Kleine Anfrage der Abg. Dr. Sommer, Hofmann und Roth (SPD) vom 09.01.2017 betreffend Hebammenhilfe für schwangere Flüchtlingsfrauen und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung der Fragesteller: Frauen, die nach Deutschland geflüchtet sind, sind oftmals traumatisiert und in einem schlechten Gesundheitszustand . Grundsätzlich gilt, dass sie in Bezug auf Hebammenhilfe die gleichen Rechte haben wie alle anderen Schwangeren auch. Die Arbeit mit Flüchtlingsfrauen verlangt aber besonderes Einfühlungsvermögen und Kenntnis über die Kulturen, aus denen die Frauen kommen. Nach § 4 Abs. Asylbewerberleistungsgesetz wird werdenden Müttern und Wöchnerinnen ärztliche und pflegerische Hilfe sowie Betreuung, Hebammenhilfe, Arznei-, Verband- und Heilmittel gewährt. Nach Abs. 3 stellt die zuständige Behörde die Versorgung mit entsprechenden Leistungen sicher. Zudem richtet sich die Versorgung von Schwangeren nach den sogenannten Mutterschaftsrichtlinien. Diese Vorbemerkung der Fragesteller vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie viele schwangere geflüchtete Frauen in der Erstaufnahme hatten in den Jahren 2015 bzw. 2016 jeweils Anspruch auf Hebammenhilfe während bzw. nach der Schwangerschaft? Grundsätzlich haben alle geflüchteten Schwangeren Anspruch auf Hebammenhilfe. Die genaue Zahl der Schwangeren in der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung (HEAE) ist nicht genau zu ermitteln, da hierüber keine Statistik geführt wird. Die während der Erstuntersuchung diagnostizierten bzw. bereits bekannten Schwangerschaften werden erfasst. Im Jahr 2015 wurden zum Zeitpunkt der Erstuntersuchung 231 Schwangerschaften festgestellt. Im Jahr 2016 wurden insgesamt 469 Schwangerschaften dokumentiert. Die oben genannten Zahlen bilden nur die während der Erstuntersuchung festgestellten Schwangerschaften ab, jedoch nicht eine Schwangerschaft, die zwar während des Aufenthalts in der HEAE festgestellt, aber erst nach Durchführung der Erstuntersuchung bekannt wurde. Aufgrund einer Datenbankumstellung im Jahre 2015 sind in der o.g. Anzahl nicht alle Schwangerschaften statistisch erfasst. Frage 2. Wie verteilten sich die anspruchsberechtigten schwangeren Frauen und Mütter nach Frage 1 auf die einzelnen Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes (bitte nach Jahren 2015 und 2016 getrennt angeben)? Die Verteilung des genannten Personenkreises auf einzelne HEAE ist nicht ermittelbar. Grund hierfür ist, dass sehr viele Geflüchtete in der Chronologie ihres Aufenthaltes an mehreren Standorten untergebracht wurden, so dass eine Zuordnung zu einem Standort nicht abbildbar ist. Frage 3. Wie viele anspruchsberechtigte schwangere Flüchtlingsfrauen in der Erstaufnahme haben die Hebammenhilfe tatsächlich genutzt und wie verteilen sich diese auf die einzelnen Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes (bitte nach den Jahren 2015 und 2016 getrennt auflisten)? Das genaue Ausmaß der Inanspruchnahme lässt sich nicht ermitteln. Hierzu wurde die festangestellte Gynäkologin am Standort für besonders Schutzbedürftige (insbesondere Schwangere und Stillende) in Darmstadt befragt. Laut ihrer Schätzung nehmen circa 25 bis 30 % aller Schwangeren , Wöchnerinnen und Stillenden Hebammenhilfen in Anspruch. Eingegangen am 10. Februar 2017 · Bearbeitet am 13. Februar 2017 · Ausgegeben am 17. Februar 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4366 10. 02. