Kleine Anfrage des Abg. Greilich (FDP) vom 13.05.2014 betreffend Neustrukturierung von Funktionsstellen und Antwort des Kultusministers Vorbemerkung des Fragestellers: Der "Erlass zur Neustrukturierung von Funktionsstellen an den allgemein bildenden Schulen und den Schulen für Erwachsene in Hessen“ vom 6. Februar 2014 regelt die Verteilung der Funktionsstellen an den einzelnen Schulformen und soll nach Auffassung des Kultusministeriums "das Verhältnis von Schulleitungsaufgaben und Anzahl der zur Verfügung stehenden Funktionsstellen im Sinne einer gerechteren, schulform-spezifischen Verteilung im haushaltsrechtlichen Gestaltungsrahmen […] optimieren und transparent [darstellen].“ (Abl. 3/14, S. 99). Jedoch führt die Neustrukturierung von Funktionsstellen zur Bevorzugung bestimmter Schulformen , so dass die Berechnungsgrundlagen und die Kriterien einer eingehenden Überprüfung bedürfen. Vorbemerkung des Kultusministers: Durch das Zweite Gesetz zur Modernisierung des Dienstrechts in Hessen (2. DRModG) vom 27. Mai 2013 (GVBl. S. 218) erfolgte durch Änderungen im Hessischen Besoldungsgesetz (HBesG) neben einer punktuellen Anhebung der Besoldung von Funktionsstellen auch eine Vereinheitlichung der Amtsbezeichnungen nachgeordneter Funktionsstellen. In allen Schulformen des allgemein bildenden Bereichs sowie der Schulen für Erwachsene dienen die Funktionen der erweiterten Schulleitung "zur Wahrnehmung von Schulleitungsaufgaben“. Diese Veränderung eröffnet den Schulleitungen dieser Schulformen die Möglichkeit einer an den spezifischen Gegebenheiten und Erfordernissen der Einzelschule ausgerichteten Strukturierung von Aufgabenbereichen für die jeweilige Funktionsstelle. In diesem Zusammenhang ist es sinnvoll, auch die derzeitige Verteilung von Funktionsstellen der erweiterten Schulleitung an allen allgemein bildenden Schulen sowie an den Schulen für Erwachsene neu zu regeln. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Welche Kriterien und Daten legt die hessische Landesregierung zugrunde, um die Komplexität des jeweiligen Systems und seiner Aufgaben zu bewerten und in welchem Maße wirkt sich diese Bewertung auf die Zuweisung der Funktionsstellen aus? Die im Funktionsstellenerlass vom 6. Februar 2014 vorgesehene Verteilung von Funktionsstellen richtet sich nach der Größe und der Komplexität der Systeme. Die maßgeblichen Kriterien sind zum einen die Schülerzahlen, zum anderen die Heterogenität des Systems als Ganzes. So ist beispielsweise eine Gesamtschule ohne Oberstufe, die alle Bildungsgänge unter einem Dach vereint, bei einer Schülerzahl von 771 Schülerinnen und Schülern derzeit mit insgesamt sechs Funktionsstellen ausgestattet. Ein Mittelstufengymnasium mit derselben Schülerzahl hingegen verfügt über drei Funktionsstellen. Frage 2. Teilt die hessische Landesregierung die Auffassung, dass Gesamtschulen mit gymnasialer Ober- stufe gegenüber Gymnasien und Oberstufengymnasien benachteiligt werden und wie begründet sie diese Entscheidung? Die hessische Landesregierung sieht die Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe den Gymnasien und Oberstufengymnasien gegenüber nicht grundsätzlich benachteiligt. Dem Grundsatz der Eingegangen am 27. Juni 2014 · Ausgegeben am 2. Juli 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/415 27. 06. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/415 Verteilung nach Größe und Komplexität des Systems wird insofern Rechnung getragen, als kein noch so großes Gymnasium in der Summe gesehen über so viele Funktionsstellen verfügen würde wie eine Gesamtschule mit Oberstufe mit vergleichbarer Schülerzahl. Allerdings hat die hessische Landesregierung durchaus Verständnis für die seitens einiger Schulleitungen bereits aufgeworfene Problematik, dass bei der Verteilung der A15-Stellen zur Wahrnehmung von Schulleitungsaufgaben aufgrund der besonderen Struktur der Gesamtschulen dort ebenso wie bei den Oberstufengymnasien nur die Schülerzahl der Sekundarstufe II berücksichtigt wird, was gegenüber der bisherigen Ausstattung zu einer geringeren Stellenzahl führen kann. Zur weiteren Erläuterung wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Frage 3. Aus welchem Grund werden die Gymnasialschüler der Mittelstufe zur Berechnung der A15- Funktionsstellen nicht mitgezählt, so dass sich daraus eine Benachteiligung der Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe ergeben könnte? Im Bereich der Haupt- und Realschulen und der Gesamtschulen gibt es für die Sekundarstufe I bereits seit 2006 Funktionsstellen "zur Wahrnehmung von Schulleitungsaufgaben“ der Besoldungsgruppe A14. Die Abkehr von einer klaren Funktionsbeschreibung wie z.B. "Rektor /Rektorin an einer Gesamtschule als Leiter eines Hauptschulzweiges mit 180 bis zu 360 Schülerinnen und Schülern“ hin zu einem Amt " Rektor zur Wahrnehmung von Schulleitungsaufgaben “ wurde seinerzeit genutzt, um die freiere Gestaltung eines Anforderungsprofils zu ermöglichen und die Zuweisung