Kleine Anfrage der Abg. Dr. Sommer, Eckert und Frankenberger (SPD) vom 13.01.2017 betreffend Bündelungsbehörden in Hessen und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung der Fragesteller: Durch die Einführung der EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung (EG-FGV) und die gleichzeitige Neufassung des § 21 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) zum 29. April 2009 hat sich das Verfahren zur Erteilung einer Einzelgenehmigung bzw. Einzelbetriebserlaubnis für Kraftfahrzeuge geändert. Für Fahrzeuge, für die keine EG-Typgenehmigungen existieren, wird eine behördliche Bestätigung benötigt, dass diese Fahrzeuge den geltenden Vorschriften entsprechen, bevor sie zum Straßenverkehr zugelassen werden können. In Hessen werden diese Aufgaben von zwei Bündelungsbehörden in den Landkreisen Fulda und Marburg- Biedenkopf wahrgenommen. Dort werden die TÜV Gutachten zur Erlangung einer Betriebserlaubnis nach § 21 nochmals von jener Behörde begutachtet. Gerade Menschen mit Behinderung, die auf Sondermodelle oder Sonderfahrzeuge angewiesen sind, sind betroffen und müssen eine Betriebserlaubnis der Bündelungsbehörde erhalten, um anschließend mobil sein zu können. Sie berichten, dass die Betriebserlaubnis oftmals nach Monaten noch nicht vorliege. Dies beeinträchtigt und konterkariert die Mobilität dieser Menschen erheblich! Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Fahrzeuge, die nicht zu einem genehmigten Typ gehören, benötigen für die Zulassung entweder eine Betriebserlaubnis für Einzelfahrzeuge nach § 21 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) oder eine Einzelgenehmigung nach § 13 Verordnung über die EG-Genehmigung für Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger sowie für Systeme, Bauteile und selbstständige technische Einheiten für diese Fahrzeuge (EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung - EG-FGV). Voraussetzung ist in beiden Verfahren ein detailliertes Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen bzw. eines Technischen Dienstes. Aus diesem Gutachten muss hervorgehen, welche Rechtsvorschriften der Begutachtung des jeweiligen Fahrzeugs zugrunde lagen und wie die technischen Werte ermittelt wurden. Die zuständige Behörde darf die Einzelgenehmigung bzw. Betriebserlaubnis erteilen, wenn das Fahrzeug den jeweiligen Bau- und Betriebsvorschriften entspricht . In Hessen wurden hierfür u.a. zwei sogenannte Bündelungsbehörden mit zusätzlichem, speziell geschultem Personal eingerichtet. Bei der Bündelungsbehörde Marburg-Biedenkopf (für die südhessischen Landkreise), sind sechs und bei der Bündelungsbehörde Fulda (für die nord- und osthessischen Landkreise) vier Personen originär in diesem Aufgabenbereich eingesetzt. Die Zulassungsbehörden der Stadt Frankfurt, des Lahn-Dill-Kreises und Hochtaunuskreises prüfen selbstständig. Bei Fahrzeugen, bei denen Schwerbehindertenumbauten vorgenommen werden, sind diese Behörden besonders sensibilisiert. Daher werden diese Anträge grundsätzlich bevorzugt bearbeitet. Nach Rücksprache mit den zuständigen Behörden kann die Aussage, dass eine Betriebserlaubnis oftmals nach Monaten noch nicht vorläge, nicht bestätigt werden. Konkrete Fälle, in denen die Prüfungsdauer ungebührlich lange war, sind nicht bekannt. Eingegangen am 17. Februar 2017 · Bearbeitet am 20. Februar 2017 · Ausgegeben am 24. Februar 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4403 17. 02. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4403 Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie viele Anträge wurden in den einzelnen hessischen Bündelungsbehörden gestellt? Anträge auf Einzelgenehmigung /Einzelbetriebserlaubnis Anträge auf Einzelgenehmigung , § 21 StVZO Anträge auf Einzelbetriebserlaubnis , § 13 EG-FGV Hessen (gesamt) 187.452 139.171 43.816 Bündelungsbehörden (gesamt) 163.491 126.115 37.376 Bündelungsbehörde Marburg-Biedenkopf 104.324 82.301 22.023 Bündelungsbehörde Fulda 59.167 43.814 15.353 Zulassungsbehörde Frankfurt am Main 9.058 4.701 2.520 Zulassungsbehörde Hochtaunuskreis 6.087 3.907 2.180 Zulassungsbehörde Lahn-Dill-Kreis 8.816 4.448 1.740 Frage 2. Wie lange dauern die Überprüfungen bei der Bündelungsbehörde? Die fachgerechte Prüfung des Gutachtens auf Schlüssigkeit und Vollständigkeit beinhaltet die Prüfung auf Einhaltung der einschlägigen nationalen Gesetze und EU-Richtlinien. Die Bearbeitungszeit bei den beiden Bündelungsbehörden beträgt derzeit i.d.R. einen Arbeitstag , wenn das vorgelegte Gutachten den geltenden Vorschriften entspricht. In einigen Fällen kann es jedoch bis zu drei Tage dauern, bis der Behörde alle angeforderten Informationen vorliegen und sie ihre Prüfung abschließen kann. Die Unterlagen werden nach Antragseingang auf Vollständigkeit geprüft. Sofern die Antragsunterlagen nicht vollständig sind bzw. die vorgelegten Gutachten nicht den geltenden Vorschriften entsprechen, sind Nacharbeiten erforderlich und es entsteht Klärungsbedarf mit den technischen Prüforganisationen, was die Bearbeitungszeit im jeweiligen Einzelfall erhöhen kann. Auf die Bearbeitungszeit durch die Gutachter haben die Genehmigungsbehörden keinen Einfluss. Die geschilderten Prüfzeiten entsprechen denen der anderen drei hessischen Zulassungsbehörden (Hochtaunuskreis, Lahn-Dill-Kreis, Frankfurt), die in diesem Verfahren tätig sind. Frage 3. Wie lange (min. – max. von Beantragung bis Erteilung der Betriebserlaubnis) mussten die Antragsteller auf die Betriebserlaubnis warten? Beide Bündelungsbehörden haben die technischen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Gutachten unmittelbar von den Gutachtern in elektronischer Form an die Behörde versandt werden können. Außerdem wurde ein E-Payment-Verfahren eingerichtet, um die im Zusammenhang mit der Zahlung von Gebühren stehenden Zeiten möglichst zu minimieren. Nach Abschluss des Prüfungsvorgangs können die Genehmigungen unmittelbar den zuständigen Zulassungsstellen elektronisch übermittelt und den Antragstellerinnen und Antragstellern parallel im Original übersandt werden, um so den Zeitverlust für die Übersendung per Post auszugleichen. Auch kann auf Wunsch eine Vor-Ort-Abholung erfolgen. Es dauert i.d.R. zwei bis drei Arbeitstage vom Tag der Antragstellung bis zum Erhalt der Genehmigung . In Einzelfällen gibt es längere Bearbeitungszeiten. Dies betrifft jedoch einige sehr spezielle Antragskonstellationen, die eine weitergehende Korrespondenz mit der begutachtenden Prüforganisation nötig machen. In diesen Fällen ist aus fachlichen Gründen zumeist die Korrektur des Gutachtens durch die ausstellende Prüforganisation erforderlich. Der Kunde wird dann sofort davon unterrichtet. Die Antragstellerinnen und Antragsteller müssen mit einer Bearbeitungszeit von zwei Stunden bis zu drei Tagen bei der Zulassungsbehörde des Hochtaunuskreises, von ein bis drei Tagen bei der Zulassungsbehörde Frankfurt und von einem Tag bei der Zulassungsbehörde des Lahn-Dill- Kreises rechnen. Dies setzt allerdings immer voraus, dass die Unterlagen vollständig und die Gutachten fachlich richtig sind. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4403 3 Frage 4. Warum hat Hessen diese Behörden eingerichtet? Im Rahmen von Anhörungen im Zusammenhang mit dem Rechtsetzungsverfahren zur EG-FGV hatten nur vier von 26 Zulassungsbehörden im Landesbereich erklärt, über das entsprechende Personal und/oder die notwendigen technischen Kenntnisse zu verfügen. Mit der Einführung der EG-FGV im April 2009 waren die Anforderungen für das Genehmigungsverfahren hinsichtlich der inhaltlichen Prüfung, des notwendigen technischen Sachverstandes und der Dokumentation der Arbeitsabläufe im gesamten Landesbereich deutlich gewachsen. Grundlage des Verfahrens ist ein detailliertes Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen bzw. eines Technischen Dienstes, aus dem hervorgehen muss, welche Rechtsvorschriften der Begutachtung des jeweiligen Fahrzeugs zugrunde lagen und wie die technischen Werte ermittelt wurden. Die zuständige Behörde prüft dieses Gutachten auf seine Schlüssigkeit. Dafür ist ein Spezialwissen auf dem Gebiet der Bau- und Betriebsvorschriften von Fahrzeugen erforderlich, das im Regelfall bei den örtlichen Zulassungsbehörden nicht vorhanden ist. Frage 5. Welche Bundesländer haben darüber hinaus solche Bündelungsbehörden eingerichtet? In anderen Ländern gibt es diese Behörden nicht. Frage 6. Will die Landesregierung diese Behörden in Zukunft aufrechterhalten? Frage 7. Wenn ja, warum und mit welcher Zielverfolgung? Die Fragen 6 und 7 werden wegen ihres Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Ja. Die für den Landesbereich gefundene Lösung hinsichtlich der Erteilung von Einzelgenehmigungen nach § 13 EG-FGV bzw. von Betriebserlaubnissen nach § 21 StVZO führt zu einer effizienten und hoch spezialisierten Aufgabenwahrnehmung und berücksichtigt die personellen und sachlichen Gegebenheiten der verschiedenen Zulassungsbehörden. Die Bündelungsbehörden überprüfen die vorgelegten Sachverständigengutachten sorgfältig auf Schlüssigkeit und Übereinstimmung mit den Vorschriften. Im Laufe der letzten Jahre wurde festgestellt, dass die den Bündelungsbehörden vorgelegten Gutachten eine Mängelquote von ca.15 % aufweisen. Nach Auskunft der Bündelungsbehörde Fulda lag die Zahl der beanstandeten Gutachten in der vergangenen Zeit sogar zwischen 30 und 39 %. Ca. zwei Drittel der mangelhaften Fälle können in Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Gutachter und/oder den Antragstellerinnen und Antragstellern nachgearbeitet werden, um eine Betriebserlaubnis oder Einzelgenehmigung doch noch erteilen zu können. Unter dem Aspekt der Notwendigkeit der Einhaltung verkehrlicher Vorschriften, der Verkehrssicherheit und des Umweltschutzes (insbesondere Lärm und Abgas), ist die Einrichtung der Bündelungsbehörden daher folgerichtig. Die Qualität der Arbeit der Bündelungsbehörden wird seit ihrer Einrichtung im Jahr 2009 geschätzt . Die Prüforganisationen sind oft sehr dankbar, dass durch die Arbeit der Bündelungsbehörde die Qualität dort gesichert bzw. auch verbessert werden konnte. Von den anderen Ländern sind die Rückmeldungen auf fachlicher Ebene positiv. Auch von den Bürgerinnen und Bürgern werden die Bündelungsbehörden in Hessen durchaus positiv aufgenommen und finden hohe Akzeptanz. Frage 8. Will die Landesregierung das Verfahren optimieren, um Antragstellern eine Betriebserlaubnis schneller erteilen zu können? Die Anträge können elektronisch und papierschriftlich gestellt werden. Nach Abschluss des Prüfungsvorgangs können die Genehmigungen unmittelbar den zuständigen Zulassungsstellen elektronisch übermittelt und den Antragstellerinnen und Antragstellern parallel im Original übersandt werden, um so den Zeitverlust für die Übersendung per Post auszugleichen. Auch kann auf Wunsch eine Vor-Ort-Abholung erfolgen. Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. Frage 9. Will die Landesregierung Menschen mit Behinderung die Gebühren des Verfahrens erlassen? Wenn nein, warum nicht? Für die Erteilung einer Betriebserlaubnis fällt bei den Bündelungsbehörden bzw. den zuständigen Zulassungsbehörden eine Gebühr in Höhe von 39,80 € an. Hierbei handelt es sich um eine im Bundesrecht in der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr festgelegte Gebühr (GebOSt), die bundesweit bei jedem Zulassungsvorgang, der mit einer Betriebserlaubniserteilung verbunden ist, anfällt. Es ist keine zusätzliche Landesgebühr. 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4403 Nach § 5 Abs. 6 GebOSt kann die für die Erhebung der Gebühren zuständige Stelle Körperbehinderten aus Billigkeitsgründen eine Gebührenermäßigung oder -befreiung für Amtshandlungen , Prüfungen oder Untersuchungen gewähren, die wegen der Behinderung erforderlich waren . Diese Begünstigung für die Körperbehinderten beruht auf den Grundsätzen des Verwaltungskostengesetzes . Die Entscheidung über die Gebührenermäßigung oder Gebührenbefreiung ist dem pflichtgemäßen Ermessen der Stelle überlassen, die die Gebühren zu erheben hat. Wiesbaden, 9. Februar 2017 Tarek Al-Wazir