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4366 Frage 4. In welchem Umfang (Zahl der Termine) wurde den schwangeren Flüchtlingsfrauen und Müttern Hebammenhilfe während bzw. nach der Schwangerschaft gewährt? Durchschnittlich werden zwischen vier und sechs Termine postnatal (nachgeburtlich) gewährt. Frage 5. Wurde die Hilfe nach Frage 4 in allen Fällen durch Hebammen übernommen? Wenn nein, warum nicht und welche Qualifikation hatten die ersatzweise eingesetzten Personen? Grundsätzlich werden Hebammenhilfen nur durch Hebammen übernommen. Um jedoch eine vollumfängliche Versorgung der Schwangeren und Wöchnerinnen in der HEAE zu gewährleisten , werden die Frauen ebenfalls durch Gynäkologinnen und Gynäkologen, dem medizinischen Personal der Ambulanz sowie von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern beraten und betreut. Frage 6. Sofern der Umfang der Hebammenhilfe nach Frage 4 für Flüchtlingsfrauen vom allgemeinen Anspruch abwich, was waren die Gründe dafür und in welchem Umfang wurde abgewichen? Der konkrete Leistungsumfang wird in den „Mutterschafts-Richtlinien“ (Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung) definiert. Demnach gilt für die Bewohnerin der Erstaufnahmeeinrichtung der gleiche Behandlungsumfang wie bei einer gesetzlich versicherten Schwangeren/Wöchnerin. Die meisten (werdenden) Mütter kommen aus Kulturkreisen, in denen Geburt, Stillen und Säuglingsfürsorge im Familienverband (Mutter, Schwester, Schwiegermutter, Schwägerin, etc.) besprochen , geleistet und organisiert wird. Die Wertevermittlung und Betreuung der deutschen Hebammen wird von den Schwangeren/Wöchnerinnen kaum angenommen. Frage 7. Welche weiteren geburtsvorbereitenden bzw. nachgeburtlichen Angebote stehen Flüchtlingsfrauen in der Erstaufnahme zur Verfügung und wie werden diese finanziert? Der angebotene Leistungsumfang richtet sich nach den o.g. Mutterschaftsrichtlinien. Hierbei werden die individuellen Bedürfnisse und Wünsche der Schwangeren/Wöchnerin berücksichtigt. Ergänzend wird an jedem Standort eine umfassende Sozialbetreuung angeboten. Frage 8. In welcher Form werden geflüchtete Schwangere und Wöchnerinnen über den ihnen zustehenden Anspruch auf Betreuung aufgeklärt? Der Sozialdienst organisiert in Zusammenarbeit mit dem Personal der medizinischen Ambulanz alle notwendigen Formalitäten und Termine und informiert die Schwangeren und Wöchnerinnen . Dies ist im Konzept zu den Mindeststandards der Sozialbetreuung vom 22.12.2015 festgelegt . Frage 9. Welche Unterstützung erhalten die werdenden Mütter und Wöchnerinnen, um einen fachärztlichen Termin wahrnehmen zu können (Terminfindung, Anfahrt, Dolmetscher)? Facharzttermine werden durch das medizinische Personal des Standorts vereinbart. Die Anfahrt erfolgt individuell nach dem Befinden der Schwangeren z.B. per Taxi oder Bus. Teilweise werden fachärztliche Sprechstunden auch direkt in der HEAE angeboten. Bei nicht ausreichenden Deutschkenntnissen begleiten Sprachmittler die Schwangeren zu diesen Terminen. Frage 10. Welche Unterstützung erhalten Hebammen sowie Ärztinnen und Ärzte von der Landesregierung, um geflüchtete Schwangere bzw. Wöchnerinnen umfassend betreuen zu können? Durch die standardisierte Zusammenarbeit zwischen Sozialdienst und medizinischer Ambulanz besteht eine klare Organisationsstruktur in der HEAE. Ärzte und Hebammen werden von Sprachmittlern der HEAE bei der Betreuung von Schwangeren und Wöchnerinnen unterstützt. Die Landesregierung stellt hierfür den organisatorischen Rahmen und die finanziellen Mittel zur Verfügung. Wiesbaden, 3. Februar 2017 Stefan Grüttner