Kleine Anfrage der Abg. Dr. Sommer und Özgüven (SPD) vom 18.01.2017 betreffend Gesundheitscampus des Universitätsklinikums Marburg/Gießen (UKGM) und Antwort des Ministers für Wissenschaft und Kunst Vorbemerkung der Fragesteller: Das zum Rhön-Konzern gehörende Marburger Universitätsklinikum plant ein großes Facharztzentrum auf dem Klinikgelände. Vorgesehen ist ein Gesundheitscampus als dreigeschossiges Ambulanz- und Diagnostikzentrum analog des Neustädter Modells in unmittelbarer Nähe des Großkrankenhauses auf den Lahnbergen, in dem eine zweistellige Zahl von Fachärzten in eigenen Praxen ambulante Patienten behandeln sollen. Die Rhön AG tritt dabei als Vermieter auf und stellt einen Teil der Infrastruktur. Der Beschluss zum Aufbau des Ambulanz- und Diagnosezentrums als Unterstützung und Stärkung der Universitätsmedizin und der hierzu erforderlichen Investitionen erfolgte im November 2015. Vorbemerkung des Ministers für Wissenschaft und Kunst: Zur Beantwortung der konkreten Fragen zu den Zielen der RHÖN-KLINIKUM AG, den Planungen und Kosten ist die Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH um eine Stellungnahme gebeten worden. Die Geschäftsführung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg hat mitgeteilt, dass nach den aktuellen Planungen entgegen der Vorbemerkung der Fragestellerinnen die RHÖN-KLINIKUM AG nicht als Vermieterin auftreten werde, sondern das Universitätsklinikum . Des Weiteren seien bisher keine definitiven Investitionsbeschlüsse getroffen worden. Diese Vorbemerkung vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Minister für Soziales und Integration wie folgt: Frage 1. Inwiefern hat die Landesregierung Kenntnis von dem Vorhaben, einen Gesundheitscampus am Standort Marburg zu errichten und inwiefern ist die Landesregierung in die Planungen eingebunden ? Die Landesregierung wurde von der Geschäftsführung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg über die Planungen informiert. Eine konkrete Einbindung der Landesregierung in die Planungen ist nicht erfolgt. Die Entwicklung der Planungen wird von der Landesregierung verfolgt . Frage 2. Welches Ziel verfolgt der Rhön-Konzern mit diesem Vorhaben? Die Geschäftsführung der Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH teilt hierzu Folgendes mit: Die RHÖN-KLINIKUM AG und die Geschäftsführung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg verfolgen mit dem geplanten Bau eines Ambulanz- und Diagnostikzentrums das Ziel der Unterstützung einer Optimierung der Behandlungsabläufe und der Versorgungsqualität für die Patientinnen und Patienten. Dies soll u.a. durch eine bedarfsgerechtere Patientensteuerung für die Bereiche der ambulanten wie der stationären Versorgung am Universitätsklinikum Marburg erfolgen. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung, wie auch des zunehmenden Kostendrucks im Gesundheitswesen sieht sich das Universitätsklinikum Marburg mit einer steigenden Zahl an ambulanten und stationären Patienten konfrontiert, die ebenso sehr gut im Bereich der niedergelassenen Ärzte oder in Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung in der Region behandelt werden können. Eingegangen am 8. März 2017 · Bearbeitet am 9. März 2017 · Ausgegeben am 10. März 2017 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/4421 08. 03. 2017 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4421 Damit das Universitätsklinikum Marburg sich auch weiterhin auf seinen universitätsmedizinischen Versorgungsauftrag konzentrieren kann, wird eine vertiefte Kooperation mit niedergelassenen Ärzten wie auch ein Ausbau und eine Optimierung der eigenen ambulanten Versorgungsstrukturen (v.a. im Bereich der Hochschulambulanzen) angestrebt. Dafür soll in die Nähe des Klinikgebäudes auf den Lahnbergen ein "Ambulanz- und Diagnostikzentrum " gebaut werden, in dem neben einem Großteil der eigenen Hochschulambulanzen auch niedergelassene Ärzte untergebracht werden sollen. Die niedergelassenen Ärzte würden in eigener Praxis tätig werden, wobei das Universitätsklinikum als Vermieter von Praxisflächen auftreten würde. Die Fachrichtungen dieser niedergelassenen Praxen würden sich dann aus der Nachfrage nach entsprechenden Flächen ergeben. Von besonderem Interesse könnte dieses Vermietungsmodell für die niedergelassenen Ärzte sein, weil sie z.B. bestimmte Infrastruktureinrichtungen des Universitätsklinikums Marburg (wie z.B. die Sterilisationsabteilung) mit nutzen oder auch konsiliarisch in die Mitbehandlung von stationären Patienten einbezogen werden könnten. Die eigenen Hochschulambulanzen sollen in ihrer Verantwortung gestärkt werden, indem sie mit eigenen ärztlichen Leitungen ausgestattet werden. Dadurch soll eine bessere Steuerung von Patienten in den ambulanten bzw. in den stationären Bereich des Universitätsklinikums vorgenommen werden können. Darüber hinaus wird angestrebt, die Zahl der in den Hochschulambulanzen ausgebildeten Medizinstudierenden durch einen Ausbau der ambulanten Patientenzahlen deutlich zu erhöhen. Auf diesem Weg soll der Schwerpunkt der ambulanten Versorgung innerhalb des Medizinstudiums deutlich besser und nachhaltiger verankert