Kleine Anfrage des Abg. Degen (SPD) vom 10.01.2017 betreffend Finanzierungs- und Haftungsfragen bei Klassenfahrten und Antwort des Kultusministers Vorbemerkung des Fragestellers: In der Antwort auf die Kleine Anfrage 19/2135 nimmt die Landesregierung bereits zur Höhe der Kosten von Klassenfahrten Stellung. Darüber hinaus stellen sich an Schulen wiederholt praktische Fragen, die mit dieser Anfrage aufgegriffen werden. So werden nach der gängigen Praxis die Eltern selbst Vertragspartner der beteiligten Unternehmen, die Lehrkraft tritt lediglich als Bevollmächtigte der Eltern in Erscheinung. Einen rechtlichen Zwang zum Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages besteht auf Grund der Vertragsfreiheit offenbar jedoch nicht. Vorbemerkung des Kultusministers: Für die Organisation und Durchführung von Schulwanderungen und -fahrten gelten die Regelungen des Erlasses vom 7. Dezember 2009 - Schulwanderungen und Schulfahrten - (ABl. 2010, S. 24), nachfolgend Wandererlass genannt. Einige der nachfolgend aufgeführten Fragen werden in dieser Regelung explizit beantwortet. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Gibt es eine Pflicht der Schülerinnen und Schüler zur Teilnahme an Schulwanderungen und Schulfahrten oder ist die Teilnahme unter bestimmten Umständen freigestellt? Schulwanderungen und Schulfahrten sind wichtige Elemente des Bildungs- und Erziehungsauftrags der Schulen. Sie sind schulische Veranstaltungen; von der Teilnahme können Schülerinnen und Schüler nur aus wichtigen Gründen befreit werden (siehe Ziff. II.1.1, Satz 1 Wandererlass ). Frage 2. Sind die Eltern oder Erziehungsberechtigten verpflichtet, den für die Teilnahme notwendigen Beitrag zu entrichten oder können sie dies verweigern? Sofern die Eltern der Teilnahme zugestimmt haben, sind sie zur Finanzierung verpflichtet. Frage 3. Welche wichtigen Gründe können in diesen Zusammenhängen als berechtigt anerkannt werden, darunter auch Gründe religiöser oder weltanschaulicher Art? Dies richtet sich in erster Linie nach den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls. Wichtige Gründe können etwa gesundheitliche sein, im Ausnahmefall auch religiöse. Maßstab kann das von der regelmäßigen Rechtsprechung aufgestellte Kriterium sein, nach dem religiöse Gründe, die einer Teilnahme an Unterrichts- oder besonderen Schulveranstaltungen entgegenstehen könnten, von den Betroffenen nicht einfach behauptet werden können. Stattdessen müssen sie den Nachweis für einen solchen nicht anders auflösbaren Gehorsamskonflikt mit dem Glauben erbringen. Dies geschieht in der Regel durch eine Bestätigung einer anerkannten Autorität des Glaubens. Eingegangen am 14. Februar 2017 · Bearbeitet am 15. Februar 2017 · Ausgegeben am 17. Februar 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4370 14. 02. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4370 Frage 4. Durch wen und in welcher Weise werden die Verträge mit den Beherbergungs- und Beförderungsunternehmen und sonstigen Vertragspartnern geschlossen? Die für die Schulfahrten erforderlichen Verträge mit den Beförderungs- und Beherbergungsunternehmen schließen die Lehrkräfte im Namen der Eltern der Schülerinnen und Schüler oder im Namen der volljährigen Schülerinnen und Schüler ab, (siehe Ziff. III.1.1. des Wandererlasses ). Frage 5. Wer haftet, wenn die Fahrt oder die Wanderung wegen fehlender oder verspätender finanzieller Beteiligung der Eltern oder wegen zu geringer Beteiligung oder anderer nicht vorhersehbarer Gründe für eventuelle finanzielle Schäden? In diesem Zusammenhang gelten die Regelungen des Wandererlasses, Ziff. III, 3-5: "Vertragsverpflichtungen dürfen die Lehrkräfte erst eingehen, wenn zuvor die schriftlichen Zustimmungen der Eltern bzw. die erforderlichen Erklärungen und die Genehmigung erteilt worden sind" (Ziff. III.3 Wandererlass). Werden aus Anlass einer nicht zu Stande gekommenen Schulfahrt Kosten von Dritten geltend gemacht, so tritt für diese das Land ein, sofern die Gründe für den Ausfall der Fahrt im Verantwortungsbereich der Schule liegen. Gegen die Lehrkraft besteht nach § 91 des Hessischen Beamtengesetzes (HBG) ein Regressanspruch, wenn es auf ihr vorsätzliches oder grob fahrlässiges, pflichtwidriges Verhalten zurückzuführen ist, dass die Schulfahrt nicht durchgeführt werden konnte und wenn vom Land gleichwohl Leistungen an das Beförderungs - oder Beherbergungsunternehmen zu erbringen waren (vgl. Ziff. III.4 Wandererlass ). Können einzelne Schülerinnen und Schüler wegen Erkrankung oder aus anderen wichtigen Gründen an der Fahrt nicht teilnehmen, so werden die anteiligen Reisekosten einbehalten, sofern nicht eine Rückzahlung von den Vertragspartnern (Beherbergungs- oder Beförderungsunternehmen ) erreicht werden kann. Auf die Möglichkeit des Abschlusses einer Reiserücktrittsversicherung soll daher hingewiesen werden (Ziff. III.5 Wandererlass). Frage 6. Ist sichergestellt, dass in diesem Falle eine persönliche Haftung der Lehrkraft gegenüber Beförderungs - oder Beherbergungsunternehmen oder sonstigen Dritten ausgeschlossen ist? Sofern die Lehrkraft die Vorgaben des Wandererlasses einhält, ist sichergestellt, dass eine persönliche Haftung ausgeschlossen ist. Frage 7. Sind der Landesregierung Abweichungen von den in den Antworten auf die oben stehenden Fragen bekannt? Solche sind nicht bekannt. Frage 8. Wie steht die Landesregierung zur Forderung selbst als Vertragspartner bei Vertragsabschlüssen für Klassenfahrten aufzutreten? Die Landesregierung hat die Möglichkeit, selbst als Vertragspartner bei Wanderfahrten aufzutreten , zuletzt im Jahr 2016 geprüft und sich aus administrativen und juristischen Gründen dagegen entschieden. Frage 9. Beabsichtigt die Landesregierung in absehbarer Zeit eine Überarbeitung des entsprechenden Erlasses vom 7. Dezember 2009 - Schulwanderungen und Schulfahrten - (ABl. 2010, S. 24)? Ja, der Wandererlass befindet sich bereits intern in Überarbeitung. Wiesbaden, 1. Februar 2017 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz