Kleine Anfrage der Abg. Gnadl, Alex, Barth, Faeser, Geis, Habermann, Hartmann, Hofmann, Hofmeyer, Löber, Müller (Schwalmstadt), Özgüven, Dr. Sommer, Waschke, Ypsilanti (SPD) vom 21.12.2017 betreffend Frauenanteil bei Orden, Auszeichnungen und Ehrungen und Antwort des Chefs der Staatskanzlei Vorbemerkung der Fragestellerinnen: Aus der Antwort auf die kleine Anfrage des Abgeordneten Günter Rudolph (Drucks. 19/4088) ergibt sich, dass in dem Zeitraum 2011 bis zum 31. Oktober 2016 nur elf Frauen den Hessischen Verdienstorden erhalten haben. Im selben Zeitraum erhielten 61 Männer den Hessischen Verdienstorden. Der Frauenanteil lag damit bei 15,28 %. Diese Vorbemerkung der Fragestellerinnen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Minister für Wissenschaft und Kunst sowie dem Minister für Soziales und Integration wie folgt: Frage 1. Wie viele Frauen sind in den Jahren 2011 bis 2016 mit a) der Wilhelm-Leuschner-Medaille, b) der Georg-August-Zinn-Medaille, c) dem Elisabeth-Selbert-Preis, d) dem Kulturpreis e) dem Filmpreis (Ehrenpreis des Ministerpräsidenten), f) der Pflegemedaille, g) der Goethe-Plakette, ausgezeichnet worden und wie hoch war bzw. ist der prozentuale Anteil? Bitte Aufschlüsseln nach Jahren und jeweiliger Ehrung. Frage 1 a: Mit der Wilhelm-Leuschner-Medaille wurden im genannten Zeitraum 11 Männer und 5 Frauen ausgezeichnet, das ist ein Frauenanteil von 31,25 %. 2012: Dr. h.c. Petra Roth und Barbara Stolterfoht, 2014: Dr. Angela Merkel, MdB, 2015: Jutta Ebeling und Dr. Christine Hohmann-Dennhardt. Frage 1 b: Mit der Georg-August-Zinn-Medaille, die im genannten Zeitraum in den Jahren 2011, 2012 und 2014 verliehen und ausgehändigt wurde, wurden 3 Männer und 2 Frauen sowie 3 Stiftungen geehrt. Preisträgerinnen waren Sylvia von Metzler, Frankfurt am Main, und Ursula Raule, Wiesbaden. Der prozentuale Anteil ohne Berücksichtigung der Stiftungen beträgt 40 %. Frage 1 c: Mit dem Elisabeth-Selbert-Preis wurden im genannten Zeitraum 6 Frauen und kein Mann geehrt - der Frauenanteil beträgt demnach hier 100 %: 2011 wurde Hannelore Ratzeburg ausgezeichnet. Im Jahr 2013 war es Otti Geschka, die nicht nur die erste frei gewählte Oberbürgermeisterin einer hessischen Stadt (Rüsselsheim am Main) war, sondern im Rang einer Staatssekretärin im Kabinett von Ministerpräsident Dr. Walter Wallmann (CDU), auch als die erste "Bevollmächtigte für Frauenangelegenheiten" in einer Hessischen Landesregierung agierte. Im Jahr 2015 wurde der Preis geteilt und 4 Frauen geehrt: Uschi Madelsky, Ulla Ziemann, Erica von Moeller und Juliane Thevissen. Eingegangen am 1. Februar 2017 · Bearbeitet am 2. Februar 2017 · Ausgegeben am 6. Februar 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4353 02. 02. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4353 Frage 1 d: Mit dem Hessischen Kulturpreis wurden im genannten Zeitraum 11 Männer und 6 Frauen geehrt, hier beträgt der prozentuale Anteil 35,3 %: Frage 1 e: Beim Hessischen Filmpreis wurden mit dem Ehrenpreis des Ministerpräsidenten im genannten Zeitraum 3 Männer und 3 Frauen geehrt, der Frauenanteil beträgt demnach genau 50 %. Hingewiesen sei an dieser Stelle noch auf die Tatsache, dass seit der Einführung dieses Preises im Jahr 2003 insgesamt 9 Frauen und "nur" 4 Männer geehrt worden sind, daraus ergibt sich bei dieser Auszeichnung insgesamt ein Frauenanteil von 69,2 %. Frage 1 f: Mit der Pflegemedaille des Landes Hessen wurden im genannten Zeitraum 95 Frauen und 40 Männer ausgezeichnet, der Frauenanteil beträgt 70,4 %. 2011: 23 Personen davon 15 Frauen und 8 Männer - Frauenanteil = 65,2 % 2012: 28 Personen davon 20 Frauen und 8 Männer - Frauenanteil = 71,4 % 2013: 25 Personen davon 20 Frauen und 5 Männer - Frauenanteil = 80,0 % 2014: 23 Personen davon 16 Frauen und 7 Männer - Frauenanteil = 69,6 % 2015: 19 Personen davon 13 Frauen und 6 Männer - Frauenanteil = 68,4 % 2016: 17 Personen davon 11 Frauen und 6 Männer - Frauenanteil = 64,7 % Frage 1 g: Mit der Goethe-Plakette wurden im genannten Zeitraum 14 Männer und 1 Frau geehrt . Der prozentuale Anteil liegt bei 6,7 %. Frage 2. Wie viele Frauen wurden nach Kenntnis der Landesregierung in den Jahren 2011-2016 mit dem Ehrenbrief des Landes Hessen ausgezeichnet, über dessen Verleihung seit 1998 auf Grund des Kommunalisierungsgesetzes die Landrätinnen und Landräte, beziehungsweise die Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister entscheiden, in deren Zuständigkeitsbereich die zu Ehrenden wohnen? Bitte Aufschlüsseln nach Jahr und jeweiliger Ehrung. Beim Ehrenbrief des Landes Hessen spiegelt sich das wissenschaftlich bzw. statistisch ermittelte Verhältnis von Männern und Frauen im Ehrenamt wieder: Etwa zwei Drittel der Männer und rund ein Drittel der Frauen engagieren sich bundesweit in ihrer Freizeit ehrenamtlich für das Gemeinwohl, den Staat und die Gesellschaft. Der Ehrenbrief wurde wie folgt in den Jahren 2011 bis 2016 verliehen, wobei für das Jahr 2016 noch nicht alle Meldungen aus den kreisfreien Städten und Landkreisen für das 4. Quartal vorliegen : 2011: Insgesamt 949, davon 204 an Frauen, das sind 21,5 % 2012: Insgesamt 857, davon 203 an Frauen, das sind 23,7 % 2013: Insgesamt 774, davon 187 an Frauen, das sind 24,2 % 2014: Insgesamt 795, davon 192 an Frauen, das sind 24,2 % 2015: Insgesamt 671, davon 174 an Frauen, das sind 25,9 % 2016: Insgesamt 720, davon 186 an Frauen, das sind 25,8 % Im Land Hessen liegt der prozentuale Wert demnach bei rund 25 %, das heißt, in Hessen wurden von Dritten für diese staatliche Ehrung in Anerkennung ihres ehrenamtlichen und kontinuierlichen Engagements rund ein Viertel Frauen vorgeschlagen und geehrt. Frage 3. Wie viele Frauen wurden in den Jahren 2011 bis 2016 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet und wie hoch war bzw. ist der prozentuale Anteil? Bitte Aufschlüsseln nach Jahr und jeweiliger Ehrung. Zur Beantwortung dieser Frage muss ich auf die statistischen Zahlen aus der Ordenskanzlei des Bundespräsidialamtes zurückgreifen, denn es trifft nicht immer zu, dass alle Frauen, die der Herr Ministerpräsident dem Herrn Bundespräsidenten zur Auszeichnung vorschlägt, auch automatisch den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland verliehen bekommen: Im Jahr 2011 wurden von insgesamt 162 an hessische Bürgerinnen und Bürger verliehenen Verdienstorden , 48 an Frauen ausgehändigt, das sind 29,6 %. 2012: Insgesamt 142, davon 44 an Frauen, das sind 31 %. 2013: Insgesamt 86, davon 31 an Frauen, das sind 36 %. 2014: Insgesamt 149, davon 42 an Frauen, das sind 28,2 %. 2015: Insgesamt 114, davon 28 an Frauen, das sind 24,6 %. 2016: Insgesamt 145, davon 30 an Frauen, das sind 20,7 % (Zahlen der Staatskanzlei, die Zahlen aus Berlin sind von Seiten der Ordenskanzlei noch nicht abschließend ermittelt). Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4353 3 Frage 4. Die Landesregierung hat in der Vorbemerkung zu Drs. 18/3176 mitgeteilt, dass ihrer Meinung nach eine Vielzahl von Anstrengungen unternommen wurden, um die Antragszahlen zur Auszeichnung von Frauen zu erhöhen. Ist die Landesregierung mit Blick auf die Vorbemerkung und die Antworten zu den Fragen 1 und 3 der Auffassung, dass diese Anstrengungen zu einem ausreichenden Erfolg geführt haben? Falls nein, welche weiteren Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, um den Frauenanteil bei Orden, Auszeichnungen und Ehrungen zu erhöhen? Die Landesregierung ist der Auffassung, dass die unternommenen Anstrengungen in Form von schriftlichen Aufforderungen an die Landrätinnen und Landräte sowie Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister, die Kammern, Verbände, Rettungsorganisationen, Tafeln und sozialen Einrichtungen unseres Landes sowie die wiederholten mündlichen Appelle bei Großveranstaltungen wie auf dem Hessentag bzw. dem Landfrauentag langfristig zu einem höheren Frauenanteil führen können. Auch bei Treffen und Veranstaltungen von Frauenorganisationen sowie in Sitzungen des Landesfrauenrates mit derzeit insgesamt 46 Mitgliedsverbänden wurde mehrfach angeregt, mehr Frauen für Auszeichnungen vorzuschlagen. Allerdings wäre es illusorisch, auf der Grundlage der ermittelten statistischen Werte im Bereich des Ehrenamtes, die Angleichung des Frauenanteils an den Männeranteil bei Auszeichnungen mit Orden und Ehrenzeichen kurz- oder langfristig anzustreben. Grundsätzlich kann diese Zielsetzung auch unter den größten Anstrengungen nicht erreicht werden, da die Zahlen der ehrenamtlich engagierten Frauen nun einmal geringer ist als die der Männer. Das Ziel muss deshalb sein, die Frauen, die sich in unserem Land kontinuierlich, zeitintensiv und unermüdlich ehrenamtlich engagieren, zu einem bestimmten Zeitpunkt staatlich auszuzeichnen und ihnen Dank und Anerkennung für ihren Einsatz auszusprechen. Um einen angemessenen Frauenanteil bei staatlichen Ehrungen zu erreichen, bedarf es jedoch auch der Unterstützung aus der Bevölkerung und beispielsweise hier auch der Unterstützung der weiblichen Abgeordneten, die diese Kleine Anfrage unterzeichnet haben. Die Abgeordnete Gnadl hat bereits ihre Unterstützung in dieser Sache durch die Zusendung von Anregungen zur Auszeichnung von Frauen deutlich gemacht. Würden die anderen vierzehn Damen jetzt ebenfalls je einen Vorschlag unterbreiten, würde dies bereits erheblich zur Verbesserung des Frauenanteils beitragen. Selbstanregungen sind bei staatlichen Auszeichnungen nicht möglich, deshalb bedarf es dritter Personen, die den Staat auf ehrenamtlich aktive Bürgerinnen aufmerksam machen. Frage 5. Die Landesregierung hat in ihrer Antwort auf Drs. 16/6880 mitgeteilt, dass der Verleihung öffentlicher Auszeichnungen und Ehrungen des Hessischen Ministerpräsidenten keine Vorschlagslisten mit einem prozentual festgesetzten Frauenanteil zu Grunde liegen. Praktiziert die Landesregierung mittlerweile ein solches Verfahren bzw. beabsichtigt sie ein solches Verfahren einzuführen ? Falls nein, warum nicht? Falls ja, welcher prozentuale Frauenanteil ist festgesetzt bzw. soll festgesetzt werden? Bundespräsident Horst Köhler hat in seiner Amtszeit bei der Verleihung des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland eine Frauenquote von 30 % eingeführt. Seine Nachfolger im Amt haben an dieser Regelung festgehalten. Länderübergreifend ist die Erfüllung dieser Quote jedoch über die Jahre hinweg nach wie vor eine große Herausforderung, da sich, wie eingangs erwähnt, die statistische Erhebung von ehrenamtlich aktiven Bürgerinnen und Bürgern bundesweit im Verhältnis rund zwei Drittel Männer und ein Drittel Frauen darstellt. Die Landesregierung sieht deshalb davon ab, einen prozentualen Frauenanteil festzusetzen, da die bereits unternommenen Maßnahmen zeigen, dass es sich hier zwar um einen langfristigen, letztlich aber doch zielführenden Prozess handelt. Die Festlegung eines Frauenanteils, wohl wissend, dass die Zahl der ehrenamtlich aktiven Frauen deutlich geringer ist als die der Männer , würde auch zur Folge haben, dass verdiente Männer unseres Landes überdurchschnittlich lange auf eine staatliche Ehrung warten müssten, wenn parallel zu wenige Frauen dafür angeregt werden. Da die meisten staatlichen Auszeichnungen in dem Lebensabschnitt vorgenommen werden, in dem hauptberufliche Tätigkeiten nicht mehr im Vordergrund stehen bzw. nicht mehr vorhanden sind, wäre zu befürchten, dass einigen Männern aufgrund des Lebensalters und langer Wartezeiten keine staatliche Ehrung mehr zuteil werden könnte. Vor diesem Hintergrund würde die Festsetzung eines prozentualen Frauenanteils nicht zu dem gewünschten Ergebnis führen, denn sie begünstigt nicht die Zahl der Anregungen für Frauen. Abschließend möchte ich festhalten, dass das Land Hessen stolz auf seine Frauen und seine Frauenpolitik sein kann. Mit Elisabeth Selbert als einer der Mütter unseres Grundgesetzes und Vorreiterin der Gleichberechtigung von Mann und Frau, mit Elisabeth Schwarzhaupt, der ersten weiblichen Bundesministerin in einer deutschen Bundesregierung, mit Hildegard Hamm- Brücher, der ersten Frau, die im Rang einer Staatssekretärin bereits unter Ministerpräsident Georg August Zinn einem hessischen Kabinett angehörte und der bereits erwähnten Otti Geschka hat unsere Landespolitik große Namen und hier vor allem Frauen vorzuweisen. Nicht unerwähnt bleiben dürfen darüber hinaus die zwei stellvertretenden Ministerpräsidentinnen Ruth Wagner und Karin Wolff - die ersten beiden Frauen, die unter Ministerpräsident Roland Koch den Rang einer stellvertretenden Ministerpräsidentin inne hatten - zuvor waren es ausschließlich 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4353 Männer. Mit dem Elisabeth-Selbert-Preis gibt es bereits seit 1983 eine staatliche Ehrung, die Frauen vorbehalten ist. Die Stiftung der Pflegemedaille des Landes Hessen im Jahr 2004 kommt ebenfalls den vielen Frauen zugute, die sich im Bereich der häuslichen Pflege unermüdlich engagieren . Im Ministerium für Soziales und Integration gibt es seit Jahren eine Stabsstelle "Frauenpolitik ", die für alle Belange, die Frauen betreffen, als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Die Frauen und die Rolle der Frauen in Staat und Gesellschaft werden von der Hessischen Landesregierung nicht nur anerkannt, sondern auch ernst genommen und somit wird den Frauen, die sich um den Staat und die Gesellschaft durch ihr uneigennütziges Engagement verdient machen , auch der Dank und die Anerkennung von staatlicher Seite zuteil, der ihnen gebührt. Wiesbaden, 1. Februar 2017 Axel Wintermeyer