werden. Damit möchte die RHÖN-KLINIKUM AG einen wichtigen Beitrag zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum leisten . Im Ergebnis verspricht sich die Geschäftsführung des UKGM eine medizinische wie wirtschaftliche Stärkung des Universitätsklinikums Marburg mit dem Ziel einer dauerhaften Sicherung der Arbeitsplätze wie auch der Innovations- und Investitionskraft des Universitätsklinikums Marburg . Frage 3. Welche stationären und ambulanten Leistungen sollen strukturell, räumlich und logistisch miteinander verzahnt werden? Die Geschäftsführung der Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH nimmt wie folgt Stellung: Mit Verweis auf die Antwort zu Frage 2 kann hierzu noch einmal herausgestellt werden, dass das gesamte bestehende ambulante wie stationäre Angebot der Kliniken und Fachabteilungen auf den Lahnbergen des Universitätsklinikums Marburg in diese Konzeption einbezogen werden soll. Die Frage nach dem medizinischen Angebot im Bereich der niedergelassenen Ärzte wird sich nach der Nachfrage und dem im Vergleich zum benannten Modell in Bad Neustadt begrenzten Raumangebot richten. Während in Bad Neustadt allerdings primär ein Facharztzentrum errichtet wird, geht es in Marburg primär um die Auslagerung und Optimierung der eigenen Hochschulambulanzen. In diese Überlegungen werden grundsätzliche alle Fachgebiete einbezogen. Ausgenommen werden sollen nur Fachgebiete bzw. Ambulanzen, bei denen eine Beibehaltung der räumlichen Nähe und/oder des funktionalen Zusammenhanges zu anderen medizinischen und medizintechnischen Einrichtungen des Klinikums von Vorteil für die Behandlung der Patienten wäre. Dies könnte z.B. im Bereich der Kinderklinik zum Tragen kommen. Frage 4. Gibt es Abweichungen von den Planungen und wenn ja, welche und warum? Die Geschäftsführung der Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH teilt hierzu Folgendes mit: Entgegen der Vorbemerkung der Fragestellerinnen sind bisher keine definitiven Investitionsbeschlüsse getroffen worden, weshalb es auch noch keine Aussagen zu möglichen Planänderungen geben kann. Derzeit befinden sich die Planungen intern in einem Status der Konzeption und Dimensionierung des Ambulanz- und Diagnostikzentrums. Mit der zuständigen Planungsbehörde der Stadt Marburg findet in diesem Prozess der Erarbeitung und Vorbereitung einer Masterplanung eine Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/4421 3 enge Abstimmung statt. Im Ergebnis muss dann die Stadt Marburg für die Grundstücke rund um das Klinikum auf den Lahnbergen einen neuen Bebauungsplan beschließen lassen, der dann Grundlage für eine bauliche und betriebliche Planung und das weitere Vorgehen sein kann. Frage 5. Wie bewertet die Landesregierung die Planungen und deren Zielverfolgung? Die Landesregierung unterstützt es generell, wenn sich stationäre und ambulante Anbieter vernetzen und eng zusammenarbeiten. Dies entspricht auch den Vorgaben des § 4 Abs. 2 Hessisches Krankenhausgesetz 2011. Ärztehäuser an Krankenhäusern haben sich seit Jahren an vielen Orten bewährt, etwa in Wiesbaden sowohl an der Asklepios Paulinen-Klinik als auch am St. Josefs- Hospital. Wegen der potenziellen Auswirkungen auf Struktur und Leistungsumfang der Hochschulambulanzen sind Forschung und Lehre tangiert. Eine Bewertung, die in Abstimmung mit der Philipps -Universität Marburg vorzunehmen wäre, ist erst möglich, wenn ein definitives Konzept vorliegt. Frage 6. Wie bewertet die Landesregierung die diesbezüglich geäußerte Kritik bezüglich der zunehmenden Einflussnahme der Rhön-Klinikum AG auf die medizinische Versorgung der Bevölkerung im Landkreis? Eine diesbezügliche Bewertung ist erst möglich, sobald ein konkretes Konzept vorliegt. Frage 7. Wie bewertet die Landesregierung den Einfluss einer solchen Planung auf die kreiseigenen Versorgungszentren , etwa in Biedenkopf, sowie auf die niedergelassenen Ärzte und auf das DRK- Krankenhaus? Zwischen dem Universitätsklinikum Marburg und dem DRK-Krankenhaus in Biedenkopf besteht seit Jahren eine Zusammenarbeit. Inwiefern die Pläne Einfluss darauf, auf niedergelassene Ärzte oder auf kreiseigene Versorgungszentren haben sollten, ist nicht ersichtlich. Frage 8. Welche Rahmenbedingungen sind nach Ansicht der Landesregierung wichtig, damit sich Ärzte am Gesundheitscampus niederlassen? Es sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu beachten und einzuhalten. Frage 9. Welche Kosten werden für den geplanten Gesundheitscampus als neues Diagnostik- und Ambulanzzentrum entstehen? Die Geschäftsführung der Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH nimmt wie folgt Stellung: Wie bereits dargestellt gibt es derzeit nur interne Planungsskizzen, in denen die Kosten auf der Grundlage von groben Flächenabschätzungen ermittelt wurden. Die erfragten detaillierten Investitionskosten können erst am Ende des Planungs- und Bewilligungsprozesses berechnet und dann auch erst bekannt gegeben werden. Frage 10. Inwiefern unterstützt die Landesregierung das geplante Vorhaben? Die Landesregierung hat zu diesem geplanten Vorhaben keine finanzielle Unterstützung zugesagt . Wiesbaden, 23. Februar 2017 Boris Rhein