Kleine Anfrage des Abg. Rentsch (FDP) vom 11.01.2017 betreffend Medizinstudienplätze und Antwort des Ministers für Wissenschaft und Kunst Vorbemerkung des Fragestellers: Die Landesärztekammern im Saarland, in Hessen und Rheinland-Pfalz haben festgestellt, dass die Zahl der Medizinstudienplätze bundesweit um etwa 10 % erhöht werden müsste. In Hessen fehlen laut Aussage des Präsidenten der Landesärztekammer Hessen 185 Studienplätze. (Rhein-Main-Presse, 13.12.2016). Vorbemerkung des Ministers für Wissenschaft und Kunst: Die Südwest-Ärztekammern (Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland) haben am 09.12.2016 eine Gemeinsame Pressmitteilung mit dem Titel: "Südwest-Ärztekammern sind sich einig: "Wir müssen mehr Anstrengungen für den Ärztenachwuchs unternehmen" herausgegeben. Die Pressemitteilung setzt sich mit der Gestaltung des Medizinstudiums, insbesondere dem "Masterplan Medizinstudium 2020" auseinander. Neben der Forderung nach einer 10%igen Erhöhung der Medizinstudienplätze werden auch eine rechtssichere Neuberechnung der Studienplätze, die Verbesserung der Ressourcen der Medizinischen Fakultäten, Universitäten und akademischen Lehrkrankenhäuser sowie eine Änderung des Auswahlverfahrens für Medizinstudierende gefordert . Diese Vorbemerkung vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie berechnet die Landesregierung den Bedarf an Medizinstudienplätzen in Hessen? Die Berechnung der Anzahl der Studienplätze erfolgt auf der Basis der hierfür einschlägigen Rechtsvorschriften, insbesondere der Verordnung über die Kapazitätsermittlung, die Curricularnormwerte und die Festsetzung der Zulassungszahlen (Kapazitätsverordnung - KapVO) vom 10.01.1994, zuletzt geändert durch Verordnung vom 20.06.2005. Bei der Berechnung der Studienplätze in der Humanmedizin ist zwischen dem vorklinischen und dem klinischen Studienabschnitt zu unterscheiden. Beide Abschnitte gehören unterschiedlichen Lehreinheiten an und werden getrennt voneinander nach verschiedenen Kriterien berechnet. Der vorklinische Abschnitt bezeichnet die Zeit vom 1. Fachsemester bis zum Erwerb des Physikums (formal 1. bis 4. Fachsemester), der klinische Abschnitt den Zeitraum zwischen Bestehen des Physikums und Abschluss des Studiums (formal 5. bis 10. Fachsemester). Vorklinischer Studienabschnitt: In diesem Abschnitt lernen die Studierenden die theoretischen Grundlagen. Die Berechnung der Studienplätze erfolgt auf der Grundlage des Lehrangebots aus Stellen und Lehraufträgen in einem dreistufigen Verfahren. Schritt 1: Ermittlung des Lehrangebots aus Stellen und Lehraufträgen. Schritt 2: Ermittlung der jährlichen Aufnahmekapazität auf Grundlage des Curricularnormwertes und Bestimmung der Studienplätze für das Semester. Schritt 3: Erhöhung der errechneten Studienplatzzahl um den Schwund (= Zulassungszahl für das 1. Fachsemester). Klinischer Studienabschnitt: In diesem Abschnitt lernen die Studierenden, ihr theoretisches Wissen in der Praxis anzuwenden . Dazu wird der theoretische Unterricht durch Unterricht am Krankenbett ergänzt, in dem Eingegangen am 17. Februar 2017 · Bearbeitet am 20. Februar 2017 · Ausgegeben am 24. Februar 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4378 21. 02. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4378 die Studierenden in Kleinstgruppen an Patientinnen und Patienten ausgebildet werden. Hierbei ergeben sich zwei limitierende Faktoren: 1. Die Patientin bzw. der Patient muss für die Ausbildung der Studierenden geeignet sein. Dies betrifft sowohl das Krankheitsbild selbst als auch die stationäre Verweildauer, da Studierende auch Krankheitsverläufe erlernen müssen. 