der Stellen pro Schule nicht länger an die Funktion zu binden, sondern auf der Basis der Schülerzahlen sehr viel gerechter zu verteilen. Um eine gleichartige Verteilung der Funktionsstellen für die Sekundarstufe I bei Gesamtschulen mit und ohne Oberstufe zu gewährleisten, sieht der Erlass im Bereich der Gesamtschulen eine getrennte Zuweisung von Funktionsstellen für die Mittel- und Oberstufe vor. Demzufolge erfolgt die Zuweisung weiterer Funktionsstellen der Besoldungsgruppe A15 an Gesamtschulen ausschließlich auf der Grundlage der Schülerzahlen in der gymnasialen Oberstufe. Der Verteilungsschlüssel entspricht hier exakt dem für die Oberstufengymnasien. Dieselbe Abwendung von einer klaren Funktionsbeschreibung in der Amtsbezeichnung erfolgte auch im Bereich der Gymnasien, zunächst im Jahr 2011 durch den Wegfall der inhaltlichen Ausgestaltung der Ämter laut Dienstordnung und nun durch die entsprechende Anpassung des Besoldungsgesetzes. Demnach gibt es für die Mitglieder der erweiterten Schulleitung im Gymnasialbereich seit Inkrafttreten des 2. DRModG zum 1. März 2014 eine einheitliche Amtsbezeichnung für die Besoldungsgruppe A15 "Studiendirektor zur Wahrnehmung von Schulleitungsaufgaben ". In der Folge war es notwendig, die Verteilung dieser Stellen nicht länger nach Funktionen, sondern ebenfalls auf der Grundlage von Schülerzahlen vorzunehmen und neu zu regeln. Neben der Neuverteilung der Funktionsstellen für die Sekundarstufe II auf der Basis von Schülerzahlen sollte in einem entsprechenden Erlass auch möglichen Ungerechtigkeiten begegnet werden. Als solche Ungerechtigkeit wurde der Umstand gesehen, dass es für vollausgebaute Gymnasien keine Funktionsstellen für den Bereich der Sekundarstufe I gibt und reine Mittelstufengymnasien über keine weitere Funktionsstelle als Schulleiter und Stellvertreter verfügen. Hierin sah man die Gymnasien den Gesamtschulen und auch den Haupt- und Realschulen gegenüber benachteiligt . Da bislang im Haushalt des Kultusressorts keine A14-Funktionsstellen für den Bereich der Sekundarstufe I der Gymnasien vorgesehen sind, wurde zur Ausstattung der Gymnasien im Bereich der Sekundarstufe I auf das Kontingent der vorhandenen A15-Stellen zur Wahrnehmung von Schulleitungsaufgaben zurückgegriffen. Frage 4. Teilt die hessische Landesregierung die Auffassung, dass die Beruflichen Gymnasien (BG) eben- falls gegenüber Gymnasien und Oberstufengymnasien benachteiligt werden und wie begründet sie diese Entscheidung? Die hessische Landesregierung teilt die Auffassung nicht, dass Berufliche Gymnasien gegenüber Gymnasien und Oberstufengymnasien bei der Verteilung von Funktionsstellen der erweiterten Schulleitung benachteiligt werden. Im Bereich der Beruflichen Schulen erfolgt die Ermittlung und Verteilung der Lehrerstellen nach einem über Jahre bewährten Verteilerschlüssel für Stellen für Studiendirektoren zur Koordinierung schulfachlicher Aufgaben in der Tätigkeit als Abteilungsleiter an beruflichen Schulen (Erlass vom 6. Dezember 2013, ABl. 1/14, S. 28). Dieser Verteilerschlüssel orientiert sich an der Zahl der zugewiesenen Stellen und hat sich in den zurückliegenden Jahren als auskömmlich erwiesen. Schulen mit deutlich über 100 zugewiesenen Stellen erhalten darüber hinaus zusätzliche Stellen für Studiendirektoren/innen. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/415 3 Die Ermittlung der Zahl dieser Funktionsstellen erfolgt, anders als im allgemeinbildenden Bereich , nicht nach Schulformen getrennt. Es liegt daher in der eigenen Verantwortung der Schule , Schwerpunkte im Bereich der erweiterten Schulleitung zu setzen und diese durch die ihnen zugewiesenen Stellen für Studiendirektoren/innen zu besetzen. Frage 5. Wie gedenkt die Landesregierung den Widerspruch zu Ihrer Ankündigung "Ziel hierbei ist es, das Verhältnis von Schulleitungsaufgaben und Anzahl der zur Verfügung stehenden Funktionsstellen im Sinne einer gerechteren, schulformspezifischen Verteilung im haushaltsrechtlichen Gestaltungsrahmen zu optimieren und transparent darzustellen“ (Abl. 3/14, S. 99) aufzulösen? Die vom Fragesteller zitierte Textpassage ist weiterhin uneingeschränkt Ziel der hessischen Landesregierung und wird mit dem hier in Rede stehenden Erlass grundsätzlich verfolgt. Dies schließt jedoch nicht aus, dass bei der Umsetzung des Erlasses in der Praxis Fälle auftreten können, die der ursprünglichen Intention nicht in jedem Fall gleichermaßen gerecht werden. Für konstruktive Verbesserungsvorschläge besteht seitens des Hessischen Kultusministeriums große Offenheit, eine Lösung zu erarbeiten, die aber die Interessen aller betroffenen hessischen Schulen berücksichtigen und das Ziel der transparenten und gerechten Verteilung der Funktionsstellen im Fokus haben muss. Hierfür ist bereits eine spezielle Facharbeitsgruppe von Vertretern der in Frage 2. und 3. genannten Schulen eingesetzt. Wiesbaden, 16. Juni 2014 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz