstützung der hessischen Kommunen bei der Schaffung und der Stärkung familienfreundlicher Rahmenbedingungen ist das erklärte Ziel der Landesregierung. Die wissenschaftliche Begleitung des Modellprojekts hat bereits während der Projektlaufzeit gezeigt, dass der konsequente Blick auf die Familienorientierung von Maßnahmen und Projekten und ein vernetztes Vorgehen der Akteure vor Ort messbare Erfolge haben kann. Impulse aus dem Modellprojekt sind in Förderprogramme des HMSI (z.B. Familienzentren) eingeflossen. Frage 5. Welche familienpolitischen Aspekte werden sich nachhaltig in der Landespolitik niederschlagen? Die nachhaltigen familienpolitischen Erkenntnisse aus dem Modellprojekt schlagen sich bereits im Koalitionsvertrag 2014-2019 nieder. Dort heißt es: "Nur eine Gesellschaft mit vielen Kindern hat überhaupt die Chance auf eine Zukunft. Wir werden daher eine Kommission "Hessen hat Familiensinn" einberufen mit Vertretern aus Parlament, Regierung, Wirtschaft, Verwaltung, Kirchen und Religionsgemeinschaften, Verbänden, Medien und privaten Initiativen mit dem Ziel, praktisch anwendbare Handlungsempfehlungen für mehr Familienfreundlichkeit auszuarbeiten ." Frage 6. Wie profitieren andere hessische Kommunen von den Modellprojekten? Die von der Hessen Agentur durchgeführten Befragungen der Bevölkerung in Frankenberg und Büdingen zu Beginn und am Ende der Laufzeit des Modellprojekts bestätigen, dass eine Atmosphäre von Familienfreundlichkeit und Familiensinn geplant und in Kooperation der Akteure in den Kommune etabliert werden kann. Dabei sind die spezifischen Aktionsfelder Wohnen, Verkehr , Freizeit und Kultur, soziale Angebote, Familienpolitik und Arbeitswelt vor Ort jeweils mit einzubeziehen. Die detaillierten Ergebnisse können best practice für die hessischen Kommunen sein. Frage 7. Wie will die Landesregierung die Nachhaltigkeit von Maßnahmen, die in solchen Modellprojekten entwickelt werden, zukünftig von Projektbeginn an berücksichtigen, forcieren und schließlich auch verändern? Die Bewertung des Nutzens von Modellprojekten in der Planungsphase beruht grundsätzlich auf geschätzten Annahmen, Daten und Bewertung der jeweiligen Ausgangslage. Im Modellprojekt "Familienstadt mit Zukunft" mit seiner ungewöhnlich langen Laufzeit von zehn Jahren, wurde von Anbeginn mit einer wissenschaftlichen Begleitung zusammen gearbeitet, um in regelmäßigen Abständen über die Entwicklung des Modellvorhabens informiert zu sein und gegebenen Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4128 3 falls Einfluss auf die Steuerung zu nehmen. Die Hessen-Agentur GmbH begleitete das Modellprojekt und stand den Modellkommunen Frankenberg und Büdingen beratend zur Verfügung. Nach Ablauf der ersten fünf Jahre der gesamten Projektzeitlauf wurde eine Halbzeitbilanz vorgelegt . Weitere Steuerungsmöglichkeiten, die intensiv genutzt wurden, boten die Zielvereinbarungen und die jährlichen Planungsgespräche. Es widerspricht dem Sinn eines Modellprojekts, bereits zu Beginn Festlegungen über weiterzuführende Aspekte zu treffen. Wiesbaden, 22. Dezember 2016 Stefan Grüttner