2. Das Wohl der Patientinnen und Patienten darf durch die Ausbildung der Studierenden nicht beeinträchtigt werden. D.h. der Unterricht am Krankenbett kann nur in Kleinstgruppen stattfinden . Die Berechnung der Zulassungszahlen für den klinischen Abschnitt erfolgt auf zwei Wegen: Zum einen wird die Zulassungszahl in gleicher Weise wie für den vorklinischen Abschnitt berechnet , nämlich über das Lehrangebot aus Stellen und Lehraufträgen. Zum anderen wird die Zulassungszahl auf der Grundlage der patientenbezogenen Daten ermittelt. Diese beiden errechneten Werte werden im Anschluss gegenübergestellt. Maßgeblich für die Ermittlung der Studienplatzkapazität ist schließlich der niedrigere der beiden Werte, da dieser die tatsächliche Kapazitätsgrenze für den klinischen Studienabschnitt darstellt. In Hessen sind hierbei die patientenbezogenen Daten der limitierende Faktor. Als patientenbezogene Daten werden berücksichtigt: 1. Zahl der tagesbelegten Betten und 2. Zahl der poliklinischen Neuzugänge. Für beide Bereiche wird der Durchschnittswert der vorausgegangenen drei Jahre in die Berechnung einbezogen. Um die klinische Ausbildung der Studierenden abzudecken, werden Vereinbarungen mit anderen Krankenhäusern geschlossen. Die Kapazitäten dieser außeruniversitären Krankenanstalten werden kapazitätserhöhend in die Berechnung der Zulassungszahl für den klinischen Abschnitt einbezogen. Ausweisung von Teilstudienplätzen: Ist die Ausbildungskapazität im klinischen Abschnitt deutlich niedriger als die im vorklinischen, können im 1. Fachsemester Teilstudienplätze in der Höhe ausgewiesen werden, wie die Ausbildungskapazität des vorklinischen Abschnitts die des klinischen übersteigt. Studierende mit einem Teilstudienplatz werden nach dem Bestehen des Physikums exmatrikuliert und müssen sich für einen Studienplatz im klinischen Abschnitt neu bewerben. Frage 2. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zu fehlenden Medizinstudienplätzen in Hessen vor? Frage 3. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um die Zahl der Medizinstudienplätze zu erhöhen ? Die Fragen werden wegen ihres Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet. Die Landesärztekammern im Saarland, in Hessen und Rheinland-Pfalz sprechen in ihrer Gemeinsamen Pressemitteilung vom 09.12.2016 davon, dass sich "der offenkundige Ärztemangel in Deutschland zunehmend verschärfen werde". Aus diesem Grund fordern sie, die Zahl der Medizinstudienplätze um mindestens 10 % zu erhöhen. In dem Gemeinsamen Bericht der Gesundheitsministerkonferenz und der Kultusministerkonferenz "Fachkräftesicherung im Gesundheitswesen" aus dem Jahr 2015 wurde u.a. festgehalten, dass ohne strukturelle Veränderungen in vielen Bereichen selbst eine deutliche Erhöhung der Zahl der Studienplätze in Humanmedizin die Probleme vor allem der flächendeckenden hausärztlichen Versorgung bei weitem nicht in dem notwendigen Maße lösen würde. Mit seinen drei Medizin führenden Universitätsstandorten in Frankfurt, Gießen und Marburg verfügt Hessen über drei traditionsreiche und national anerkannte Standorte, an denen eine Ausbildung auf hohem Niveau - sowohl in qualitativer wie auch quantitativer Hinsicht - stattfindet. Im Verhältnis zu seiner Bevölkerungszahl bildet Hessen aktuell überdurchschnittlich viele Ärztinnen und Ärzte aus und kommt damit seiner gesamtgesellschaftlichen Verantwortung nach. Vor diesem Hintergrund ist in Hessen zum jetzigen Zeitpunkt kein weiterer Ausbau der Kapazitäten in der Medizin geplant. Wiesbaden, 13. Februar 2017 Boris Rhein